Betreff
Erziehungsberatung gem. § 28 des Sozialgesetzbuches
hier: Vertrag mit dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-6-0828
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. wird weiterhin die Aufgabe übertragen, die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Lüdinghausen und Coesfeld für zwei Jahre zu unterhalten. Der bestehende Vertrag wird unter Berücksichtigung folgender Eckpunkte angepasst:

 

  1. Der Caritasverband leistet im Zeitraum 01.01.2004 bis 31.12.2005 Aufgaben der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche auf Grundlage einer Leistungsbeschreibung mit den Tätigkeitsschwerpunkten gem. Anlage 1.

 

  1. Die Beratungsstelle erstattet dem öffentlichen Träger der Jugendhilfe zwei unterjährige Berichte und einen Jahresabschlussbericht auf der Basis gemeinsam vereinbarter Kennzahlen.

 

  1. Die Beratungsstelle und der öffentliche Träger der Jugendhilfe legen nach Abschluss des Jahresberichtes die inhaltlichen Schwerpunkte der Beratungsarbeit für das jeweils folgende Jahr fest.

 

  1. Der Caritasverband erhält für die von der Beratungsstelle erbrachten Leistungen eine Förderung. 80 % der anerkennungsfähigen Kosten werden pauschal finanziert. Weitere 20 % der anerkennungsfähigen Kosten werden als einzelfallbezogene „Hilfe zur Erziehung“ über Fachleistungsstunden erstattet.

 

  1. Der Vertrag läuft über zwei Jahre. Mit einer 6-Monatsfrist kann der Vertrag von jedem Partner zum 31.12.2004 gekündigt werden. Bis zum 30.06.2005 verhandeln die Partner über eine Verlängerung des Vertrages für die Folgejahre.

 

  1. Der Standard zur Personalbesetzung ist auszurichten an der „Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Familien- und Lebensberatungsstellen des Landes NW“. Ein Mitarbeiterteam besteht demnach aus einer Fachkraft mit dem Abschlussdiplom Psychologie, einer Fachkraft mit dem Abschlussdiplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik  und einer pädagogisch-therapeutischen Fachkraft, ebenso mit dem Abschlussdiplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik sowie eine Teilzeit beschäftigte Verwaltungskraft (0,5).

 

Wird die Landesförderung weiter gekürzt, erfolgt eine entsprechende Reduzierung des Personalstandards.

 

  1. Die zurzeit unbesetzte Planstelle wird nur nach vorheriger Zustimmung des öffentlichen Trägers mit einem/einer Sozialarbeiter/in besetzt. Vorausgesetzt wird die weitere Förderung des Landes NW.

 

 

Begründung:

 

I.   Problem

Die öffentlichen Träger der Jugendhilfe haben gem. dem SGB VIII – Kinder- und Jugendhilfegesetz – Beratungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger zu erbringen.

 

Die Leistungen einer Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche richten sich insbesondere an Personen, die von Trennung und Scheidung betroffen sind, sich in schwierigen persönlichen Lebenssituationen befinden, Beratung in Erziehungsfragen benötigen oder deren Kinder Leistungsschwierigkeiten haben.

 

Der größte Anteil der Ratsuchenden wendet sich unmittelbar an die Beratungsstelle und findet somit einen Zugang zur Beratungsstelle. In wenigen Fällen erfolgte bislang Zugang nach dem vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Hilfeplanverfahren gem. § 36 SGB VIII.

 

Die Aufgaben der Erziehungsberatung sind von den drei öffentlichen Trägern der Jugendhilfe im Kreis Coesfeld an den Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. delegiert worden. Durch jeweils ein Mitarbeiterteam in Lüdinghausen, Dülmen und Coesfeld erbringt der Caritasverband die notwendigen Beratungsleistungen.

 

Die Teams bestehen aus je drei Beratungsfachkräften und einer halben Stelle Verwaltungsfachkraft. Sie sind interdisziplinär mit Sozialarbeitern, pädagogisch-therapeutischen Fachkräften und Psychologen besetzt. Mit dieser qualitativen und quantitativen Personalanforderung genügt der Caritasverband dem Förderstandard des Landes NW.

