Betreff
Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren bis 2013
Vorlage
SV-7-1193
Aktenzeichen
51.2.3 - 3300
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

Die Verwaltung wird beauftragt, folgende Daten an das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen zu melden:

 

 

  1. Zahl der Plätze für Kinder unter drei Jahren, die bis zum Jahr 2013 geschaffen werden, einschließlich Höhe der beabsichtigten Bedarfsquote

a) Zahl der Plätze:                                1.230

b) beabsichtigte Bedarfsquote             35 %

  1. Höhe der Kosten für den Neubau, Ausbau-, Umbau- und Ausstattungsbedarf

                                                             18 Mio. EUR

 

 

 

 

Begründung:

 

I.   Problem

Mit dem als Anlage 1 beigefügten Erlass vom 10.09.2008 hat das Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gebeten, bis zum 15.01.2009 folgende Planungszahlen für den Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren mitzuteilen:

 

  1. Zahl der Plätze für Kinder unter drei Jahren, die Sie bis zum Jahr 2013 schaffen werden, einschließlich Höhe der beabsichtigten Bedarfsquote
  2. Höhe der Kosten für den Neubau, Ausbau-, Umbau- und Ausstattungsbedarf

 

Eine konkrete Festlegung dieser Daten ist zum jetzigen Zeitpunkt eigentlich nicht möglich. Die Entwicklung gerade im Bereich der Tagesbetreuung von Kindern ist für einen Zeitraum von 5 Jahren kaum planbar. So wurden z.B. 2003/04 (also vor 5 Jahren) 92 % der sog. Kernjahrgänge in den Tageseinrichtungen betreut. 19 % des sog. hineinwachsenden Jahrgangs wurden zum 3. Geburtstag aufgenommen. Von der damaligen Landesregierung wurden als Planungsgrößen für die Bezuschussung von Investitionskosten zur Realisierung des Rechtsanspruchs 90 % für die sog. Kernjahrgänge und 23 % für den hineinwachsenden Jahrgang angenommen. Diese Werte sind heute, 5 Jahre später, mit den tatsächlichen Betreuungsquoten von 97 % für die Kernjahrgänge und 59 % Aufnahme zum dritten Geburtstag längst überholt.

 

Mit der Änderung des SGB VIII durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG) wurde 2005 ein Betreuungsbedarf von 20 % der Kindern unter drei Jahren bis Oktober 2010 angenommen.

 

Es ist damit unklar, ob die für 2013 angenommene Quote von 35 % tatsächlich ausreichen wird, um den dann einsetzenden Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren gewährleisten zu können.

 

Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass ein großer Teil der Betreuung im Rahmen von Tagespflege erfolgen soll. Bisherige Erfahrungen im Zuständigkeitsbereich lassen einen Anteil von 30 % an der Betreuung von Kindern unter drei Jahren jedoch nicht wahrscheinlich erscheinen (zurückgehende Nachfrage nach Qualifizierungskursen, stagnierende Anfragen zur Erteilung einer Pflegeerlaubnis, Verteilung der Tagesmütter in der Fläche, fehlende kurzfristige Vertretungskräfte bei Ausfall einer Tagespflegeperson), zumal an die Tätigkeit als Tagespflegeperson künftig noch umfassendere Qualitätsanforderungen gestellt werden.

 

Auch die Entwicklung der Kinderzahlen ist nicht wirklich planbar. Die Kinder, für die 2013 Plätze vorgehalten werden sollen, werden frühestens im November 2010 geboren. D.h. verlässliche Planungsgrößen in Form von Meldedaten gibt es für die Kinderzahlen nicht, ein Zurückgreifen auf Prognosewerte ist erforderlich.

Dem Kreisjugendamt liegt eine Bevölkerungsprognose der Bezirksregierung aus 2005 vor. Bereits jetzt sind für einzelne Orte erhebliche Abweichungen der Geburtenentwicklung von den Prognosedaten aufgetreten. Bezogen auf den gesamten Zuständigkeitsbereich heben sich diese Abweichungen (von bis zu 20 % für einzelne Orte) jedoch weitestgehend wieder auf (Anlage 2).

