Betreff
Bergrecht ändern statt BürgerInnnen entrechten - Gasförderung in Ascheberg stoppen
Vorlage
SV-9-0186
Art
Sitzungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

ohne

 

 

Beschlussvorschlag der Anregenden:

 

1.            Der Kreis Coesfeld fordert von der Landesregierung den Stopp weiterer Genehmigungen auf Grundlage des aktuellen Bundesberggesetzes, dessen erhebliche Mängel durch die Bezirksregierung seit 2011 aktenkundig sind, auf.

2.            Der Kreis Coesfeld fordert von der Landesregierung, die Bundesratsinitiative für eine Bergrechtsänderung konsequent voranzutreiben, um insbesondere die Beweislastumkehr rechtlich zu verankern.

 

3.            Der Kreis Coesfeld fordert von der Bundesregierung, endlich in einen konstruktiven Dialog zur Änderung des Bundesberggesetzes einzutreten, indem die entsprechende Bundesratsinitiative der Länder aufgegriffen und ein Gesetzentwurf rasch erarbeitet wird.

 

 

 

Begründung:

 

I.              Problem

 

Der Kreisausschuss und der Kreistag haben in ihren Sitzungen vom 10.12.2014und 17.12.2014 die Anregung der BIGG Bürgerinitiative Gegen Gasbohren e.V. zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, öffentliche Sicherheit und Ordnung verwiesen (SV-9-0172). In dem Schreiben vom 18.11.2014 bezieht sich die BIGG auf das diesem Ausschuss bereits zur Kenntnis gegebenen Vorhaben der HammGas GmbH & Co.KG, die bekanntlich die Abteufung einer Aufsuchungsbohrung im Bereich der Bauernschaft Nordick nach Erlangung einer Genehmigung im Feld Rudolf beabsichtigt. Geplant ist die Niederbringung einer Tiefbohrung am Standort der ehem. Schachtanlage Radbod 7. Das Gelände ist bergbaulich vorgeprägt und wird derzeit nicht genutzt. Die Bohrung soll konventionell niedergebracht werden, Maßnahmen zur Erhöhung der Wegsamkeiten (Fracking) sind nicht vorgesehen.

 

Die Bohrung soll einen Zeitraum von ca. drei Monaten umfassen, je nach Ergebnis der weitergehenden Untersuchungen (Ergiebigkeit der Bohrung) ist eine energetische Nutzung des Gases vor Ort (BHKW) bzw. eine Ableitung des Gases in ein entsprechendes Netz beabsichtigt.

 

Es stellt sich nun die Frage, ob und ggfs. mit welchem Inhalt sich der Kreis zu der Anregung der BIGG vor diesem Hintergrund positioniert.

II.  Lösung

 

Der Kreis nimmt Aufgaben auf dem Gebiet des Umwelt-, Gewässer-, Immissions- und Landschaftsschutzes wahr und ist insoweit durch die Pläne der Hammgas GmbH & Co. KG besonders betroffen. Die Anregung zur Änderung des Bergrechts betrifft eine bundesgesetzliche Angelegenheit, die zwar von Bundestag und Bundesrat zu entscheiden ist, jedoch besitzt der Kreis Coesfeld wegen des ortsspezifischen Bezuges insoweit eine Befassungskompetenz.

 

Zu den jeweiligen Ziffern der von den Antragstellern vorgeschlagenen Beschlussfassung ist folgendes anzumerken:

 

Zu Ziffer 1:

 

Das Land hat die Hinweise der Bezirksregierung Arnsberg (http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/e/erdgasaufsuchung_gewinnung/vorschlag_bergrecht.pdf) zur Änderung des Bergrechtes aus 2011 zwischenzeitlich aufgegriffen und eine entsprechende Bundesratsinitiative zur Änderung der gesetzlichen Vorschriften (Bundestagsdrucksache 388/11) eingeleitet. Des Weiteren gilt in NRW weiterhin das Verbot zur Durchführung von Frackingmaßnahmen im Zusammenhang mit der unkonventionellen Erdgasgewinnung, sowie die Verpflichtung der Bergbehörde, die Städte und Gemeinden über entsprechende Aufsuchungserlaubnisse zu informieren und im Verfahren zu beteiligen. Die Verwaltung vermag nicht abzusehen, welche Auswirkungen ein „Stop weiterer Genehmigungen auf der Grundlage des aktuellen Berggesetzes“ hätte, welche Ansprüche jenseits der hier diskutierten Erdgasbohrungen betroffen wären und ob dies rechtsstaatlich verhältnismäßig wäre.