 

 

Die Kosten einer Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche setzen sich zusammen aus:

 

n      Personalkosten

n      Sachkosten

n      Gemeinbedarfskosten

 

 

Die Finanzierung der Leistung erfolgt aus:

 

n      Fördermitteln des Landes NW

n      Fördermitteln des örtlichen Trägers der Jugendhilfe

n      Eigenmitteln des Trägers.

 

 

Der Caritasverband hat erklärt, dass die enormen Kostensteigerungen nicht mehr durch Anhebung der Eigenmittel ausgeglichen werden können. Der Verband hat den Antrag an die drei öffentlichen Träger der Jugendhilfe im Kreis Coesfeld gerichtet, die Förderung zu erhöhen. Nur damit sei die Qualität und der Leistungsumfang der Erziehungsberatung weiter aufrecht zu erhalten.

 

 

Wie die Lücke zwischen den Kosten einerseits und den Zuschussgewährungen andererseits entstanden ist, wird nachfolgend erklärt:

 

 

Personalkosten/Eingruppierung des Personals:

 

Der Caritasverband hat sein Personal entsprechend des kirchlichen Tarifes AVR einzugruppieren. Der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes BAT hat im Vergleich zum kirchlichen Tarifvertrag Eingruppierungen vorzunehmen, die in den Aufgabenfeldern einer Beratungsstelle  unter dem des AVR-Tarifvertrages liegen. Die öffentlichen Träger setzten an diese Stelle das Prinzip des Besserstellungsverbotes an und erkennen die höheren tariflichen Abschlüsse der Mitarbeiter und Mitarbeiter des Caritasverbandes nicht an. Alleine aus dieser Differenz ergibt sich eine erhebliche Abweichung zulasten des Caritasverbandes.

 

 

Personalkosten/Pauschalen nach den Grundsätzen der Kostenrechnung der KGSt:

 

Die Berechnung der Kosten eines Arbeitsplatzes im bisherigen Vertrag mit dem Caritasverband basiert auf Grundsätzen der Kostenrechnung eines Arbeitsplatzes der KGSt (fiktiv ermittelte Beträge nach dem Kommunal-BAT). Diese Formel errechnet Mittelwerte der Personalkosten u. a. aus Dienstaltersstufen, Lebensalter, Familienstand, Anzahl der Kinder. Beim Caritasverband wird dieser Mittelwert durch das beschäftigte Personal deutlich überschritten. Auch diese Entwicklung hat die Lücke zwischen Kosten und Finanzierung der Beratungsstellen weiterhin vergrößert.

 

 

Personalkosten/Qualifizierung des Personals:

 

Punktuell ist der Caritasverband mit Psychologen-Planstellenanteilen über die Qualitätsstandards der Förderrichtlinie des Landes NW hinausgegangen. An diesem Punkt wird die Differenz der Kosten zwischen einer Psychologenstelle  und einer Soz.-Päd.-Stelle spürbar deutlich. Allerdings ist durch einen Personalwechsel zum 31.12.2003 dieses Thema zu großen Teilen „heilbar“.

Der Caritasverband wird die zum 01.01.2004 frei gewordene Psychologenstelle bis zur Klärung des Vertragsverhältnisses unbesetzt lassen.

 

 

Reduzierung der Fördermittel:

 

Während die öffentlichen Träger der Jugendhilfe ihre Förderung den Kostenentwicklungen des Arbeitsplatzes nach der Formel der KGSt angepasst haben, sind die Landesmittel nicht nur nicht angepasst, sondern auch gekürzt worden. Es ist damit zu rechnen, dass die Landesmittel weiter gekürzt und möglicherweise völlig entfallen werden. Zu der Entwicklung wegfallender Landesmittel haben die kommunalen Gebietskörperschaften die grundsätzliche Entscheidung getroffen, ausfallende Landesmittel nicht durch kommunale Förderungen zu ersetzen. Auch hier bahnt sich ein finanzielles Desaster für den Caritasverband und die öffentlichen Träger der Jugendhilfe an.

 

Zusammenfassend bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass zwischen Kosten und Finanzierung der Beratungsstellen eine Lücke klafft, die der Caritasverband durch Eigenmittel nicht ersetzen kann. Auch dem öffentlichen Träger  ist es unter den gegenwärtigen Haushaltszwängen nicht möglich, die entstandene Finanzlücke durch eine Erhöhung der Förderung zu schließen.