 

II.  Lösung

Da andere, verlässlichere Daten nicht zur Verfügung stehen, wurde eine Modellberechnung mit den Prognosedaten der Bezirksregierung zur Bevölkerungsentwicklung aus 2005 erstellt.

 

Folgende weitere Annahmen wurden dabei einbezogen: 

-          Als Betreuungsbedarf wurde die vom Bund vorgesehene Quote von 35 % angenommen.

-          Für die Berechnung wurde generell eine Betreuung in Kindertageseinrichtungen unterstellt und nicht die vom Gesetzgeber angenommene Aufteilung, wonach rd. 12 % der unter dreijährigen in Kindertagespflege betreut werden (30 % der betreuten Kinder). Aktuell werden von rund 470 Kindern unter drei Jahren nur 32 in vom Jugendamt geförderter Kindertagespflege betreut. Dieses bedeutet eine Betreuungsquote von 0,9 % bei den Unterdreijährigen in Tagespflege und 12,7 % in Kindertageseinrichtungen.

Angesichts der sowieso schon enthaltenen unsicheren Rechnungsoperanden erscheinen eine etwaige Verbesserung der Betreuungsquote durch Tagesmütter und hiermit verbundene Kosteneinsparungen in unbekanntem Ausmaß vernachlässigbar.

-          Es wurde ferner unterstellt, dass eine Betreuung der Kinder in den vom KiBiz vorgesehen Gruppentypen I (vier bis sechs 2jährige Kinder) und II (10 Kinder unter drei Jahren) erfolgt. Für die Typ I-Gruppen wurden durchschnittlich 5 Kinder unterstellt, für die Typ II-Gruppen 10 Kinder, davon 50 % 2jährige Kinder.

 

Die sich ergebenden Bedarfe je Ort wurden nach Altersgruppen gestaffelt (U2 in Gruppen des Typ II, 2Jährige in Gruppen der Typen I und II und Kinder über drei Jahren in Gruppen der Typen I und III) ermittelt und anschließend addiert um den Bedarf an Gruppen und Räumen im Zuständigkeitsbereich insgesamt festzustellen. Zum Raumbedarf ist anzumerken, dass das rechnerische Ergebnis einer Addition der Orte den tatsächlichen Raumbedarf evtl. nicht wiedergibt, da vorhandene Räumlichkeiten nicht immer dort zur Verfügung stehen, wo der zusätzliche Raumbedarf für neue Gruppen entsteht. Dieses Problem tritt teilweise bereits auf Gemeindeebene auf.

Da ortsteilsscharfe Prognosedaten zur Bevölkerungsentwicklung nicht vorliegen, muss dieses Kalkulationsrisiko jedoch in Kauf genommen werden.

 

Für die Investitionskosten wurden die förderfähigen Kosten aus den Förderrichtlinien des Landes übernommen.

-          für Neubaumaßnahmen 20.000 EUR je Platz (wenn nicht ausreichend Gruppenräume oder Gruppennebenräume bzw. Ruheräume zur Verfügung stehen)

-          für Umbaumaßnahmen 8.500 EUR je Platz (bei Umwandlung von vorhandenen Gruppen zu U3-Gruppen)

-          für Einrichtungsmaßnahmen 3.500 EUR je Platz (bei Umwandlung von vorhandenen Gruppen zu U3-Gruppen)

 

Auch die mit Inkrafttreten des KiBiz bereits erfolgten Umwandlungen wurden bei der Berechung berücksichtigt, da auch diese in den Förderzeitraum der Förderrichtlinien (18.10.2007 bis 31.12.2013) fallen.

 

Angesichts der vielen oben dargestellten Planungsunwägbarkeiten wird deutlich, dass es sich bei der Berechnung nur um einen ganz groben Rahmen handeln kann.

