Beschluss: Kenntnis genommen

Vorsitzende Schäpers begrüßt Herrn Wedi vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe und bedankt sich für die Bereitschaft, über das Verfahren zur Entgeltbestimmung und die Auswertung der Entgelte im Rahmen der stationären Hilfe zur Pflege zu berichten.

Herr Wedi erläutert zunächst die Zuständigkeiten. Für Leistungen im Bereich der Hilfe zur Pflege für Personen über 65 Jahren seien die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Westfalenweit seien hiervon etwa 22.000 bis 23.000 Personen betroffen. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe habe die Zuständigkeit für die Leistungen im Rahmen der Hilfe zur Pflege für Personen unter 65 Jahren und für Personen, die im Rahmen der Kriegsopferfürsorge (KOF) Leistungen erhalten. Dieser Personenkreis umfasse etwa 7.000 bis 7.500 Personen, wobei die Zahl der Leistungsberechtigten der KOF naturgemäß abnehmend sei.

Herr Wedi führt weiter aus, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Pflegesatzverhandlungen für seinen Bereich und im Wege der Mandatierung auch für die Kreise und kreisfreien Städte wahrnehme. Federführend für die Pflegesatzverhandlungen im Bereich des SGB XI seien die Pflegekassen.

Anhand einer Übersicht (Anlage 1) erläutert Herr Wedi bezogen auf die verschiedenen Pflegestufen die durchschnittlichen Kosten für einen Heimplatz in Westfalen - Lippe. Aus der Übersicht werde deutlich, dass der Kreis Coesfeld mit den Kosten nach oben abweiche. Mit Hilfe einer weiteren Aufstellung (Anlage 2) verdeutlicht Herr Wedi die durchschnittlichen monatlichen Kosten und deren Finanzierung. Er weist darauf hin, dass für die Pflegestufe 0 Leistungen nach dem SGB XI nicht erbracht würden. In dieser Pflegestufe seien der Eigenanteil bzw. die Leistungen der Sozialhilfe fast so hoch wie in der Pflegestufe III. Hiervon betroffen seien insbesondere Personen mit Demenzerkrankungen.

Herr Wedi führt aus, dass sich ca. 140.540 Personen in stationären Einrichtungen befänden. Anhand einer Gesamtübersicht für Nordrhein-Westfalen (Anlage 3) stellt er den Gesamtaufwand sowie dessen Verteilung auf Investitionskosten, Pflege sowie Unterkunft und Verpflegung dar. Ersichtlich sei ferner, wie der Gesamtaufwand finanziert werde. Die Darstellung enthalte außerdem die Daten ausschließlich bezogen auf solche Personen, die Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Leistungen der KOF haben.

Anhand einer Beispielsrechnung (Anlage 4) erklärt Herr Wedi, was es koste, wenn eine Kraft je Heim mehr eingesetzt würde. Die dadurch entstehenden Mehrkosten würden ausschließlich die Sozialhilfeträger und die Selbstzahler belasten, da der Aufwand der Pflegekassen fix sei. Anschließend vergleicht er die durchschnittlichen Entgeltwerte des Landes Nordrhein-Westfalen mit denen der Länder Hessen, Bayern und Baden-Württemberg (Anlage 5). Hierbei zeige sich, dass die durchschnittliche Entgelthöhe in Nordrhein-Westfalen über den Vergleichsländern aber auch über dem Durchschnitt in den alten Bundesländern liege. Die dargestellten Durchschnittswerte würden die gemittelten Werte aller Pflegestufen ausweisen.

Herr Wedi führt weiter aus, dass bis zum Inkrafttreten der 2. Stufe der Pflegeversicherung zum 01.07.1996 die überörtlichen Träger der Sozialhilfe alleinige Verhandlungspartner der Pflegeeinrichtungen in Nordrhein-Westfalen gewesen seien. Grundlage für die Vereinbarungen mit den Einrichtungen bzw. deren Verbänden hätte die auf der Grundlage des BSHG mit den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege, den kommunalen Spitzenverbänden und den Landschaftsverbänden geschlossene Allgemeine Vereinbarung aus dem Kalenderjahr 1983 gebildet. Die mit den Sozialhilfeträgern zum Stichtag 30.06.1996 vereinbarten Vergütungen hätten im Wege einer Übergangsregelung entsprechend den Regelungen des Art. 49 a Pflege-Versicherungsgesetz (PflegeVG) zunächst weitergegolten, und zwar entweder als pauschale Überleitung in die Pflegeklassen nach dem SGB XI oder ab dem Kalenderjahr 1997 nach Umrechnung des pflegesatzwirksamen Betrages und Neuverteilung auf die Pflegestufen.

Herr Wedi trägt vor, dass die Regelungen des SGB XI eine Abkehr vom Gesamtpflegesatz und eine Unterteilung der Vergütung nach Pflegesatz (Pflegevergütung), gestaffelt nach Pflegeklassen, nach Entgelt für Unterkunft und Verpflegung und nach gesondert berechenbaren Aufwendungen (soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nicht durch öffentliche Förderung vollständig gedeckt seien) vorsehen würden. Darüber hinaus bestehe noch die Möglichkeit von Zusatzleistungen.

