Betreff
Einrichtung eines Kommunalen Integrationszentrums im Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-9-0355
Art
Sitzungsvorlage
Untergeordnete Vorlage(n)

Beschlussvorschlag:

 

1.    Die Verwaltung wird beauftragt, für die – möglichst stufenweise – Einrichtung und den Betrieb eines Kommunalen Integrationszentrums im Kreis Coesfeld einen Antrag auf Landesförderung zu stellen und die notwendigen räumlichen und sächlichen Voraussetzungen zu schaffen.

 

2.    Bei der Einrichtung des Kommunalen Integrationszentrums sind die im Kreis bestehenden Strukturen zu berücksichtigen und die Aufgaben des Kommunalen Integrationszentrums daran anzupassen. Doppelstrukturen sind zwingend zu vermeiden.

 

Begründung:

 

I.   Problem

Von den bundesweit in diesem Jahr zu erwartenden rund 800 Tsd. Flüchtlingen werden auf das Land NRW etwa  200 Tsd.  entfallen. Gemessen an der Bevölkerung dürften dies ca. 2.000 Flüchtlinge mit der endgültigen Zuweisung in den Kreis Coesfeld sein.

 

Derzeit werden in den Schulen im Kreisgebiet ca. 350 Schüler/innen mit geringen oder fehlenden Deutschkenntnissen beschult. Teilweise sind diese Kinder noch überhaupt nicht alphabetisiert. Derzeitige Prognosen lassen eine Zahl von 700 Schüler/innen im Laufe des nächsten Jahres erwarten.

 

Die Herausforderungen des Flüchtlingszuzuges sind im Laufe des Jahres erheblich gestiegen und werden angesichts einer unveränderten Entwicklung weiter steigen. Zentrale akute Probleme vor Ort liegen besonders in der Bereitstellung geeigneter Unterkünfte und der unzureichenden Erstattung für diese Unterkünfte und den Betreuungsaufwand. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bearbeitung der Asylverfahren trotz Personalaufstockung beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bisher keine Beschleunigung findet.  Zudem wird die kommunale Seite verstärkt in die Einrichtung und den Betrieb zentraler Notaufnahmestellen des Landes eingebunden. Besonders diese Aspekte wurden in einem gemeinsamen Termin der Bürgermeister/innen und des Landrates mit den MdBs Karl Schiewerling und Ulrich Hampel, dem MdL Werner Jostmeier und dem Generalsekretär der NRW-SPD, Andre Stinka am 24.08.2015 erörtert und in einem Forderungskatalog zusammengefasst.

 

Durch die Belastungen aufgrund der  Akutversorgung und –betreuung  wird vor Ort der Freiraum für Maßnahmen begrenzt, Flüchtlinge mit (wahrscheinlichem) Bleiberecht möglichst frühzeitig und nachhaltig zu integrieren. Zentrale und grundlegende Aufgaben sind dabei die Sprachförderung und eine zielgerichtete, auf Integration ausgerichtete schulische und außerschulische Bildungsarbeit.   

 

Bereits im Verlauf des Jahres hat sich gezeigt, dass auch der Kreis – neben der Zuständigkeit als Ausländerbehörde –  in unterschiedlichsten Aufgabenbereichen mit der Flüchtlingsproblematik zunehmend gefordert ist, ohne dass hierfür weitere Ressourcen geschaffen wurden.

 

II.  Lösung

Das Land NRW fördert die Einrichtung von sog. „Kommunalen Integrationszentren“ (KI). Grundlage ist ein gemeinsamer Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration (MAIS) und des Ministeriums für Schule und Weiterbildung (MSW) zur Umsetzung von § 7 „Kommunale Integrationszentren“ des Gesetzes zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen  vom 14.2.2012 (siehe Anlage 1)

 

Diese Landesförderung zu den Personalkosten eines KI‘s erfolgt pauschal, bzw. über die Abordnung von Lehrerstellen. Insgesamt kann ein KI in folgender Personalbesetzung gefördert werden:

 

  • 2 Abgeordnete Lehrerstellen
  • 2 Stellen Sozialarbeit/Sozialwissenschaft,
  • 1 Stelle Verwaltungskraft geh. Dienst
  • 0,5 Stellen Assistenz/Sekretariat

 

Eine wichtige und umfassende Aufgabe eines KI‘s ist die Beratung von schulischen „Seiteneinsteigern“, d.h. die Diagnostik und Beratung von nicht deutschsprachigen Zuwandererkindern mit Blick auf eine adäquate Beschulung. Hierfür sind die vom Land gestellten Lehrer im KI verantwortlich. Darüber hinaus soll bzw. kann ein KI in dieser Zusammensetzung unterschiedliche weitere Aufgaben der Migrationsarbeit übernehmen. U.a. zu nennen sind:

 

·         die Beratung und Unterstützung von Schulen und Schulträgern

o   bei der Ausgestaltung von Ganztagsangeboten,

o   bei der Verwendung der Integrationsstellen (Lehrerstellen),

o   bei der Umsetzung herkunftssprachlichen Unterrichts,

 

