Sitzung: 24.11.2021 Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit
Beschluss: Kenntnis genommen
Dez. Schütt erläutert die als Tischvorlage ausgelegten Antworten der
Verwaltung auf die Anfrage der Kreistagsfraktion Coesfeld BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
vom 18.11.2021. Sowohl die Anfrage der Fraktion als auch die Antworten der
Verwaltung sind als Anlagen 4 und 5
beigefügt.
ALin Winkler stellt im Anschluss die derzeitige Situation im
Gesundheitsamt dar. Die tagesaktuelle Bundesinzidenz liege bei 404,5.
Bundesweit hätten 22 Kreise bereits eine 7-Tages-Inzidenz von 1.000 überschritten.
In NRW liege der Wert bei 249,7. Der Kreis Coesfeld habe mit 153,1 einen
Inzidenzwert, der so hoch ist wie noch nie, stehe im NRW-Vergleich aber noch verhältnismäßig
gut dar. Nichtsdestotrotz sei die Infektionslage auch hier dramatisch. Am
23.11.2021 habe das Gesundheitsamt mit 87 Neuinfektionen an einem Tag die
höchste Fallzahl seit Beginn der Pandemie zu verzeichnen gehabt. Angesichts der
Tatsache, dass keine Unterstützung durch die Bundeswehr mehr erfolge, würden
die Mitarbeitenden des Gesundheitsamts bei der Ermittlung der Kontaktpersonen
längst an ihre Grenzen geraten. Die Abteilung 53 befinde sich in einer prekären
Situation ohne Aussicht auf baldige Besserung.
Ihrer Ansicht nach sei die Schließung des Impfzentrums in Dülmen Ende
September 2021 ein Fehler gewesen. Es sei schon im Frühjahr des Jahres 2021
bekannt gewesen, dass Booster-Impfungen ab Herbst benötigt würden, deswegen sei
das Land sehenden Auges in diese Situation geraten.
Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte könnten die Booster-Impfungen
insbesondere auch aufgrund der aktuell enorm hohen Erkältungswelle alleine gar
nicht leisten. Zur Unterstützung der Ärzte und Ärztinnen würden derzeit in
Coesfeld und Lüdinghausen vom Gesundheitsamt zwei Impfstellen errichtet. Neben
den eigentlichen Aufgaben stelle dies eine große zusätzliche Belastung für die
Abteilung 53 dar, insbesondere da bei der Einrichtung solch kleiner Impfzentren
viele Aspekte beachtet werden müssten wie z.B. Rettungswege, Brandschutz,
Parkplatzsituation, Einbahnstraßensystem, Impfstoffbestellung, Personalakquise
etc.
ALin Winkler weist darauf hin, dass die 7-Tages-Inzidenz inzwischen
nicht mehr allein ausschlaggebend für die Bewertung des Infektionsgeschehens
sei, sondern vielmehr auch die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz (Fälle der
Corona-Patienten/innen im Krankenhaus pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen).
So würden ab einem Hospitalisierungsindex von 3, 6 und 9 jeweils verschärfte
Regelungen gelten. Aktuell betrage die Hospitalisierungsrate in NRW 3,96. Bei
diesem Wert handelt es sich um die vom LZG bzw. RKI veröffentlichen Zahlen.
Diese würden auf den Meldungen der Gesundheitsämter beruhen, die den bereits
von ihnen gemeldeten Infektionsfällen nachträglich im Einzelfall die
namentlichen Einweisungsmeldungen aus den Krankenhäusern zuordnen. So vergehe von
der Meldung des positiven SARS-CoV-2-Tests bis zur Hospitalisierung und deren
Meldung an das RKI oft ein längerer Zeitraum. Dieser Wert vom RKI würde als
Leitindikator genutzt.
Nach Ansicht von ALin Winkler würden diese Werte jedoch die Entwicklung
nicht realistisch darstellen. Die aktuelle Hospitalisierungsrate sei ein Maß
für die Infektionslage vor ein oder zwei Wochen.
Es werde zusätzlich der Hospitalisierungsindikator ausgewiesen, der
sich unmittelbar aus den täglichen (nicht namentlichen) Gesamtmeldungen der
Krankenhäuser über die Aufnahme von Covid-19-Patienten und -Patientinnen im
Informationssystem Gefahrenabwehr NRW (IG NRW) ergebe. Dieser Wert weiche
naturgemäß von dem RKI-basierten Wert ab, stelle aber eine aktuellere und
vollständigere Einschätzung der Situation in den Krankenhäusern dar. Der
hiernach ermittelte Hospitalisierungsindex betrage in NRW derzeit bereits 9,69.
Schließlich weist ALin Winkler darauf hin, dass sich das Gesundheitsamt
derzeit außerdem mit den aktuellen Änderungen des Infektionsschutzgesetzes und
deren Umsetzung auseinandersetzen müsse.
Vorsitzende Raack bedankt sich bei ALin Winkler, dass diese sich die
Zeit genommen habe, im Ausschuss über die aktuelle Situation zu berichten.
Ktabg. Wessels bedankt sich für die geleistete Arbeit des
Gesundheitsamtes. Er sei sich der Notwendigkeit weiterer Maßnahmen bewusst und
erkundigt sich, ob weitere Impfangebote im Kreis Coesfeld angedacht sind und ob
diese dann auch in die Öffentlichkeitsarbeit einbezogen werden.
Er fragt ferner, ob der Einsatz von mobilen Impfeinheiten, wie sie in
Nachbarkreisen eingesetzt würden, auch im Kreis Coesfeld leistbar sei.
