Beschluss: Kenntnis genommen

 

 


Vorsitzende Schäpers begrüßt die Mitarbeiterinnen der Zentralen Pflegeberatung des Kreises Coesfeld, Frau Niemann und Frau Buddendick.

Frau Niemann bedankt sich für die Einladung und die Möglichkeit, über die Arbeit der Beratungsstelle berichten zu können. Der Bericht werde den Zeitraum vom 01.11.2006 bis zum 31.12.2007 umfassen. Die Aufgaben der Pflegeberatungsstelle bestünden hauptsächlich aus Beratung, Öffentlichkeitsarbeit sowie Kooperation und Vernetzung. Die Hauptaufgabe der Zentralen Pflegeberatung ist die ausführliche Information und Beratung zu Hilfen und Unterstützungsmöglichkeiten für pflegebedürftige Menschen und deren Angehörige. Darüber hinaus erhalten Betroffene Hilfen beim Ausfüllen von Anträgen. In Einzelfällen wird ein Fallmanagement angeboten und durchgeführt. Frau Niemann erläutert dazu, dass das Thema „Pflege“ bei vielen Menschen erst ins Bewusstsein rücke, wenn es soweit sei. Daher sei eine vorherige Aufklärung der Bevölkerung unverzichtbar. Im Rahmen der Aufgabe Kooperation und Vernetzung werde die Zusammenarbeit mit anderen Anbietern und Trägern, wie z.B. der Alzheimergesellschaft und dem Demenz-Servicezentrum Münsterland ausgebaut und gestärkt. Von Vorteil sei, dass durch die hausinternen Dienste, wie den Sozialpsychatrischen Dienst, die Betreuungsstelle und das Bauordnungsamt lange Dienstwege entfallen und so größere Effektivität erzielt werden könne. Im Rahmen des Aufbaus der Beratungsstelle habe sich das Team darüber hinaus bei allen kreisangehörigen Städten und Gemeinden, in politischen Gremien, bei Seniorenbeiräten, in Krankenhäusern, etc. vorgestellt. Auch werde viel Pressearbeit geleistet: Es seien bislang zwei Artikel mit den Titeln „Urlaub von der Pflege“ und „Ein Weihnachtsgeschenk für Oma – kleine Hilfsmittel für Senioren“ erschienen. Außerdem würde jede Sprechstunde in der Presse angekündigt. Darüber hinaus habe man Informationsflyer erstellt und diese beispielsweise an Apotheken, Ärzte und Kirchengemeinden verteilt. Ferner habe man Markt- und Infostände aufgezogen.

Frau Niemann führt aus, dass Broschüren von Ministerien zum Thema Pflege meistens recht schnell vergriffen seien, eine Neuauflage allerdings nicht umgehend erfolge. Der Zugriff auf eine vergriffene Broschüre sei zwar auch per Download im Internet möglich, aber für die anzusprechende Zielgruppe meistens schwierig. Durch die Pflegeberatungsstelle seien Anbieterlisten erstellt worden, ohne jedoch eine Empfehlung für einen speziellen Anbieter auszusprechen. Es erfolge eine neutrale Beratung. Den Betroffenen würden allerdings Kriterien für die Auswahl einer geeigneten Pflegeeinrichtung vermittelt. In naher Zukunft sollen „Demenz-Wegweiser“ mit diesbezüglichen Anbieteradressen auf den Weg gebracht werden. Auch seien bereits Telefonaktionen, begleitet von Herrn Scherle der Kreisredaktion der Allgemeinen Zeitung, durchgeführt worden. Die offenen Sprechstunden, die in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden eingeführt und mittlerweile abgehalten würden, seien gut angenommen worden.

Frau Niemann erklärt, dass sich die Themenschwerpunkte bei den jeweiligen Beratungen auf dementiell Erkrankte, die Entlastung pflegender Angehöriger, die Finanzierung der Pflege und Betreuung sowie auf das Wohnen im Alter (barrierefreies Wohnen; alternative Wohnformen) erstreckten. Durch die zunehmende Anzahl der dementiell erkrankten Menschen erfolge bereits jede dritte Beratung zum Thema Demenz. Hierbei werde darauf hingewiesen, dass die Wohnsituation mit kleinen Hilfsmitteln bereits so verändert werden könne, dass auch demente Personen sich orientieren können. In Zusammenarbeit mit der Alzheimergesellschaft im Kreis Coesfeld e.V. und Theo Hengesbach vom Kreuzviertelverein Dortmund e.V. wurde eine Checkliste zum Thema „Wohnberatung bei Demenz“ erstellt.

