Planfeststellungsverfahren „Errichtung und Betrieb einer Deponie in Dülmen, Rödder 59a“

 

Landrat Püning macht folgende Mitteilung:

 

„Nachdem sich der Landrat wegen der bis dahin vollständig fehlenden abfallwirtschaftsplanerischen und raumordnerischen Befassung mit der Deponieproblematik für DK I-Abfälle mit Schreiben vom 9. März 2012 unter Hinweis auf die auch daraus resultierende fehlende Akzeptanz des Deponievorhabens in der Bevölkerung persönlich an Minister Remmel gewandt hatte, wurde von diesem im Mai 2012 eine auf das gesamte Land bezogene Analyse des Deponiebedarfs angekündigt und vom Ministerium um Aussetzung der Verfahren für Deponievorhaben an neuen, bislang nicht für die Ablagerung von Abfällen genutzten Standorten gebeten – dies bezog sich neben zwei weiteren Verfahren im Rheinland besonders auf das Vorhaben am Standort in Dülmen-Rödder. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der daraufhin vom Land in Auftrag gegebenen Bedarfsanalyse liegt seit Februar dieses Jahres vor. Danach wird es bis zum Jahr 2030 bei einem mittleren Szenario eine Gesamtablagerungsmenge von ca. 62 Mio. m3 geben, während sich das Restvolumen von bestehenden Deponien auf 21 Mio. m3 beläuft und nur für weitere 27 Mio. m3 Deponieplanungen bekannt sind.

 

Trotz des heraufziehenden landesweiten Entsorgungsproblems ist das Land weder als oberste Abfallwirtschaftsbehörde noch als Landesplanungsbehörde bereit, für ein gesamträumlich ausgewogenes Konzept geeigneter Deponiestandorte Sorge zu tragen. Hierzu hat es wiederholte Vorsprachen des Kreises bei der Bezirksregierung und im Umweltministerium gegeben – auch die Stellungnahme des Kreises zum LEP-Entwurf fordert bekanntlich einen solchen Schritt. Unter Hinweis auf den Ausfall von Fachplanung und Raumordnung auf Landesebene lehnt die vom Kreis in mehreren Schreiben und Gesprächen um ein regionales Konzept und eine Standortalternativenprüfung ersuchte Bezirksregierung Münster in gleicher Weise eigene Planungsaktivitäten ab. Die durch den Kreistag beschlossene Initiative im Rahmen der Aufstellung des neuen Regionalplans wurde bekanntlich unter Hinweis auf die seinerzeit noch ausstehende Bedarfsanalyse zurückgewiesen. Aktuell wird neben der fehlenden Planungsbereitschaft des Landes, die man als Bezirksregierung nicht ersetzen dürfe und wolle, vor allem der durch die meisten Entsorgungsträger im Land erfolgte Ausschluss der DK I-Abfälle von der Überlassungspflicht angeführt. Es bestehe – so die protokollierte Aussage der Regierungsvizepräsidentin in der HVB-Konferenz vom 17.09.2014 – „hier kein Deponieproblem [...], da der Abfall bisher in weiter entfernten Deponien entsorgt worden sei.“ Ein Regionalplanänderungsverfahren, das zumindest einen regionalen Variantenvergleich ermöglichen würde, wird ebenfalls abgelehnt – im Wesentlichen mit dem Hinweis auf eine durch die Regionalplanungsbehörde in einem früheren Verfahrensstadium mit einem Satz festgestellte Vereinbarkeit des Vorhabens in Rödder mit den Zielen der Raumordnung.

 

Mehrere Interventionen des Kreises, zuletzt durch den Landrat in der erwähnten HVB-Konferenz mit dem Regierungspräsidenten am 17.September 2014, haben zu keinem Umdenken geführt, so dass der Kreis im Planfeststellungsverfahren nun von dieser knappen raumordnerischen Bewertung durch die Bezirksregierung ausgehen muss; eine diese Auffassung bestätigende abschließende Stellungnahme durch Regionalplanungsbehörde und Obere Abfallwirtschaftsbehörde wurde bereits angekündigt.

