Beschluss: ungeändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 15, Nein: 2, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Beschluss:

 

Der Kreisausschuss empfiehlt dem Kreistag folgenden Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Kreistag stimmt der Übernahme der Aufgabe einer Zentralen Ausländerbehörde durch den Kreis Coesfeld zum 01.06.2018 zu.

 

  1. Der Kreistag nimmt zur Kenntnis, dass die Aufgaben einer Zentralen Ausländerbehörde Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung sind, die zuständige Aufsichtsbehörde die Bezirksregierung Münster ist und Weisungs- oder sonstige Einflussnahmerechte der Zentralen Ausländerbehörde gegenüber der kommunalen Ausländerbehörde nicht zustehen.

 

  1. Die dafür zu bildende Organisationseinheit wird als Abteilung 33 dem Dezernat I –Sicherheit, Bauen und Umwelt- zugeordnet. Insofern wird zum 01.06.2018 der Organisationsplan angepasst. Der Kreistag nimmt ferner zur Kenntnis, dass eine klare organisatorische Trennung der Zentralen Ausländerbehörde von der kommunalen Ausländerbehörde sichergestellt wird.

 

  1. Zur Aufgabenwahrnehmung der Zentralen Ausländerbehörde beschließt der Kreistag zum 01.06.2018 als Nachtrag zum Stellenplan für das Haushaltsjahr 2018 die Einrichtung der im Anhang ersichtlichen Planstellen.

 

  1. Der Kreistag nimmt zur Kenntnis, dass die zur Übernahme dieser neuen Aufgabe zu schaffenden zusätzlichen Personal- und Sachressourcen Folgebedarfe in den Querschnittsbereichen der Kreisverwaltung mit zusätzlichen Planstellenanteilen (Overheadkosten) auslösen, die ebenfalls durch das Land Nordrhein-Westfalen refinanziert werden.

 

  1. Der Kreistag nimmt zur Kenntnis, dass die Einrichtung und der Betrieb der Zentralen Ausländerbehörde den Kreisetat nicht belasten, da die Kosten vom Land Nordrhein-Westfalen (NRW) erstattet werden.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, mit dem Land NRW eine Rahmenvereinbarung abzuschließen, die gewährleistet, dass im Falle einer späteren Auflösung bzw. Rückabwicklung der Zentralen Ausländerbehörde dem Kreis kein finanzieller Schaden (z.B. durch verbleibendes und nicht mehr benötigtes Personal) entsteht.

 

  1. Die Verwaltung wird damit beauftragt alle notwendigen Maßnahmen zu veranlassen, die erforderlich sind, um zum 1. Juni 2018 den Betrieb der Zentralen Ausländerbehörde aufzunehmen.

Landrat Dr. Schulze Pellengahr erläutert mit einem Verweis auf die umfangreiche Sitzungsvorlage kurz die „Historie“ des nun zu beratenden Tagesordnungspunktes „Errichtung einer Zentralen Ausländerbehörde (ZAB) für den Regierungsbezirk Münster und Nachtrag zum Stellenplan 2018“.

 

Frau Regierungspräsidentin Feller habe nach der Ablehnung durch den Rat der Stadt Münster auch den Kreis Coesfeld gefragt, ob dieser bereit sei, die ZAB für den Regierungsbezirk Münster zu errichten. Nach interner Prüfung, Rücksprache mit der Stadt Coesfeld und Klärung, dass mit dem Gebäude am Leisweg eine passende Immobilie vorhanden sei, habe man sich entschlossen, bei der Informationsveranstaltung der Bezirksregierung Münster Interesse an der Errichtung der ZAB beim Kreis Coesfeld zu bekunden.

 

Am 01.03.2018 sei dann der „Zuschlag“ durch Herrn Minister Stamp erteilt worden. Landrat Dr. Schulze Pellengahr dankt Ktabg. Höne für seine positive Begleitung des Prozesses. Es habe natürlich auch kritische Rückmeldungen gegeben. Wichtig sei gewesen, dass das Land den Kommunen Unterstützung angeboten habe und man diese dann auch annehmen müsse und sich nicht wegducken dürfe. Das Land habe rechtzeitig die Weichen gestellt. Landrat Dr. Schulze Pellengahr betont, dass es sich hier um eine reine Aufgabenwahrnehmung zur Erfüllung nach Weisung handele, wie sie in vielen Bereichen vorkomme. Es erfolge eine Einbindung in die Struktur des Kreises – dies sei nicht unüblich. Die kommunale Ausländerbehörde behalte ihre Zuständigkeiten, die ZAB werde auch hier unterstützend und koordinierend tätig.

