Betreff
Direktvergabe von Personenverkehrsdiensten an die Regionalverkehr Münsterland GmbH
Vorlage
SV-7-1274
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.       Der Kreistag beschließt, zusammen mit den anderen Münsterlandkreisen als Gruppe von Behörden die derzeitigen ÖPNV-Leistungen der Regionalverkehr Münsterland GmbH (RVM) werden ab dem 01.01.2011 an die RVM als sogenannten internen Betreiber nach den Vorgaben der EU-Verordnung 1370/2007 direkt  vergeben.

 

 

2.       Die Verwaltung wird beauftragt, die in der Vorlage dargestellten  Voraussetzungen und die Gesellschafts- und Vertragsstrukturen für die vorgenannte Direktvergabe zu schaffen.

Begründung:

 

I. – IV.

Rechtliche Ausgangslage

Die neue Verordnung Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße ist am 03. Dezember 2007 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden.

 

Die Verordnung tritt 2 Jahre nach dieser Veröffentlichung – also am 03. Dezember 2009 – in Kraft und ist dann Grundlage für die zukünftige Vergabe von Verkehrsleistungen. Mit der neuen Verordnung wird sowohl die Finanzierung als auch der Marktzugang für ÖPNV-Dienstleistungen europaweit harmonisiert.

 

Grundsätzlich können die Aufgabenträger (Kreise und kreisfreie Städte) als zuständige Behörde folgende Vergabeformen der EU-Verordnung 1370/2007 nebeneinander praktizieren:

 

·       Wettbewerbliches Vergabeverfahren (europaweite Ausschreibung)

·       Selbsterbringung bzw. direkte Vergabe an einen „Internen Betreiber“ (Inhouse-Vergabe)

·       Bagatellfälle einschließlich Direktvergabe an kleinere und mittlere Unternehmen

·       Direktvergabe in Notfällen

 

Die Verordnung gibt den zuständigen Behörden ausdrücklich das Recht (s. o. zweiter Spiegelpunkt), integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste auch selbst zu erbringen oder die Leistungen an eine rechtlich selbstständige Einheit direkt zu vergeben (Inhouse-Vergabe).

 

Dieses ist möglich, wenn

 

1.    die zuständige örtliche Behörde eine Kontrolle über den Betreiber wie über eine eigene Dienststelle ausübt  und

2.    der interne Betreiber den „überwiegenden Teil“ des Personenverkehrsdienstes selbst erbringt. Dies bedeutet, dass die Eigenerbringungsquote über 50% liegen muss.

 

Begründung

Durch die Direktvergabe von ÖPNV-Leistungen wird die  RVM als kommunales Unternehmen  erhalten. Die vorhandenen Arbeitsplätze werden gesichert sowie die Mitarbeit und Einbindung des Mittelstandes als von der RVM beauftragte Unternehmen wird gewährleistet.

 

Weiterhin  lassen sich  Angebotsumfang und –qualität  im Rahmen der Direktvergabe direkt und flexibel gestalten.

 

Der eingeschlagene Restrukturierungsprozess der RVM  war in den letzten Jahren erfolgreich. Er soll konsequent fortgesetzt werden. So wurde im Bereich Overhead und Verwaltung seit  2002 das Personal  reduziert, die innerbetrieblichen Abläufe gestrafft und zentralisiert  sowie  die Personalkosten durch ein Führung des Tarifesvertrages  Nahverkehr ( TV-N)  gesenkt.

 

 

 

 

 

Insgesamt erscheint eine Direktvergabe an die RVM als internen Betreiber (Inhouse-Vergabe) gemäß Art. 5 Abs. 2 der EU-Verordnung 1370/2007 sachgerecht. Für das Verkehrsangebot im Linienverkehr der RVM im Kreisgebiet Coesfeld gelten die Vorgaben des Nahverkehrsplanes des Kreises Coesfeld. Zur Erfüllung dieser gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen sollen der RVM der notwendige finanzielle Ausgleich und Ausschließlichkeitsrechte für die vergebenen Linienverkehre im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gewährt werden. Die Vergabe soll für 10 Jahre erfolgen.

 

Die Direktvergabe soll sämtliche der RVM genehmigten Linienverkehre umfassen und die Betrauung vom 01.01.2007 ersetzen. Die der RVM erteilten Liniengenehmigungen sind integraler Bestandteil der bestehenden Betrauung und auch der künftigen Direktvergabe.

 

Voraussetzung für die Direktvergabe

 

Gruppenvereinbarung

Die Münsterlandkreise können als Aufgabenträger gegenüber der RVM nur geschlossen als Einheit auftreten. Dazu schließen sie eine entsprechende Gruppenvereinbarung ab. Der Zusammenschluss der Münsterlandkreise als Gruppe zuständiger Behörden gem. EU-Verordnung 1370/2007 ist eine notwendige Bedingung, damit eine Bestellung von Nahverkehrsleistungen bei der RVM im Weg der Direktvergabe erfolgen kann.