 

 

II.  Lösung

 

In der gebotenen Form und mit der notwendigen Dringlichkeit haben Vertreter/innen des Caritasverbandes und der öffentlichen Träger der Jugendhilfe Gespräche und Verhandlungen aufgenommen, um diese prekäre Lage zu lösen. Soweit möglich, konnten von den Beteiligten folgende Eckpunkte zu einem Kompromiss zur Fortsetzung der Arbeit ausgearbeitet und den Jugendhilfeausschüssen nunmehr zur Entscheidung vorgelegt werden:

 

 

  1. Der Caritasverband soll auch zukünftig die Erziehungsberatung im Auftrag der öffentlichen Träger der Jugendhilfe wahrnehmen.

 

Die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen der Beratungsstelle und den Klienten und auch zu den Sozialen Diensten der öffentlichen Träger der Jugendhilfe spricht für eine Fortsetzung des Vertrages. Ebenso die sozialraumbezogenen Kenntnisse des Personals und die Verwurzelungen der Beratungsstellen in die Gemeindestrukturen lassen an einer Fortsetzung der Arbeit festhalten.

 

 

  1. Die Beratungsstelle übernimmt für das Jahr 2004 Aufgaben mit folgenden Tätigkeitsschwerpunkten:

 

Für das kommende Haushaltsjahr haben sich der Caritasverband und die örtlichen Träger der Jugendhilfe darauf verständigt, die Tätigkeitsschwerpunkte der Beratungsarbeit gemäß den Anlagen 2, 4 festzulegen.

 

Die Änderungen beruhen auf einer gemeinsamen fachlichen Einschätzung. Im kommenden Jahr ist ein stärkeres Engagement im Bereich der Hilfen zur Erziehung mit dem Zugang über das Hilfeplanverfahren durch das Jugendamt vorgesehen. Der Anteil der Hilfen zur Erziehung an den gesamten Leistungen der Erziehungsberatung soll 2004 20 % betragen.

 

 

  1. Der Caritasverband berichtet zweimal unterjährig und zum Jahresabschluss über seine Leistungen auf der Basis gemeinsam vereinbarter Kennzahlen.

 

Ein mit dem Caritasverband vereinbartes Berichtssystem wird einen differenzierten Aufschluss über die Beratungen und den Erfolg der Leistungen geben. Grundlage der Berichterstattung sind die die Erziehungsberatung betreffenden Kennzahlen. Weitere Kriterien der Evaluation mit dem Ziel der Wirksamkeitsprüfung werden im Laufe des Jahres 2004 zwischen dem Caritasverband und dem öffentlichen Träger aufgestellt. Darüber hinaus findet einmal jährlich auf Kreisebene ein Austausch über die Wirksamkeit der Leistungen der Beratungsarbeit statt.

 

  1. Der Caritasverband und die öffentlichen Träger der Jugendhilfe legen nach Vorlage des Jahresberichtes die inhaltlichen Schwerpunkte der Beratungsarbeiten für das jeweils kommende Haushaltsjahr fest.

 

Der Jahresabschlussbericht dient als Grundlage, die Tätigkeitsschwerpunkte der Beratungsleistungen für das nächste Berichtsjahr festzulegen.

 

  1. Der Caritasverband erhält für die erbrachten Beratungsleistungen vom öffentlichen Träger der Jugendhilfe einen jährlichen Förderbetrag. Der Förderbetrag setzt sich zu 80 % auf der Grundlage anerkennungsfähiger Kosten als Pauschale und zu 20 % aus einzelfallbezogenen Fachleistungsstundensätzen zusammen.

 

Beratungsleistungen werden auf der Grundlage anerkennungsfähiger Kosten – mit der Ausnahme der Hilfen zur Erziehung – zu 80 %  pauschal gefördert.

Zu 20 % werden Leistungen einzelfallbezogen nach Fachleistungsstundensätzen gefördert, die dem Tätigkeitsschwerpunkt der „Hilfen zur Erziehung“ nach dem Hilfeplanverfahren zuzuordnen sind.

