Beschluss: Kenntnis genommen

 

 


Vorsitzende Schäpers begrüßt Herrn Paulini, Geschäftsführer des Handwerks-Bildungsstätten e.V., und Herrn Kortekamp, Leiter des Pictorius Berufskollegs.

 

Herr Paulini bedankt sich für die Einladung und die Möglichkeit die Bildungsträger zum Thema Werkstattjahr im Ausschuss für Arbeit, Soziales und Senioren präsentieren zu dürfen. Sodann berichtet Herr Paulini über die Rahmenbedingungen, die Zielsetzungen, die Teilnehmerzahlen  und den Verbleib der Teilnehmer und Teilnehmerinnen des Werkstattjahres. Auf den als Anlage 2 beigefügten Folienvortrag wird verwiesen.

 

Ktabg. Pieper bemerkt, dass zwar die Teilnehmeranzahl insgesamt aufgegliedert worden sei nach männlichen und weiblichen Teilnehmern, sich die Aufschlüsselung jedoch nicht durchgehend in dem Vortrag wiederfinde. So sei z.B. interessant, welcher Anteil der vorzeitig ausgeschiedenen TeilnehmerInnen männlich bzw. weiblich sei.

Herr Paulini sichert zu, diese Zahlen nachzureichen (siehe Anlage 3).

 

Herr Kortekamp betont, dass das Werkstattjahr in enger Kooperation des Handwerks-Bildungsstätten e.V. mit den drei Berufskollegs im Kreis Coesfeld erfolge. Es sei ein durchaus erfolgreiches Projekt, das Jugendliche von der Straße hole und ihnen eine Qualifizierung anbiete, wobei es auch viele Jugendliche gebe, die dieses Angebot ablehnen würden.

Das freiwillige Werkstattjahr richte sich an die SchülerInnen, die nach Ende der Schulzeit nicht anderweitig versorgt seien. Es handle sich hierbei zumeist um die sog. ProblemschülerInnen. Dass rund ein Drittel der TeilnehmerInnen am Werkstattjahr die Maßnahme vorzeitig beenden, deute bereits auf die schwierige Situation  bei den Jugendlichen hin. Bei diesem Drittel handele es sich hauptsächlich um sogenannte Totalverweigerer, die überhaupt nicht zugänglich seien für Qualifizierungsmaßnahmen oder sonstige Hilfen.

Jedoch sei zu betonen, dass es bereits als Erfolg angesehen werden müsse, dass 70 % der TeilnehmerInnen  das Werkstattjahr erfolgreich absolviert hätten und mehr oder weniger weitervermittelt werden konnten.

Die TeilnehmerInnen am Werkstattjahr würden in zwei Klassen eingeteilt, so Herr Kortekamp. Eine Klasse beinhalte die Jugendlichen, die einen Hauptschulabschluss anstreben, und die zweite Klasse diejenigen, die entweder einen Hauptschulabschluss nicht anstreben oder hierüber bereits verfügen. Für die Absolvierung des Hauptschulabschlusses seien mindestens 560 Jahresstunden zwingend erforderlich. Das bedeute aber auch, dass ein Einstieg in das Werkstattjahr für diejenigen, die den Hauptschulabschluss nachholen wollen, nach den Herbstferien nicht mehr möglich sei.

Herr Kortekamp macht deutlich, dass es erforderlich sei, über Folgemaßnahmen nachzudenken. Die Mittel für das Werkstattjahr seien nur bis zum Jahr 2012 sichergestellt. Es sei jedoch wünschenswert, die Maßnahme weiterzuverfolgen und auch über das Jahr 2012 hinaus entsprechende Angebote zu entwickeln.

 

Vorsitzende Schäpers erklärt, dass auch sie das Werkstattjahr für eine gute Sache halte. Realistisch betrachtet handle es sich bei einem Anteil der erfolgreichen Absolventen von 70 % bereits um eine gute Quote.

 

Ktabg. Havermeier bestätigt, dass das Werkstattjahr für die Jugendlichen eine gute Alternative sei. Es sei jedoch erforderlich, sich gerade um die Personen, die vorzeitig aus der Maßnahme ausscheiden, besonders zu kümmern.  Ktabg. Havermeier erkundigt sich, ob es sich bei der Teilnehmerzahl von 101 Personen um eine Maximalgröße handle oder ob ein größerer Teilnehmerkreis möglich und vielleicht auch erwünscht sei. Sie regt an, das Werkstattjahr auch im Schulausschuss zu thematisieren.

Herr Paulini erklärt, dass es keine Deckelung der Teilnehmerzahl gebe. Jedoch bilde die Zahl der Teilnehmer, die bis zum 30.11. eines Jahres angemeldet seien, die absolute Größe. Sich später anmeldende Jugendliche würden auf eine Warteliste gesetzt.

Herr Kortekamp ergänzt, dass die Schulabgänger ohne Abschluss nunmehr hauptsächlich durch das Werkstattjahr versorgt seien, so dass die sogenannten früheren Auffangklassen an den Berufskollegs an Bedeutung verloren hätten.

FBL Schütt fügt hinzu, dass das Gesamtkontingent der finanziellen Mittel für das Werkstattjahr anhand der bis zum 30.11. des Jahres gemeldeten Teilnehmerzahlen durch die Handwerkskammer NRW zugewiesen würde.

 

Ktabg. Pieper fragt, ob die am Werkstattjahr teilnehmenden Jugendlichen irgendwelche finanziellen Mittel wie zum Beispiel Schüler-Bafög zur Verfügung gestellt bekämen.

Herr Paulini erklärt, dass die TeilnehmerInnen eine monatliche Aufwandsentschädigung in Höhe von 120,00 € bekämen.