 

Aktuell sind 440 Plätze für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen vorhanden. Bis zum Kindergartenjahr 2010/11 sollen rd. 700 Plätze entstehen. Bis 2013 werden (bei Eintreffen der obigen Annahmen) etwa 1.230 Plätze benötigt. Für die Aufteilung des Ausbaus auf die Jahre 2011 bis 2013 wurde eine lineare Steigerung von 700 zu 1.230 angenommen; 2011, 2012 und 2013 also jeweils die Schaffung von 1/3 der 530 zusätzlichen Plätze. Für 2008 wurde der Ausbau von 35 auf 440 Plätze berücksichtigt, für 2009 der hälftige Wert zwischen Ist und Ziel 2010, also 570 Plätze, für 2010 wurden 700 Plätze für Kinder unter drei Jahren angenommen.

 

Die sich hieraus ergebenden Berechnungen sind in Anlage 3 dargestellt, das Ergebnis der Berechnungen im Beschlussvorschlag.

 

Anmerkung: Förderfähig sind alle neuen Plätze für Kinder unter drei Jahren. Maßgeblich sind die Angaben aus den Betriebserlaubnissen. Bis Juli 2008 waren 35 Plätze für Kinder unter drei Jahren Gegenstand der Betriebserlaubnisse. Die übrigen, in der Vergangenheit auf Grundlage der sog. Budgetvereinbarung durch jüngere Kinder genutzten Plätze, waren eigentlich Plätze für 3- bis 6jährige Kinder, die wegen des Rückgangs der Kinderzahlen anders genutzt werden konnten. Aus diesem Grunde wurde als Ausbauschritt im Rahmen der Meldung an das Land zu den Förderrichtlinien für 2008 der „Ausbau von 35 auf 440 Plätze“ berücksichtigt.

 

III. Alternativen

Angesichts der oben aufgeführten, zahlenmäßig eigentlich noch nicht kalkulierbaren Faktoren (Entwicklung Kinderzahlen, Entwicklung Nachfrage, Akzeptanz der Tagespflege als Alternative zur Tageseinrichtung, Bezahlung und Ausbildungsanforderungen bei Tagespflegepersonen) sind alternative Berechnungen denkbar. Um eine realistische Einschätzung der maximal denkbaren finanziellen Belastung zu erreichen, erscheint die obige Berechnungsmethode am sinnvollsten, um bei der Mittelvergabe auf Landesebene nicht etwaigen Einschränkungen wegen einer zu geringen Bedarfsanmeldung zu unterliegen.

 

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

Wenn die für den Platzausbau anfallenden Investitionskosten – wie vorgesehen – über die Förderrichtlinien des Landes finanziert werden, erfolgt für die Träger eine 90 %ige Bezuschussung durch das Land bzw. den Bund. Es verbleibt ein 10 %iger Eigenanteil für die Träger. Der Kreis Coesfeld ist insofern in die Finanzierung von Investitionskosten einbezogen, als der Landeszuschuss an den Kreis erfolgt und dieser den Zuschuss an die Träger weitergewährt.

 

Eine Einschätzung der mit den zusätzlichen Plätzen verbundenen Betriebskosten ist mit den gleichen Risikofaktoren belastet wie die Berechnung der möglichen Investitionskosten. Ein Platz für Kinder unter drei Jahren in einer Kindertageseinrichtung bedeutet Betriebskosten von aktuell rd. 12.000 EUR (bei 35 Stunden Betreuung). Das KiBiz sieht eine jährliche Steigerung der Betriebskostenpauschale um 1,5 % vor. Das Kreisjugendamt Coesfeld finanziert derzeit rd. 55 % der Betriebskosten der Tageseinrichtungen. Ein Teil dieser Kosten wird durch die Einnahmen aus Elternbeiträgen gedeckt.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Nach § 5 der Jugendamtssatzung ist der Jugendhilfeausschuss für Entscheidungen zur Kindergartenbedarfsplanung zuständig. Wegen der in diesen ersten Planungsüberlegungen enthaltenden Grundaussage zum Ausbau der Betreuungsplätze und der damit verbundenen familienpolitischen Bedeutung ist eine Beschlussfassung durch den Kreistag angezeigt.