Im Rahmen der Pflegeberatung seien folgende, noch ausstehende Bedarfe festgestellt worden:

Es fehle an alternativen Wohnformen bei Demenz und Pflegebedürftigkeit sowie an flächendeckenden, finanzierbaren, niederschwelligen Betreuungsangeboten. Außerdem gebe es bislang keine nächtliche pflegerische Versorgung, da sich die Finanzierung für die Pflegedienste nicht rechne. Bezugnehmend auf Wohnberatung sei großes Know-how beim Kreis Coesfeld gegeben, allerdings müsse auf viele Ansprechpartner in unterschiedlichen Stellen zurückgegriffen werden. Letztendlich sei auch keine „Rund-um-die-Uhr-Betreuung“ zu gewährleisten. Zu diesem Thema werde immer wieder die Frage nach ausländischen Haushaltshilfen gestellt. Auf Anfrage bei der Zentralen Ausländervermittlung in Bonn sei mitgeteilt worden, dass Haushaltshilfen aus Osteuropa mittlerweile häufiger in skandinavischen Ländern arbeiten möchten, da sie dort deutlich mehr Einkommen erzielen könnten als in Deutschland. Ferner sei zu beachten, dass es sich um Haushaltshilfen und nicht um Pflegekräfte handele, d.h., es müsse noch zusätzlich ein Pflegedienst finanziert werden.

Im Anschluss erläutert Frau Buddendick im Rahmen einer statistischen Auswertung, dass es im Zeitraum von November 2006 bis Dezember 2007 zu insgesamt 1124 Kontakten gekommen sei, wovon 796 Personen in Einzelberatungen, 267 Personen durch zwölf Vorträge und 61 Personen an fünf Infoständen erreicht worden seien. Die Beratungskontakte, die sich im ersten Monat (November 2006) noch auf 23 belaufen hätten, hätten sich mittlerweile auf ca. 70 Beratungskontakte pro Monat eingependelt.

Die Einzelberatung habe in 66 % der Fälle telefonisch stattgefunden. 33 % der Ratsuchenden hätten persönlich, d.h. im Büro, bei einem Hausbesuch oder im Rahmen der Sprechstunden bei den Städten und Gemeinden vorgesprochen. Lediglich 1 %, d.h. sieben Personen hätten ausschließlich schriftlich (per E-Mail) Kontakt zur Pflegeberatung aufgenommen. In 71 % der Fälle habe nach der ersten Kontaktaufnahme eine ausführliche Beratung über eine Zeitdauer von einer bis 1 ½ Stunden stattgefunden. In 29 % der Fälle sei eine Kurzberatung über ca. 10 bis 15 Minuten erfolgt. Frau Buddendick führt des Weiteren aus, dass es sich bei 75 % der Ratsuchenden um Angehörige einer betroffenen Person handele. In 14 % der Einzelberatungen hätten die Betroffenen selbst Kontakt zur Pflegeberatung aufgenommen. Berufsbetreuer, Nachbarn, Freunde, etc. stellten insgesamt 11 % der Beratungsfälle bei der Pflegeberatung. Das Fehlen einer ausreichenden ambulanten Versorgung (53 %), plötzlicher Hilfebedarf (1 %), Entlassungen aus Krankenhaus oder Rehabilitationseinrichtung (21 %), problematische stationäre Versorgung (4%)  sowie vorsorgliche Beratung (6 %) seien Anlässe für Beratungsanfragen gewesen. Darüber hinaus seien in 14 % aller Fälle spezielle Fragen zur Krankenversicherung, Betreuungsproblematiken und Ablehnungen oder Änderungen der Pflegestufe gestellt worden. Als wichtigster Kontaktweg zur Pflegeberatung sei der Weg über die Presse bzw. über Radio zu benennen. Nach einer Presseveröffentlichung nehme die Anzahl an Beratungsanfragen deutlich zu. Das Ergebnis der Flyerversendung bzw. –verteilung sei sehr zufriedenstellend gewesen. Außerdem habe sich auch die Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden vor Ort als erfolgreich erwiesen. 55 % der Beratungsgespräche würden in Fällen geführt, in denen die zu pflegende Person noch keiner Pflegestufe zugeordnet sei. Bei Pflegestufe 1 sinke die Nachfrage bereits auf 22 %, während bei Pflegestufe 2 und 3 lediglich noch 4 % und 6 % der Betroffenen bei der Pflegeberatung anfragen würden. Dieses sei lt. Frau Buddendick darauf zurückzuführen, dass die Pflege und Betreuung im Rahmen der Pflegestufen 2 und 3 bereits sichergestellt sei und laufe. Hier ginge es nach Erfahrungswerten mehr um eine mögliche Entlastung der Angehörigen. Die Beratungsthemen seien in jedem Gespräch insgesamt vielfältig, die Finanzierung werde jedoch fast immer angesprochen. Häufige Inhalte der Beratungsgespräche seien auch Angebote und Anbieteradressen sowie Konfliktberatungen.