 

Die wegen der gebotenen überregionalen Prüfung von hier aus weiterhin angeregte Übertragung der generellen Zuständigkeit für die Planfeststellung von DK I-Deponien auf Bezirksregierungsebene hat zwar Aufnahme in den Entwurf einer Novelle der Zuständigkeitsverordnung für den Umweltschutz gefunden, soll aber für laufende Verfahren keine Anwendung mehr finden. Dass damit – anders als bei nahezu allen anderen großen Infrastrukturvorhaben von überörtlicher Bedeutung – nur im Bereich der DK I-Deponieplanung zufällige Flächenverfügbarkeiten privater Entsorgungsunternehmen innerhalb eines beliebig betroffenen Kreises dafür ausschlaggebend sein werden, wo künftig Deponien mit landesweiter Bedeutung für die Entsorgung von DK I-Abfällen betrieben werden, wird von Landes- und Bezirksregierung gesehen, aber hingenommen – gleichfalls die Inanspruchnahme neuer unverbrauchter Flächen, obwohl die freiraumschonende Erweiterung oder Umwidmung bestehender Deponien, etwa in Münster oder Altenberge denkbar wäre.

 

Der vollständige Text der Bedarfsanalyse liegt bis zum heutigen Tag noch nicht vor; dennoch sind die Planfeststellungsbehörden auf der Grundlage der erwähnten Zusammenfassung der Ergebnisse bereits mit Erlass vom 07.02.2014 zur Fortführung der bei ihnen anhängigen Verfahren angehalten worden.

 

Wie bereits aus der Presse zu entnehmen war, hat die Remex Coesfeld Gesellschaft für Baustoffaufbereitung mbH ihren Antrag zuletzt mit Schreiben vom 12.09.2014 geändert (Streichung sämtlicher als „gefährlich“ klassifizierter Abfallarten) und um baldige Fortsetzung des Verfahrens in Form eines Erörterungstermins gebeten. Das Ministerium hat nun die Zuleitung der vollständigen Bedarfsanalyse innerhalb der nächsten Wochen angekündigt. Diese soll zunächst ausgewertet werden, so dass eine Erörterung der Einwendungen und Stellungnahmen derzeit noch nicht terminiert werden kann.“

 

Abschließend stellt Landrat Püning fest, dass es bei einer Zuständigkeit auf örtlicher bzw. Kreisebene bleibt und alle Bemühungen, das Verfahren auf eine überregionale Ebene zu heben, erfolglos waren. Der Kreis Coesfeld müsse das Verfahren zu Ende führen.

 

FBL Dr. Scheipers erläutert auf Nachfrage nach dem aktuellen rechtlichen Status des Geländes, dass es für die Fläche einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss in Gestalt zweier Planänderungsgenehmigungen gebe, gerichtet im Wesentlichen auf Abgrabung von Ton und Wiederverfüllung mit unbelastetem Bodenmaterial. Als Ausgleich für den Eingriff in Natur und Landschaft sei bislang die Anlage von Tümpeln vorgesehen.

 

Hinsichtlich der Thematik Grundwasser und Wasserqualität fragt Ktabg. Wessels nach dem Umgang mit der Problematik seitens des Kreises. Ferner möchte er wissen, wie das Ermessen des Kreises bei einer Entscheidung über die Zulassung einer Deponie auszuüben ist bzw. ausgeübt werden kann. Bürgerinitiative, Anwohner sowie die Stadt Dülmen lehnten eine Deponie ab.

 

Landrat Püning weist darauf hin, dass er den Kreistag unter dem Tagesordnungspunkt Mitteilungen über den Verfahrensstand und die aktuelle Entwicklung informiert habe. Das Verwaltungsverfahren sei fortzuführen und eine Entscheidung in der Sache noch nicht getroffen oder absehbar.

 

FBL Dr. Scheipers antwortet, dass der Kreis Coesfeld zwar einem Ermessen vergleichbare Abwägungsspielräume habe, jedoch auch im Rahmen der Abwägung in seiner Entscheidung nicht völlig frei sei, sondern rechtlich vorgegebene Schranken einhalten müsse. Das Planungsermessen müsse insbesondere pflichtgemäß ausgeübt werden, um Abwägungsfehler zu vermeiden. Eine Entscheidung dürfe nicht willkürlich getroffen werden.

