Beschlussvorschlag des
Anregenden:
- Der Kreis Coesfeld begrenzt die Höchstgeschwindigkeit an der K 60 zwischen Abzweig von der B 235 bis Haus Ruhr auf 70 km/h.
- Der Kreis Coesfeld markiert den Straßenabschnitt mit Hinweisschildern auf Fahrradfahrer.
Beschlussvorschlag der Verwaltung:
Die Anregung wird ohne Empfehlung an den Landrat als zuständiges Organ weitergeleitet.
Begründung:
I. Problem
Gem. § 21 Kreisordnung NRW (KrO NRW) hat jeder das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Anregungen oder Beschwerden in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden. Die Zuständigkeiten des Kreisausschusses, der Ausschüsse und des Landrats werden hierdurch nicht berührt. Der Antragsteller ist über die Stellungnahme zu den Anregungen und Beschwerden zu unterrichten.
Ein Anspruch auf mündliche Anhörung der Antragsteller vor dem Kreistag oder einem Ausschuss besteht nicht.
Mit Datum vom 08.07.2016 wurde eine Anregung gem. § 21 KrO NRW an den Kreistag des Kreises Coesfeld gerichtet.
Hierzu ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass bereits in 2014 eine Anregung, die sich mit demselben Streckenabschnitt beschäftigte und eine Geschwindigkeitsbegrenzung, die Markierung eines Fahrradschutzstreifens bzw. die Anlage eines Radeweges vorschlug, eingereicht und vom Kreisausschuss in seiner Sitzung am 18.03.2015 beraten und hinsichtlich der Frage eines Radweges an den Fachausschuss verwiesen wurde. Letztlich hat der Kreistag in seiner Sitzung am 17.06.2015 das Radwegebauprogramm 2015 beschlossen und darin den Bau eines Radweges an der K 60 von der B 235 bis zur Kreisgrenze über eine Länge von ca. 1,6 km vorgesehen. Vorbehaltlich einer gesicherten Finanzierung, einer erstellten Planung und das die erforderlichen Flächen zur Verfügung stehen, erscheint nach derzeitiger Einschätzung die Realisierung dieses Radwegebauvorhabens, das sich auf Platz fünf der Prioritätenliste befindet, ab dem Jahre 2018 möglich.
II. Lösung
Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Straßenverkehrsbehörde.
Gem. § 19 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld vom 23.06.2014 ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stellte nicht gebunden ist.
Bei den mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.
Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.
Bereits anlässlich der Anregung aus dem Jahre 2014 fand am 04.02.2015 ein gemeinsamer Ortstermin mit Vertretern der Gemeinde Senden, der Kreispolizeibehörde, der Abteilung 66 -Straßenbau und –unterhaltung sowie der Abteilung 36-Straßenverkehrsbehörde statt.
Anordnung einer
Geschwindigkeitsbeschränkung (Abt. 36):
Bei der in Rede stehenden Straße handelt es sich um eine Kreisstraße,
die somit von überörtlicher Verkehrsbedeutung ist und einer entsprechenden
Verkehrsverbindung dient. Diese Funktion kann nur übernommen werden, wenn im
Verlauf der Straße möglichst wenige Verkehrsbeschränkungen angeordnet sind.
Der Gesetzgeber hat gem. § 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO die zulässige
Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften für alle
Kraftfahrzeuge auf 100 km/h festgesetzt. Gem. § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO kann die
Straßenverkehrsbehörde die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken
aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken.
Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind gem. § 45 Abs. 9 Satz 1 StVO
aber nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend
geboten ist. Nach Satz 2 dieser Vorschrift dürfen Beschränkungen oder Verbote
des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen
örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in
§ 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigende Gefahrenlage besteht.
Dies bedeutet auch, dass eine „übliche“ Gefahrenlage in Kauf zu nehmen ist.
