Betreff
Fracking in unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten- Gutachten des Landes NRW
Vorlage
SV-8-0746
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

 

Ohne

 

 

 

Der Bericht wird zur Kenntnis genommen

Begründung:

 

 

Mit den Vorlagen SV-8-0429; 0429/1 und MV-8-0601 wurde die Thematik „unkonventionelle Erdgasförderung“/ „Fracking“ im Zusammenhang mit einem bei der zuständigen Bezirksregierung Arnsberg eingegangenen und dem Kreis zur Stellungnahme vorgelegten Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis zur Aufsuchung von Kohlenwasserstoffen im Feld „Donar“ (Gemeinde Ascheberg) thematisiert. Der Kreis Coesfeld hat in seiner Stellungnahme auf die im weiteren Verfahren zu klärenden Fragen aus umweltfachlicher Sicht hingewiesen. Mit der zwischenzeitlich erteilten Erlaubnis hat das dortige Firmenkonsortium unter Federführung der Stadtwerke Hamm das alleinige Recht zu weiteren Untersuchungen und Felderschließungsmaßnahmen befristet erworben.

 

Das Land NRW hat mit Erlass vom 18.11.2011 klargestellt, dass wegen der vielen offenen Fragen im Zusammenhang mit der Erschließung unkonventioneller Erdgaslagerstätten Aufsuchungsgenehmigungen mit Frac-Maßnahmen bis zur Vorlage eines Gutachtens mit Risikostudie zur Exploration und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten in NRW auszusetzen sind. Aufsuchungstätigkeiten, sofern sie nicht der Vorbereitung derzeitiger oder künftiger Frac-Maßnahmen dienen und sofern für sie eine Erklärung zum Frac-Verzicht abgegeben wird, sind auch weiterhin entscheidungsfähig.

 

Im September 2012 hat das Land NRW sein Gutachten „Fracking in unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten in NRW“ abgeschlossen und am 11.10.2012 den Kreisen vorgestellt. Das Gutachten ist in der Kurz- und Langfassung im Internet unter der Adresse http://www.umwelt.nrw.de zugänglich.

 

Das Gutachten kommt zu folgenden zentralen Aussagen:

  1. Bei den unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten in Nordrhein-Westfalen handelt es sich um vermutete Kohleflözgas- und Schiefergas-Vorkommen, die mit Tiefenlagen von teilweise weniger als 1.000 m im Vergleich zu den konventionellen Erdgas-Vorkommen (z.B. in Niedersachsen ca. 3.500 bis 5.000 m) in geringerer Teufe liegen. Das bedeutet auch, dass der Abstand zu Grundwasservorkommen, die für die Wassernutzung oder für Ökosysteme relevant sein können, entsprechend geringer ist.
  2. Die Erkundung der potenziellen Erdgas-Vorkommen steht in NRW noch am Anfang. Die vergebenen Aufsuchungserlaubnisse betreffen ca. 60 Prozent der Landesfläche von NRW. Mit einer Aufsuchungserlaubnis ist keine Genehmigung von Probebohrungen verbunden.
  3. Da die Erkundung vermuteter Kohleflözgas- und Schiefergas-Vorkommen noch ganz am Anfang steht, ist die Frage nach der wirtschaftlichen Gewinnbarkeit bisher nicht geklärt. 
  4. Die Erkundung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten können mit einer Reihe von erheblichen Umweltauswirkungen und Umweltrisiken verbunden sein. Sie resultieren hauptsächlich aus dem Gefährdungspotenzial der eingesetzten Frack-Fluide, der Formationswässer und des Flowback in Kombination mit möglichen Wegsamkeiten, über die eine Verbindung zu Schichten mit genutztem und nutzbarem Grundwasser geschaffen werden könnte.
  5. Insbesondere im Hinblick auf die Langzeitintegrität von Bohrungen müssen Bewertungs- und Genehmigungskriterien erarbeitet werden, die den dichten Abschluss der Bohrungen während der Betriebszeit und in der Nachsorgephase sicherstellen. 
  6. Die Gutachter haben festgestellt, dass auch für die weiterentwickelten Frack-Fluide immer noch von einem hohen Gefährdungspotenzial ausgegangen werden muss.
  7. In allen Bereichen wurden erhebliche Wissens- und Informationsdefizite identifiziert. Dies betrifft Daten und Informationen, die nicht frei zugänglich sind oder nicht vorlagen, wie etwa Stoffdatenblätter oder belastbare statistische Daten zu Eintritts- und Versagenswahrscheinlich-keiten. 
  8.  Eine abschließende Bewertung aller Risiken ist auf der Betrachtungsebene des Gutachtens derzeit – insbesondere aufgrund der festgestellten Defizite – nicht möglich.
  9. Die Vorlage eines vollständigen und konkreten Katalogs von Bewertungs- und Genehmigungskriterien ist nach Auffassung der Gutachter vor dem Hintergrund der Wissens- und Informationsdefizite derzeit nicht möglich.
  10. Hinsichtlich der zukünftigen Vorgehensweise sollte ein landesweiter Abstimmungsprozess unter den Genehmigungs- und Fachbehörden zu den weiteren erforderlichen Erkundungen initiiert werden. Hier ist abzustimmen, welche Erkenntnisse die Erkundungen liefern müssen, um vorhandene Wissensdefizite zu beseitigen und eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung über weitere Schritte zu schaffen. Dabei sollte eine klare Trennung zwischen den Entscheidungen über Vorhaben zur Erkundung ohne Fracking und den Entscheidungen über eventuelle spätere Erkundungs- oder Gewinnungsmaßnahmen mit Fracking erfolgen. Die geologischen und hydrogeologischen Erkenntnisse sollten vom Land transparent veröffentlicht und zur Verfügung gestellt werden.
  11. Für Tiefbohrungen, die im Rahmen der Erkundung unkonventioneller Erdgas-Lagerstätten abgeteuft werden und in denen kein Fracking erfolgt, müssen aus Sicht der Gutachter keine anderen Anforderungen gelten als für andere nicht auf unkonventionelle Erdgas-Vorkommen zielende Tiefbohrungen soweit sie nicht für Fracking in einer ggf. nachfolgenden Phase genutzt werden sollen.

(http://www.nrw.de/landesregierung/umweltministerium-und-wirtschaftsministe-rium-legen-risikogutachten-zu-fracking-vor-13372/Pressestelle des Landes NRW vom 7.12.2012)

Nach Mitteilung des Landes im Rahmen der Vorstellung des Gutachtens am 11.10.2012 gilt der Erlass vom 18.11.2011 zunächst weiter. Angestrebt ist eine kurzfristige Aktualisierung.

 

Anlagen:

 

 

 

Fracking in unkonventionellen Erdgas-Lagerstätten in NRW- Kurzfassung des Gutachtens (Auszug)