 

Es gebe keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Grundwasserqualität in der Bauerschaft Rödder durch gewerbliche Nutzungen, insbesondere durch den Brecher- und Verfüllbetrieb des dort ansässigen Entsorgungsunternehmens. Vornehmlich auf der östlich der K 13 gelegenen Tongrube, also nicht auf dem projektierten Deponiegelände finde zurzeit eine Verfüllung mit sogenannten Z 1-Böden statt; das seien – vereinfacht gesprochen – unbelastete Böden mit einem Anteil von Steinen kleiner/gleich 5%.

 

Die in der Öffentlichkeit diskutierten ungewöhnlichen Wasserwerte aus dem Jahre 2011 stammten aus der sog. R6-Messstelle. Diese Messstelle sei bereits wegen ihrer Lage in einer Mulde und wegen der Zugänglichkeit kritisch. Die damalige Probe sei getrübt gewesen und von ihr sei ein jaucheähnlicher Geruch ausgegangen. Es bestehe keine Kausalität zwischen der Verfüllung und dem ungewöhnlichen Messwert aus dem Jahre 2011. Das Grundwasser werde im Übrigen vom LANUV beprobt. Insoweit lägen keine eigenen Erkenntnisse vor. Hinsichtlich des Brunnen- und Eigenwassers sei auf Grund der dem Kreis vorliegenden Erkenntnisse als untere Gesundheitsbehörde festzustellen, dass die Werte sich nicht von den Werten im übrigen Kreisgebiet unterschieden.

 

Ergänzend möchte Ktabg. Wessels wissen, ob es nach dem Messergebnis im Jahre 2011 zu Nachmessungen gekommen sei oder ob man auf Sachverständige vertraut habe.

Hierauf teilt FBL Dr. Scheipers mit, dass das LANUV offenbar eine Nachmessung nicht für notwendig erachtet habe. Die Messungen würden auch erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung bekannt gegeben. Auf der Internetseite ELWAS (elektronisches wasserwirtschaftliches Verbundsystem für die Wasserwirtschaftsverwaltung in NRW) könnten zum Beispiel aktuell die Werte der Jahre 2012 und 2013 nachgelesen werden.

Die besagte Messstelle liege 13 Meter unter der Erdoberfläche, während Grundwassermessungen üblicherweise auf etwa 30 Meter unterhalb Geländeniveau durchgeführt werden. Gleichwohl widme man den damaligen Werten eine besondere Aufmerksamkeit und man diskutiere mit dem LANUV über eine Erklärung dieser Werte.

 

Landrat Püning ergänzt, dass man das LANUV jetzt ganz aktuell wegen der Geeignetheit der Messstelle noch einmal angeschrieben habe. Ein vom Entsorgungsunternehmen beauftragter Gutachter habe angeregt, zwei neue Messstellen einzurichten.

 

Ktabg. Schulze Entrup verweist auf die bestehende Verpflichtung der Fa. Remex, die festgelegte Ausgleichsmaßnahme umzusetzen. Erst hiernach komme eine Deponie in Betracht. Die Reihenfolge müsse eingehalten werden.

 

Ktabg. Kleerbaum fragt, ob die Antragstellerin im Falle eines positiven Votums verpflichtet werden kann, am Ursprungsantrag festzuhalten. Wie könne gesichert werden, dass keine gefährlichen Stoffe eingelagert werden.

 

Zunächst beantwortet FBL Dr. Scheipers die Anmerkung des Ktabg. Schulze Entrup dahingehend, dass grundsätzlich nach einer erfolgten Planfeststellung diese durch eine neue Planfeststellung geändert werden können. Für zuvor festgesetzte Ausgleichsmaßnahmen müsste später Ersatz geschaffen werden. Eine vom ersten Planfeststellungsverfahren vorgesehene Ausgleichsmaßnahme sei in die Eingriffsbewertung einzubeziehen. Eine Planfeststellung entfalte keine dauerhafte bzw. unabänderliche Wirkung. Eine Änderung müsse jedoch ein Verfahren mit strenger Prüfung durchlaufen.

