Betreff
Ausgleich für den Ausbau der B 67n durch wasserbauliche Maßnahmen
Vorlage
SV-7-0833
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 - ohne -

Begründung:

 

I. bis V.

 

Zum Lückenschluss der Ausbaustrecke B 67n zwischen Reken und Dülmen mit der Neutrassierung der Umgehung Merfeld war in Anwendung des für Straßenplanungen vorgegebenen Eingriffs-Bewertungsverfahrens ERegStra ein Ausgleichsbedarf von etwa 225 ha ermittelt worden. Die neu versiegelte Fläche betrug dagegen nur etwa 60 ha. Dieses „Missverhältnis“ fand in der Region keine Akzeptanz. In einer vom Landesbetrieb Straßenbau daraufhin vorgenommenen Neubewertung, bei der additive Komponenten der ERegStra multifunktional integriert wurden, konnten die Flächen für den Ausgleich auf 174 ha reduziert werden. Auch diese verringerten Ausgleichsflächen sind trassennah auf landwirtschaftlichen Flächen nicht zu realisieren.

 

Beim Besuch des Ministers Uhlenberg im Kreis Coesfeld am 16.04.2007 war die Thematik von Vertretern der Stadt Dülmen angesprochen und ein Pilotprojekt mit dem Ziel angeregt worden, Ausgleichsverpflichtungen aus dem Straßenbau in die Heubachaue zu verlagern, um damit gleichzeitig Verpflichtungen aus der europäischen Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen.

 

Nach der Novelle des Landschaftsgesetzes (LG) mit Änderungen der Eingriffsregelung wird derzeit die ERegStra überarbeitet, um die Vorgaben des LG zur weitestgehenden Schonung landwirtschaftlicher Flächen umzusetzen. Die Verringerung der Flächeninanspruchnahme für den Ausgleich findet ihre Grenzen in Vorschriften des Bundes-Naturschutzrechts und des europäischen Artenschutzrechts.

 

In der Eingriffsregelung des Landschaftsgesetzes wird die Vorgabe des Bundesnaturschutzgesetzes als Rahmenrecht umgesetzt. Es gibt die sogenannte Eingriffskaskade vor: unvermeidbare Eingriffe sind zu minimieren und durch geeignete Maßnahmen auszugleichen (d.h. funktional gleichartig zu kompensieren). Ist dies nicht möglich, sind die Eingriffe durch gleichwertige Maßnahmen zu ersetzen bzw. wenn auch die Durchführung von Ersatzmaßnahmen nicht möglich ist, durch die Zahlung eines Ersatzgeldes an die untere Landschaftsbehörde abzulösen. Die Höhe des Ersatzgeldes bemisst sich nach den fiktiven Kosten der Maßnahme einschließlich des Grundstückspreises.

 

Die Planfeststellung einer Straße kann also nicht beliebig auf den räumlich, zeitlich und funktional nahen Ausgleich verzichten. Anders ist dies bei der Aufstellung von Bebauungsplänen durch eine Gemeinde. Hier wurde die Eingriffsregelung durch Baurechtsreformen in das Baugesetzbuch integriert und dabei die Eingriffskaskade aufgelöst. Es wird nicht mehr zwischen Ausgleich und Ersatz unterschieden, was räumlich, zeitlich und funktional flexible Kompensationen ermöglicht. Ohne den Zwang zum funktionalen Ausgleich kann die Bebauung einer Ackerfläche variabel durch Anpflanzungen, Gewässeranlagen oder auch durch Abbuchungen von Ökokonten kompensiert werden.

 

Im Zuge der Föderalismusreform und der Diskussion um ein neues Umweltgesetzbuch soll zunächst auch das Bundesnaturschutzgesetz neu gefasst werden. Die Vertreter des Landes NRW setzen sich (nach Aussagen des Staatssekretärs Dr. Schink) dafür ein, die Eingriffskaskade und damit den funktionalen Ausgleich aufzugeben.

 

Ein zweiter rechtlicher Rahmen, der einer flexiblen Verlagerung von Ausgleichsmaßnahmen enge Grenzen setzt, wird durch das europäische Artenschutzrecht vorgegeben. Besonders und streng geschützte Arten, die in den Anhängen der FFH- und Vogelschutzrichtlinie aufgelistet sind (zum Beispiel alle Fledermaus-Arten oder zahlreiche Wiesenbrüter), sind bei erheblichen Beeinträchtigungen vor Ort durch entsprechende Maßnahmen zu stützen.

 

Der Straßenverlauf quert den Heubach und tangiert das europäische Vogelschutzgebiet, das im übrigen als die Geburtsstätte des Feuchtwiesenschutzprogramms und des Vertragsnaturschutzes in NRW gilt.

 

Gleichzeitig sind für den Heubach ebenso wie für andere Fließgewässer nach den Vorgaben des europäischen Wasserrechts ökologische Verbesserungen erforderlich. Bereits beim Besuch des Ministers Uhlenberg im Kreis Coesfeld am 16.04.2007 war die Thematik angesprochen und ein Pilotprojekt mit dem Ziel angeregt worden, Ausgleichsverpflichtungen aus dem Straßenbau in die Heubachaue zu verlagern.

 

Am 05.11.2007 wurde das beim Ministerbesuch angeregte Pilotprojekt beim Umweltministerium (MUNLV) in Düsseldorf besprochen. Alle Gesprächsteilnehmer (neben Kreisverwaltung und MUNLV auch die Stadt Dülmen, die Kreisstelle Coesfeld der Landwirtschaftskammer und der Landesbetrieb Straßenbau Coesfeld) waren sich einig, dass ein solches Pilotprojekt zur Klärung folgender Fragen durchgeführt werden soll:

 

-           Kann der Flächenbedarf der naturschutzrechtlichen Ausgleichsverpflichtung für den Lückenschluss der B 67n durch Maßnahmen am Heubach gedeckt werden?

 

-           Wie sind wasserbauliche Maßnahmen (Ausbau und Unterhaltung) zu bepunkten, damit sie mit den gängigen, flächenbasierten Bewertungsverfahren verrechenbar werden?

 

-           In welchem Umfang kann der europarechtlich erforderliche funktionale Ausgleich für die Beeinträchtigung geschützter Arten räumlich in die Heubachachse verlagert werden?

 

-           In welchem Umfang sind strukturelle Verbesserungen an Fließgewässern als Ausgleich für den Rückhaltebedarf aus Siedlungsbereichen anzuerkennen?

 

Im Verfahren B 67n ist vorgesehen, den sog. Regelentwurf Mitte 2008 über das MBV dem Bundesverkehrsministerium vorzulegen. Das Planfeststellungsverfahren wird danach (etwa Mitte 2009) eröffnet. Durch das Pilotprojekt wird das Verfahren nicht verzögert. Ergebnisse können ggf. auch nach Verfahrenseröffnung einfließen.