Eine erheblich übersteigende Gefahrenlage könnte beispielsweise durch
eine besondere Unfalllage gegeben sein. Nur wenn eine erheblich übersteigende
Gefahrenlage vorliegt, eröffnet sich für die Straßenverkehrsbehörde ein
Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung. Diese wird dann im Benehmen mit der
Polizei und der Straßenbaubehörde getroffen und ist an den Grundsätzen der
Geeignetheit, der Erforderlichkeit und insbesondere der Verhältnismäßigkeit
auszurichten. Dabei wäre dann auch die Bedeutung der Straße als Kreisstraße zu
berücksichtigen.
Begründet wird die Anregung im Wesentlichen mit den Gefahren für den Radverkehr
entlang der K60 zwischen Senden und Albachten. Zur objektiven Konkretisierung
dieser Gefahrenlage wurde daher die Verkehrsunfallsituation im benannten
Straßenabschnitt insbesondere auch im Hinblick auf Unfälle unter Beteiligung
von Radfahrern durch die Kreispolizeibehörde ausgewertet.
Sie stellte sich Anfang 2015 wie folgt dar:
„Im Betrachtungszeitraum von drei Jahren haben sich auf der Strecke
insgesamt 15 Verkehrsunfälle ereignet, davon jedoch 8 Wildunfälle. Bei den
übrigen 7 Verkehrsunfällen waren nur in einem Fall Radfahrer beteiligt, wobei
hier zwei Radfahrer aufeinander aufgefahren sind. Ein PKW war an diesem Unfall
nicht beteiligt.
Fünf Unfälle waren Alleinunfälle, bei denen Fahrzeuge von der Fahrbahn
abgekommen sind. In einem Fall gab es einen Zusammenstoß entgegenkommender
Fahrzeuge.
Die Unfälle ereigneten sich verteilt auf der gesamten Strecke der K60,
so dass an keiner bestimmten Stelle eine Unfallhäufung erkennbar ist. Im
Ergebnis der Unfallauswertung lässt sich hieraus vor allem keine besondere
Gefährdung für Radfahrer ableiten. Insgesamt wird die Unfalllage auf der
Strecke von der Polizei als unauffällig angesehen.
Neben der unauffälligen Unfalllage sind nach erfolgter Ortsbesichtigung
auch sonst keine Besonderheiten ersichtlich, die Rückschlüsse auf eine
erheblich übersteigende Gefahrenlage zuließen. Allein die Tatsache, dass die
Straße teilweise kurvig und verhältnismäßig schmal ist, rechtfertigt nicht die
pauschale Annahme einer erheblich übersteigenden Gefahrenlage. Hier haben sich
Fahrzeugführer schon nach den allgemeingültigen Grundregeln der StVO (§ 1)
entsprechend vorsichtig zu verhalten, was sie aufgrund der insgesamt unauffälligen
Unfalllage offensichtlich auch überwiegend beherzigen. Zur besseren
Erkennbarkeit möglicher Gefahren in den engen Kurven wurden diese bereits auf
der Strecke durch entsprechende Richtungstafeln verdeutlicht.
Im Rahmen des Ortstermins bestand somit bei den anwesenden
Behördenvertretern Einvernehmen darüber, dass hier keine erheblich
übersteigende Gefahrensituation vorliegt. Somit ist mir für die Entscheidung
über die angeregte Geschwindigkeitsbeschränkung kein Ermessen eröffnet, da die
Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO nicht erfüllt sind.
Die Straßenverkehrsbehörde kann darüber hinaus die Geschwindigkeit auch
nicht vorsorglich herabsetzen. Eine vorsorgliche Warnung vor den „generellen
Gefahren des Straßenverkehrs“ wäre vielmehr Aufgabe der Gesetzgebung. Der
Gesetzgeber hält aber eine Geschwindigkeit von 100 km/h für angemessen, um den
generellen Gefahren des Straßenverkehrs außerhalb geschlossener Ortschaften
sicher zu begegnen.“
Anlässlich der neuerlichen Anregung wurde die Kreispolizeibehörde
Coesfeld erneut beteiligt und um eine aktuelle Auswertung der Unfalllage
gebeten. Die Unfalllage wird von der Polizei weiterhin als unauffällig
eingestuft. Seit der letzten Bewertung Anfang des Jahres 2015 hat es auf der
Strecke neben einigen Wildunfällen lediglich einen Unfall mit leichtem
Sachschaden sowie einen Unfall mit schwerem Sachschaden gegeben, wobei sich der
letztere Unfall als Alleinunfall unter Alkoholeinfluss des Fahrzeugführers
ereignet hat. Bei keinem Unfall waren Radfahrer beteiligt.