Frau Buddendick erläutert anhand einer Übersicht (Anlage) die Verteilung der Beratungskontakte im Kreisgebiet. Hier stünde Coesfeld mit 163 Beratungen an erster Stelle. Dieses sei darauf zurückzuführen, dass Coesfeld einen Standortvorteil habe, da die Pflegeberatungsstelle in Coesfeld ihr Büro habe. Im Gegensatz zu Coesfeld hätten in Dülmen nur insgesamt 98 Beratungen stattgefunden. Die geringe Nachfrage im Vergleich zu Coesfeld trotz ähnlicher Einwohnerzahlen sei damit zu erklären, dass in Dülmen bereits gute Altenhilfe- und Beratungsstrukturen gegeben seien. Gleichwohl zeige erst ein Vergleich dieser Zahlen aus dem Jahr 2007 mit den Zahlen der Folgejahre konkrete Ergebnisse.

Ktabg. Bednarz weist darauf hin, dass mit 82 eine hohe Anzahl an Beratungen in Senden stattgefunden hätten. Frau Buddendick erläutert diesbezüglich, dass das Team der Pflegeberatungsstelle mit der offenen Sprechstunde in Senden sehr frühzeitig habe anfangen können.

Abschließend gibt Frau Buddendick noch einen Ausblick auf das Jahr 2008: Die Evaluation der Beratungsarbeit solle weiter ausgebaut werden. Dazu sollen sogenannte Recalls in ca. 20 Fällen durchgeführt werden. Das bedeute, dass die Angehörigen ca. sechs bis acht Wochen nach der Beratung telefonisch kontaktiert werden sollen, um abzufragen, ob die Beratungsergebnisse umgesetzt werden konnten. Dazu sei es jedoch erforderlich, vorab im Rahmen der Beratung einen entsprechenden Hilfeplan zu erstellen. Des Weiteren sollen auch in 2008 die offenen Sprechstunden in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden im bisherigen Umfang (achtwöchiger Rhythmus) fortgeführt werden. In der Stadt Billerbeck müssten hierzu noch entsprechende Räumlichkeiten für eine Sprechstunde gefunden werden. Durch die Pflegeversicherungsreform sei außerdem mit einem steigenden Beratungsbedarf zu rechnen. Des Weiteren sei dem Team der Pflegeberatungsstelle die neue Aufgabe der Begutachtung der Notwendigkeit einer vollstationären Heimaufnahme im Rahmen der Pflegestufe 0 übertragen worden.

Vorsitzende Schäpers dankt Frau Niemann und Frau Buddendick für den Vortrag und richtet ihren Dank ebenfalls an Herrn Scherle für die gute Zusammenarbeit mit der Presse.

Ref’in Hesselmann trägt vor, dass die häufig gestellte Frage nach der Notwendigkeit einer Pflegeberatungsstelle damit beantwortet werden könne, dass nunmehr die Beratungslücke, die bisher für Personen bestanden hätte, die keiner Pflegestufe zugeordnet seien, geschlossen sei. Die Pflegeversicherung berate nämlich erst dann, wenn eine Pflegestufe vorläge.

Auf die Frage des Ktabg. Dinkler, welche Informationen von den sogenannten „Nuller-Fällen“ nachgefragt würden, teilt Frau Niemann mit, dass in der Regel Fragen in Zusammenhang mit der Beantragung einer Pflegestufe oder deren Ablehnung gestellt würden.