Betreff
Baumpflanzungen an der K 18 (AN 3) in Nottuln
Vorlage
SV-8-1027
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Ohne

 

Der Sachstandsbericht wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

Mit Schreiben vom 21.10.2013 regt die Bündnis 90/Die Grünen – Fraktion eine Beratung  zu den Baumpflanzungen an der K 18 (AN 3) in Nottuln an. Ferner möchten sie geklärt haben, welche Bindungskraft die „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme“ (RPS) für den Kreis Coesfeld  hat und ob es zukünftig möglich ist Bäume an Straßen anzupflanzen.

 

 

Da die Sachentscheidung als Geschäft der laufenden Verwaltung i. S. von § 42 KrO anzusehen ist, wird im Rahmen eines Sachstandsbericht auf die einzelnen Punkte eingegangen.

 

Der größte Anteil der Platanen (ca. 46 Stück) wurde im Herbst 2012 bzw. im Frühjahr 2013 in das Bankett der K18 (3), Dülmener Straße in einem Abstand von 2,00-3,00 m gepflanzt. (siehe Anlage) Allerdings erfolgten schon Ende 2011 die ersten Anpflanzungen (14 Stück) in die Radwegseitigen Böschung in einem ausreichenden  Abstand. Da es sich hier ausschließlich um einige wenige -unmittelbar an der Ortslage von Nottuln stehende Bäume  handelte, wurden diese als „Spende“ betrachtet und  in die Unterhaltung des Kreises übernommen

 

Allerdings müssen von den darüber hinaus gepflanzten Platanen 38 wegen des zu geringen Abstandes und des nicht abgesicherten Standortes verpflanzt werden.

 

Aufgrund der minderen Qualität und Wuchsentwicklung eignen sich die Bäume nur bedingt für die Anlage einer Alleenbepflanzung. Die Bäume haben einen Durchmesser von ca. 2,5 – 4,0 cm und z.T. eine unförmige Stammbildung, keinen Kronenansatz und keinen Leittrieb. Nur durch eine konsequente mehrjährige Anwuchspflege lassen sich die meisten Bäume auf einen entsprechenden Qualitätsstandard bringen.

 

Die nach den "Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen" (RPS) vorgesehenen Mindestabstände von 4,50 m werden weit unterschritten.

 

·         Nach der RPS ist vor dem Aufstellen von Fahrzeug-Rückhaltesystemen zu prüfen, ob der Schutz besser durch Vermeidung, Beseitigung.... einer Gefahrstelle erreicht werden kann.

 

·         Grundsätzlich widerspricht nach der RPS (3.1) die Schaffung neuer Hindernisse innerhalb der kritischen Abstände, für die Fahrzeug-Rückhaltesysteme erforderlich werden, dem Grundsatz der Gefahrenvermeidung.

 

·         Die Notwendigkeit von Schutzeinrichtungen am äußeren Fahrbahnrand ist zu prüfen, wenn sich Gefahrstellen innerhalb eines kritischen Abstandes zur Straße befinden (3.3.1) Maßgeblich (3.3.1.1) für die Beurteilung ob eine Gefahrstelle innerhalb der kritischen Abstände liegt, ist die Entfernung zwischen Rand des Verkehrsraumes und Rand der Gefahrstelle. Ist der maßgebliche Abstand  kleiner oder gleich der kritischen Abstände, so ist mit Hilfe eines Ablaufdiagramms zu entscheiden, ob eine Schutzeinrichtung erforderlich ist.

 

Neu gepflanzte Bäume werden im Laufe ihres Wachstums zu Hindernissen, wenn ihr Umfang >  25 cm (~ 8 cm Durchmesser) beträgt Sie sind dann als nicht verformbare punktuelle Einzelhindernisse im Sinne der RPS zu behandeln. Nach dem Allgemeinen Rundschreiben Nr. 28/2010 sollten zur Sicherstellung eines gleich bleibenden Verkehrssicherheitsniveaus über die gesamte Lebensdauer eines Baumes diese- sofern sie sich innerhalb des definierten kritischen Abstandes befinden- bereits bei ihrer Anpflanzung mit Fahrzeug-Rückhaltesystemen (Schutzplanken) gesichert werden.

 

Mit Ausnahme der hinter den Schutzplanken und in angemessener Entfernung (auf der Radwegseitigen Grabenböschung) stehenden Bäume werden die übrigen Bäume auf alternative Standorte wie am Richard von Weizsäcker Berufskolleg in Lüdinghausen und Pictorius Berufskolleg in Coesfeld verpflanzt.  Diese Möglichkeit ist mit der Abt 70- Untere Landschaftsbehörde und Abt 10-Zentrale Dienste als eine möglich Alternative abgestimmt. Die Verpflanzung der Bäume in die zwischen dem Radweg und dem Graben vorhandene Böschung ist keine sinnvolle Alternative, da die Bäume durch eine mindestens 3 jährige Pflege auf einen erforderlichen Qualitätsstandard gebracht werden müssen und darüber hinaus hierbei zu berücksichtigen ist, dass der Radweg langfristig –wie vielfach  an bestehenden Radwegen zu beobachten- durch die Wurzeln der Bäume geschädigt wird.  

 

Zur Frage nach der Verbindlichkeit der Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme“ (RPS) für den Kreis Coesfeld kann folgendes gesagt werden:

 

Im Ausgangspunkt ist davon auszugehen, dass es sich bei den RPS um nicht verbindliche Vorgaben handelt.

