Betreff
Zukünftige Bioabfallverwertung
Vorlage
SV-8-0443
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

Dem vorgeschlagenen Konzept zur Bioabfallverwertung und Rohbiogasaufbereitung wird zugestimmt.

 

Die WBC wird beauftragt, die erforderlichen Planungen weiter voranzutreiben und alle erforderlichen Genehmigungen einzuholen.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, die erforderlichen Schritte für die Gründung einer Gesellschaft einzuleiten.

 

 

 

 

Begründung:

 

I.      – II.   Problem/Lösung

 

 

Zum 01.01.1997 hat der Kreis Coesfeld auf der Grundlage des § 16 (1) KrW-/AbfG die Wahrnehmung der wesentlichen Aufgaben der Abfallwirtschaft im Kreisgebiet auf die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH (WBC) übertragen. Insbesondere handelt es sich um die Aufgaben zur Organisation und Durchführung der Abfallverwertung.

 

Die aus Haushalten im Kreis Coesfeld erfassten Bio- und Grünabfälle werden, basierend auf den noch derzeitig gültigen vertraglichen Regelungen, bis Ende 2013 kompostiert. Dieses findet in der Kompostierungsanlage der Firma Remondis in Coesfeld-Höven nach dem Brikolare-Verfahren statt.

 

Der 1994 abgeschlossene Vertrag beinhaltet eine zu Anfang 2004 gezogene optionale Vertragsverlängerung bis zum 31.12.2013 und kann mit einer Frist von 2 Jahren gekündigt werden, ansonsten erfolgt die automatische Vertragsverlängerung von 5 Jahren.

 

Die Vertragskündigung wäre bis spätestens zum 31.12.2011 erforderlich.

 

Die seitens der Bundesregierung im Rahmen der Anpassung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes an die Europäische Abfallrahmenrichtlinie propagierten Recyclingziele gehen hin zu einer optimierten Erfassung sowie Vergärung und Kompostierung der Bioabfälle.

 

In der Kreisausschusssitzung am 22.09.2010 erfolgte die grundsätzliche Zustimmung zu einer Bioabfallvergärung mit anschließender Kompostierung und Biogasaufbereitung. Die Verstromung des Biogases in einem BHKW auf eigenen oder anderen Liegenschaften wurde nicht als langfristig  tragfähiges Modell gesehen. Auf die Vorlage SV-8-0235 wird insofern verwiesen.

 

 

 

Bioabfallverwertung durch Vergärung und anschließende Kompostierung, Aufbereitung des Rohbiogases und Einspeisung in das Erdgasnetz:

 

 

Mit Blick auf eine möglichst zeitnahe Umsetzung des Kreistagsbeschlusses – insbesondere auch in Hinblick auf die ggfs. erforderliche Kündigung des Altvertrages - und Nutzung von Synergien am Standort der Siedlungsabfalldeponie Coesfeld-Höven und der Kompostierungsanlage in Coesfeld-Höven wurde entsprechend dem Aufsichtsratsbeschluss der Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH vom 07.12.2010 vorrangig eine Realisierungsmöglichkeit in diesem Umfeld unter Berücksichtigung der bestehenden rechtlichen und vertraglichen Begebenheiten geprüft.

 

Gemeinsam mit dem insbesondere auf Biogasbehandlung spezialisierte Ing.-Büro  Berg & Partner (Aachen) sowie der auf Abfall- und Vergaberecht spezialisierten Sozietät Gaßner, Siederer, Groth & Coll. (Berlin) wurde ein Konzept entwickelt, das die Vergärung aller Bioabfälle aus dem Kreis Coesfeld im Vollstrom als Vorstufe der Kompostierung am Standort der derzeitigen Kompostierungsanlage durch den Betreiber vorsieht. Um das Ziel einer möglichst hohen Gasausbeute zu erreichen, soll das Pfropfenstromverfahren zum Einsatz kommen. Die in diesem Verfahren entstehenden flüssigen und festen Gärreste verbleiben innerhalb der Anlage und werden im sich anschließenden Kompostierungsvorgang mit verarbeitet. Eine Entsorgung von flüssigen Gärresten außerhalb der Anlage entfällt somit. Der entstehende Kompost kann wie bisher zur Düngung eingesetzt werden.

