Betreff
Freihandelsabkommen CETA und TTIP; Erheben einer Verfassungsbeschwerde und Beantragen einer einstweiligen Anordnung - Antrag der Kreistagsfraktion FAMILIE / DIE LINKE vom 03.10.2014
Vorlage
SV-9-0117
Aktenzeichen
01
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag der Kreistagsfraktion FAMILIE / DIE LINKE:

 

  1. Der Kreis Coesfeld reicht über den Landrat eine Verfassungsbeschwerde wegen der drohenden Zustimmung der Bundesregierung im Rat der Europäischen Union zu den Abkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen Europäischer Union und Kanada und TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zwischen Europäischer Union und den USA mit Antrag auf einstweilige Anordnung unverzüglich ein.



  1. Der Kreis Coesfeld fordert über den Landrat die Bundesregierung auf, sich gegen die zur Zeit bekannten Pläne und Inhalte eines transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada sowie den USA auszusprechen und die geplanten Verträge neu und transparent auszuhandeln.

 

 

 

 

 

 

Vorgelegt gem. § 2 Abs. 1 der Geschäftsordnung

Begründung:

 

I. – V.  

Mit dem als Anlage 1 beigefügten Schreiben schlägt die Kreistagsfraktion FAMILIE / DIE LINKE die Erhebung einer Verfassungsbeschwerde und die Beantragung einer einstweiligen Anordnung beim Bundesverfassungsgericht vor.

Ein Muster einer Verfassungsbeschwerde wurde übersandt und ist als Anlage 2 dieser Sitzungsvorlage ebenfalls beigefügt.

 

Stellungnahme des Landrats:

 

Der Kreis Coesfeld ist ein Gemeindeverband und eine öffentlich-rechtliche Körperschaft. Im staatsrechtlichen Sinne ist dieser Teil der öffentlichen Gewalt, der Executive, des Landes Nordrhein-Westfalen.

Dem Kreis Coesfeld stehen als öffentliche Gewalt und als Teil des Staates keine Grund- und Menschenrechte zu, die als Abwehrrechte gegen den Staat und staatliche Maßnahmen konzipiert sind.

 

Das Grundgesetz hat in Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b normiert, dass das Bundesverfassungsgericht über Verfassungsbeschwerden von Gemeinden und Gemeindeverbänden wegen Verletzung des Rechts auf Selbstverwaltung nach Artikel 28 GG durch ein Gesetz, bei Landesgesetzen jedoch nur, soweit nicht Beschwerde beim Landesverfassungsgericht erhoben werden kann, entscheidet.

 

Bei den umseitig genannten zwei Abkommen ist die Europäische Union neben den USA und Kanada die vertragsschließende Partei. Die Verträge werden zzt. zwischen den Vertragspartnern verhandelt und befinden sich in der Vorbereitung. Insoweit liegt zumindest zzt. kein Gesetz im Sinne von Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 b GG vor.

Ob eine Beteiligung des Bundestages erfolgen wird, ist noch nicht geklärt. Ob diese Beteiligung ein Gesetz im vorgenannte Sinne darstellt erscheint fraglich und bedürfte einer näheren Betrachtung Unabhängig von dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass den Gemeinden und Gemeindeverbänden lediglich das Recht zusteht, wegen der Verletzung der grundgesetzlich geschützten kommunalen Selbstverwaltung gem. Art. 28 GG eine Verfassungsbeschwerde zu erheben.

Ob durch die Abkommen selbst oder durch die Zustimmung zum Abschluss durch den Bundestag die grundgesetzlich geschützte kommunale Selbstverwaltung noch rechtskonform einschränkt oder partiell und signifikant aushöhlt wird, kann im jetzigen Stadium schwerlich beurteilt werden und bedürfte einer genauen und intensiven Analyse.

 

Der Landkreistag NRW hat die Kreise darüber informiert, dass der Deutscher Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vor kurzem ein Positionspapier zu internationalen  Handelsabkommen und kommunalen Dienstleistungen samt gemeinsamer Presseerklärung veröffentlich haben. Sie sind als Anlagen 3 und 4 dieser Sitzungsvorlage beigefügt.

 

„Grundsätzlich begrüßen die Verbände, dass die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Europa und den USA weiter ausgebaut werden soll, zumal damit die wirtschaftliche Stärke Deutschlands für die Zukunft weiter gesichert werde. Sie verdeutlichen in dem Positionspapier aber auch, dass TTIP sowie weitere Freihandelsabkommen erhebliche Risiken für die Daseinsvorsorge bergen. Daher fordern die Verbände, insbesondere die nicht-liberalisierten Bereiche der Daseinsvorsorge aus dem Abkommen auszunehmen. Auch die im Rahmen der Reform des öffentlichen Auftragswesens und der Konzessionsrichtlinie auf europäischer Ebene erreichten Regelungen im Zusammenhang mit der Wasserversorgung und dem Rettungsdienst dürften durch Freihandelsabkommen nicht unterlaufen werden.“