Neben der insgesamt unauffälligen Unfalllage gibt es keine
Anhaltspunkte dafür, dass hier besondere örtliche Verhältnisse vorliegen, die
auf dem Straßenabschnitt in der Beurteilung eine erheblich übersteigende
Gefahrenlage im Sinne des § 45 Abs. 9 StVO rechtfertigen könnten. Insbesondere
gibt es keine Hinweise, dass sich die Situation vor Ort seit der letzten
Beurteilung im vergangenen Jahr geändert hat.
Auf die erneute Durchführung eines aufwändigen Ortstermins unter
Beteiligung aller zuständigen Behörden wurde daher jetzt verzichtet.
Die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung kommt aus den
vorgenannten Gründen weiterhin nicht in Betracht.
Anbringen von Schildern, die auf Fahrradfahrer hinweisen
Der Petent regt weiter an, den betreffenden Straßenabschnitt mit
Hinweisschildern auf Fahrradfahrer zu „markieren“. Es wird davon ausgegangen,
dass hiermit die Aufstellung von Gefahrzeichen mit entsprechendem
Radfahrersymbol (VZ 138) gemeint ist, unabhängig davon, ob diese nun
ausschließlich als Verkehrszeichen aufgestellt werden oder ergänzend als
entsprechende Markierung auf die Fahrbahn kommen sollen.
Bei der Anordnung von Verkehrszeichen sind insbesondere auch die hierzu
erlassenen Verwaltungsvorschriften (VwV zu den Verkehrszeichen) zu beachten.
Nach der VwV zu dem Zeichen 138 („Gefahrzeichen Radfahrer“) ist dieses nur dort
anzuordnen, wo Radverkehr außerhalb von Kreuzungen oder Einmündungen die
Fahrbahn quert oder auf sie geführt wird und dies für den Kraftfahrzeugverkehr
nicht ohne Weiteres erkennbar ist.
Darüber hinaus gilt nach den Verwaltungsvorschriften zur StVO allgemein
der Grundsatz, so wenig Verkehrszeichen wie möglich anzuordnen. Letztlich sind
Verkehrszeichen nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung (§ 45 Abs. 9
StVO) nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend
geboten ist.
Eine Situation, die die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen würde,
ist hier nicht gegeben. Die Gefahrzeichen „Radfahrer“ werden tatsächlich nur
dort angeordnet, wo Radfahrer unverhofft die Fahrbahn queren müssen (z.B.
Radweg wechselt von der einen zur anderen Fahrbahnseite) oder wo beispielsweise
ein begleitender Radweg endet und für den Fahrzeugverkehr auf der Fahrbahn
nicht gleich erkennbar ist, dass hier Radfahrer zur Weiterfahrt auf die
Fahrbahn wechseln müssen.
Mit Radfahrern, die lediglich entlang der Fahrbahn fahren ist
grundsätzlich immer zu rechnen, insbesondere dann, wenn erkennbar wie hier kein
benutzungspflichtiger Radweg angelegt ist. Besondere Umstände, die hier zwingend
die Anordnung eines Gefahrzeichens erfordern, sind nicht ersichtlich,
insbesondere gibt es hier – wie bereits ausgeführt - bislang keine Unfälle
unter Beteiligung des Radverkehrs. Somit liegen die Voraussetzungen für die
Anordnung eines entsprechenden Gefahrzeichens hier nicht vor.
III. Alternativen
-
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Durch einen empfehlenden Beschluss des Kreisausschusses entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar nur zu vernachlässigende Kosten.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 19 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld vom 23.06.2014.