Betreff
Kommunaler Austausch zum verstärkten Flüchtlingszuzug in den Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-9-0253
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

Am 02.12.2014  hatte sich die Bürgermeisterkonferenz mit dem Landrat zu dem stark zunehmenden Zuzug von Flüchtlingen ausgetauscht. Hier wurde deutlich, dass die aktuelle Entwicklung eine erhebliche Herausforderung darstellt, auf die es kurzfristig zu reagieren gilt.

 

Um sich zu diesen Handlungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten intensiver auszutauschen, hat Landrat Püning die Städten und Gemeinden am 22.01.2015 zu einer ersten gemeinsamen Besprechung  ins Kreishaus eingeladen. Hier wurde die Thematik durch die Ausländerbehörde unter Zugrundlegung der Fallzahlen strukturiert und erläutert. Zudem wurden die  Verantwortlichkeiten/Berührungspunkte im Fachbereich 2 „Arbeit und Soziales, Schule und Kultur, Jugend und Gesundheit“ dargelegt. Themen waren besonders: Regelungen und Zuständigkeiten im Asylbewerberleistungsgesetz, Überwachung der Unterkünfte durch das Gesundheitsamt, Umsetzung der Beschulungspflicht der Flüchtlingskinder, Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge durch die Jugendhilfe.

 

Ein zentraler Punkt war der Vortrag und  Austausch der Situation vor Ort durch die Vertreterinnen und Vertreter der 11 Städte und Gemeinde. 

 

Vieles – wie etwa die Beschulung oder auch die ehrenamtliche Unterstützung – scheint demnach auf kommunaler Ebene schon gut geregelt. Zudem signalisierte die Schulaufsicht kurzfristige Unterstützung für den Fall, dass  dennoch Probleme bei der Schulaufnahme auftauchen sollten (Hinweis: Für alle einreisenden Kinder und Jugendlichen gilt die sofortige Schulpflicht)

 

Schwierigkeiten in den Städten und Gemeinden gibt es besonders bei der Suche nach geeigneten Unterkünften oder mit Blick auf Beschäftigungsmöglichkeiten für junge Erwachsene männliche Asylbewerber. Besonders bemängelt wird, dass das Land NRW die kommunalen Kosten für die Betreuung nur zu 25 -  28 Prozent übernehme, z.B. Bayern aber zu 100 Prozent.

 

Ausdrücklich wurde der Wunsch geäußert, sich zur „guten Praxis“ auf Kreisebene untereinander auszutauschen. Man verständigte sich daher, den Austausch zwischen Kreis, Kommunen und Wohlfahrtsverbänden auf die Ebene der Praktiker fortzusetzen. Dieses nächste Treffen fand  am 17.03.2015 ebenfalls auf Einladung des Kreises im Kreishaus statt.

 

Seitens der Wohlfahrtsverbände werden unterschiedliche Beratungs- und Unterstützungsangebote für Migranten vorgehalten:

 

·         Das DRK hält eine halbe Stelle für Integrationsberatung vor. Eine weitere Stelle Flüchtlingsberatung teilen sich SKF und DRK. Das DRK erwägt, das Angebot aufzustocken

·         Der Caritasverband plant ebenfalls, seinen Flüchtlingsdienst auf eine Vollzeitstelle aufzustocken. Hauptaufgabe ist die  Professionalisierung des Ehrenamtes (Coaching von Ehrenamtlichen zur Begleitung von Flüchtlingen). Es werden vier Kurse angeboten.

·         Die Diakonie hat ihren Tätigkeitsschwerpunkt in der Stadt Dülmen. Inhaltliche geht es auch um die Unterstützung der ehrenamtlichen Flüchtlingsarbeit.

·         Die AWO unterhält zwei Stellen im Kreis Coesfeld. Man betreut ein Netzwerk für Integration und Sprachkurstrainer. Seit 10 Jahren gibt  es in Dülmen den Runden Tisch Integration-Migration.

·         Der SKF-Flüchtlingsberatung kümmert sich von Lüdinghausen aus intensiv um die Zielgruppe und unterstützt Ehrenamtliche

 

Grundsätzlich ist in der Wohlfahrtsverbandsarbeit zu differenzieren zwischen kurzfristig notwendiger  Flüchtlingshilfe und einer langfristig anzulegenden „Migrationsarbeit“ bei dem Status bzw. der Perspektive des dauerhaften Bleiberechts.

