Beschlussvorschlag:
ohne
Beschlussvorschlag der
Anregenden:
1.
Der Kreis Coesfeld fordert von der Landesregierung den Stopp weiterer
Genehmigungen auf Grundlage des aktuellen Bundesberggesetzes, dessen erhebliche
Mängel durch die Bezirksregierung seit 2011 aktenkundig sind, auf.
2.
Der Kreis Coesfeld fordert von der Landesregierung, die
Bundesratsinitiative für eine Bergrechtsänderung konsequent voranzutreiben, um
insbesondere die Beweislastumkehr rechtlich zu verankern.
3.
Der Kreis Coesfeld fordert von der Bundesregierung, endlich in einen
konstruktiven Dialog zur Änderung des Bundesberggesetzes einzutreten, indem die
entsprechende Bundesratsinitiative der Länder aufgegriffen und ein
Gesetzentwurf rasch erarbeitet wird.
I.
Problem
Der
Kreisausschuss und der Kreistag haben in ihren Sitzungen vom 10.12.2014und
17.12.2014 die Anregung der BIGG Bürgerinitiative Gegen Gasbohren e.V. zur
weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, öffentliche Sicherheit und
Ordnung verwiesen (SV-9-0172). In dem Schreiben vom 18.11.2014 bezieht sich die
BIGG auf das diesem Ausschuss bereits zur Kenntnis gegebenen Vorhaben der
HammGas GmbH & Co.KG, die bekanntlich die Abteufung einer
Aufsuchungsbohrung im Bereich der Bauernschaft Nordick nach Erlangung einer Genehmigung
im Feld Rudolf beabsichtigt. Geplant ist die Niederbringung einer Tiefbohrung
am Standort der ehem. Schachtanlage Radbod 7. Das Gelände ist bergbaulich
vorgeprägt und wird derzeit nicht genutzt. Die Bohrung soll konventionell
niedergebracht werden, Maßnahmen zur Erhöhung der Wegsamkeiten (Fracking) sind
nicht vorgesehen.
Die
Bohrung soll einen Zeitraum von ca. drei Monaten umfassen, je nach Ergebnis der
weitergehenden Untersuchungen (Ergiebigkeit der Bohrung) ist eine energetische
Nutzung des Gases vor Ort (BHKW) bzw. eine Ableitung des Gases in ein
entsprechendes Netz beabsichtigt.
Es
stellt sich nun die Frage, ob und ggfs. mit welchem Inhalt sich der Kreis zu
der Anregung der BIGG vor diesem Hintergrund positioniert.
II. Lösung
Der
Kreis nimmt Aufgaben auf dem Gebiet des Umwelt-, Gewässer-, Immissions- und
Landschaftsschutzes wahr und ist insoweit durch die Pläne der Hammgas GmbH
& Co. KG besonders betroffen. Die Anregung zur Änderung des Bergrechts
betrifft eine bundesgesetzliche Angelegenheit, die zwar von Bundestag und
Bundesrat zu entscheiden ist, jedoch besitzt der Kreis Coesfeld wegen des
ortsspezifischen Bezuges insoweit eine Befassungskompetenz.
Zu
den jeweiligen Ziffern der von den Antragstellern vorgeschlagenen
Beschlussfassung ist folgendes anzumerken:
Zu Ziffer 1:
Das
Land hat die Hinweise der Bezirksregierung Arnsberg (http://www.bezreg-arnsberg.nrw.de/themen/e/erdgasaufsuchung_gewinnung/vorschlag_bergrecht.pdf) zur
Änderung des Bergrechtes aus 2011 zwischenzeitlich aufgegriffen und eine
entsprechende Bundesratsinitiative zur Änderung der gesetzlichen Vorschriften
(Bundestagsdrucksache 388/11) eingeleitet. Des Weiteren gilt in NRW weiterhin
das Verbot zur Durchführung von Frackingmaßnahmen im Zusammenhang mit der
unkonventionellen Erdgasgewinnung, sowie die Verpflichtung der Bergbehörde, die
Städte und Gemeinden über entsprechende Aufsuchungserlaubnisse zu informieren
und im Verfahren zu beteiligen. Die Verwaltung vermag nicht abzusehen, welche
Auswirkungen ein „Stop weiterer Genehmigungen auf der Grundlage des aktuellen
Berggesetzes“ hätte, welche Ansprüche jenseits der hier diskutierten
Erdgasbohrungen betroffen wären und ob dies rechtsstaatlich verhältnismäßig
wäre.