 

Wichtig bei der Entscheidung sei insbesondere auch gewesen, dass der Beschluss eine nun zu treffende Rahmenvereinbarung mit dem Land NRW vorsehe. Diese stelle sicher, dass die Übernahme der Aufgabe der ZAB nicht zum Nachteil des Kreises Coesfeld führt. Die Bewerbung sei zudem auch durch die Bürgermeisterkonferenz im Kreis Coesfeld einstimmig begrüßt worden.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr versichert ausdrücklich, dass man durch die neue Behörde „mit keiner Haaresbreite“ hinter die bisherigen Integrationsbemühungen zurückfallen werde. Man dürfe aber nicht vergessen, dass auch Rückführungen bei einer rechtkräftigen Ablehnung des Asylverfahrens erfolgen müssten.

 

Insgesamt beinhalte die Errichtung der ZAB beim Kreis Coesfeld Chancen und auch große Herausforderungen, insbesondere auch bei der Personalgewinnung.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr schließt seine Ausführungen mit einer Präsentation über das Verwaltungsgebäude am Leisweg. Das Gebäude habe eine gute Erreichbarkeit, mit dem Zug über den DB-Haltepunkt „Schulzentrum“ sowie mit dem Bus über die Haltestellen „Arbeitsamt“ und „Schulzentrum“.

 

Anmerkung:

Details zum Verwaltungsgebäude „Leisweg 12“ können der Präsentation entnommen werden, die dieser Niederschrift beigefügt wird und über das KIS abgerufen werden kann.

 

Ktabg. Vogelpohl sieht in der Errichtung der ZAB beim Kreis Coesfeld keine richtige Weichenstellung. Er habe in letzter Zeit viele E-Mails erhalten, unter anderem auch durch Menschen, die in der Flüchtlingshilfe tätig seien. Gerade in diesem Bereich habe er eine große Ablehnung zu der Errichtung einer solchen Behörde erfahren. Er bittet den Landrat um Beantwortung folgender Fragen:

 

  • Warum soll die Behörde beim Kreis und nicht bei der Bezirksregierung errichtet werden?
  • Gibt es die Möglichkeit, einen Beirat analog des Polizeibeirates einzurichten oder arbeitet die neue Behörde in einer „Black-Box“?
  • Widerspricht nicht die Tatsache, dass die kommunale ABH von der ZAB deutlich getrennt wird, der Aussage, dass Synergien genutzt werden könnten, zumal beide ähnliche bzw. teilweise gleiche Aufgaben habe?
  • Wird bei der kommunalen Ausländerbehörde ein Personalabbau erfolgen? Wo sollen die 70 bis 90 Verwaltungsfachkräfte akquiriert werden? Wird es einen Sog auf die Kommunalverwaltung im näheren Umfeld geben?
  • Welche Aufgaben werden die Außendienstmitarbeiter haben? Übernehmen diese auch Beratung/Betreuung? Wird es in der Region auch demnächst zu Unterbringungen in sogenannten AnkER-Einrichtungen kommen?

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr erklärt, dass es eine große Verunsicherung darüber gebe, was die ZAB tatsächlich mache. Es handele sich bei der ZAB, wie bereits erläutert, um eine reine Verwaltungsbehörde. Die Zentralen Ausländerbehörden seien übrigens von der Rot-Grünen-Landesregierung begründet und bei den Kreisen oder kreisfreien Städten angesiedelt worden, wie es häufiger bei Landesaufgaben vorkomme. Warum dies so sei, könne er nicht beantworten. Dies sei aber keineswegs systemwidrig, sondern hier folgerichtig.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr weist auf die sehr guten Integrationsmaßnahmen des Kreises Coesfeld hin, die landesweit Beachtung fänden und anerkannt seien. Der Gesetzgeber sehe aber auch Rückführungen vor, wenn kein Anspruch auf Asyl bestehe. Es fehle an einem Einwanderungsgesetz. Er betont nochmals, dass die Integration nicht zurückgefahren werde. Hierfür stünden das KI und der Integrationsausschuss. Die Einrichtung eines neuen Beirates für die Belange der ZAB sei zunächst nicht vorgesehen, ggf. könne regelmäßig im Kreisausschuss berichtet werden.

