Beschluss: ungeändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 6, Nein: 3, Enthaltungen: 4

Beschluss:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung zur Beseitigung des Gehölzbestandes einer gesetzlich geschützten Allee in Seppenrade mit anschließender Neuanpflanzung zu.

 

Die Befreiung soll mit folgenden Auflagen versehen werden:

 

  • Die Entfernung der Gehölze darf nur im Zeitraum zwischen dem 01.10. und dem 28.02 des Folgejahres erfolgen.
  • Die nachträgliche Aufnahme, Änderung oder Ergänzung von Auflagen behalte ich mir vor

 


Herr Holz stellt zunächst fest, dass das per E-Mail bzw. per Post versandte Schreiben von Anliegern allen Beiratsmitgliedern zugegangen ist.

Er erinnert an die im Rahmen der letzten Beiratssitzung durchgeführte Exkursion, bei der auch die Kastanienallee in Seppenrade besichtigt worden ist.

 

Herr Steinhoff stellt klar, dass der gesetzliche Alleenschutz hier eine Befreiung von den geltenden Verboten erfordere. Dazu habe die Stadt Lüdinghausen zwischenzeitlich ein Baumgutachten in Auftrag gegeben, das nun vorliege. Er verweist auf den an die Beiratsmitglieder verteilten Auszug (s. Anlage) und bittet Herrn Steenweg von der Stadt Lüdinghausen, die Ergebnisse vorzustellen.

 

Herr Steenweg weist einleitend darauf hin, dass er seit 1995 für die Grünbereiche in und um Lüdinghausen zuständig und in dieser Funktion an den Planungen beteiligt sei.

Er führt zunächst aus, dass der Rat der Stadt Lüdinghausen in 2005 und im Herbst 2011 die Aufstellung der Bebauungspläne im Bereich der Kastanienallee beschlossen habe. Die Entwürfe hätten zum Schutz der Bäume keine privaten Zufahrten vorgesehen, und bis dahin sei somit der Erhalt der Allee ein planerisches Ziel gewesen. Erst danach habe es im Rahmen von Fachtagungen Informationen zum Kastaniensterben gegeben, das durch eine Infektion mit dem Bakterium Pseudomonas syringae ausgelöst und durch das Einwirken von holzzersetzenden Pilzen verursacht werde. Seit 2012 seien daraufhin von Kommunen in der Region vermehrt Kastanien gefällt und es sei vielfach auch darauf verzichtet worden, neue Kastanien zu pflanzen. Rotblühende Kastanien seien gleichermaßen von dem Befall betroffen.

Bei der Kastanienallee in Seppenrade, so Herr Steenweg weiter, habe es sich vor 2005 um einen ortsnahen Wirtschaftsweg ohne Gehwege und Regenwasserbehandlung gehandelt. Da nun die erstmalige Anlage eines Gehweges geplant sei, seien in den letzten 5-6 Jahren Nachpflanzungen nicht mehr erfolgt. Jetzt stehe für einen ersten Abschnitt der Endausbau im Rahmen des Bebauungsplans Alter Sportplatz an. Eine erste Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde zum Aufbau einer neuen Allee sei aufgrund des bekannten Bakterienbefalls positiv ausgefallen. Von den Anliegern habe sich eine Partei gegen die Planung ausgesprochen, weitere Rückmeldungen habe es nicht gegeben. Um vertiefte Erkenntnisse zu gewinnen, sei durch den Baumgutachter Martin Rensing im Juni 2019 ein Gutachten erstellt worden, das zwar derzeit alle Bäume als vital und verkehrssicher qualifiziere, aber bei 43 % der Kastanien einen Bakterienbefall und bei weiteren Bäumen erste Anzeichen feststelle. Mittelfristig sei mit dem Absterben aller Kastanien zu rechnen, der Befall sei nicht aufzuhalten. Im südlichen Bereich, dessen Ausbau zuerst anstehe, befänden sich 15 Bäume, darunter 14 Kastanien, von denen 6 einen Pseudomonas-Befall aufwiesen. Hier werde es als sinnvoller angesehen, alle Bäume zu entfernen und 25 bis 30 neue Bäume zu pflanzen. Statt der zunächst vorgesehenen Hopfenbuche sei auch die Anpflanzung von Linden möglich. Alternativ könnten wassergebundene, provisorische Gehwege angelegt werden. Wenn dann die Entnahme der 6 befallenen Bäume erforderlich werde, würden die verbleibenden Bäume durch die Freistellung allerdings stärker der Windlast ausgesetzt; ein Einkürzen stelle bei Kastanien immer ein Risiko dar.