Zu Ziffer 2:
In
den Jahren 2012 – 2014 erfolgten mehrere Bundesratsinitiativen der Länder
(754/12; 285/13; 281/14; 283/14; 285/14) zur Änderung des Bergrechtes, des
Wasserhaushalts-gesetzes sowie der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung
bergbaulicher Vorhaben. Diese Initiativen sind in den Referentenentwurf der
Bundesregierung zur Änderung der v.g. Gesetze eingeflossen, so dass die
Anregung aus Sicht der Verwaltung erledigt ist.
Inhaltlich
geht es der BIGG e.V. schwerpunktmäßig um die Änderung des Bergrechtes und hier
insbesondere um die Beweislastumkehr im Zusammenhang mit bergrechtlichen
Vorhaben und hiermit in Zusammenhang gebrachte Bergschäden,.
Zum
Begriff des Bergschadens und der derzeitigen Rechtslage noch einige
Anmerkungen:
Regelungen zum Bergschaden sind in den §§ 114ff BBergG
geregelt. Beim Bergschaden handelt es sich um eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung.
Bergschäden sind Personen- oder Sachschäden, die durch Bergbautätigkeiten
entstanden sind (Senkungen, Hebungen, seismische Schwingungen, etc.). Anzumerken
ist, dass die Bergschadenshaftung da endet, „wo auch die Bergaufsicht endet“.
Der Umfang der Ersatzpflicht ist für Personenschäden gedeckelt und richtet sich
bei Sachschäden nach dem jeweiligen Verkehrswert (§ 117 BBergG). Ferner ist die
Verjährungsregelung zu beachten (3 Jahre/ § 117 Abs. 2 BBergG). Beim
Bergschaden liegt die Beweislast in der Regel beim Geschädigten; ausgenommen
sind Schadensfälle im Bereich der Bergschadensvermutung. Dieser Bereich ist der
Einwirkbereich, der durch die untertägige Aufsuchung und Gewinnung von
Rohstoffen eines Bergbaubetriebes definiert wird. Die Bergschadensvermutung ist
keine Beweislastumkehr, sondern stellt nur einen widerlegbaren Anscheinsbeweis
dar. In der Realität hat die Regelung nach § 120 BBergG jedoch kaum eine
praktische Bedeutung. Da die Bergschadensvermutung nur für den Einwirkbereich
der untertägigen Aufsuchung und Gewinnung gilt, ist es derzeit fraglich, ob
diese Regelungen auch auf den Bohrlochbergbau anwendbar sind.
Wasser und damit verbunden auch Fragestellungen zur
Haftung für schädliche Gewässerveränderungen unterliegen nicht dem Bergrecht
und sind auch nicht als Bergschaden zu definieren (Wasser ist kein Bodenschatz
und unterliegt somit nicht dem Rechtsregime des Bergrechtes).
Haftungsregelungen für Änderungen der Wasserbeschaffenheit sind im § 89 WHG
geregelt und greifen unabhängig davon ein, ob ein Verschulden vorliegt. Das
Rechtsregime des Wasserrechtes gilt für das gesamte unterirdische Wasser und im
Rahmen der wasserrechtlichen Prüfung sind die Risiken und Gefährdungen zu
bewerten, wobei die Risiken und Gefahren hinsichtlich der betroffenen Wässer
(oberflächennahe Grundwässer, Tiefenwässer, Austauschpotentiale, Nutzungen) zu
differenzieren sind. Eine Beweislastumkehr kennt das Wasserhaushaltsgesetz
nicht.
Zu
Ziffer 3:
Am
19. Dezember 2014 haben Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und
Bundesumweltministerium (BMUB) gemeinsam die Referentenentwürfe zur Änderung
des Bergrechtes und des Gesetzes zur Durchführung von
Umweltverträglichkeitsprüfungen sowie der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung
wasser- und naturschutzrechtlicher Vorschriften zur Untersagung und
Risikominderung bei den Verfahren der Fracking-Technologie an die Länder und
Verbände versandt. Diese hatten bis zum 23. Januar 2015 Zeit, um zu den
Entwürfen Stellung zu nehmen.
Die
seitens der Anregenden geforderten Änderungen beziehen sich auf die Änderungen
bei der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher
Vorhaben sowie auf Änderungen des Bergrechtes und daraus abgeleiteten
Verordnungen (Anlage 1)
Mit
der Einleitung des Gesetzgebungsverfahrens ist die seitens der
Bürgerinitiativen eingeforderte Anregung zu 3 zwischenzeitlich aus Sicht der
Kreisverwaltung erfüllt.
III. Alternativen
-
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen,
Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Durch
einen Beschluss entstehen dem Kreis Coesfeld unmittelbar nur zu
vernachlässigende Kosten.
V. Zuständigkeit
für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreistages
ergibt aus § 26 Abs. 1 S. 1 KrO.
Anlagen:
Ergänzende Informationen zum Regelungspaket Fracking