hier: Förderung des Projektes "KIT-Pflege - Kriseninterventionsteams" des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e. V.
Beschlussvorschlag:
Das Projekt „KIT-Pflege – Kriseninterventionsteams“ des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e. V. wird aus Kreismitteln nicht gefördert.
Begründung:
I. Problem
Der Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. stellt in seinem Antrag
den Sachverhalt wie folgt dar:
Die Bedeutung von ambulanter Pflege nimmt aufgrund verschiedener
Entwicklungen und auch Steuerungen immer mehr zu. Dabei ist das familiäre
Pflegepotential zunehmend schwierig einzusetzen. Häufig wird Pflege von
Angehörigen, insbesondere Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren, geleistet.
Ein großer Teil dieses Personenkreises ist berufstätig und muss den Beruf mit
den Aufgaben und Verantwortungen aus der Pflege koordinieren. Probleme treten
insbesondere dann auf, wenn sich die Situation unvorhersehbar verändert und die
Pflegeperson den akut erforderlichen Pflegeaufwand nicht leisten kann, ohne
ihre beruflichen Pflichten zu vernachlässigen.
Der Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. beteiligt sich an einem
Modellprojekt zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung. Die geförderte
Region ist auf den Kreis Borken beschränkt. Aufgrund der sehr engen Kooperation
des Caritasverbandes Coesfeld mit den Verbänden Borken und Ahaus/Vreden
könnte das Projekt KIT auf den Kreis Coesfeld ausgeweitet werden. Das Projekt,
das von der GKV mit einem Kostenrahmen von 2 Mio. € unter wissenschaftlicher
Begleitung durchgeführt wird, trat am 01.08.2011 in die Praxisphase ein.
Bereits vorher wurden 11 KIT-Notfälle gemeldet und mit sehr positiver Resonanz
abgewickelt. Durch die räumliche Nähe und die Zusammenarbeit mit den Partnern
besteht die Möglichkeit, das Projekt unter Nutzung vorhandener Strukturen in
den Kreis Coesfeld zu übertragen. Die Finanzierung müsste für den Kreis
Coesfeld jedoch aus den Mitteln des Fördertopfes „ambulant vor stationär“
erfolgen.
II. Lösung
Der Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. beantragt, für die
Dauer eines Jahres beginnend ab Oktober 2011 das Projekt „KIT-Pflege –
Kriseninterventionsteams“ durchzuführen.
Das Projekt setzt sich aus zwei Elementen zusammen:
1.
Beratung
der Arbeitnehmer in Betrieben (präventiver Bereich)
Um Firmen und deren Mitarbeiter für die Problematik zu sensibilisieren und das
Angebot bekanntzumachen, umfasst das Projekt eine Schulungsreihe. In
Kooperation mit größeren Arbeitgebern werden die Schulungen außerhalb der
Arbeitszeit in firmeneigenen Räumen angeboten. Die Resonanz der zwei bereits
durchgeführten Schulungen war positiv. Festgestellt wurde, dass die 20-25
Teilnehmer je Termin aus allen Hierarchiestufen stammen. Themen der Schulung
sind Prävention und Gesundheitsförderung, Pflegerisches Grundwissen,
Mobilisation und Transfer sowie der Bereich Hilfsmittel.
2.
Konkrete
Hilfestellung im Krisenfall
Hierzu würde der Caritasverband für den Kreis Coesfeld e. V. kreisweit eine
über 24 Stunden täglich erreichbare Rufbereitschaft des Pflegedienstes nutzen,
die den „Notruf“ aufnimmt und einen KIT-Einsatz auslöst. Ein solcher Einsatz,
der über maximal drei Tage verläuft und für den Auftraggeber kostenlos sein
soll, stellt der Antragsteller wie folgt dar:
- Notruf durch den Arbeitgeber oder eine Führungskraft
- Pflegerische Intervention im häuslichen Umfeld (s. Fallbeispiele, Anlage 3)
- Organisatorische Intervention im häuslichen Umfeld
- Überleitung an andere oder eigene Dienste
Im Ergebnis soll die pflegende Kraft in der konkreten Situation ihre
Verantwortung vollständig an das KIT-Team abgeben und ihren beruflichen
Pflichten nachgehen können.
Für die Durchführung des KIT-Projektes stellt der Träger eine examinierte
Pflegekraft mit 25 % der Arbeitszeit frei, ebenso wird eine Kraft für
Hauswirtschaft und Betreuung mit 25 % Zeitanteil eingesetzt. Zeitliche
Überschneidungen bei Einsätzen oder Ausfallzeiten sollen durch die Kräfte der
Rufbereitschaft des Pflegedienstes (6 - 7 Personen) aufgefangen werden.
Die Finanzierung des Projektes soll wie folgt sichergestellt werden:
Personalkosten Pflegekraft 9,75 Std./W. 12.460,75 €
Personalkosten Hauswirtsch. 9,75 Std./W. 8.031,11 €
Sachkosten (Arbeitsplatz) 820,00 €
Flyer, Werbung pauschal 700,00 €
Pflegewissenschaftliche Begleitung 1.128,00 €
Gesamtkosten 23.139,86
€
Eigenanteil Caritas 2.648,00 € (=11,44 %)
beantragter Zuschuss 20.491,86 € (=88,56 %)
Einen zusätzlichen Eigenanteil erbringt der
Caritasverband durch den Einsatz der Rufbereitschaft sowie die Übernahme der
Vertretungsregelungen, um dem Projekt die nötige Verlässlichkeit zu geben.
