Betreff
Ambulante Versorgungsstrukturen als Alternative zur stationären Heimpflege im Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-8-0698
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Weiterentwicklung ambulanter Versorgungsstrukturen zur Vermeidung von Heimpflegebedürftigkeit wird befürwortet.

 

Der Ausschuss stimmt der von der Verwaltung vorgeschlagenen Verfahrensweise

zu.

 

Begründung:

 

I.   - IV.

 

Mit dem Landespflegegesetz NRW wurde 2003 die bis dahin erforderliche kommunale Bedarfsbestätigung für die Errichtung stationärer Pflegeeinrichtungen zugunsten einer Marktöffnung abgelöst. Die Freigabe führte in den Folgejahren zu einer deutlichen Ausweitung der stationären Plätze im Kreis Coesfeld. Mit den Angeboten stiegen auch die Fallzahlen und Kosten für den Sozialhilfeträger.

 

Seit Novellierung des Landespflegegesetzes (PFG NW) besteht für den Kreis Coesfeld nicht mehr gesetzlich die Verpflichtung zur Pflegebedarfsplanung. Gleichwohl obliegt ihm nach § 2 des Gesetzes weiter die Verpflichtung, eine den örtlichen Anforderungen entsprechende und die Trägervielfalt berücksichtigende pflegerische Angebotsstruktur nach Maßgabe des Gesetzes sicherzustellen. Hierbei sind die kreisangehörigen Städte und Gemeinden in die Aufgabenwahrnehmung mit einzubeziehen. Laut § 6 PFG NW wird darüber hinaus die Kommunale Pflegeplanung weiter als Aufgabe definiert, ohne jedoch den Verbindlichkeitsgrad der Aufgabenumsetzung näher zu konkretisieren.

 

Derzeit wird im Rahmen der Pflegeberatung beobachtet, dass stationäre Plätze in Einrichtungen innerhalb des Kreises, vor allem Kurzzeitpflegeplätze, wieder knapper werden. Da auch die Menschen im Kreis Coesfeld immer älter werden, wird die Versorgungssituation für pflegebedürftige Menschen immer mehr an Bedeutung gewinnen.

 

Als Alternative zum Bau neuer stationärer Einrichtungen sollte die ambulante Infrastruktur im Kreis Coesfeld gestärkt werden. Bereits die seinerzeit von der Landesregierung eingerichtete Enquetekommission zur Situation der Pflege stellte fest, dass ein „Hilfemix“ erforderlich ist, um den steigenden Anforderungen, insbesondere unter dem finanziellen Gesichtspunkt, gewachsen zu sein.

 

Nachdem vor Jahren der Ausbau der stationären Infrastruktur gefördert wurde, liegt jetzt der Fokus auf der Schaffung ambulanter oder teilstationärer Angebote. Es gibt inzwischen zahlreiche Veröffentlichungen, Modellprojekte und auch einige Förderkonzepte, die sich mit der Frage beschäftigen, wie Heimunterbringung verhindert oder so lange wie möglich hinausgeschoben werden kann.

 

Bereits 2005 hat der Kreis Coesfeld das Projekt „ambulant vor stationär“ ins Leben gerufen. Aus der Projektarbeit ist die Pflege- und Wohnberatung hervorgegangen, die gerade mit Fördermitteln noch einmal personell verstärkt werden konnte. Durch den Fördertopf konnten zudem einige Modellvorhaben Dritter erprobt und verwirklicht werden, die teilweise langfristig die ambulante Struktur im Kreis bereichern.

 

Wenn interessante Projekte nicht gefördert werden konnten, lag es oft daran, dass mit dem Vorhaben keine kreisweite Wirkung erzielt werden konnte. Dies zeigt, dass der Kreis nicht allein die Ausweitung der ambulanten Infrastruktur übernehmen kann. Bereits jetzt gibt es in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zahlreiche Ansätze und Angebote, die in die gleiche Richtung gehen und für ältere und hilfebedürftige Menschen sehr hilfreich sind.

 

Der Ausbau einer ambulanten Infrastruktur als Alternative zur stationären Pflege kann nur in der Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden gelingen.

 

Seitens der Verwaltung werden daher zur Zielerreichung folgende Schritte vorgeschlagen:

 

Errichtung einer Arbeitsgruppe auf Münsterlandebene

 

Im Austausch mit den Münsterlandkreisen wurde festgestellt, dass man sich mit den gleichen Fragen beschäftigt und teilweise auch schon – allerdings sehr unterschiedlich – aktiv geworden ist. Um Synergieeffekte aufgrund der gemeinsamen ländlichen Struktur nutzen zu können, wurde eine zeitlich befristete Arbeitsgruppe eingerichtet, die sowohl mit den Planungsfachkräften als auch mit den Leistungsverantwortlichen besetzt ist.

 

Ein erstes Treffen der Arbeitsgruppe hat am 22.06.2012 stattgefunden. Es wurde beschlossen, zunächst mit einer Bestandsaufnahme in den einzelnen Kreisen zu beginnen. Es soll dann bewertet werden, welche Maßnahmen geeignet sind, um den Verbleib in der eigenen Wohnung solange wie möglich zu sichern, welche Angebote evtl. im eigenen Kreis noch fehlen, welche Finanzierungskonzepte oder auch Fördermöglichkeiten es gibt. Auch will man sich damit auseinandersetzen, wie im Hinblick auf die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention Doppelstrukturen vermieden werden können.

 

Abstimmung mit den Städten und Gemeinden im Kreis

 

Für die Nutzung ambulanter Hilfsangebote sind die Ortsnähe und die Erreichbarkeit entscheidend. Experten fordern die Schaffung und Vernetzung von Angeboten „im Quartier“. Es ist daher unerlässlich, die Städte und Gemeinden in die Planung mit einzubeziehen und zu klären, wo es Handlungsbedarfe gibt und wer sich kümmert.

 

Vor allem ist aber auch in Bezug auf das gemeinsame Ziel wichtig, eine Bestandsaufnahme aller schon vorhandenen Angebote in den Kommunen durchzuführen. Erst danach kann festgestellt werden, ob und welchen Handlungsbedarf es auf Kreisebene gibt.

 

In der zweiten Septemberhälfte ist daher ein Austausch mit den Städten und Gemeinden geplant. Über das Ergebnis wird im Ausschuss am 26.11.2012 berichtet.