Beschluss: Kenntnis genommen

Ktabg. Pieper führt aus, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen insbesondere Informationen zum Versorgungsstand von psychisch kranken Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sowohl bezogen auf ambulante als auch stationäre Hilfen erhalten möchte. Es müsse ggf. über Maßnahmen zur Verbesserung beraten werden.

 

Herr Kiffmeyer trägt vor, dass die Entwicklung der letzten 20 Jahre im Kreis Coesfeld zu einem größeren Angebot an Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen geführt habe. Insbesondere sei es gelungen, im Rahmen einer gemeindenahen Psychiatrie in mehr Orten Hilfen vorzuhalten. Ferner seien differenzierte Hilfearten entstanden und Spezialisierungen erfolgt. Auch hier greife der Grundsatz „ambulant vor stationär“. Im Laufe der Zeit seien neue Konzepte, so z. B. standardisierte individuelle Hilfeplanung und Helferkonferenzen entwickelt worden. Die Entwicklung im Kreis Coesfeld sei Teil einer bundesweiten Entwicklung, wobei es sicherlich im Kreis Coesfeld einen erheblichen Nachholbedarf gegeben habe.

Anhand einer Übersicht (Anlage 1) gibt Herr Kiffmeyer einen Überblick über die Bausteine der psychiatrischen Versorgung im Kreis Coesfeld.

Er führt aus, dass die Inanspruchnahme von Hilfen für Menschen mit psychischen Erkrankungen stetig und in großen Schritten zugenommen habe. Das bessere Hilfeangebot erreiche mehr Menschen. Es sei ferner festzustellen, dass die Zahl der Demenzerkrankten zunehme. Auch dies führe zu einer ansteigenden Inanspruchnahme. Erkennbar sei auch, dass mehr Menschen Hilfe wegen depressiver Erkrankungen suchten. In einigen Altersklassen gebe es hier 4 bis 5mal so viele Betroffene wie noch vor 10 Jahren. Die Entstigmatisierung habe im Übrigen die Annahme von Hilfen erleichtert.

Herr Kiffmeyer macht anhand einer Statistik (Anlage 2) Ausführungen zur Anzahl der Patient(inn)en mit Wohnsitz im Kreis Coesfeld in vollstationären Einrichtungen und deren Erkrankungen. Er weist darauf hin, dass hierbei Mehrfachnennungen möglich seien. Aus der Statistik werde deutlich, dass sich die Zahl der Patient(inn)en mit affektiven Störungen z. B. depressive Erkrankungen mehr als verdoppelt habe. Aus einer weiteren Statistik (Anlage 3) sei die Altersstruktur der Patient(inn)en ersichtlich.

Die Verringerung der durchschnittlichen Verweildauer, wie am Beispiel der Klinik am Schloßgarten in Dülmen erkennbar (Anlage 4), setze eine entsprechende Stärkung der ambulanten Versorgung voraus. Dies sei eine gewollte Entwicklung. Hierzu verweist Herr Kiffmeyer auf eine weitere Übersicht (Anlage 5).

Die Anzahl der niedergelassenen Psychotherapeuten betrage im Kreis Coesfeld ca. 21 pro 100.000 Einwohner. Zurzeit gebe es im Kreis Coesfeld demnach etwa 46 niedergelassene Psychotherapeuten. Die Wartezeit bis zu einem psychotherapeutischen Erstgespräch betrage im Kreis Coesfeld laut einer Studie der Bundespsychotherapeutenkammer ca. 17 Wochen, die für den tatsächlichen Beginn einer Therapie in Westfalen-Lippe durchschnittlich 28 Wochen.

Herr Kiffmeyer trägt vor, dass die Aktivitäten im Kreis Coesfeld zum Thema Demenz vielfältig seien. Es seien hier u.a. die Alzheimer-Gesellschaft im Kreis Coesfeld e. V., das Demenz-Servicezentrum Münsterland und niedrigschwellige Angebote, wie z. B. Betreuungscafés zu nennen. Die Alexianer Krankenhaus GmbH / pia causa habe vor zwei Jahren in Dülmen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit dem Kreis Coesfeld die erste ambulant betreute Wohngemeinschaft für Menschen mit Demenz ins Leben gerufen. Es seien Personen zum Begleiter/zur Begleiterin von Menschen mit Demenz ausgebildet worden. Eine breite Öffentlichkeitsarbeit mit Demenz-Wegweiser, Informationsveranstaltungen und Veranstaltungskalender erfolge.