 

Bei der kommunalen Ausländerbehörde sei kein Personalabbau vorgesehen. Allerdings habe man auch immer betont, einen „atmenden Personalkörper“ zu haben, sodass bei wegfallenden Aufgaben auch Personal in einen anderen Bereich verlegt werden könne. Zunächst sei dies aber nicht der Fall. Er sehe keinen Widerspruch in der Trennung der kommunalen ABH und der ZAB und der Nutzung von Synergien. Es könnten z.B. Erleichterungen für die kommunale ABH bei der Passersatzbeschaffung entstehen, wenn man die Ressourcen der ZAB nutzen würde. Zu einer zu befürchtenden Sogwirkung auf die anderen Kommunen erklärt Landrat Dr. Schulze Pellengahr, dass die Stellen öffentlich ausgeschrieben würden und sich natürlich auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anderer Kommunen bewerben könnten. Man werde im Hause darauf achten, dass eine sachgerechte Steuerung erfolge und nicht andere Bereiche „leergezogen“ würden. Die Außendienstmitarbeiter hätten selbstverständlich auch beratende Tätigkeiten, seien aber natürlich auch für Rückführungen zuständig.

 

Zu den Unterbringungen in sogenannten AnkER-Einrichtungen habe er keinerlei Informationen. Letztlich werde man sich aber eventuellen „Hilferufen“ wie 2015 nicht entziehen können und dann auch wieder schnell und unkompliziert humanitäre Hilfe leisten.

 

Ktabg. Kohaus hegt grundsätzliche rechtsstaatliche Zweifel an der Durchführung vieler Asylverfahren. Dem Kreis Coesfeld stehe es nicht gut zu Gesicht, die so zustande gekommenen Ausreisepflichten durchzusetzen.

 

Hierauf klatschen die Zuschauer Beifall. Landrat Dr. Schulze Pellengahr weist darauf hin, dass Beifall unterbleiben müsse, da es die Rechtsordnung so vorsehe. Weiter ist er der Meinung, dass es bei den Asylverfahren insgesamt nicht an Rechtsstaatlichkeit mangele. Natürlich sei bekannt, dass es beim BAMF auch Fehlentscheidungen gegeben habe. Man habe jedoch die Gewaltenteilung und die meisten Entscheidungen würden auch gerichtlich überprüft.

 

Ktabg. Höne findet die Ansicht des Ktabg. Kohaus für einen Rechtsanwalt mehr als bemerkenswert. Zum Thema habe der Landrat alles gesagt. Er habe die aufgeladene Diskussion um die ZAB nie verstanden, auch nicht die in der Stadt Münster. Man habe insgesamt 81 kommunale Ausländerbehörden und von dort sei häufig der Ruf nach Unterstützung bzw. Entlastung gekommen. Bestehendes Recht werde nicht geändert, es erfolge nun eine Unterstützung in allen Bereichen durch das Land. Die Kritik sei ihm daher unverständlich.

Er weist, wie der Landrat zuvor, auf die äußerst gelungenen Integrationsbemühungen des Kreises Coesfeld hin, sei es bei der Einrichtung des KI, des Integrationsausschusses oder z.B. bei der Bildung der Internationalen Förderklassen Plus. Dies sei mit eigenem Geld erfolgt und ein riesiger Erfolg. Man könne für Personen mit Bleibeperspektive mehr tun, wenn man konsequent geltendes Recht anwendet und auch Rückführungen durchführt.