 

Auf die Frage des Ktabg. Kleerbaum erklärt FBL Dr. Scheipers, dass die nachträgliche Erweiterung eines etwa planfestgestellten Betriebs um typischerweise nicht für DK I-Deponien bestimmte Abfallarten äußerst schwierig sein dürfte, jedoch letztlich nichts unmöglich sei. Auf eine DK1-Deponie dürften nach der Deponieverordnung nur mineralische Abfälle eingelagert werden. Es können andere Stoffe nur dann dort auch eingelagert werden, wenn durch weitere technische Maßnahmen (Sicherheitsregime) keine anderen Wirkungen von diesen Stoffen ausgehen, wie von den mineralischen Abfällen. Es sei somit grundsätzlich möglich und für die Zukunft nicht gänzlich auszuschließen.

 

Landrat Püning verweist auf die Erklärung der Antragstellerin, keine gefährlichen Stoffe mehr einlagern zu wollen.

 

Ktabg. Kohaus regt wegen des offensichtlich bestehenden Erörterungsbedarfs an, den Stand des Verfahrens auch in rechtlicher Hinsicht in der nächsten Fachausschusssitzung darzustellen.

 

Landrat Püning sichert dies zu.

 

Ktabg. Kortmann möchte vom FBL Dr. Scheipers wissen, ob er ausschließen könne, dass es Messergebnisse gebe, die ihm nicht bekannt seien. Ferner möchte er wissen, ob FBL Dr. Scheipers sich sicher sei, dass keine giftige Abfälle auf die Deponie gelangten und wenn nicht, ob dies dann geprüft werde.

 

Zunächst erklärt FBL Dr. Scheipers, dass er bei Fragen, die sich auf Bereiche außerhalb seiner persönlichen Wahrnehmung bezögen – egal in welchem Bereich – niemals etwas ausschließen könne. Wie – so FBL Dr. Scheipers – solle er ein Messergebnis ausschließen, dass er nicht kenne.

 

In Beantwortung der zweiten Frage des Ktabg. Kortmann verweist FBL Dr. Scheipers vorab auf die unternehmenseigenen Qualitätssicherungs-Kontrollen (QS-Kontrollen). Bei jeder Lkw-Anlieferung erfolge sodann eine Sichtkontrolle und die Entnahme einer Rückstellprobe. Das Unternehmen beauftrage für die Rückstellprobe eine Analytik, die dem Kreis vorzulegen sei; bei Besonderheiten hinsichtlich der Analyseergebnisse oder auch bei größeren Anlieferungsmengen beauftrage der Kreis darüber hinaus eine eigene (Gegen-)Probe. Das Unternehmen führe ein Betriebstagebuch, das über eine lückenlose Rückverfolgung bis hin zu der Baustelle, an der die Böden entnommen worden seien, gewährleiste. Bis zur Freigabe durch den Kreis würden die Anlieferungen zwischengelagert und dann erst eingebaut. Ungefähr alle vier Wochen würden Mischproben gezogen, ungefähr alle zwei Monate nähmen Bedienstete des Kreises eine Vor-Ort-Kontrolle vor. Eine Erklärung, dergestalt, dass es niemals zu fehlerhaften Ablagerungen gekommen sei, könne er für die Bodenablagerungen in Dülmen-Rödder ebenso wenig abgeben wie für die kreiseigene Deponie. Mit der ausführlichen Darstellung wolle er dem Eindruck entgegen treten, dass es offensichtliche Lücken im System gebe.

 

 

Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft

 

Landrat Püning teilt mit:

 

„Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 12.09.2014 mitgeteilt, einen Schwerpunkt für ländliche Räume, Demografie und Daseinsvorsorge bilden zu wollen, die die Stabilisierung der „Ländliche Räume“ zum Ziel hat. Es wird ein neues Bundesprogramm „Ländliche Entwicklung“ gestartet. Wesentlicher Bestandteil soll ein neues Modellvorhaben „Land(auf)Schwung“ für ländliche Regionen sein. Dieses unterteilt sich in eine Start- und Qualifizierungsphase. Am 07.11.2014 endet eine Frist zur Interessensbekundung. Der Kreis Coesfeld ist einer von drei Kreisen in NRW, die ausgewählt wurden. Neben dem Kreis Coesfeld wurden die Kreise Höxter und der Hochsauerlandkreis ausgewählt.

Die Verwaltung prüft zurzeit, ob die Teilnahme für den Kreis Coesfeld interessant ist. Für die nächste Kreistagssitzung am 05.11.2014 wird eine Sitzungsvorlage erstellt, um gegebenenfalls zum 07.11.2014 das Interesse bekunden zu können.“