Herr Kiffmeyer weist auf Unwägbarkeiten bei langfristig angelegten Planungen und Prognosen in der psychiatrischen Versorgung aufgrund vielfältiger schwer kalkulierbarer Größen hin.

Herr Kiffmeyer gibt ferner einen Ausblick auf zukünftige Bedarfe und Herausforderungen. Hierzu zähle Arbeit und Inklusion. Nach Möglichkeit sollten im Kreisgebiet weitere Integrationsunternehmen, - projekte oder –abteilungen geschaffen und Zuverdienstprojekte aufgebaut werden.

Die Schaffung von Tagesstätten für Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie von zusätzlichen bzw. neuen Wohn- und Lebensformen für Menschen mit Demenz werde ebenso einen zukünftigen Bedarf darstellen. In 2013 würden Fallpauschalen in psychiatrischen Kliniken eingeführt. Eine ausreichende Hilfeplanung in einer differenzierten Hilfelandschaft sicherzustellen, werde eine weitere Herausforderung für die Zukunft darstellen. In diesem Feld versuche der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) bereits neue Formen der Hilfeplanung zu entwickeln. Es gebe hierzu Modellversuche in Hagen und im Kreis Paderborn.

Herr Kiffmeyer erläutert, dass eine zusätzliche Herausforderung darin bestehe, für alle Bedarfe Lösungen im Flächenkreis zu finden.

Abschließend weist Herr Kiffmeyer darauf hin, dass hinsichtlich der stationären Behandlung von psychisch Erkrankten keine kreisbezogenen Daten zur Rückfallquote vorliegen. Ebenso lägen keine aussagekräftigen kreisbezogenen Daten zur Dauer von ambulanten Therapien vor.

 

Vorsitzende Schäpers dankt Herrn Kiffmeyer für die informativen Ausführungen.

 

Ktabg. Merschhemke führt aus, dass auch in diesem Bereich viel für das Konzept „ambulant vor stationär“ spreche. Ein umfangreiches Angebot sei entwickelt worden. Hervorzuheben sei, dass niederschwellige Angebote vorgehalten würden. Der Kreis Coesfeld sei hier gut aufgestellt.

Ktabg. Pieper weist auf den Mangel an Ärzten und Pflegepersonal hin. Es seien hier Wege zu finden, um z. B. Ärzte anzusiedeln.

Ktabg. Pieper bittet darum, im Jugendhilfeausschuss zu thematisieren, wie die Versorgung von Kindern und Jugendlichen von psychisch erkrankten Eltern sichergestellt werde und wie sich die Zusammenarbeit von Jugendhilfe und Psychiatrie darstelle.

FBL Schütt sagt dies zu.

Ktabg. Wilhelm fragt, wie auf den Versuch der Krankenkassen reagiert werde, die Zahl der psychotherapeutischen Praxen einzuschränken. Hierzu weist Herr Kiffmeyer darauf hin, dass für diesen Versorgungsbereich die wesentliche Planungsverantwortung bei der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe liege. Die Standortnähe zu Münster sei für Therapiesuchende von Vorteil, weil in Münster überproportional viele niedergelassene Psychotherapeuten tätig seien.

Auf die Frage des s. B. Neuhaus zum Programm „ambulant vor stationär, teilt Herr Kiffmeyer u.a. mit, dass im Kreis Coesfeld ca. 20 Menschen in Gastfamilien lebten, davon fünf mit psychischen Behinderungen. Dieses Programm laufe u.a. in Zusammenarbeit mit Haus Hall, Sozialwerk St. Georg und Anna-Katharinenstift Karthaus.

Ktabg. Schulze Entrup weist darauf hin, dass bei steigender Anzahl von psychisch Erkrankten ein wichtiger Aspekt auch die Frage nach möglicher Prävention sei.

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.