Die Beratungsstellen werden sich zukünftig stärker in dem Bereich der Hilfen zur Erziehung bewegen. Damit übernehmen sie Aufgaben, die bislang durch andere Träger der Jugendhilfe vergeben wurden und einen entsprechenden Entgeltaufwand erforderten.

In der Folge wird sich das bisherige Leistungsangebot verändern müssen.

So wird sich zum Beispiel die Wartezeit von Ratsuchenden mit unmittelbarem Zugang bis Beginn der Beratung verlängern können.

Die Finanzierung der Leistung mit unmittelbarem Zugang erfolgt gemäß folgender Berechnung:

 

Durchschnittliche Personalkosten je Beratungsstelle nach Kommunal-BAT

+ durchschnittliche Sachkosten je Beratungsstelle (Grundlage 2002)

+ durchschnittliche Verwaltungsgemeinkosten je Beratungsstelle (5 %)

Zwischensumme

./. 10 Trägeranteil

            Zwischensumme

            davon 80 % Pauschalfinanzierung

 

Die Finanzierung der Leistungen mit dem Zugang über das Jugendamt – Hilfen zur Erziehung – werden für das Jahr 2004 mit je 52,04 Euro je Fachleistungsstunde abgerechnet.

 

 

  1. Die Vertragslaufzeit beträgt zwei Jahre. Kündigungsklauseln ermöglichen eine Auflösung des Vertrages.

 

 

  1. Standard der Personalbesetzung

 

Der Standard hinsichtlich der Qualität  und der Quantität  des einzusetzenden Personals ist auszurichten an der Förderrichtlinie des Landes.

Demnach setzt sich ein Team einer Beratungsstelle wie folgt zusammen:

1 Fachkraft mit Abschlussdiplom in Psychologie

1 Fachkraft mit Abschlussdiplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik

1 pädagogisch-therapeutische Fachkraft mit Abschlussdiplom Sozialarbeit/Sozialpädagogik

1 Teilzeit-Verwaltungskraft (0,5 Planstelle).

 

Wird die Landesrichtlinie hinsichtlich der Standards verändert, ist die personelle Ausstattung umgehend anzupassen

 

 

  1. Wiederbesetzung der vakanten Planstelle

 

Die zum 01.01.2004 frei gewordene Planstelle – Fachkraft Psychologie – wird zunächst nicht besetzt. Erst wenn die Landesförderung im bisherigen Rahmen weiterhin erfolgt, kann nach ausdrücklicher Zustimmung der öffentlichen Träger der Jugendhilfe die Stelle mit einer Fachkraft Sozialarbeit/Sozialpädagogik besetzt werden.

 

 

III. Alternativen

 

Der alte Vertrag bleibt bestehen.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Entsprechend der regionalen Verteilung der Inanspruchnahme übernimmt der Kreis Coesfeld die Finanzierung der Erziehungsberatungsstelle in Lüdinghausen in vollem Umfang und die Finanzierung der Erziehungsberatungsstelle in Coesfeld zu 50 %.

 

 

 

Ergibt die tatsächliche Inanspruchnahme der Erziehungsberatungsstelle in Coesfeld über ein Jahr eine Abweichung, verhandeln Stadt und Kreis erneut über die prozentuale Aufteilung.

 

Die finanzielle Belastung für den Kreis sieht demnach wie folgt aus:

 

Zuschuss für Leistungen mit unmittelbarem Zugang (= 80 %)             186.669,00 €

für 1,5 Beratungsstellen

 

Entgelt für die Leistungen, die vom Jugendamt

im Rahmen der Hilfeplanung

festgelegt werden (= 20 %)

für 1,5 Beratungsstellen                                                                                53.076,60 €

                                                                                                                        -----------------

insgesamt:                                                                                                  239.745,60 €

                                                                                                                    ===========

 

Im Haushaltsplan 2004 sind bei der Haushaltsstelle 4650.718000 KRZ Erziehungsberatungsstelle 200.000,00 Euro eingeplant. Der Restbetrag von 39.745,60 Euro ist durch Einsparungen bei der Haushaltsstelle 4550.718000 sozialpädagogische Familienhilfe (ambulante Betreuungen) zu decken.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Aufgrund der finanziellen Auswirkungen ist die Zuständigkeit des Kreistages gegeben.