 

          

Das erzeugte Rohbiogas soll vom Standort der Kompostierungsanlage auf das Gelände der Deponie und zum Standort einer geplanten Biogasaufbereitungsanlage über teilweise vorhandene Gasleitungen geleitet werden. Vorgesehen ist die Errichtung der Rohbiogasaufbereitungsanlage im Umfeld der Sickerwasserreinigungsanlage und dem vorhandenen Blockheizkraftwerk für das Deponiegas. Der Einsatz von Deponiegas zur Unterstützung der Biogasaufbereitungsanlage ist geplant. Der Bau kann auf eigenen Flächen erfolgen.

 

           

Das aufbereitete Biogas kann dann gemäß der Beschlusslage des Kreistages vom 22.09.2010 zur Netzeinspeisung an den Netzbetreiber übergeben werden. Die hierfür erforderlichen technischen Anlagen sind vom Netzbetreiber zu errichten. Es ist lediglich ein vom Gesetzgeber festgelegter Kostenanteil mit fixierter Obergrenze (max. 250.000 €) an den Netzbetreiber zu entrichten. Der Standort der Netzeinspeiseanlage sollte sinnvollerweise im näheren Umfeld der Biogasaufbereitungsanlage sein und ist im Detail mit dem Netzbetreiber abzustimmen.

 

Mit Einspeisung in das Erdgasnetz ist der Verkauf des Biogases beabsichtigt. Der Einsatz des Biogases zur Verstromung und/oder Wärmenutzung bleibt dann dem Endverbraucher überlassen. Die gesamten Planungen und Entwicklungen einer für den Kreis wirtschaftlichen Lösung wurden von einem Fachplaner begleitet.

 

Der Aufbau eigener BHKW z. B. an Liegenschaften des Kreises wurde ursprünglich in die Überlegungen mit einbezogen, stellt sich aber mit Blick auf das EEG-Gesetz und die damit verbundenen Vergütungen und Bonuszahlungen als schwierig heraus. Die Verstromung des Gases ist in diesem Zusammenhang z. B. nur wirtschaftlich sinnvoll, wenn auch die Wärme in ausreichendem Umfang genutzt wird. Das heißt, dass zwar Schwankungen der Wärmeabnahme im Laufe eines Jahres akzeptiert werden, diese jedoch nicht zu stark abfallen dürfen und somit der Wegfall der Wärmenutzung im Sommer zum vollständigen Wegfall des KWK-Bonus führt.

 

Immobilien des Kreises wie Verwaltungsgebäude und Schule sind somit keine geeigneten

Abnehmer.

 

Rohbiogasaufbereitungsanlage

 

Die Genehmigung der Rohbiogasaufbereitungsanlage erfolgt im  Rahmen eines Änderungsverfahrens zur Planfeststellung für die Siedlungsabfalldeponie Coesfeld-Höven unter besonderer Beachtung der immissionsschutzrechtlichen Rahmenbedingungen. Beantragt werden soll das vom Fachbüro als zur Zeit technisch sinnvollste und vor allem für am wirtschaftlichsten erachtete Amin-Verfahren. Sollte sich in der anschließenden verfahrensoffenen Ausschreibung ein anderes Verfahren als sinnvoller herausstellen, gilt es die Genehmigung anzupassen. Nach derzeitigen Planungen ist mit einem Invest von ca. 2,8 Mio. € zu rechnen. Die Anlage soll im Wesentlichen im Zeitraum der ersten Vertragsperiode des Rohbiogaslieferungsvertrages abgeschrieben werden.

