Sitzung: 04.12.2019 Kreisausschuss
Altablagerungen im Kreisgebiet
Coesfeld – IST-Situation und weiteres Vorgehen im aktuellen Fall
Auf die vorab übersandte Anfrage der Kreistagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN vom 23.11.2019 berichtet Dezernent Helmich wie folgt:
1. Kataster über Altlasten
und schädliche Bodenveränderungen des Kreises Coesfeld
Im Kataster des Kreises Coesfeld
sind insgesamt 390 Flächen erfasst. Bei 128 Flächen handelt es sich um
Altablagerungen bzw. um Flächen, die diesbezüglich als altlastenverdächtige
Fläche einzustufen sind. Größenteils befinden sich diese Flächen im
Außenbereich, die heute als landwirtschaftliche Flächen oder Forstflächen
genutzt werden. Die Standorte der Altablagerungen, die sich im Innenbereich
befinden, sind heute zumeist anderweitig genutzt und i.d.R. überbaut.
Die weiteren 262 Flächen werden
als Altstandort bzw. diesbezüglich als altlastenverdächtige Fläche, schädliche
Bodenveränderung oder Verdachtsfläche geführt.
Jeder dieser Flächen, die im
Kataster eingetragen ist, wird in Abhängigkeit des Bearbeitungsstandes ein
Status zugeordnet.
Von den 128 Altablagerungen wurden bisher 108 erkundet. Der
Umfang einer Erkundung hängt grundsätzlich von der aktuellen Nutzung und auch
von den potentiell betroffenen Wirkungspfaden (Boden-Mensch; Boden-Nutzpflanze
und Boden-Grundwasser) ab. Beim Wirkungspfad Boden-Mensch unterscheidet man die
Nutzung in Kinderspielflächen, Wohnbauflächen, Park- und Freizeitanlagen sowie
Industrie- und Gewerbeflächen. Bei der Beurteilung des Wirkungspfades
Boden-Nutzpflanze wird in Ackerbau-/ Nutzgartenflächen und Grünlandflächen
unterschieden.
20 Flächen sind bisher nicht
erkundet. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um Ablagerungen/ Auffüllungen
von Bodenmaterial und untergeordnet Bauschutt, die kein Bestandteil eines
Genehmigungsverfahrens waren. Diese Flächen wurden nur nachrichtlich in das
Kataster aufgenommen, da keine Kenntnisse zur Beschaffenheit des Bodenmaterials
bzw. des Bauschutts sowie keine Anhaltspunkte für eine schädliche
Bodenveränderung/ Altablagerung vorliegen. Eine Erkundung dieser Flächen ist
aus Sicht der Unteren Bodenschutzbehörde nicht erforderlich. Die nachrichtliche
Führung dieser Flächen im Kataster ist ausreichend, um bei evtl. vorgesehenen
Umnutzungen reagieren zu können und eine ordnungsgemäße Entsorgung des
Erdaushubes sicherstellen zu können.
Die Bearbeitung von Altlasten ist auf der Internetseite des
Umweltbundesamtes ausführlich beschrieben.
https://www.umweltbundesamt.de/themen/boden-landwirtschaft/altlasten/altlasten-bearbeiten#textpart-1
2. Vorgehen im Fall
„Altablagerung Solkenbrok – 30-Du06“
Bei der hier in Rede stehenden Fläche handelt es sich um die ehemalige
Siedlungsabfalldeponie der früheren Gemeinde Buldern, die ab 1965 betrieben
wurde.
Da die Fläche nach der letzten Ernte gepflügt wurde und Altabfall zu
Tage getreten ist, ist die Durchführung einer orientierenden Untersuchung durch
die UBB aktuell an der Ackerzufahrt begonnen worden. Aufgrund der ungünstigen
(feuchten) Witterung konnte die orientierende Untersuchung noch nicht
abgeschlossen werden. In Kürze findet ein Abstimmungsgespräch mit dem
Eigentümer, dem Pächter und der Stadt Dülmen statt, um gemeinsam möglichst
zeitnah abschließende Untersuchungen durchführen zu können.