Dez. Schütt weist darauf hin, dass aufgrund der Anmeldung von
Eigenbedarf durch die Vermieterin das Impfzentrum in Dülmen ab dem 01.10.2021
selbst bei einer anderen politischen Beschlussfassung nicht mehr zur Verfügung
gestanden hätte. Er beschreibt die Anforderungen, denen sich der Kreis bei der
Einrichtung der neuen Impfstellen nun zu stellen habe, als komplex. So würden
zwar Ärzte für die Impfzentren gestellt, jedoch müssten die medizinischen
Fachassistentinnen und -assistenten vom Kreis direkt eingestellt werden.
Der Kreis habe für die Einrichtung der Impfstellen verschiedene Objekte
in Augenschein genommen sowie Gespräche mit den Städten und Gemeinden und auch
mit den Krankenhäusern in Dülmen und auch Nottuln geführt. Es bestehe ein
intensiver Austausch zum MAGS, wobei in Kürze mit einem neuen Impferlass
gerechnet werde, der Regelung zur Beauftragung Dritten enthalten solle und einer
Umsetzung bedürfe. Es seien neben den zwei Impfstellen auch weitere Angebote
angestrebt, die jedoch erst öffentlich gemacht würden, wenn sie spruchreif
seien.
Impfbusse würden aufgrund der kalten Temperaturen nicht mehr
eingesetzt. Der Kreis wolle die niedergelassenen Ärzte nach Kräften
unterstützen, aber nun erstmal starten.
S.B. Bickhove-Swiderski erklärt seinen Dank an die gute Arbeit der
niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. Er erkundigt sich, ob aufgrund der hohen
Einwohnerzahl in Dülmen eine Entlastung der Arztpraxen durch ein weiteres
Impfzentrum möglich sei. Dies werde vom Sprecher der niedergelassenen Ärzteschaft,
Herrn Hovestadt, ebenfalls befürwortet.
Er fragt weiter, ob bekannt sei, ob auch Zahnärzte impfen könnten. Dez.
Schütt antwortet, dass die Frage zur Klärung beim Ministerium liege. Zur Frage
eines weiteren Impfzentrums sagt er, dass ein enormer Handlungsdruck bestehen
würde und die Entwicklung der Impfzahlen unter Einsatz der beiden Impfzentren
als eine Art ‚Blaupause‘ genutzt werde. Im Übrigen werde die Anregung
aufgenommen, er bittet jedoch um Geduld.
S.B. Dr. Stauch spricht ebenfalls ihren Dank an das Gesundheitsamt aus.
Die Ereignisse seien entsprechend der Warnungen der Wissenschaft absehbar
gewesen und es beruhige sie, dass der Kreis an einer Entlastung der
niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen arbeite. Sie regt mit Hinweis auf eine
wissenschaftliche Studie aus Schweden, wonach mit dem Impfstoff Astrazeneca
Geimpfte bereits ab dem 4. Monat nach der zweiten Impfung keinen Impfschutz
mehr hätten, an, auch beim Kreis Coesfeld über eine Priorisierung für die
Booster-Impfungen nachzudenken. Diese hielte sie auch für die Personengruppe
der über 60-jährigen sowie für diejenigen, die sich für eine Erstimpfung
entscheiden, für sinnvoll. Richtiges Priorisieren rette ihrer Meinung nach Leben.
ALin Winkler antwortet, dass die
niedergelassenen Ärzte und Ärztinnen entsprechend den Empfehlungen der Stiko
priorisieren würden. Mit den seitens des Gesundheitsamt eingerichteten
Impfstellen gelte es jedoch nun, ein Angebot für alle zu schaffen.
Dez. Schütt ergänzt, dass das Impfangebot des Kreises auch Erst- und
Zweitimpfungen umfasse.
Ktabg. Crämer-Gemalczyk merkt an, dass sie erfahren habe, dass eine
Person der Priorisierungsgruppe 2, die zuletzt im Mai geimpft worden sei, erst
im Januar 2022 einen Termin für eine Booster-Impfung erhalten habe.
Ktabg. Gernitz spricht ihre Anerkennung für die geleistete Arbeit aus
und möchte wissen, wie die Terminvergabe für die Impfstellen organisiert werde.
Es sei zu merken, dass die Menschen bereits verunsichert seien und ungeduldig
würden. Sie betont jedoch, dass alle Bürgerinnen und Bürger grundsätzlich
selbst in der Verantwortung stünden, sich um Termine für eine Impfung zu
kümmern. Dez. Schütt erklärt, dass die
Terminvergabe in Zusammenarbeit mit dem DRK über eine Erweiterung des dort
bereits bei der Vergabe von Terminen für Testungen bewährten Systems erfolge,
worüber dann auch ein Monitoring erfolgen könne.
Ktabg. Vogt merkt an, dass der Kreis ‚klammheimlich‘ bereits in den
Pflegeheimen die Booster-Impfungen durchgeführt habe, was sehr gut gelaufen
sei. Die Impfquoten seien im Kreis Coesfeld herausgehoben gut. Die Bürgerinnen
und Bürger seien sich ihrer Verantwortung bewusst, darauf könnte man stolz
sein. Es sei nun wichtig, dass alle Beteiligten dem Druck standhalten, um im
besten Sinn für die Menschen im Kreis Coesfeld da zu sein.
ALin Winkler bestätigt, dass die Impfquote und die Inzidenz zueinander
in einer Wechselbeziehung stehen. In beidem sei der Kreis Coesfeld vergleichsweise
gut.