Des Weiteren erkundigt Ktabg. Pieper sich, ob es eine Möglichkeit gebe, durch Änderung der Bedingungen an den Schulen oder durch weitere Angebote auch noch das letzte Drittel der Jugendlichen, die die Maßnahme abbrechen, aufzufangen.

Herr Kortekamp erläutert hierzu, dass man seiner Einschätzung nach diese SchülerInnen auch nicht durch eine Änderung der schulischen Bedingungen erreichen könne.

 

Ktabg. Prof. Dr. Voß führt aus, dass es sich bei diesem Personenkreis um ein schwieriges Feld handle. Es sei wichtig und wünschenswert, dass bei diesem Drittel der Totalverweigerer eine genaue Ursachenanalyse durchgeführt werde. Es sei zu überlegen, z.B. einen Schulpsychiater hinzuzuziehen, um eine stärkere Differenzierung zu erreichen. Es müssten Brücken gebildet und Widerstände abgebaut werden.

Herr Kortekamp erklärt, dass er das genauso sehe. Es sei zwar bisher noch nicht vorgesehen, er halte aber eine zusätzliche Nahtstellenarbeit mit den abgebenden Schulen und weitere Biografieanalysen der SchülerInnen für sinnvoll.

 

Ktabg. Willms betont, dass es gut sei, dass das Werkstattjahr nunmehr auch in Lüdinghausen implementiert sei. Von betroffenen Eltern habe sie erfahren, dass das Zertifikat über die Teilnahme am Werkstattjahr oftmals als Türöffner in das Berufsleben fungiere. Schüler mit einem solchen Zertifikat würden erfahrungsgemäß gern eingestellt. Ktabg. Willms stellt anheim, ob es nicht sinnvoll sei, um die 560 Mindeststunden für einen Hauptschulabschluss erreichen zu können, einen halbjährlichen Beginn der Maßnahme anzubieten.

Herr Kortekamp bestätigt, dass dieser Vorschlag eine Überlegung wert sei. Zurzeit laute die gesetzliche Regelung, dass das Werkstattjahr jährlich zum 01.08. beginne und eine Laufzeit von 12 Monaten habe. Eine Wiederholungsmöglichkeit für die SchülerInnen gebe es nicht. Die Mindeststundenzahl müsse jedoch unbedingt gewährleistet sein, so dass der Vorschlag durchaus überlegenswert sei, zumal viele Schüler zunächst einmal einige Zeit benötigen würden, um ihre Motivation zu erkennen.

FBL Schütt sichert zu, diese Thematik im Steuerungskreis beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW (MAGS) anzusprechen. Auch im Rahmen des SGB II bestehe die Möglichkeit, Maßnahmen zur Nachholung des Hauptschulabschlusses zu vermitteln.

 

Ktabg. Dabbelt erkundigt sich, ob der Handwerks – Bildungsstätten e.V. auch den betrieblichen Teil des Werkstattjahres in ausschließlicher Verantwortung leiste. Herr Paulini erklärt, dass Sozialpädagogen und Handwerksmeister die SchülerInnen während der praktischen Qualifizierung beim Maßnahmeträger betreuen. Zusätzlich würden Praktika bis zu einer Dauer von maximal sechs Wochen in Betrieben durchgeführt. Herr Kortekamp ergänzt, dass durch diese Praktika häufig ein sog. Klebeeffekt eintrete, dass die SchülerInnen in solchen Betrieben nach absolvierten Praktikas bei Bewährung oftmals übernommen würden.

 

Ktabg. Wessels regt an, dass Werkstattjahr nicht auf ein Jahr zu begrenzen, sondern über eine Ausweitung nachzudenken für solche Jugendliche, die den Hauptschulabschluss zwar anstreben, die 560 Mindeststunden jedoch nicht erreichen konnten. Es könne vielleicht über eine Finanzierung dieser Verlängerung aus Mitteln der Grundsicherung für Arbeitsuchende nachgedacht werden.

 

Ktabg. Pieper erkundigt sich nach dem Anteil von SchülernInnen der Förderschulen an der Teilnehmeranzahl des Werkstattjahres. Sie befürchte, dass ein Automatismus dahingehend eingetreten sei, dass SchülerInnen von Förderschulen unmittelbar in Werkstätten für behinderte Menschen vermittelt würden. Herr Kortekamp erklärt, dass der Anteil der SchülerInnen der Förderschulen im Werkstattjahr rund 20 % betragen würde.

 

Ktabg. Havermeier weist darauf hin, dass es sinnvoll sei, gerade bei den Jugendlichen, die das Werkstattjahr vorzeitig beenden, verschiedene Hilfemöglichkeiten z.B. nach dem SGB II oder der Jugendhilfe durch sog. Fallmanager zu koordinieren. FBL Schütt führt aus, dass diese Idee bereits seitens des regionalen Bildungsnetzwerks verfolgt werde. Beabsichtigt sei eine Abstimmung der Angebote und eine Vernetzung der Bildungsträger, nicht nur bei den Schulen, sondern ggf. bereits bei den Kindergärten. So sei z.B. denkbar, dass die abgebende Schule  eine Biografie über die betreffenden Schüler verfasse und dem neuen Bildungsträger zukommen lasse. AL Bleiker ergänzt, dass gute Kontakte zwischen den Fallmanagern im Rahmen des SGB II und den Bildungsträgern bestünden. Die Erfahrungen aus dem Werkstattjahr würden bereits im Rahmen der Hilfeplanungen berücksichtigt.

Vorsitzende Schäpers regt an, dieses Thema auch im Schulausschuss zu behandeln.