 

Für den Bau und Betrieb dieser Rohbiogasaufbereitungsanlage ist es aus marktwirtschaftlichen Erwägungen nach Prüfung durch die Anwaltskanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll. sinnvoll, eine eigenständige Gesellschaft des Kreises Coesfeld zu gründen und diese mit den Aufgaben der Biogasaufbereitung und –vermarktung zu betrauen. Gründe hierfür sind insbesondere die Flexibilität am Gasmarkt und hiermit verbundene Aktivitäten bei der Energieversorgung der Allgemeinheit mit Biogas.

 

           

Mit dem vorgenannten Konzept ist nach derzeitigen Planungen eine schnelle Umsetzung (noch in 2013) und somit eine frühzeitige Umsetzung der Klimaschutz fördernden Maßnahmen möglich.

 

Synergien mit vorhandenen Anlagen am Standort Coesfeld-Höven können genutzt werden. Anlagen- und Betriebsrisiken des Gesamtvorhabens liegen nur zu einem geringeren Teil auf Seiten des Kreises Coesfeld bzw. der Gesellschaft.

 

Es kann davon ausgegangen werden, dass die größtmögliche Biogasausbeute erzielt wird. Mit der angestrebten einzuspeisenden Biogasmenge könnten ca. 1.300 Einfamilienhäuser (4 Personenhaushalt, heutiger Qualitätsstandart der Wärmedämmung) mit Wärme versorgt werden. Die CO2-Einsparung liegt bei ca. 5.000 t pro Jahr.

 

Die räumliche Nähe der Anlagen im Kreisgebiet Coesfeld am bisherigen Standort ermöglicht den Städten und Gemeinden weiterhin überschaubare Transportwege innerhalb des Kreisgebietes und langfristige Kalkulationssicherheit.

 

Soweit Genehmigungsverfahren und Ausschreibung für die Rohbiogasaufbereitungsanlage zeitnah erfolgen, kann bereits Ende 2011 mit verlässlichen Zahlen für die Folgejahre kalkuliert werden. Bei Vergabe des Anlagenbaus bis Ende 2011 ist die Errichtung und Inbetriebnahme bis Ende 2012/Anfang 2013 möglich.

Die Preise laut Kompostierungsvertrag stehen fest. Der Rohbiogaslieferpreis ist angeboten und kann nach Gesellschaftsgründung vertraglich fixiert werden.

 

 

III.      Alternativen

 

Bioabfallverwertung ab 2014 über einen Dienstleistungsvertrag:

 

Durch eine europaweite Ausschreibung kann die Verwertung der Bioabfälle im Wettbewerb neu vergeben werden. Zur Wettbewerbsverbesserung ist der Umschlag der Bioabfallmengen (Planung, Bau und Betrieb Umschlaganlage) zu berücksichtigen, damit auch weiter entfernt liegende Verwertungsanlagen mitbieten können.

 

Mit Blick auf die Erzielung eines möglichst günstigen Angebotes im Rahmen eines entsprechend guten Wettbewerbes sollten in diesem Fall nur begrenzte Verfahrensvorgaben gemacht werden. Ein möglicher sinnvoller Zeitrahmen wäre in diesem Fall ca. 5 Jahre. Es kann davon ausgegangen werden, dass mit einem günstigen Angebot auch durchaus weite Transporte verbunden sein können. Ein günstiges Angebot ist daher nicht unbedingt ökologisch sinnvoll. Ob das Ergebnis eine Vollstromvergärung und Biogaseinspeisung sein wird ist dann fraglich.

 

Die Vergabe eines Dienstleistungsvertrages bietet für die betroffenen Jahre relative Kostensicherheit, stellt jedoch voraussichtlich nur einen begrenzten Beitrag zum allgemein angestrebten Klimaschutz dar. Die Kostenhöhe hängt maßgeblich vom tatsächlichen Wettbewerb im Verfahren ab.

