Betreff
Demografische Entwicklung und Pflegeangebot im Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-8-0816
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen

Begründung:

I – IV.        

 

Am 20.09.2012 hat -  dem Beschluss des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Senioren entsprechend (SV-8-0698)  – ein erster Austausch mit den Städten und Gemeinden zur „Weiterentwicklung ambulanter Versorgungsstrukturen zur Vermeidung von Heimpflegebedürftigkeit“  stattgefunden. Hier wurde auch die Entwicklung und Prognose der Bevölkerung dargestellt und ein Überblick über das derzeit bestehende Pflegeangebot gegeben. Zudem wurde aus der Abteilung 50.2 „Hilfe in besonderen Lebenslagen“  die  Kostenentwicklung für die stationäre, teilstationäre Pflege, ambulante Pflege dargestellt.

Von dem Angebot der Kreisverwaltung, hierzu auch in den kommunalen Ausschüssen vorzutragen, wurde bereits in drei Fällen (Nordkirchen, Lüdinghausen und Senden) Gebrauch gemacht.

 

In der Anlage ist ein Vortrag beigefügt, der inhaltlich an diese Berichte angelehnt ist.

 

Zusammengefasst lassen sich zur demografischen Entwicklung besonders folgende Aspekte hervorheben:

 

·         Auch der Kreis Coesfeld unterliegt generell betrachtet dem sog. „Demografischen Wandel“, der insbesondere durch die zunehmende Überalterung der Bevölkerung gekennzeichnet ist.

·         Als Besonderheit  für den noch recht „jungen“ Kreis Coesfeld ist festzuhalten, dass  - anders als z.B. in vielen Ballungsräumen – wesentliche Auswirkungen dieses Wandels noch bevorstehen.

·         Allein die Bevölkerung über 80 Jahre im Kreis wird gemäß der aktuellen Bevölkerungsprognose des IT NRW bis zum Jahr 2020 noch um 36 % oder knapp 4.000 Menschen ansteigen. Von heute bis zum Jahr 2030 liegt dieser Anstieg sogar bei knapp 60 % oder ca. 6.400 Menschen.

·         Gleichzeitig sinken die Gesamtbevölkerungszahl des Kreises und in besonders starkem Maße die Zahlen in den Altersgruppen unter 40 Jahren.

·         Diese demografische Entwicklung verläuft in den 11 Städten des Kreises durchaus in unterschiedlicher Ausprägung.

·         Mit der  Zunahme der älteren Bevölkerung steigt  auch zwangsläufig der Anteil der Mitbürger, die hilfe- oder sogar pflegebedürftig sind.

 

Die Platzangebot  in der stationären Altenpflege war bisher nicht nur Ergebnis der demografischen Entwicklung und eines sich hieraus ergebenden Bedarfs, sondern ebenso abhängig von den gesetzlich-finanziellen Rahmenbedingungen:

 

  • Ein erster größerer  Ausbau des Angebotes erfolgte mit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1996. Die Entwicklung war jedoch gedämpft durch eine Marktregulierung, die sich aus einer unzureichend ausgestatteten, bedarfsabhängigen Förderung der Investitionskosten ergab.
  • Die sog. „Freigabe des Marktes“ mit dem neuen Landespflegegesetz im Jahr 2003 führte dann zu  erheblichen Platzzuwächsen.
  • Die Verschlechterung der Investionskostenförderung durch Halbierung der Abschreibungsquote im Jahr 2008 hatte zum Ergebnis, dass seit diesem Zeitpunkt die Platzzahl im Kreis Coesfeld praktisch gleich geblieben ist.
  • Das stationäre Pflegeangebot ist ungleichmäßiger auf die Städte und Gemeinden verteilt, als ein potenzieller Bedarf, der sich aus der Zahl der Bewohner und Bewohnerinnen von 80 Jahren und älter ergibt. 

 

In der ambulanten Pflege existiert im Kreisgebiet ein Angebot, dass flächendecken die Auswahl von 6 bis zu 13 Pflegediensten zulässt.

 

Auch  das Angebot an Tagespflegeplätzen im Kreis Coesfeld ist – besonders wenn man dies mit Nachbarregionen vergleicht - mit derzeit 112 Plätzen durch 10 Anbieter in der Summe sehr zahlreich. Allerdings verteilt sich dieses Angebot sehr ungleichmäßig auf die Städte und Gemeinden. In vier Kommunen wird bisher keine Tagespflege angeboten.

 

Im Kreisgebiet werden derzeit 153 Kurzzeitpflegeplätze angeboten. Hiervon stehen allerdings nur 12 Plätze in einer Einrichtung dauerhaft und damit verlässlich der Kurzzeitpflege zur Verfügung. Die übrigen Plätze sind gleichzeitig für die dauerhafte, stationäre Pflege nutzbar. Bei einem festellbaren, steigendem Nachfragedruck auf die stationäre Pflege sinkt die Verfügbarkeit für die Angebotsform der Kurzzeitpflege. Diese Entwicklung zeigt bereits deutliche Spuren und führt gerade in Ferienzeiten zu einem erheblichen Nachfrageüberhang. 

 

Einhergehend mit der bisherigen Entwicklung der älteren Bevölkerung und der Ausweitung der pflegerischen Angebotslandschaft sind auch die Leistungen des Kreises im Rahmen der „Hilfen in besonderen Lebenslagen“ in den letzten Jahren beträchtlich gestiegen. Dies begründet sich insbesondere in höheren Fallzahlen, aber auch in einer Kostensteigerung bei den Pflegeleistungen. Die Zunahme des Ausgaben trifft sowohl die Leistungen nach dem SGB XII, wie  die Leistungen nach dem Landespflegegesetz. Die Ausgaben für die stationäre Pflege machen dabei den mit Abstand größten Anteil aus.

 

Für den jetzigen Zeitpunkt ist festzuhalten, dass es für Pflegebedürftige im Kreis Coesfeld ein vielfältiges und offenbar noch weitestgehend bedarfsgerechtes Angebot gibt, wobei in Teilbereichen bereits Defizite erkennbar sind. Unter Berücksichtigung der prognostizierten demografischen Entwicklung werden diese Angebote jedoch nicht ausreichen. Der künftige Bedarf an Angeboten lässt sich jedoch nicht unter einer reinen Status-Quo-Fortschreibung der jetzigen Angebotsstruktur ermitteln. Die Entwicklung der künftigen Versorgungslandschaft wird über die reine zahlenmäßige Entwicklung der Pflegebedürftigkeit durch verschiedene Aspekte maßgeblich beeinflusst werden. Zu nennen sind hier besonders:

 

  • Ein veränderte und differenziertere Angebotsausrichtung aufgrund eines veränderten Nachfrageanspruchs,
  • enger werdende  Rahmenbedingungen für  die Finanzierung,
  • eine Ausweitung des bereits jetzt bestehenden Fachkräftemangels im Pflegebereich

 

Aber auch im präventiven- noch nicht pflegerischen -  Bereich müssen und werden neue Angebote entstehen. Wie in dem  gemeinsamen Vorhaben des Kreise mit den Städten und Gemeinden zur „Weiterentwicklung der örtlichen Altenhilfestrukturen“ bereits angedacht, wird es hier besonders darum gehen, Unterstützungs- und Pflegeangebote zu initiieren, die den Verbleib in der eigenen Häuslichkeit sichern und damit den Eintritt in die stationäre Pflege vermeiden oder möglichst lange hinauszögern.