Beschluss: Kenntnis genommen

Anhand der als Anlage 1 beigefügten Powerpoint-Präsentation stellen Frau Reiche und Frau Schmidt das Beratungsangebot TAMAR der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e. V. vor.

Frau Reiche weist darauf hin, dass es im ländlichen Bereich keine Beratungsangebote für freiwillige Prostituierte gegeben habe. Dies sei ein Grund gewesen, unter anderem das Projekt „TAMAR“ in Trägerschaft der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e. V. einzurichten. Sie stellt danach die Finanzierung des Projektes dar und erläutert, dass der Antrag an den Kreis Coesfeld im Jahr 2020 auf finanzielle Unterstützung ursächlich auch mit der auslaufenden Finanzierung durch die Aktion Mensch in Zusammenhang gestanden habe. Erst nach dieser Antragstellung sei die Finanzierung durch die Aktion Mensch bis zum 30.09.2021 verlängert worden. Sie erklärt, dass bereits Mitarbeitende das Projekt wegen fehlender Finanzierung hätten verlassen müssen.

 

Frau Reiche macht deutlich, dass nach wie vor ein großer Beratungsbedarf bestehe, insbesondere auch weil die betroffenen Frauen oft nicht über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. Im Vorfeld der erforderlichen Behördengänge (Beratungsschein beim Gesundheitsamt, Anmeldung beim Ordnungsamt) erfolge häufig eine Beratung durch TAMAR. Hier sei die gute Vernetzung hilfreich.

 

Frau Schmidt macht sodann Ausführungen zu den Tätigkeitsschwerpunkten der aufsuchenden Arbeit, der individuellen psychosozialen Beratung und Begleitung und der Vernetzung einschließlich der Öffentlichkeitsarbeit. Hierzu weist sie darauf hin, dass in den Zeiten der Pandemie die psychosoziale Beratung und Begleitung im Vordergrund gestanden habe. Aufgrund des Prostitutionsverbotes seien bei den betreuten Frauen Ängste im Hinblick auf die Sicherung des Lebensunterhaltes und den Erhalt der Wohnung oder auch bezüglich einer geplanten Heimreise entstanden. Die Pandemie habe auch dazu geführt, dass neue Wege der Beratung gegangen werden mussten. So sei z. B. mit Hilfe des Beratungsbusses, Campingstühlen und -tischen eine Beratung im Freien durchgeführt worden.

Im Einzelfall könne die Beratung der Betroffenen sehr zeitintensiv sein, da sie alle Lebensbereiche umfasse. Häufig werde TAMAR auch von anderen Beratungsstellen aufgrund ihrer Spezialisierung eingeschaltet.

 

S. B. Ahlers drückt seinen Respekt für die Arbeit der Beratungsstelle aus und bittet um Auskunft, wie viele Frauen im Kreis Coesfeld betroffen seien. Frau Schmidt erklärt, dass aktuell 12 Klientinnen aus dem Kreis Coesfeld beraten würden. Frau Reiche merkt an, dass diesbezüglich auch behördliche Schätzungen schwierig seien, da die Anmeldung beim Ordnungsamt nicht ortsgebunden und ein Wechsel des Tätigkeitsortes nicht unüblich sei. Erwähnenswert sei auch, dass der Anteil der deutschen Prostituierten an den insgesamt 581 münsterlandweit betreuten Frauen mit 11 % nicht gerade gering sei.

Ktabg. Crämer-Gembalczyk fragt, ob es solche Beratungsangebote auch für Männer gebe und ob trotz des Prostitutionsverbots während der Pandemie die Frauen weitergearbeitet hätten. Frau Reiche erklärt, dass TAMAR ausschließlich ein Beratungsangebot für Frauen sei. Dies sei darin begründet, dass dies im ländlichen Bereich der hauptsächlich betroffene Personenkreis sei. Es gebe jedoch im Ruhrgebiet bspw. auch spezielle Angebote für Männer und auch Transsexuelle. Sie führt ferner aus, dass es natürlich auch viele Frauen gebe, die nicht offiziell angemeldet seien; insoweit sei es schwierig zu sagen, wie viele Frauen trotz Verbots gearbeitet hätten.

S.B. Bickhove-Swiderski fragt, wie viel Geld benötigt würde, um die Beratung aufrecht erhalten zu können und warum die Kirche nicht in der Lage sei, das Beratungsangebot selbständig zu finanzieren. Frau Reiche weist darauf hin, dass die Trägerschaft bei der Evangelischen Frauenhilfe in Westfalen e. V. liege. Es handele sich somit um einen eingetragenen Verein, der sich aus Beiträgen finanziere. Seit Beginn des Projektes NADESCHDA im Jahr 1997 seien an Eigenmittel rund 1 Mio. € aufgewandt worden. Im Übrigen handele es sich um eine gesellschaftliche Aufgabe, diese Frauen zu beraten und zu betreuen. Frau Reiche führt aus, dass die mögliche finanzielle Beteiligung seitens des Kreises auf der Basis der Einwohnerzahl kalkuliert worden sei und sich auf einen Betrag in Höhe von 23.750 € belaufe. Nach dem Auslaufen der bisherigen Finanzierung am 30.09.2021 sei, darauf weist Frau Reiche nachdrücklich hin, eine Fortführung des Projektes TAMAR im Kreis Coesfeld – ohne eine finanzielle Unterstützung durch den Kreis – nicht mehr möglich.

Stv. Vorsitzender Lützenkirchen bedankt sich bei Frau Reiche und Frau Schmidt für die informativen Ausführungen.