 

           

Bau einer eigenen Anlage

 

Für die Errichtung einer Biovergärungsanlage am Standort der Deponie Coesfeld-Höven wäre ein B-Planverfahren für ein entsprechendes Gewerbegebiet erforderlich. Die Planfeststellungs-grenzen der Deponie müssten angepasst und zusätzliche Flächen erworben/ angepachtet werden

 

Im näheren Umfeld der Deponie wären evtl. Flächen auf dem ehemaligen Gelände der Ziegelei Kuhfuß denkbar. Hier steht bereits eine teilerrichtete Biomasseanlage. Soweit Flächen für eine weitere Biovergärungsanlage genutzt werden sollten, wäre der vorhandene B-Plan zu überplanen und erneut zu genehmigen.

 

Weitere Standortalternativen könnten sich in Gewerbegebieten ergeben. Diesbezüglich sind die Standortvorgaben auf die Zulässigkeit von Biovergärungsanlagen zu überprüfen.

 

           

Andere Flächen, z. B. auf das gesamte Kreisgebiet bezogene zentrale Flächen oder Flächen im Umfeld anderer Biomasseanlagen unterliegen, soweit dieses planungsrechtlich überhaupt möglich ist, in jedem Fall einem B-Planverfahren. Entsprechende Flächen stehen derzeit dem Kreis nicht zur Verfügung und müssten erst am Markt ermittelt und erworben werden.

 

Bei einem B-Planverfahren kann voraussichtlich von 6 bis 10 Monate Genehmigungsdauer ausgegangen werden.

 

Die Genehmigung der Biovergärungsanlage erfolgt entsprechend der 4. BImSchV (Nr. 8.6 bzw. 8.5 Spalte 1). Es ist ein Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich. Die Genehmigungsfrist für die Genehmigungsbehörde liegt bei 7 Monaten nach Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen.

 

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung wird erforderlich sein.

 

Nach derzeitigen Erfahrungen käme für den eigenen Anlagenbau nur das einfachere Batchverfahren (Fermenter werden als überdimensionale Garagen befahren und gefüllt) mit geringerer Gasausbeute und leichter kompostierbaren Gärresten in Frage. In diesem Verfahren könnten alle Bioabfälle vergoren werden. Die Alternative, das Pfropfenstromverfahren (liegender Reaktor mit Rührwerk), produziert mehr Rohbiogas je eingebrachte Gewichtstonne Bioabfall, aber auch einen erheblichen Anteil an flüssigen Gärresten. Es könnte nur ein Teilstrom der Bioabfälle vergoren werden, wenn im Zuge der Kompostierung auch die flüssigen Gärreste möglichst im Anlagenkreislauf verbleiben sollen.

 

Es sind entsprechend hohe Investitionskosten erforderlich und das gesamte Anlagenrisiko läge bei der WBC. Die Gesamtkosten je Gewichtstonne Anlageninput können erst sehr spät im Verfahren konkretisiert werden. Unwägbarkeiten im Anlagenbau und in der Inbetriebnahmephase beeinflussen die Gesamtkosten im Zuge der Umsetzung.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Die Umsetzung der Arbeiten erfolgt im Rahmen der vertraglichen Regelungen durch die Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH bis zur Gründung einer neuen Gesellschaft. Die Kosten der Bioabfallkompostierung werden über die Abfallgebühren refinanziert. 

Rohbiogasbezug, Rohbiogasaufbereitung und die Biogasveräußerung regelt die neue Gesellschaft.

Die Kosten in Höhe von bis zu 10.000,-- € für die Gesellschaftsgründung trägt der Kreis Coesfeld als alleiniger Gesellschafter. Die Stammeinlage beträgt 25.000 €.

 

 

V. Zuständigkeit

 

Gemäß § 26 KrO ist der Kreistag für die Entscheidung zuständig.