Betreff
Förderung der Sucht- und Drogenberatungsstellen und der Fachstelle für Suchtvorbeugung im Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-6-0910
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Einer Weiterführung der Verträge zur Wahrnehmung von Aufgaben der Suchtberatung und Suchtprävention mit der AWO Unterbezirk West-Münsterland und mit dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. bis zum 31.12.2005 wird zugestimmt.

Die Verwaltung wird beauftragt, die Verhandlungen zu den vertraglichen Neuregelungen entsprechend den in der Vorlage vorgestellten Eckpunkten fortzusetzen.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Zur Wahrnehmung von Aufgaben der Suchtberatung und Suchtprävention sind mit der AWO Unterbezirk West-Münsterland und dem Caritasverband für den Kreis Coesfeld e.V. mit Wirkung zum 01.01.2000 Verträge mit einer zunächst vereinbarten 5-jährigen Laufzeit und einer Kündigungsfrist von 6 Monaten geschlossen worden.

Im Rahmen der Haushaltsplanberatungen 2003 wurden angesichts der dramatischen Finanzentwicklungen sämtliche Verträge über freiwillige Leistungen vorsorglich zum nächstmöglichen Termin gekündigt, so dass die o.a. vertraglichen Vereinbarungen am 31.12.2004 enden.

 

Die auslaufenden Verträge regeln die kreisseitige Förderung der folgenden Stellen im Kreisgebiet:

-  in Trägerschaft der AWO Unterbezirk West-Münsterland

        Sucht- und Drogenberatungsstelle

(2,0 Fachstellen (Sozialarbeit) & 0,5 Stelle Verwaltungskraft),

-  in Trägerschaft des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e.V.

        Suchtberatungsstellen Coesfeld, Dülmen und Lüdinghausen,

(5,0 Fachstellen (Sozialarbeit) & 1,5 Stellen Verwaltungskräfte)

        Fachstelle für Suchtvorbeugung

(2,0 Fachstellen (Sozialarbeit)).

Prüfung der Weiterführung unter sich verändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen

Auf der Grundlage der Beschlüsse des Kreistages war zu prüfen und gemeinsam mit den beteiligten Trägern zu beraten, wie bei der weiterhin angespannten Haushaltslage und den sich verändernden gesetzlichen und finanziellen Rahmenbedingungen die Leistungen weitergeführt werden können.

 

Dabei galt und gilt es, in dieser Hinsicht relevante Vorhaben auf Bundes- und Länderebene im Bereich der Sozial- oder Finanzgesetzgebung soweit wie möglich mit ihren Wirkungen zu berücksichtigen.

 

Dazu zählten beispielsweise der drohende Wegfall der Landesförderung oder die sog. "Hartz"-Gesetzesinitiativen:

 

Im Rahmen der Haushaltsaufstellungen des Landes waren zunächst Streichungen zumindest eines Teils der Landesmittel für die Suchtberatung beabsichtigt. Diese Kürzungen sind nach den vorliegenden Informationen über die Beschlussfassung des Doppelhaushalts für die Jahre 2004 /2005 zurückgenommen worden.

 

Bedeutsame Neuerungen brachte die Verabschiedung des Sozialgesetzbuches Zweites Buch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitssuchende. Danach sind die Kreise und kreisfreien Städte als kommunale Träger im Rahmen der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit u.a. für die Suchtberatung zuständig.

Eine konkrete Klärung von wesentlichen Bedingungen für diese Leistungen steht aber noch aus, so dass grundlegende Umsetzungsregelungen für die Aufgabenwahrnehmung örtlicher Job-Center bisher nicht genau feststehen. Durch Letztere sollen einschl. der Suchtberatung die Eingliederungsleistungen für erwerbsfähige Hilfebedürftige und ihre Angehörigen gebündelt werden.

 

Bereits in der Sitzung des Ausschusses für öffentliche Sicherheit, Gesundheit und Verkehr am 25.03.2003 war die Förderung der Fachstelle für psychosoziale Betreuung von substituierten Drogenabhängigen der AWO West-Münsterland auf den Prüfstand gestellt worden (Sitzungsvorlagen 6-629 und 6-629/1). Die Stelle wird bisher ohne vertragliche Grundlage bezuschusst.

Der Kreistag hat am 09.04.2003 dazu u.a. beschlossen: "Im Rahmen der Neuverhandlungen, die in der Folge der vorsorglichen Kündigungen der Verträge zur Suchtberatung und Suchtprävention zum 31.12.2004 vorzunehmen sind, wird angestrebt, auch die Förderung der Fachstelle in umfassende vertragliche Vereinbarungen einzubeziehen."