 

Allerdings haben die Träger der Straßenbaulast entsprechend dem Straßen- und Wegegesetz NRW (StrWG NRW) § 9 (1) nach ihrer Leistungsfähigkeit die Straßen in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zustand zu bauen, um- und auszubauen, zu erweitern oder sonst zu verbessern sowie zu unterhalten. Dabei sind nach § 9 (2) beim Bau und bei der Unterhaltung der Straßen die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“,....... zu berücksichtigen

 

„Allgemein anerkannte Regeln der Technik“ sind diejenigen Prinzipien und Lösungen für die Konstruktion, Beschaffenheit und Wirkungsweise von Anlagen, die in der Praxis erprobt und bewährt sind und sich bei der Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachleute durchgesetzt haben (OVG NRW, Urteil vom 12.03.2013, 20 A 1564/10 Juris, Rn. 50 m.w.N.).

 

Die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) stellen das Technische Regelwerk für den Bereichen Straßenbau auf und schreiben es fort. Dabei werden die jeweils neusten Erkenntnisse aus Forschung und Praxis berücksichtigt und in unterschiedliche Kategorien mit abgestufter Bedeutung unterteilt. Regelwerke der Kategorie 1 haben eine hohe Verbindlichkeit und sind auch ohne besondere Erwähnung oder Aufforderung einzuhalten. Die "Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen" gehören der Kategorie 1 an.

 

Mit dem Allgemeinem Rundschreiben Nr. 28/2010 vom 20.Dezember 2010 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wurde die RPS eingeführt und der Obersten Straßenbaubehörde der Länder empfohlen, die RPS auch für die in anderen Zuständigkeitsbereichen liegenden Straßen einzuführen. Mit Erlass vom 02.März 2011 hat das Landesministerium für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr die RPS für den Bereich der Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen eingeführt und empfohlen diese auch auf Kreis – und Gemeindestraßen anzuwenden.

 

Aus der Zuordnung zur Kategorie 1 und der Empfehlung die Richtlinie auch auf Kreisstraßen anzuwenden, kann abgeleitet werden, dass diese zu den „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ gehören und damit grundsätzlich anzuwenden sind. Abweichungen sollten daher nicht ohne nachvollziehbare Gründe erfolgen.

 

Die Verbindlichkeit der RPS wird ferner bejaht, wenn sie in der Verwaltungspraxis regelmäßig zugrunde gelegt wurde weil über Art. 3 Abs. 1 GG eine Selbstbindungswirkung eintritt (Urteil des VG Koblenz vom 26.04.2010, 4 K 1138/09.KO, Juris, Rn. 36). Das heißt, dass bestimmte Sachverhalte die in der Vergangenheit immer auf eine bestimmte Art und Weise geregelt wurden, auch in Zukunft auf gleiche Weise behandelt werden müssen. Somit wird das Gleichheitsprinzip aufrechterhalten. Die RPS wird seit der Einführung in 2010 bei Neuanpflanzungen angewendet. Damit ist aufgrund der Selbstbindung von der Maßgeblichkeit der RPS auszugehen.

 

Darüber hinaus ist die Erhaltung der Verkehrssicherheit und die Unterhaltung nach den „Erfordernissen der Sicherheit und Ordnung“ nach § 9a StrWG dem Träger der Straßenbaulast als hoheitliche Aufgabe übertragen. Der Kreis Coesfeld übernimmt somit die Verkehrssicherungspflicht. Schon zur Vermeidung von Haftungsrisiken sollte die RPS bei Neuanpflanzungen angewendet werden.

 

Sofern es die Abstände ermöglichen, werden im Rahmen von Neubaumaßnahmen neue Alleen angepflanzt. Zumeist erfolgt die Bepflanzung an der feldseitigen Böschung hinter dem Radweg. Der Hinweis auf die Abstände bei bestehenden Bepflanzungen an Kreisstraßen ist hier nicht hilfreich. Die vorhandenen Bäume sind  z.T. schon vor mehreren Jahrzehnten, also in jeden Fall vor Einführung der aktuellen RPS, gepflanzt worden. Die Rahmenbedingungen und Richtlinien haben sich zwischenzeitlich verändert. Nach dem Landschaftsgesetz sind bestehende Alleen an öffentlichen oder privaten Verkehrsflächen und Wirtschaftswegen gesetzlich geschützt (§ 47a LG - Schutz der Alleen) und haben daher einen Bestandschutz.

Allerdings hat dieser Bestandschutz auch Grenzen. Sofern es sich im Zuge von bepflanzten Straßen um unfallauffällige Bereiche handelt, sind auch hier Maßnahmen zu treffen, die auch die Entfernung der Bäume bedeuten kann, sofern nicht andere  Maßnahmen (Passive Schutzeinrichtungen, straßenverkehrsrechtliche ...) geeignet sind. Für die Nachpflanzungen einzelner Bäume in bestehende Alleen ist die 2006 eingeführte ESAB (Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume) anzuwenden. In der Regel ist auch für Nachpflanzungen ein Mindestabstand von 4,50 m einzuhalten, sodass eine Nachpflanzung versetzt durchzuführen ist. Unter bestimmten Voraussetzungen können (Ergänzung von Altbeständen in kleinere Baumlücken, keine Unfallauffälligkeit...) zur Bestandssicherung von Alleen Nachpflanzungen unter Beibehaltung der bisherigen Baumflucht erfolgen. Dies ist allerdings eher die Ausnahme und ausschließlich zur Nachpflanzung einzelner Bäume anzuwenden.