 

Im Weiteren haben die Münsterlandkreise die Rechtsanwaltssozietät BBG und Partner aus Bremen, namentlich Herrn Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen einer „Inhouse-Vergabe“ zu prüfen und möglichst rechtssichere Handlungsoptionen unter Maßgabe der EU-Verordnung 1370/2007 sowie unter Berücksichtigung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes zu erarbeiten. Gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim David von der Kanzlei Baumeister, Münster, der die gesellschaftsrechtlichen Fragen bearbeitet, kommen die Anwälte im Kern zu folgenden Ergebnissen:

 

Im Weiteren haben die Münsterlandkreise die Rechtsanwaltssozietät BBG und Partner aus Bremen, namentlich Herrn Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister beauftragt, die rechtlichen Voraussetzungen einer „Inhouse-Vergabe“ zu prüfen und möglichst rechtssichere Handlungsoptionen unter Maßgabe der EU-Verordnung 1370/2007 sowie unter Berücksichtigung der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes zu erarbeiten. Gemeinsam mit Herrn Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim David von der Kanzlei Baumeister, Münster, der für die notwendigen gesellschaftsrechtlichen Veränderungen einbezogen wurden, kommen die Anwälte im Kern zu folgenden Ergebnissen:

 

Kontrolle

Die Münsterlandkreise haben als „Gruppe von Behörden“ für eine Direktvergabe nach Art. 5. Abs. 2 der EU-Verordnung 1370/2007 derzeit keine rechtlich abgesicherte Kontrolle über die RVM, so dass das Kontrollkriterium z. Z. nicht erfüllt ist. Die Münsterlandkreise verfügen derzeit lediglich über 38,5 % der Gesellschaftsanteile.  Da der Abschluss eines Beherrschungsvertrages, als sicherste Art der Kontrolle, aufgrund des § 108 GO NRW nicht genehmigungsfähig ist, empfehlen die Juristen ein Beteiligungsmodell, mit einer 100 % Beteiligung in Händen der 4 Münsterlandkreise als rechtssicherste Lösung.

 

 

 

 

·         Dazu sollen die Kreise – sofern nicht schon erfolgt – baldmöglichst die Gesamtanteile ihrer Städte und Gemeinden an der RVM übernehmen.

·         Parallel werden die Münsterlandkreise mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe die Übernahme der WVG- Anteile an der RVM verhandeln.

 

Eigenerbringungsquote

·         Mit Beginn der Laufzeit der Direktvergabe ab dem 01.01.2011 hat die RVM eine Eigenerbringungsquote von mindestens 50,1% einzuhalten.

·         Zur Erreichung der erforderliche Eigenproduktionsquote sind folgende Maßnahmen denkbar:

- der Kauf eines Privatunternehmens,

      - die Übernahme von Subunternehmeranteilen

      - im Einzelfall  die Abgabe von Linien oder

- die Bildung eines PPP-Modells  ( Beteiligung privater Unternehmen)                                          

Mit Ausnahme der letzten Option, die wegen bestehender Rechtsrisiken zum jetzigen Zeitpunkt nicht weiterverfolgt werden soll, werden alle Optionen durchgeprüft. Vor allem in der kombinierten Nutzung der Optionen scheint die Zielerreichung aussichtsreich.

 

Unter Berücksichtigung der o.g. Überlegungen, aber auch, um insbesondere in der Übergangszeit bis zur rechtlichen Wirkung der Direktvergabe an den internen Betreiber, die Linienkonzessionen rechtssicher zu bündeln bzw. zu schützen, muss das bestehende Linienbündelungskonzept der Münsterlandkreise überarbeitet werden. Diese Überarbeitung umfasst auch die Linienverkehre außerhalb der RVM (ca. 45 % des Münsterlandes), die im Ausschreibungswege vergeben werden müssen. Durch eine ausgewogene Verteilung von Gewinn-Chancen und Verlust-Risiken für die Verkehrsunternehmen, soll eine Aufrechterhaltung der heutigen Angebotsqualität erreicht und eine „Rosinenpickerei“ verhindert werden. Durch die Bündelung und Vergabe kleiner Leistungspakete kann die bewährte Zusammenarbeit mit den privaten mittelständigen  Busunternehmen fortgesetzt werden. Den Münsterlandkreisen wird somit ein direkter Einfluss auf die Sicherung der Arbeitsplätze im privaten Busgewerbe ermöglicht.

 

Der Kreis Soest und der Hochsauerlandkreis für die Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH (RLG) und  der Kreis Unna für die Verkehrsgesellschaft Kreis Unna (VKU) streben ebenfalls, eine Direktvergabe der jeweiligen ÖPNV-Leistungen an ihre kommunalen Verkehrsunternehmen an. Zukünftig würden dann alle Verkehrsunternehmen der WVG-Gruppe im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gem. der neuen EU-Verordnung ÖPNV-Leistungen erbringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Zur Wahrung höchstmöglicher Rechtssicherheit haben sich die Verwaltungen der Münsterlandkreise, der Kreise Unna und Soest sowie der Hochsauerlandkreis auf ein inhaltlich und zeitlich abgestimmtes Verfahren verständigt.

 

·       Frühjahr 2009
Grundsatzbeschlüsse aller 4 Kreise zur Direktvergabe

·       Bis Mai 2009
Veröffentlichung des jeweiligen Grundsatzbeschlusses nach Art. 7 Abs. 2 EU-VO 1370/2007 im europäischen Amtsblatt

·       2009 bis Oktober 2010
Herstellung der Voraussetzungen zur Direktvergabe an den internen Betreiber (Kontrollkriterium und Eigenerbringungsquote)

·       bis spätestens Oktober 2010
Formeller Vergabebeschluss des öffentlichen Dienstleistungsauftrages

·       01.01.2011
Beginn der Laufzeit  der Direktvergabe an den internen Betreiber

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

Für die Entscheidung ist der Kreistag zuständig (§ 26 Abs. 1 KrO NW).