 

 

Zu Ziffer 2:

 

In den Jahren 2012 – 2014 erfolgten mehrere Bundesratsinitiativen der Länder (754/12; 285/13; 281/14; 283/14; 285/14) zur Änderung des Bergrechtes, des Wasserhaushalts-gesetzes sowie der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben. Diese Initiativen sind in den Referentenentwurf der Bundesregierung zur Änderung der v.g. Gesetze eingeflossen, so dass die Anregung aus Sicht der Verwaltung erledigt ist.

 

Inhaltlich geht es der BIGG e.V. schwerpunktmäßig um die Änderung des Bergrechtes und hier insbesondere um die Beweislastumkehr im Zusammenhang mit bergrechtlichen Vorhaben und hiermit in Zusammenhang gebrachte Bergschäden,.

 

 

Zum Begriff des Bergschadens und der derzeitigen Rechtslage noch einige Anmerkungen:

 

Regelungen zum Bergschaden sind in den §§ 114ff BBergG geregelt. Beim Bergschaden handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Bergschäden sind Personen- oder Sachschäden, die durch Bergbautätigkeiten entstanden sind (Senkungen, Hebungen, seismische Schwingungen, etc.). Anzumerken ist, dass die Bergschadenshaftung da endet, „wo auch die Bergaufsicht endet“. Der Umfang der Ersatzpflicht ist für Personenschäden gedeckelt und richtet sich bei Sachschäden nach dem jeweiligen Verkehrswert (§ 117 BBergG). Ferner ist die Verjährungsregelung zu beachten (3 Jahre/ § 117 Abs. 2 BBergG). Beim Bergschaden liegt die Beweislast in der Regel beim Geschädigten; ausgenommen sind Schadensfälle im Bereich der Bergschadensvermutung. Dieser Bereich ist der Einwirkbereich, der durch die untertägige Aufsuchung und Gewinnung von Rohstoffen eines Bergbaubetriebes definiert wird. Die Bergschadensvermutung ist keine Beweislastumkehr, sondern stellt nur einen widerlegbaren Anscheinsbeweis dar. In der Realität hat die Regelung nach § 120 BBergG jedoch kaum eine praktische Bedeutung. Da die Bergschadensvermutung nur für den Einwirkbereich der untertägigen Aufsuchung und Gewinnung gilt, ist es derzeit fraglich, ob diese Regelungen auch auf den Bohrlochbergbau anwendbar sind.

 

Wasser und damit verbunden auch Fragestellungen zur Haftung für schädliche Gewässerveränderungen unterliegen nicht dem Bergrecht und sind auch nicht als Bergschaden zu definieren (Wasser ist kein Bodenschatz und unterliegt somit nicht dem Rechtsregime des Bergrechtes). Haftungsregelungen für Änderungen der Wasserbeschaffenheit sind im § 89 WHG geregelt und greifen unabhängig davon ein, ob ein Verschulden vorliegt. Das Rechtsregime des Wasserrechtes gilt für das gesamte unterirdische Wasser und im Rahmen der wasserrechtlichen Prüfung sind die Risiken und Gefährdungen zu bewerten, wobei die Risiken und Gefahren hinsichtlich der betroffenen Wässer (oberflächennahe Grundwässer, Tiefenwässer, Austauschpotentiale, Nutzungen) zu differenzieren sind. Eine Beweislastumkehr kennt das Wasserhaushaltsgesetz nicht.

 

Zu Ziffer 3:

Am 19. Dezember 2014 haben Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und Bundesumweltministerium (BMUB) gemeinsam die Referentenentwürfe zur Änderung des Bergrechtes und des Gesetzes zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und Risikominderung bei den Verfahren der Fracking-Technologie an die Länder und Verbände versandt. Diese hatten bis zum 23. Januar 2015 Zeit, um zu den Entwürfen Stellung zu nehmen.

Die seitens der Anregenden geforderten Änderungen beziehen sich auf die Änderungen bei der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben sowie auf Änderungen des Bergrechtes und daraus abgeleiteten Verordnungen (Anlage 1)

Mit der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens ist die seitens der Bürgerinitiativen eingeforderte Anregung zu 3 zwischenzeitlich aus Sicht der Kreisverwaltung erfüllt.

III. Alternativen

-

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Durch einen Beschluss entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar nur zu vernachlässigende Kosten.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Die Zuständigkeit des Kreistages ergibt aus § 26 Abs. 1 S. 1 KrO.

 

Anlagen:

 

 

 

Ergänzende Informationen zum Regelungspaket Fracking