Betreff
Verhandlungen zum Rahmenvertrag für stationäre Leistungen der Jugendhilfe; hier: Anfrage des Mitgliedes des Jugendhilfeausschusses Herrn Andreas Schmitz
Vorlage
SV-8-0794
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

  1. Der Bericht der Verwaltung wird zustimmend zur Kenntnis genommen.

 

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, dem Landkreistag NRW als kommunalen Spitzenverband im Rahmen der laufenden Verhandlungen des Rahmenvertrages für stationäre Angebote der Jugendhilfe zu empfehlen, der örtlichen Praxis der Ausprägung intensivpädagischer Angebote und der Auslastung spezialisierter Einrichtungen entsprechend der Begründung zu Ziffer II Rechnung zu tragen.

 

 

Begründung:

 

I.   Problem

 

Das Mitglied des Jugendhilfeausschusses Herr Andreas Schmitz regt mit Schreiben vom 9.11.2012 an den Vorsitzenden des Jugendhilfeausschusses, Herrn Ludger Wobbe an, das Thema „Rahmenvertrag für stationäre Leistungen der Jugendhilfe“ in kommender Sitzung zu erörtern (Anlage 1).

 

Der Landesrahmenvertrag für stationäre Leistungen der Jugendhilfe (Anlage 2: Rahmenvertrag I vom 01.06.2003) wird derzeit zwischen den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege und den Kommunalen Spitzenverbänden auf Landesebene neu verhandelt. Herr Schmitz benennt in seinem Schreiben drei konkrete Themen, die aus seiner Sicht für die kommunalen Jugendämter von Bedeutung sein könnten:

 

  1. Die von den kommunalen Spitzenverbänden geforderte Anhebung der kalkulatorischen Mindestauslastung von 93 Prozent auf 96,5 Prozent gefährde den Bestand an Einrichtungen bei steigenden Bedarfen und führe zu Überbelegungen.
  2. Die von den kommunalen Spitzenverbänden geforderte Anhebung des Personalschlüssels für Regelgruppen (von 4,5 auf 5,3 Vollzeitstellen) führe zu einer Mehrbelastung der Haushalte der Jugendämter.
  3. Die von den kommunalen Spitzenverbänden geforderte Kontingentierung der intensivpädagogischen Gruppen an der Gesamtplatzzahl in Einrichtungen auf 10 Prozent entspreche nicht den tatsächlichen Bedarfen..

II.  Lösung

 

Die Rahmenverträge gem. § 78 Abs. 1 SGB VIII werden nach § 79 f SGB VIII zwischen den kommunalen Spitzenverbänden und den Verbänden der Träger der freien Jugendhilfe und den Vereinigungen sonstiger Leistungserbringer auf Landesebene abgeschlossen. Die Jugendämter sind an den Verhandlungen über die Spitzenverbände zu beteiligen. Dieser Beteiligung kommt der Landkreistag NRW (LKT) als kommunaler Spitzenverband regelmäßig nach. Zuletzt mit Schreiben vom 30.03.2012 wurde das Kreisjugendamt vom LKT über den Verhandlungsstand informiert.

 

Als Beteiligter im Verfahren hat der Kreis Coesfeld die Möglichkeit, Stellungnahmen zu den laufenden Verhandlungen an den kommunalen Spitzenverband abzugeben. Die von Herrn Andreas Schmitz mit Schreiben vom 09.11.2012 dargelegten Themen können somit an den LKT weitergegeben werden. Dabei kann auf die Themen allgemein sowie unter besonderer Würdigung der Situation der örtlichen Träger und insbesondere der Martinistift gGmbH wie folgt Bezug genommen werden:

 

zu 1. Die Auslastung der Einrichtungen der stationären Jugendhilfe entwickelt sich unterschiedlich. Der überwiegende Anteil der hier bekannten Einrichtungen erreicht nach Erfahrungen des Jugendamtes (hohe Auslastungen, Wartelisten) in der kalkulatorischen Mindestauslastung die vom LKT geforderte Zielmarke von 96,5 Prozent. Bei der Martinistift gGmbH bleibt zu berücksichtigen, dass das Angebot als Inobhutnahmestelle des Kreises Coesfeld und als spezialisierte Einrichtung mit freiheitsentziehenden Maßnahmen höhere Fluktuationen in der Belegung (kurzzeitige Aufnahmen, Freistellung von Inobhutnahmeplätzen, Psychiatrieaufenthalte) hat.

 

Diesem Umstand trug der bisher geltende Rahmenvertrag Rechnung, bei der Festsetzung der Mindestauslastungsquote sind Ausnahmen aufgrund besonderer Zielgruppen möglich (§ 10 Absatz 3 Rahmenvertrag I vom 01.06.2003).

 

zu 2./3. Die Anhebung der Personalschlüssel für Regelgruppen führt unmittelbar zu einer Entgelterhöhung und einer Mehrbelastung kommunaler Haushalte. Aufgrund dessen fordert der LKT die zeitgleiche Minderung der Anteile intensivpädagogischer und kostenintensiver Plätze in Einrichtungen, um im Ergebnis eine Minderbelastung kommunaler Haushalte zu erzielen.

 

Für die Belegungspraxis stationärer Jugendhilfeeinrichtungen des Kreisjugendamtes ist das Thema der Kostensteigerung stationärer Entgelte in Regelgruppen von nachrangiger Bedeutung. Stationäre Jugendhilfeangebote werden bei Kindern und Jugendlichen mit ausgeprägten dissozialen Persönlichkeitsstörungen und/oder in Gefährdungssituationen (Eigen- und Fremdgefährdung) in Anspruch genommen. Diese Angebote sind i.d.R. intensivpädagogische Angebote.

 

Die pauschale Festschreibung von Anteilen intensivpädagogischer Plätze an der Gesamtplatzzahl auf 10 Prozent in Einrichtungen als aktuelle Forderung des LKT hingegen kann kritisch gewürdigt werden. Das Angebot an intensivpädagogischen Plätzen im Kreis Coesfeld insgesamt wie bei der Martinistift gGmbH entspricht dem regionalen und überregionalen Bedarf und ist ausgelastet.  Diesem Umstand sollte der geplante Rahmenvertrag Rechnung tragen, bei der Festsetzung der Anteile intensivpädagogischer Plätze sollten, wie bislang in § 10 Absatz 5 geregelt, Ausnahmen aufgrund besonderer Zielgruppen möglich sein (§ 10 Absatz 5 Rahmenvertrag I vom 01.06.2003).

 

III. Alternativen

 

Keine

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Keine

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Jugendhilfeausschuss