 

Entwicklung der Neuregelung von umfassenden Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen mit den Trägern

 

Die Analyse der Angebote, Leistungen und ihre Finanzierung sowie die Prüfung der Notwendigkeiten und Möglichkeiten zu ihrer Weiterführung unter den veränderten Rahmenbedingungen sprechen dafür, im Wesentlichen eine Anpassung und Modifikation der vertraglichen Regelungen vorzunehmen.

 

Die erforderliche Neuausrichtung soll insbesondere bezwecken,

 

  im Rahmen der institutionellen Förderung die neuen gesetzlichen Zuständigkeiten ohne Mehrkosten durch Leistungszuwachs zu bewältigen,

  den Kreiszuschuss in den nächsten Jahren auf einem gleichbleibendem oder an den kommunalen Personalausgaben gekoppelten Niveau zu halten,

  Prioritäten bei der Aufgabenwahrnehmung z.B. hinsichtlich der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit festzulegen,

  Mindeststandards der personellen Ausstattung und der Angebote und Leistungen bei beschränkten Ressourcen und vermutlich hoher Auslastung zu gewährleisten,

  vorhandene Ressourcen besser zu bündeln und alle möglichen Finanzierungsquellen insbesondere durch alternative oder vorrangige Kostenträger zu erschließen,

  für die Angebotsträger die Chancen auf der Einnahmeseite zu verbessern und deren Risiken hinsichtlich Eigenleistungen zu begrenzen,

  die Eigenverantwortung der Beteiligten und der Leistungsempfänger zu erhöhen,

  die Qualitätssicherung sowie den Nachweis und die Prüfung der Angebote und Leistungen deutlich zu optimieren,

  Angebots- und Versorgungslücken zu schließen und so mittelfristig kostendämpfende Synergien zu erzielen.

 

Daher sind – soweit wie derzeit unter den sich verändernden Rahmenbedingungen möglich – umfassende Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen entwickelt worden, die einige wegweisende Neuregelungen enthalten.

 

Zu den angestrebten Regeländerungen gegenüber den laufenden Verträgen gehören insbesondere:

 

1.  Grundlage für die Förderung durch den Kreis sollen die Richtwerte nach KGSt (Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung)" über "Kosten eines Arbeitsplatzes" werden. Dadurch wird die Kostenentwicklung transparenter, nachvollziehbarer und langfristig stärker an die der kommunalen Dienstleistungen ausgerichtet. Zudem kann so eine objektivere und vereinfachte Ermittlung des Kreiszuschusses erfolgen.

 

2.  Die Förderung durch den Kreis soll durch jährliche feste Beträge und ohne die Regelung einer verpflichtenden Übernahme ausfallender Landesmittel realisiert werden.

 

3.  Alternative Finanzierungsquellen bzw. vorrangige Kostenträger sollen verstärkt über Anreize und Verpflichtungen erschlossen bzw. einbezogen werden.

 

4.  Die Angebotsträger sollen darin unterstützt werden, auf Grundlage von Versorgungsverträgen mit Trägern der Renten- und Krankenversicherung die Leistungen der ambulanten medizinischen Rehabilitation (ambulante Entwöhnungsbehandlung & Rehabilitationsnachsorge) zu erbringen und abzurechnen. Dadurch kann eine wichtige Versorgungslücke im Kreisgebiet geschlossen und können zudem Beratungskapazitäten geschont oder effektiver eingesetzt bzw. Einnahmen zur Mischfinanzierung erzielt werden.

 

5.  Die Umwidmung eines Teils der bisherigen Fördermittel in Höhe von maximal 15.000 € für Aus- und Weiterbildungs- oder Sach- und Investitionskosten soll die Träger dazu befähigen und in den Stand setzen, die besonderen Qualitätsanforderungen für vertraglich anerkannte Leistungen der ambulanten Rehabilitation Abhängigkeitskranker, für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und für Suchtberatung und Suchtprävention via Internet und neue IT-Medien zu erarbeiten und zu erfüllen.

 

6.  Neben der grundsätzlichen Kostenfreiheit der Leistungen für die Empfänger und Inan-spruchnehmer soll durch eine zu erprobende Ausnahmeregelung den Trägern die begrenzte Möglichkeit der Kostenbeteiligung durch Leistungsentgelte, Beiträge oder Gebühren eingeräumt werden. Im Rahmen limitierter Arbeitszeit (5 % der Netto-Arbeitszeit in Fachleistungsstunden) und nur für bestimmte Leistungen wird es so möglich,

-           vorrangige oder alternativen Kostenträger (z.B. Kranken- und Rentenversicherungsträger) und Leistungsempfänger an den Kosten zu beteiligen sowie

-           Anreize für eine Neuausrichtung und höhere Wertschätzung bisher vernachlässigter, fehlender oder nicht nachgefragter Angebote zu setzen.