Mit dem Eigentümer und dem Pächter wurde vorsorglich vereinbart, dass
die Fläche im kommenden Frühjahr bestellt werden kann. Um sicher zu gehen, dass
die angebauten Nutzpflanzen keine erhöhten Schadstoffgehalte ausweisen, erfolgt
eine Aufwuchskontrolle bzw. Untersuchung der Ernte, bevor diese verwendet wird.
Die Untersuchung der Ernte stellt eine vorgezogene Schutzmaßnahme nach § 5 Abs.
5 Bundes-Bodenschutz und Altlastenverordnung (BBodSchV) dar.
Wenn anhand der orientierenden Untersuchung keine abschließende
Gefährdungsabschätzung vorgenommen werden kann und der Altlastenverdacht
fortbesteht, ordnet die UBB anschließend die Durchführung einer
Detailuntersuchung gegenüber der Stadt Dülmen – dem Rechtsnachfolger der
Gemeinde Buldern – als Handlungsstörer an. Die Ergebnisse der
Detailuntersuchung wären durch die UBB zu bewerten und die
Gefährdungsabschätzung damit abzuschließen.
Wenn die in der BBodSchV definierten Prüfwerte für die
nutzungsbezogenen Wirkungspfade nicht überschritten werden, gilt der
Altlastenverdacht als ausgeräumt (§ 4 Abs. 2 BBodschV). Maßnahmen zur
Gefahrenabwehr sind nur bei Fortbestehen des Altlastenverdachts nach
Durchführung der orientierenden Untersuchung/ Detailuntersuchung erforderlich.
Die Pflichten zur Gefahrenabwehr ergeben sich aus § 4 Abs. 3 BBodSchG.
Demnach sind
-
Der Verursacher
einer Altlast sowie dessen Gesamtrechtsnachfolger,
-
der
Grundstückseigentümer und
-
der Inhaber der
tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück
verpflichtet, den Boden und Altlasten sowie durch schädliche
Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern so
zu sanieren, dass dauerhaft keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder
erheblichen Belästigungen für den einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen.
Im Rahmen der Gefahrenabwehr kommen zur Sanierung neben Dekontaminations-
auch Sicherungsmaßnahmen in Betracht, die eine Ausbreitung der Schadstoffe
langfristig verhindern. Soweit dies nicht möglich oder unzumutbar ist, sind
sonstige Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durchzuführen. Die Anforderungen an
die einzelnen Maßnahmen sind in § 5 BBodSchV definiert.
3. Ausblick
Erfahrungsgemäß ist eine Gefährdung über den Wirkungspfad
„Boden-Grundwasser“ aufgrund des Inventars der Altablagerung (Siedlungsabfälle
und Bauschutt) sowie der geologischen Gegebenheiten (Sperrschicht aus Ton)
nicht zu erwarten. Im konkreten Fall wird dies jedoch ebenfalls sorgfältig zu
prüfen sein.
Eine Gefährdung des Wirkungspfades Boden-Nutzpflanze kann aufgrund der
nur geringmächtigen Überdeckung der Altablagerung mit schadstofffreiem
Oberboden nicht ausgeschlossen werden.
Sollten nach der durch die UBB vorgenommenen Gefährdungsabschätzung
Maßnahmen erforderlich sein, so ist bei der Auswahl der Maßnahmen die
Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen:
Für landwirtschaftlich genutzte Flächen kommen nach § 5 Abs. 5 BBodSchV
vor
allem Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen durch Anpassungen der Nutzung und der
Bewirtschaftung von Böden sowie Veränderungen der Bodenbeschaffenheit in
Betracht.
Da die Überdeckung der Altablagerung mit schadstofffreiem Oberboden
nach ersten Erkenntnissen nur 20-30 cm beträgt, käme für die zur Rede stehende
Fläche bei Vorliegen einer Gefährdung über den Wirkungspfad „Boden-Nutzpflanze“
die Veränderung der Bodenbeschaffenheit in Form einer weiteren Überdeckung mit
schadstofffreiem Oberboden in Betracht. Diese Maßnahme käme einer
Sicherungsmaßnahme gemäß § 4 Abs. 4 BBodSchV gleich.