·         die Unterstützung und Vernetzung der örtlichen Integrationsangebote incl. der Weiterentwicklung von Konzepten, Projekten und Maßnahmen zur Integrationsarbeit,

·         die Weitervermittlung und Verbreitung guter Praxis,

·         die Beratung und Unterstützung außerschulischer Erziehungs- und  Bildungseinrichtungen in der Arbeit mit Migrantenkinder (besonders Kindergärten aber auch etwa Anbieter von offener Jugendarbeit oder erzieherischer Hilfen) 

·         die Qualifizierung von Lehrkräften und außerunterrichtlich oder außerschulisch tätigen pädagogischen und sozialpädagogischen Fachkräften anderer Träger,

·         die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, Fachgesprächen und Konferenzen

 

Bisher hat der Kreis Coesfeld im Einvernehmen mit den Städten und Gemeinden von diesem Förderangebot bewusst keinen Gebrauch gemacht. Hauptgrund war, dass die bislang geringe Ausländerquote im Kreis in keinem Verhältnis stand zu der vom Land verbindlich vorgegebenen Besetzung eines KI‘s mit 5,5 Stellen. Die Anfrage auf Einrichtung eines KI mit weniger Personal wurde bisher vom MAIS abgelehnt. In NRW verfügen nur noch vier Kreise/kreisfreie Städte nicht über ein KI, darunter auch die Kreise Borken und Steinfurt. Der Kreis Steinfurt hat sich  entschieden, statt eines KIs in Landesförderung eine „Koordinierungsstelle Integrationsaufgaben“ zunächst im Umfang einer Vollzeitstelle im gehobenen Dienst auf eigene Kosten einzurichten.

 

Im Lenkungskreis des Regionalen Bildungsnetzwerkes am 01.09.2015 haben besonders auch die Vertreter  der Städte und Gemeinden den Bedarf angemeldet, dieses Thema neu zu bewerten. Letztlich wird man gegenüber dem Land kaum andere Forderungen zur Unterstützung durchsetzen können, wenn man dieses Landesangebot nicht nutzt.

 

Angesichts der - in sehr kurzer Zeit -  gänzlich veränderten Lage wird vorgeschlagen, dass der Kreis beim hierfür verantwortlichen MAIS die Förderung eines Kommunalen Integrationszentrums beantragt. Dabei wird versucht, beim MAIS noch kurzfristig eine Zustimmung für den schrittweisen Einstieg in die Errichtung eines KI zu erreichen.

 

Mit Schreiben vom 03.09.2015 wurden die Städte und Gemeinden zur Absicht, ein KI im Kreis Coesfeld einzurichten, informiert. Dabei wurde gebeten, abweichende Einschätzungen bis zum 17.09.2015 mitzuteilen, damit diese noch in die politischen Beratungen einfließen können.

 

Am 11.09.2015 findet im Kreishaus der 3. Fachaustausch zur Flüchtlingsproblematik im Kreis Coesfeld statt. Hier besteht die Gelegenheit, sich in der Sache nochmals ausgiebig zu informieren und auszutauschen. Über das Ergebnis kann ebenfalls in der politischen Beratung berichtet werden.

 

Von entscheidender Bedeutung bei der Einrichtung eines KIs wird sein, die im Kreis bestehenden Strukturen zu berücksichtigen und die Aufgaben des KI daran anzupassen. Doppelstrukturen sind zwingend zu vermeiden. Der mit dem MAIS noch zu klärende, schrittweise Aufbau des KI bietet sich daher an.

 

Nach den Vorgaben des Landes ist ein KI an einem Standort anzusiedeln. Es ist beabsichtigt, das KI in vorhandenen Räumlichkeiten des Kreises unterzubringen.

 

III. Alternativen

1.    Der Kreis Coesfeld richtet nach dem Modell des Kreises Steinfurt eine Vollzeitstelle gehobener Dienst / Sozialarbeit für die Koordination der Migrationsarbeit ein. Die Finanzierung der Stelle erfolgt ausschließlich mit Kreismitteln.

 

2.    Es erfolgen keine zusätzlichen Maßnahmen des Kreises zur  Migrationsarbeit.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

·         Die Landesförderung zu den Personalkosten eines KIs erfolgt pauschal bzw. über die Abordnung von Lehrerstellen. Damit dürfte der reine Personalkostenaufwand gedeckt sein.

·         Eine Unterbringung des KI könnte in für den Kreis bereits verfügbaren Räumen erfolgen, so dass zusätzlicher Sachaufwand überschaubar bleibt.

·         Verbleibende  Sach- und Projektkosten sind über den Kreishaushalt abzudecken.

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

Nach § 26 Abs. 1 KrO ist die Zuständigkeit des Kreistages gegeben.

Anlage:

 

Erlass des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Integration (MAIS) und des Minsteriums für Schule und Weiterbildung (MSW) zur Umsetzung von § 7 „Kommunale Integrationszentren“ des Gesetzes zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration in Nordrhein-Westfalen (Teilhabe- und Integrationsgesetz) vom 14.2.2012