 

Herr Holz erläutert, dass im Zuge der im Zusammenhang mit dem in den 1920er Jahren erfolgten Ausbau des Dortmund-Ems-Kanals durchgeführten Flurbereinigung Feldwege mit Alleecharakter angelegt worden seien. Über die Jahre habe sich die Kastanienallee zu einer befestigten Straße mit Kanal- und Leitungsverlegungen entwickelt und diene im Rahmen der Siedlungserweiterung nun der Erschließung der neuen Baugebiete. In 2013 und 2017 seien Bürgerversammlungen durchgeführt worden, bei denen seitens der Anlieger Bedenken hinsichtlich des nach Abschluss der Baugebiete vorgesehenen Endausbaus der Straße mit Gehweg nicht geäußert worden seien.

 

Auf die Frage von Herrn Wilkes nach der hier zu erwartenden Reststandzeit, die ja sonst durchaus 60 bis 100 Jahre betragen könne, erklärt Herr Steenweg, dass der Befall nicht zu kalkulieren sei und in einigen Fällen schnell, in anderen langsamer fortschreite. Von den in 1995 vorhandenen 60 Bäumen ständen hier noch 37, und die Allee in Tetekum, die 200 Kastanien umfasst habe, weise noch 150 Bäume auf, viele davon mit Anzeichen des Befalls.

 

Herr Brüning ist der Auffassung, dass es die Stadt Lüdinghausen versäumt habe, Alternativen zu prüfen. Außerdem fehle ein Artenschutzgutachten, obwohl das Alter der Allee auf Fledermausvorkommen schließen lasse.

Herr Steenweg erwidert, dass das Artenschutzgutachten in Auftrag gegeben worden sei, aber noch nicht vorliege.

Herr Dr. Baumanns erklärt, dass ohne das Artenschutzgutachten keine Entscheidung möglich sei; auch das Baumgutachten liege nur als Auszug vor.

Herr Holz bietet an, dass das komplette Baumgutachten interessierten Beiratsmitgliedern auf Anforderung durch die Verwaltung übersandt werde.

Zu den artenschutzrechtlichen Erfordernissen, die sich möglicherweise aus dem Artenschutzgutachten ergäben, weist Herr Holz darauf hin, dass diesen durch Nebenbestimmungen zur Befreiung Rechnung getragen werde.

 

Herr Ansmann hinterfragt mit Blick auf den begrenzten Platz die Geeignetheit des Standortes für die neue Allee.

Herr Steenweg erläutert die Maße des geplanten Ausbaus und bekräftigt, dass mit 30 m² pro Baum optimale Bedingungen für Straßenbäume geschaffen würden; mit Straßenschäden, wie von Herrn Ansmann angesprochen, sei aufgrund dessen nicht zu rechnen.

Die Hopfenbuche sei als Klimabaum und zur Bereicherung der Artenvielfalt im Stadtgebiet ausgewählt worden, die Winterlinde als heimische Art komme aber ebenso in Betracht.

Abschließend erklärt Herr Steenweg, dass vielfältige Bemühungen unternommen worden seien, den Baumbestand zu erhalten, es gebe hier aber keine Möglichkeit, das Wohl der Bäume mit dem Straßenausbau zu vereinbaren. Für die 35 zu fällenden Bäume würden 55 neu gepflanzt, und die sich aufgrund des Artenschutzgutachtens ergebenden Auflagen würden selbstverständlich erfüllt.

Herr Brüning regt hinsichtlich des Artenschutzgutachens einen Vorbehalt im Beschlussvorschlag an.

Das Naturschutzzentrum, so Herr Brüning weiter, weise stets darauf hin, dass autochthone Arten ausgewählt werden sollten, und hier biete sich die Fortführung der Lindenallee an.

 

Auf die Nachfrage von Herrn von Hövel bestätigt Herr Steenweg, dass die Überplanung der gesamten Allee Gegenstand des Befreiungsantrages sei, wenn auch der nördliche Bereich erst in 5 bis 6 Jahren ausgebaut werden solle.

Den Einwand von Herrn Wilkes, dass eine Umsetzung in einem Zug von Vorteil sei, damit eine geschlossene Allee entstehe, weist Herr Steenweg mit Hinweis auf die derzeitige Bautätigkeit und den Baustellenverkehr im Baugebiet Kastanienallee Nordwest zurück.

 

Herr Holz stellt den Beschlussvorschlag zur Abstimmung.


Form der Abstimmung:               offen per Handzeichen

Abstimmungsergebnis:               6 Ja-Stimmen

                                                    3 Nein-Stimmen

                                                    4 Enthaltungen