Diese Kostenanteile sind schwierig zu beziffern.
Ob und in welchem Umfang das Projekt nach
Ablauf des ersten Jahres weitergeführt wird, ist derzeit offen und hängt von
den Ergebnissen ab. Wenn Nachfrage besteht, will der Caritasverband das Projekt
aus eigenen Mitteln fortzusetzen.
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Einschätzung des Trägers zur Ausgangssituation wird im Wesentlichen
geteilt. Ob und ggfls. in welchem Umfang Hilfebedarfe in derartigen
Krisensituationen entstehen, kann aus der täglichen Praxis nicht beurteilt
werden. Entsprechende Krisenfälle werden bisher entweder persönlich innerhalb
der Familie oder des Freundeskreises gelöst oder – bei akuten
Gesundheitsproblemen – erfolgt eine Einweisung in das Krankenhaus.
Eine sofortige Beratung für die Familie kann außerhalb der normalen
Bürozeiten nicht wie im Projekt von der Pflegeberatung des Kreises
sichergestellt werden.
Die beiden Elemente des KIT-Projektes werden von der Verwaltung wie
folgt eingeschätzt:
zu 1: Beratung
Basis ist die Information/Schulung der
Mitarbeiter zu pflegerischen Themen. Damit überschneiden sich sowohl der
Adressatenkreis als auch das Instrument „Schulung/Information“ mit dem Projekt
PFAU (Pflege – Arbeit –Unternehmen).
Darüber hinaus wäre es nach Auffassung der
Verwaltung den Firmen zuzumuten, selber die Finanzierung sicherzustellen oder
alternativ andere offene Beratungsangebote anzunehmen. Kostenfreie Beratungen
oder Informationsveranstaltungen führen neben der Pflegeberatung des Kreises
Coesfeld auch die compass-Pflegeberatung oder die Alzheimer Gesellschaft im
Kreis Coesfeld e.V. sowie aufgrund ihres gesetzlichen Auftrages aus § 7 SGB XI
die Pflegekassen durch.
zu 2: Kriseninterventionsteams:
Der Ansatz bei diesem Element liegt in der
tatsächlichen schnellen Hilfestellung im Notfall. Insoweit ergänzen sich die
Projekte KIT und PFAU. Nach Einschätzung der Verwaltung ist dieses Element
positiv zu bewerten und geeignet, plötzliche Notlagen in der Pflege aufzufangen
und pflegende Angehörige zu entlasten. Bisher beschränkt sich die Hilfe
regelmäßig auf ein Beratungsangebot, eine tatsächliche Unterstützung im Notfall
wird so nicht angeboten.
Der KIT-Einsatz umfasst aber neben der
eigentlichen Pflege unterschiedliche Bereiche, die auch andere Leistungsträger
(Krankenkasse, Pflegekasse, Familienpflege, Jugendhilfe) berühren. Insoweit
wird der Rahmen des Fördertopfes zur Stärkung der ambulanten Pflege
überschritten. Nach Auffassung des Antragstellers ist eine Finanzierung des
max. 3-tägigen Einsatzes aus Mitteln des Fördertopfes erforderlich, weil die
Leistungen anderer (wie Pflegekasse, Krankenkasse usw.) so schnell nicht
greifen. Diese Einschätzung wird geteilt, vor allem aufgrund des Zeitfaktors
und der übergreifenden Intention die andere Leistungsträger so nicht anbieten.
Gleichzeitig erfolgt die Unterstützung ohne
Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen an alle, so dass auch Personen, die
durchaus in der Lage wären, die Kosten selber zu tragen, volle Unterstützung
aus öffentlichen Mitteln erhalten.
Das Projekt KIT wird im Kreis Borken unter
wissenschaftlicher Begleitung und Evaluation über drei Jahre bis Juni 2013
durchgeführt. Kostenträger hier ist die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV),
deren Interesse in der Reduzierung von notfallmäßigen stationären Behandlungen
liegt. Nach Auswertung der Ergebnisse entscheidet der GKV über eine Übertragbarkeit
des Projektes.
Das Ziel des Projektes „ambulant vor
stationär“, nämlich Alternativen zu stationärer Dauerpflege zu bieten, ist von
diesem Angebot allenfalls teilweise tangiert. Zwar kann im Einzelfall eine
spontane Krisensituation aufgefangen werden. Nutznießer hieraus sind aber vor
allem die Arbeitgeber in Bezug auf die gewonnene Arbeitsleistung sowie die
Kranken- bzw. Pflegekasse soweit eine Notfall-Krankenhausaufnahme vermieden
wird. Ob das Angebot von KIT tatsächlich dazu führen wird, dass stationäre
Pflege verhindert oder verzögert wird, scheint zweifelhaft. Auch scheint die
Nachhaltigkeit des Projektes nach Ablauf des Förderzeitraumes nicht
gewährleistet.
III. Alternativen
Dem Antrag wird ganz oder teilweise
entsprochen.
IV.
Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Sollte dem Antrag entsprochen werden, stehen
zurzeit im Fördertopf ausreichende Mittel zur Verfügung.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Für die Vergabe der Mittel aus dem Fördertopf
ist die Zuständigkeit des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Senioren und
Gesundheit gegeben.
Anlagen:
1. Förderschwerpunkte
2. Antrag des Caritasverbandes für den Kreis Coesfeld e. V.
3. Fallbeispiele