Betreff
Neufassung der Richtlinien Kindertagespflege
Vorlage
SV-8-0867
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der als Anlage 1 beigefügte Entwurf der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld in der Fassung ab 01.08.2013 wird beschlossen.

Begründung:

 

I.   Problem

Die Richtlinien zur Förderung der Kindertagespflege wurden zuletzt zum 01.08.2011 geändert. Vor dem Hintergrund des ab dem 01.08.2013 geltenden Rechtsanspruches auf eine Kindertagesbetreuung ab Vollendung des ersten Lebensjahres ist es nun notwendig, diese Richtlinie den dann geltenden Rechtsvorschriften anzupassen. Dieses bedeutet insbesondere, dass nunmehr nicht mehr nur Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres ohne besonderen Nachweis einen Anspruch auf Kindertagesbetreuung haben, sondern bereits Kinder ab Vollendung des ersten Lebensjahres, wobei diese bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres gleichrangig zwischen der Kindertagespflege und einer Kindertageseinrichtung wählen können.

Daneben können Kinder aber bereits auch vor Vollendung des ersten Lebensjahres einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz haben, soweit das Kind oder dessen Erziehungsberechtigte eine der in § 24 Abs. 1 SGB VIII (Fassung ab dem 01.08.2013) genannten Voraussetzungen erfüllen. Dazu zählt insbesondere, dass die Erziehungsberechtigten einer Erwerbstätigkeit nachgehen.

 

Gleichzeitig ist es auch Ziel dieser Richtlinienänderung, das Angebot der Kindertagespflege für die Tagespflegepersonen attraktiver zu gestalten, um das Angebot an Kindertagespflegeplätzen weiter auszubauen. Die Kindertagespflege hat sich in den letzten Jahren als ein wichtiges zweites Standbein der Kindertagesbetreuung neben den Kindertageseinrichtungen etabliert, welches insbesondere bei der Förderung von Kleinstkinder und Säuglingen sehr stark zum Einsatz kommt, da diese nur in begrenztem Umfang in Kindertageseinrichtungen betreut und gefördert werden können. Daneben wird die Kindertagespflege von den Eltern aufgrund der höheren Flexibilität der Betreuungszeiten und der familiennäheren Betreuung der Kinder in Kleinstgruppen gerne in Anspruch genommen. Dieses führt bisher dazu, dass das vorhandene Angebot an Kindertagespflegeplätze die bestehende Nachfrage nicht immer decken kann. Darüber hinaus herrscht bei den Tagespflegepersonen eine relativ hohe Fluktuation, da immer wieder Tagespflegepersonen aus den verschiedensten persönlichen Gründen aus der Kindertagespflege endgültig oder zeitweise ausscheiden.

Zur Stärkung des Angebots der Kindertagespflege und der Akquise weiterer Tagespflegepersonen wurden seitens des Kreisjugendamtes bereits verschiedene Maßnahmen durchgeführt wie insbesondere Infoabende für interessierte Personen im Vorfeld der Qualifizierungskurse der verschiedenen Familienbildungsstätten im Kreis Coesfeld. Daneben ist es auch das Ziel dieser Richtlinienänderung, inhaltliche und nicht zuletzt vor allem finanzielle Anreize zu setzen, die Arbeit als Tagespflegeperson attraktiver zu gestalten.

 

II.  Lösung

 

Zunächst wurde das Gespräch mit den bisherigen Tagespflegepersonen gesucht, um deren Anregungen zur Weiterentwicklung der bisher geltenden Förderrichtlinien einzuholen. Einer der wichtigsten Punkte aus Sicht der Tagespflegepersonen neben einer generellen Erhöhung der Stundenfördersätze und einer stundengenauen Abrechnung der Förderleistung war es dabei, dass bisher im Rahmen der Förderung nicht oder nur sehr geringfügig berücksichtigte Tätigkeiten wie die Eingewöhnungsphase der Kinder, aber auch die Erstellung der Bildungsdokumentation des betreuten Kindes und die Durchführung von Elterngesprächen in die Berechnung der finanziellen Förderung stärker bzw. überhaupt einfließen.

 

Diese Anregungen wurden seitens der Verwaltung geprüft, bewertet und in angemessener Form der Überarbeitung der bisher geltenden Förderrichtlinien berücksichtigt.

Darüber hinaus wird auch vorgeschlagen, die Stundenfördersätze anzuheben. Bisher betrugen diese bei Qualifikationsstufe I (80 h Qualifikation) 3,50 € und bei Qualifikationsstufe II (160 h Qualifikation) 4,20 € pro betreutem Kind. Diese sollen nunmehr auf 4,00 € (Stufe I) bzw. 5,00 € (Stufe II) angehoben werden. Seitens der Verwaltung wird diese Honorierung der Kindertagespflege im Hinblick auf die zu erbringende Leistung als angemessen angesehen. Unter Berücksichtigung der Betreuungsstrukturen / Entgelte in anderen Zuständigkeitsbereichen wie beispielsweise im Kreis Warendorf (4,06 € bzw. 5,06 €), dem es in den letzten Jahren gelungen ist, sein Angebot an Kindertagespflege deutlich auszuweiten, ist diese Erhöhung aus Sicht der Verwaltung auch in diesem Umfang angezeigt.