 

Ktabg. Lütkecosmann erklärt, dass er in der Flüchtlingshilfe tätig sei und auch er viele E-Mails erhalten habe. Die Helfer in den Kommunen wünschten sich Zuweisungen von Personen mit Bleiberechtsperspektive. Es stelle auch ein hohes Maß an Belastungen für die Helfer dar, wenn diese mit der Ungewissheit leben müssten, was nun mit „ihren Schützlingen“ geschehe. Daher sollten Kommunen nur noch Personen mit Bleiberechtsperspektive zugewiesen werden. Der Rechtsstaat habe bei einer rechtskräftigen Ablehnung so entschieden, das solle man nicht grundsätzlich anzweifeln. Eine zentrale Einrichtung wie die ZAB könne für schnellere Verfahren sorgen.

 

Ktabg. Kohaus verweist nochmals auf die oft unhaltbaren Zustände in den Einrichtungen. Oftmals könnten die Bescheide nicht zugestellt und daher von den Betroffenen nicht rechtzeitig Rechtsmittel eingelegt werden. Es sei quasi unmöglich, Asylbescheide überprüfen zu lassen. Zudem sei es in den Einrichtungen unheimlich schwer, eine vernünftige Beratung zu bekommen. Er bleibe dabei, dass eine ZAB dem Kreis Coesfeld nicht gut zu Gesicht stehe.

 

Ktabg. Rampe pflichtet der Aussage des Ktabg. Lütkecosmann bei. Schnellere Gewissheit sei wichtig. Man habe innerhalb der Fraktion sehr intensive Diskussionen geführt und sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die ZAB dafür sorgen könnte. Auch er plädiert für ein Einwanderungsgesetz. Grundsätzlich bemängelt er den zeitlichen Ablauf der Angelegenheit und hält diesen für sehr ambitioniert. Der Informationsfluss müsse in Zukunft besser laufen. Man werde der Errichtung der ZAB beim Kreis Coesfeld zustimmen.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr erwidert auf die Aussage des Ktabg. Kohaus, dass die Asyl-Bescheide überwiegend beklagt würden. Zur zeitlichen Abfolge der zu treffenden Entscheidung bestätigt er, dass diese sehr eng vertaktet und sehr ambitioniert sei. Letztlich habe sich dies aber so ergeben. Auf Anfrage des Ktabg. Lütkecosmann bestätigt er nochmals, dass die Außendienstmitarbeiter auch für die Beratung zuständig seien.

 

Ktabg. Kleerbaum weist rückblickend auf die erheblichen Probleme hin, die in den Jahren 2015/2016 und 2017 entstanden seien. Der Staat sei da in den letzten Jahren überfordert gewesen. Man habe humanitäre Hilfe leisten müssen, nun müssten geordnete Verhältnisse hergestellt werden. Die ZAB sei ein Baustein, dies zu regeln. Er habe die Diskussionen um den Standort, insbesondere auch die in Münster, nicht verstanden. Auch er verweist auf die großen und erfolgreichen Integrationsbemühungen des Kreises Coesfeld. Hierfür habe man großen Respekt und Anerkennung erhalten. Man könne nun froh sein, über die Errichtung der ZAB entscheiden und die bereit gestellten Ressourcen nutzen zu können

 

Ktabg. Pohlmann berichtet von seinem beruflichen Alltag im Job-Center in Dortmund und von der vernünftigen Steuerung nach der Errichtung der ZAB in Unna. Man müsse auch an die Zentren denken und Verantwortung übernehmen.

 

Ktabg. Lunemann fragt nach den Parkmöglichkeiten am Verwaltungsgebäude am Leisweg.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr erklärt, dass Parkflächen vor dem Gebäude vorhanden seien und aus rechtlichen Gründen keine weiteren errichtet werden müssen. Gleichwohl sei man mit der Stadt Coesfeld im Gespräch für eine entsprechende Erweiterung, damit es nicht zur Verschärfung der Parkplatzsituation komme.

 

Landrat Dr. Schulze Pellengahr lässt sodann über die Beschlussvorschläge im Block abstimmen, nachdem eine separate Abstimmung der einzelnen Punkte nicht gewünscht wird.


Form der Abstimmung:               offen per Handzeichen

Abstimmungsergebnis:               15 JA-Stimmen

                                                      2 NEIN-Stimmen