Dazu gehören Leistungen der betrieblichen Suchtkrankenhilfe oder Suchtprävention in privatwirtschaftlichen Unternehmen, Gruppenprogramme zur Raucherentwöhnung, zur Nachsorge bei Essstörungen oder zur Verhaltensänderung für drogen- oder alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer sowie in der Anfangsphase Leistungen zur ambulanten Entwöhnungsbehandlung oder Rehabilitationsnachsorge für gesetzlich oder privat Versicherte oder für Selbstzahler.

 

7.  Die Leistungsbeschreibungen sind an die Neuerungen und den wissenschaftlichen Stand anzupassen und insbesondere hinsichtlich der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Rahmen von SGB II bzw. der Tätigkeiten örtlicher Job-Center zu erweitern. Im stärkeren Maße sollen dabei eine gezielte Standardisierung, Qualitätssicherung und Hilfeplanung der Angebote, der Leistungserbringung und der Ressourcenverwendung vereinbart werden.

 

Stand der Verhandlungen zu den Neuregelungen

Mit den Trägern und den Fachstellen konnte bereits Einvernehmen über die wesentlichen Konditionen und Eckpunkte zur Finanzierung und Aufgabenwahrnehmung gemäß den oben skizzierten Neuregelungen erzielt werden.

 

Allerdings liegen als Ergebnis die neuen Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen noch nicht in Gänze im Entwurf vor. Insbesondere fehlen konkrete Leistungsbeschreibungen über die Ausgestaltung der Suchtberatung, die zur Eingliederung in Arbeit im Rahmen von SGB II (Grundsicherung für Arbeitssuchende) und der Tätigkeiten und Aufgaben örtlicher Job-Center zu erbringen ist. Die dafür von anderer Seite zu klärenden Rahmenbedingungen und Voraussetzungen sollen im Laufe des Jahres bekannt werden.

II.  Lösung

 

Vermutlich frühestens Ende des Jahres liegen in Abhängigkeit von der abzuwartenden Klärung wichtiger Rahmenbedingungen (SGB II, Job-Center) die vollständigen Entwürfe für neue Leistungs-, Vergütung- und Prüfungsvereinbarungen mit den Trägern vor.

 

Erst zu Beginn des neuen Jahres kann mit einer neuen Beratungsfolge in dieser Sache aufgrund der Kommunalwahl im September, der sich danach erst neu konstituierenden politischen Gremien und der bisherigen Sitzungsterminierung gerechnet werden.

 

Da die Träger frühzeitig Planungssicherheit über die Weiterförderung durch den Kreis benötigen, wird vorgeschlagen, die Kündigung der laufenden Verträge mit den Trägern zurück zu nehmen und um ein Jahr bis zum 31.12.2005 unter der Maßgabe zu verlängern,

 

-   dass Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) bzw. der Tätigkeiten und Aufgaben örtlicher Job-Center, die speziell ausgerichtet sind auf erwerbsfähige Hilfebedürftige oder Angehörige mit Problemen im Zusammenhang mit Suchterkrankungen oder dem Konsum von Sucht- und/oder Rauschmitteln (psychotrope Substanzen), Vorrang haben und

-   dass Näheres über Art, Inhalt und Umfang der Leistungen in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit allen Beteiligten nach Vorgaben des Kreises ausgearbeitet wird.

 

Die Träger haben sich mit einem solchen Vorgehen bereits im Grundsatz einverstanden erklärt und betont, auf der Grundlage der bisherigen Einigungen zu den Neuregelungen die Verhandlungen über die neuen vertraglichen Vereinbarungen fortführen und zu einem Abschluss bringen zu wollen.

 

Die AWO West-Münsterland hat darüber hinaus mit Schreiben vom 27.05. erklärt, dass ihr unter den derzeitigen Förderbedingungen eine Fortführung der Fachstelle für psychosoziale Betreuung von substituierten Drogenabhängigen schwerlich möglich sei. Deshalb hat sie um eine baldige einvernehmliche Klärung gebeten. Die hier in Frage stehende relativ geringfügige Erhöhung des Kreiszuschusses könnte im Rahmen der Beschlussfassung über den Haushalt für das Jahr 2005 beraten werden.