 

Auch die Leistungsansprüche von Migranten – dies wurde vom Jobcenter aufgezeigt – sind stark abhängig von deren Status. Bei Flüchtlingen habe auch perspektivisch nur ein relativ geringer Teil Anspruch auf SGB-II-Leistungen und damit verbundenen Integrationsmaßnahmen, wie etwa auch über SGB-II geförderte Sprachkurse.

 

Seitens des Gesundheitsamtes konnten zahlreiche und unterschiedlichste Fragen beantwortet werden. Diese behandelten etwa die Schuleingangsuntersuchungen von Flüchtlingskindern, die Impfplicht sowie Verhalten und Maßnahmen bei Infektionskrankheiten. Als große Herausforderung wird die Hygieneüberwachung in den Flüchtlingsunterkünften angesehen.

 

Aus den Städten und Gemeinden wird fast durchweg von einem erheblichen ehrenamtlichen Engagement berichtet. Wichtig sei die Schaffung von Handlungssicherheit durch Anleitung, Aufklärung und Information. Auch die Vernetzung der Beteiligten sei daher notwendig.  Größere Städten und Gemeinden haben bereits Personalkräfte für die örtliche Flüchtlingsarbeit eingestellt, bzw. planen dies kurzfristig.

In diesem Zusammenhang wurde der Austausch auf Kreisebene ausdrücklich begrüßt und dessen  Verstetigung eingefordert. Auch der gegenseitige Austausch von Hilfen, wie etwa von Dolmetschern bestimmter Sprachen könne hierüber optimiert werden. Es wurde vereinbart,  eine bereits begonnene Liste der kommunalen Akteure nochmals mit allen Beteiligten auszutauschen und zu vervollständigen. Noch vor den Sommerferien soll daran anschließend ein weiterer Termin unter noch stärkerer  Einbeziehung von Ehrenamtlichen stattfinden.

Als Problem für die Städte und Gemeinde stellt sich die lange Dauer der Asylverfahren und damit verbunden der lange Aufenthalt solcher Asylsuchenden dar, die kaum eine Anerkennungsperspektive haben bzw. das Bleiberecht dies bereits formal versagt wurde, ohne dass die Rückführung erfolgt ist. Die  Ausländerbehörde hat mit Blick auf dieses Problem bereits Personal aufgestockt bzw. gebündelt. Die Beschleunigung der Asylverfahren läge aber im Grundsatz nicht in Händen des Kreises.

 

Bezogen auf die Betreuung „unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge“ sind neben dem Kreisjugendamt  auch die Stadtjugendämter Dülmen und Coesfeld  betroffen. Die derzeit hier noch überschaubaren Fallzahlen werden mit der Wirkung des „Gesetzes zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher“ ansteigen. Sind derzeit vorwiegend die Jugendämter in den Einreiseschwerpunkten (Verkehrsknoten) dieser Kinder und Jugendlichen für die Hilfe verantwortlich, wird demnach die Verantwortung nach einer Erstbetreuung in die „Fläche“ verteilt.

 

Mit Blick auf konkrete Maßnahmen und Unterstützungsmöglichkeiten wurde in den beiden Veranstaltungen der Kreisverwaltung – wie schon vorher in der Bürgermeisterkonferenz - das Angebot des Landes erörtert, auf Kreisebene ein sogenanntes „Kommunales  Integrationszentrum“(KI) einzurichten. Hier werden insgesamt 5,5 Personalstellen durch finanzielle Förderung und Abordnung von zwei Lehrern durch das Land gefördert. Personalbegleitkosten, Sach- und Projektkosten wären vom Kreis zu tragen. Zum Jahreswechsel 14/15 erhielt der Kreis Coesfeld bezüglich der Anfrage,  ob eine Förderung auch mit geringerer personeller Besetzung des KIs möglich ist, vom zuständigen Landesministerium für Arbeit, Integration und Soziales eine eindeutige Absage.

Die Vertreter/innen der Städte und Gemeinden und auch die Akteure in der konkreten Flüchtlingsarbeit - dies war einhellige Meinung - sehen mit einer solchen Einrichtung Ihre tatsächlich bestehenden, vorrangigen  Unterstützungsbedarfe vor Ort nicht bedient. Auch sei – angesichts der unzureichenden  Landesfinanzierung der Grundversorgung von Flüchtlingen –  die Nutzung dieses Landesangebotes das falsche Signal. In diesem Zusammenhang wird zudem vorgeschlagen, dass der Kreis bezüglich der geringen Finanzausstattung für die kommunale Flüchtlingsversorgung nochmals ein Signal nach Düsseldorf geben sollte.