 

Die Abrechnung soll dabei zukünftig stundengenau erfolgen und nicht mehr in Stundenkorridoren, wie es bisher der Fall war. Nach Einschätzung der Verwaltung wird diese Änderung der Abrechnung kostenneutral verlaufen. Sie entspricht auch den Interessen der Tagespflegepersonen, die diese stundengenaue Abrechnung für leistungsgerechter halten.

 

Gleichzeitig soll mit der Änderung der Förderrichtlinien ein Zuverdienstverbot für die Tagespflegepersonen eingeführt werden. Bisher war es den Tagespflegepersonen nicht untersagt, von den Eltern der betreuten Kinder neben der Förderleistung des Kreises weitere Zahlungen neben einem Essensgeld zu verlangen. Nach Kenntnis der Verwaltung ist dieses teilweise erfolgt. Nach der Rechtsprechung (Urteil der VG Oldenburg vom 21.02.2011 – 13 A 2020/10) können Tagespflegepersonen einen Anspruch auf hälftige Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge auch auf die seitens der Eltern zusätzlich gezahlten Beträge haben, soweit die öffentliche Förderung nicht leistungsgerecht ausfällt und das zuständige Jugendamt die Praxis, dass Zuzahlungen der Eltern gefordert werden, toleriert.

Daneben kann nicht ausgeschlossen werden, dass Eltern anspruchsberechtigter Kindern einen Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Kreisjugendamt haben könnten, soweit sie neben den an den Kreis Coesfeld zu zahlenden Elternbeiträgen weitere Zahlungen direkt an die Tagespflegepersonen leisten müssen. Zwar handelt es sich hierbei um privatrechtliche Absprachen zwischen den Tagespflegepersonen und den jeweiligen Eltern, solche Zahlungen zu Lasten der Eltern sind aber nach dem SGB VIII nicht vorgesehen, um den Rechtsanspruch wahrnehmen zu können.

 

Ziel der Verwaltung ist es, ein in sich geschlossenes Fördersystem Kindertagespflege zu erhalten, welches auf einer ausgewogenen Finanzierung beruht und die Eltern von weiteren Zahlungen neben den an den Kreis zu entrichtenden Elternbeiträgen und ggfls. Essensgeld befreit.

 

Daneben soll als ein wesentlicher Punkt der Änderung ein Abschnitt zu Großtagespflegestellen und den dafür geltenden Regelungen in die Richtlinien mit aufgenommen werden. Seitens der Verwaltung ist es Ziel, die Zahl der Großtagespflegestellen im Zuständigkeitsbezirk des Kreisjugendamtes zu erhöhen und daher soll die Richtlinie entsprechend vorbereitet und aufgewertet werden.

 

Abschließend enthält die Richtlinienänderung verschiedene redaktionelle Änderungen und kleinere Änderungen im Ablauf, die sich aus der täglichen Abwicklung der Kindertagespflege ergeben haben.

III. Alternativen

 

keine

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Die geplante Anhebung der Stundenfördersätze, die seit 2011 nicht mehr angepasst wurden, läge insgesamt bei rund 18 %. Die daraus resultierenden höheren Ausgaben würden für das Haushaltsjahr 2013 ab dem Inkrafttreten der geänderten Richtlinie zum 01.08.2013 und damit für fünf Monate kassenwirksam werden.

 

Bei einem Ansatz von 950.000 € liegen die Ausgaben für die Monate Januar – April 2013 bei rd. 313.000 €, was einem monatlichen Mittelabfluss von rd. 78.000 € entspricht. Rechnet man diesen Wert auf das gesamte Jahr 2013 hoch und berücksichtigt ab August Mehrausgaben von rd. 18 %, ist mit Gesamtausgaben zur Förderung der Kindertagespflege in Höhe von ca. 1.000.000 € zu rechnen.

 

Das sich daraus ergebende Defizit in der Kindertagespflege kann nach derzeitigem Stand voraussichtlich innerhalb des Budgets aufgefangen werden.

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Gem. § 71 SGB VIII i.V.m. § 5 der Satzung des Jugendamtes des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung und der finanziellen Auswirkungen ist die Entscheidung des Kreistages erforderlich.

 

Anlagen:

  1. Entwurf der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld, gültig ab 01.08.2013
  2. Synopse der Richtlinien zur Förderung von Kindern in Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld in der seit dem 01.08.2011 gültigen Fassung und der Entwurfsfassung 01.08.2013