 

Fortsetzung der Verhandlungen mit den Trägern und Vorlage der angestrebten Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen im Entwurf im Frühjahr 2005

 

Die neuen vertraglichen Vereinbarungen werden im Verlauf des Jahres soweit möglich komplettiert. Sie sind nach Vorliegen der noch ausstehenden Informationen über die wesentlichen Rahmenbedingungen sowie nach Fortsetzung der Verhandlungen mit den Trägern im Entwurf fortzuschreiben.

Aus Gründen der Planungssicherheit der Träger scheint eine Vorlage zur Entscheidung des Kreistages im Frühjahr 2005 angezeigt.

 

III. Alternativen

– keine –

IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung

 

Die voraussichtlichen Förderbeträge im Jahre 2005 und zum Vergleich im Jahre 2004 berechnen sich nach den bisherigen Verträgen und nach aktuellem Stand wie folgt:

 

Formel zur Berechnung der jährlichen Förderbeträge

nach den bisherigen Verträgen

 

2004

2005

 

gemäß Vertrag vom Kreis anerkannte,

tatsächliche Brutto-Personalkosten

der geförderten Stellen im Vorjahr

hier: anerkannte Kosten im Jahre 2003 bzw.

voraussichtliche Kosten im Jahre 2004 nach Angaben der Träger

 

AWO

CV

 

 

 

 

 

 

 

130.993,93 €

432.681,38 €

 

 

 

 

 

 

 

134.817,19 €

450.187,01 €

zuzüglich

lineare Tarifsteigerung im laufenden Jahr

nach den Orientierungsdaten für die Finanzplanung

der Gemeinden des Landes NRW

hier: 2004 = 1,0 %; 2005 = 1,0 %

 

AWO

CV

 

 

 

 

 

 

+  1.309,94 €

+  4.326,81 €

 

 

 

 

 

 

+  1.348,17 €

+  4.501,87 €

zuzüglich

pauschaler Festbetrag

für Sach- und Verwaltungsgemeinkosten

(mit festgelegter Steigerung in jährlichen Stufen)

hier: im Jahre 2005 wie im Jahre 2004

 

AWO

CV

 

 

 

 

 

 

+ 15.338,76 €

+ 10.225,84 €

 

 

 

 

 

 

+ 15.338,76 €

+ 10.225,84 €

abzüglich

Landeszuschuss gemäß Vertrag

und Zuwendungsbescheiden der Bezirksregierung Münster

hier: nach Zuwendungsbescheiden im Jahre 2004

 

AWO

CV

 

 

 

 

 

- 20.500,00 €

- 76.800,00 €

 

 

 

 

 

- 20.500,00 €

- 76.800,00 €

zuzüglich

Übernahme ausfallender Landesmittel

durch den Kreis gemäß Vertrag

hier: nach aktuellem Stand

 

 

 

 

0 €

 

 

 

0 €

Summe

= pauschaler Förderbetrag des Kreises

als trägerspezifischer Festbetrag

 

AWO

CV

 

 

 

 

 

= 127.142,63 €

= 370.434,03 €

 

 

 

 

 

= 131.004,12 €

= 388.114,72 €

Gesamtsumme

 

497.576,66 €

 

519.118,84 €

 

Insgesamt sind demnach im Haushalt 2005 für die hier in Frage stehende Förderung 519.118,84 € bereitzustellen. Die Steigerung gegenüber dem Jahr 2004 beträgt nach der Hochrechnung voraussichtlich 21.542,18 € (4,33 %).

 

Hinzu kommen rund 25.600 € als Festbetrag für die Fachstelle für psychosoziale Betreuung von substituierten Drogenabhängigen der AWO nach derzeitiger Beschlusslage des Kreistages. Eine Änderung dieses Zuschusses bleibt den Haushaltsplanberatungen 2005 vorbehalten. Für eine ausreichende Deckung der voraussichtlichen Personalkosten wären nach Angaben der Trägerin zusätzlich 2.200 € notwendig.

 

Aufgrund der neu entwickelten vertraglichen Vergütungsvereinbarungen besteht Aussicht, im Einvernehmen mit den Trägern zukünftig eine Begrenzung der Kreisförderung für zumindest zwei Jahre zu erreichen, die im Rahmen der veranschlagten Mittel für das Jahr 2005 liegt.

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

Für die Entscheidung über die Gewährung von Kreiszuschüssen ist der Kreistag zuständig (§ 26 Abs. 1 KrO NW).