Herr Wedi führt aus, dass die Träger der zugelassenen Pflegeeinrichtungen, die Pflegekassen und der zuständige örtliche bzw. überörtliche Träger der Sozialhilfe Parteien der Pflegesatzvereinbarung nach dem SGB XI seien. Das Pflegesatzverfahren beginne mit einer Aufforderung zu Entgeltverhandlungen durch eine der Pflegesatzparteien. Eine solche Aufforderung könne in der Regel nur erfolgen, soweit der Entgeltzeitraum ausgelaufen sei. Nur in sehr seltenen Fällen, z.B. bei unerwarteten Kostenerhöhungen, komme eine vorzeitige Einleitung des Verfahrens in Betracht. Nach der Aufforderung zu Verhandlungen sei die Vorlage geeigneter Nachweise zur Begründung der Entgeltforderung notwendig. Hierin müssten die Leistungsdaten und der Aufwand dargestellt werden. Im Rahmen der Verhandlungen setzen sich die Parteien mit den Kalkulationen auseinander. Die Berichte des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK), Beschwerden, die Berichte der Heimaufsicht sowie die Berichte nach dem Wohn- und Teilhabegesetz (WTG) würden eingesehen. Auf die Frage der Ktabg. Havermeier, wie Beschwerden berücksichtigt würden, erläutert Herr Wedi, dass diese in den Verhandlungen thematisiert würden. Es werde z.B. beurteilt, ob die Beschwerden mit dem Leistungskatalog oder mit Strukturmerkmalen zu tun haben. Ktabg. Pieper fragt nach, wie die Vernetzung des Landschaftsverbandes mit der Heimaufsicht erfolge. Hierzu teilt Herr Wedi mit, dass eine Vereinbarung dahingehend bestehe, Berichte über Begehungen nach dem WTG in Kopie an den Landschaftsverband zu übersenden. Ktabg. Merschhemke erkundigt sich, ob und ggf. wie eventuelle, durch den Wettbewerb verursachte Spezialisierungsabsichten von Pflegeeinrichtungen im Rahmen der Entgeltverhandlungen berücksichtigt würden. Herr Wedi erklärt, dass solche Pläne und deren Auswirkungen zwar thematisiert würden, für Sonderregelungen, z.B. für Zusatzpersonal, im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen jedoch wenig Raum bleibe. Lediglich in Ausnahmefällen, z.B. bei Modellprojekten, komme eine Entgeltaufstockung in Betracht. Ktabg. Willms möchte wissen, wie die Verhandlungen erfolgen, wenn es sich bei den Bewohner/innen der Einrichtung um ältere behinderte Menschen handele. Herr Wedi weist darauf hin, dass sich der Verfahrensablauf nach dem Status der Einrichtung richte, also danach, ob es sich um eine Einrichtung der Behindertenhilfe nach dem SGB XII oder um eine Pflegeeinrichtung nach dem SGB XI handele. Ktabg. Willms fragt nach, ob seitens der Gesetzgebung eine Änderung zur Einstufung von geistig behinderten Menschen erfolgen müsse, so dass ggf. eine Pflegebedürftigkeit im Sinne einer Pflegestufe vorliegen könne. Herr Wedi teilt mit, dass der hiervon betroffene Kreis etwa 7.000 bis 8.000 Personen umfasse. Die Einstufung in eine Pflegestufe hänge auch maßgeblich von der Betreuungsart ab. Ktabg. Wilhelm bemängelt, dass die Fachkraftquote zukünftig nur noch 55 % betragen solle. Herr Wedi erklärt, dass dieses Quote nicht in Stein gemeißelt sei. Der Kreis Coesfeld habe zurzeit eine Fachkraftquote zwischen 65 bis 70 %. Bei den anvisierten 55 % handele es sich um eine Diskussionsgrundlage.

Eine Entgeltvereinbarung komme zustande, so führt Herr Wedi weiter aus, wenn zwischen dem Träger der Pflegeeinrichtung und der Mehrheit der Kostenträger eine Einigung erzielt werden könne. Abschließend erfolge die schriftliche Ausfertigung der Entgeltvereinbarung. Komme eine Pflegesatzvereinbarung innerhalb von sechs Wochen nicht zustande, nachdem eine Pflegesatzpartei schriftlich zu Pflegesatzverhandlungen aufgefordert habe, setze die Schiedsstelle nach § 76 SGB XI auf Antrag einer Vertragspartei die Pflegesätze unverzüglich fest. Die Schiedsstelle setze sich in Nordrhein-Westfalen wie folgt zusammen: 1 Vorsitzende/r (Person mit der Befähigung zum Richteramt), 2 neutrale Beisitzer/innen, 8 Vertreter/innen der Einrichtungsträger (davon 7 der freien Wohlfahrtspflege und eine/r eines kommunalen Einrichtungsträgers), 7 Vertreter/innen der Pflegekassen und 1 Vertreter/in der Landschaftsverbände Rheinland bzw. Nordrhein-Westfalen.

Auf die Frage von Ref’in Hesselmann, welche Gründe es für die höheren Pflegesätze im Kreis Coesfeld gebe, teilt Herr Wedi mit, dass sich in anderen Bundesländern und auch Kreisen die Angebotsstruktur ganz anders darstelle. Im Bereich des Münsterlandes würden viele Einrichtungen durch die Verbände der freien Wohlfahrtspflege getragen. Diese seien tarifgebunden. Diese Tarifbindung könne im Rahmen der Entgeltvereinbarungen nicht unberücksichtigt bleiben.

Ktabg. Pieper gibt zu Bedenken, dass Gründe für die Differenz zwischen den hohen Pflegesätzen im Kreis Coesfeld und denen anderer Träger auch in Qualitätsunterschieden liegen könnten. Herr Wedi erklärt, dass viele Aspekte ursächlich sein könnten für diese Differenz. So sei z.B. die Fachkraftquote im Kreis Coesfeld sehr hoch, aber auch der Personalschlüssel und auch die Strukturunterschiede seien zu beachten. Es handle sich hierbei um ein schwieriges Feld. Man müsse immer im Blick behalten, dass, wenn man an einer Stellschraube dreht, dieses auch Auswirkungen auf andere Bereiche haben könne.

 

Vorsitzende Schäpers dankt Herrn Wedi für die umfangreichen und informativen Ausführungen.