Beschlussvorschlag:
Der Bericht wird zur Kenntnis genommen.
Begründung:
Das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung
ausländischer Kinder und Jugendlicher ist nicht wie zunächst erwartet zum
01.01.2016 sondern bereits am 01.11.2015 in Kraft getreten. Die Jugendämter
sind verpflichtet, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) in Obhut zu
nehmen.
Aktuell halten sich ca. 10.000 umF in NRW auf. Während nach ersten
Schätzungen ca. 26 umF in die Zuständigkeit des Kreisjugendamtes fallen
sollten, beläuft sich der aktuellste Aufnahmeschlüssel (Datum 09.12.2015) schon
auf 86 junge Menschen.
Seit Mitte Oktober 2015 wurden über 60 unbegleitete minderjährige
Flüchtlinge durch das Kreisjugendamt in Obhut genommen. Bis auf eine Ausnahme
sind alle in Augenschein genommenen umF männlich und stammen überwiegend aus
Afghanistan und Syrien. Einzelne kommen aus dem Irak, dem Libanon, Bangladesch
und Albanien. Die meisten sind, soweit feststellbar, zwischen 15 und 17 Jahren
alt.
Bis Mitte Dezember wurden bei über 70 Flüchtlingen Erstbefragungen
durchgeführt. Diese dienen insbesondere der Altersfeststellung, der Klärung, ob
sich Verwandte im Bundesgebiet aufhalten, wie die gesundheitliche Verfassung
des jungen Menschen ist und der Entscheidung, ob eine Einbeziehung in das
Verteilverfahren möglich ist. Bei einigen wurde festgestellt, dass sie entgegen
eigener Angaben nicht minderjährig sind. Vereinzelt wurden Minderjährige in
Obhut genommen, die bereits nach wenigen Tagen untergetaucht sind.
Aufgrund dessen, dass die hochbelasteten Jugendämter wie Köln, Aachen,
Dortmund usw. die im Kreisgebiet vorhandenen Plätze in Jugendhilfeeinrichtungen
bereits belegen, konnten die o.g. jungen Menschen nicht nach
Jugendhilfestandard untergebracht werden. Dies wurde dem Landesjugendamt als
Problem angezeigt. Aktuell werden nicht betriebserlaubnisfähige
Übergangslösungen vom Landesjugendamt geduldet.
Gemeinsam mit den Stadtjugendämtern Dülmen und Coesfeld wurden
Übergangslösungen geschaffen. Alle eingetroffenen umF wurden zunächst zum
Leisweg nach Coesfeld gebracht, wo ihnen auf einer eigenen Etage getrennt von
den Erwachsenen Schlafplätze zur Verfügung standen und die Grundversorgung
sichergestellt wurde. Mit Hilfe des Sicherheitsdienstes wurde der Schutz vor
eventuellen Übergriffen sichergestellt. Dank des hohen ehrenamtlichen Engagements
in Coesfeld konnten Sportangebote und Deutschunterricht realisiert werden.
Seit dem 09.12.2015 steht für die unbegleiteten Minderjährigen die
Brückeneinrichtung im St. Josefshaus in Seppenrade zur Verfügung. Der Kreis
Coesfeld als Betreiber der Einrichtung hat hier Räume, die die
Franziskanerinnen nicht mehr benötigen, angemietet.
Die Brückeneinrichtung bietet bis zu 68 Plätze für junge Menschen. Es
sind bereits 56 Jugendliche aus dem Zuständigkeitsbereich der Städte Dülmen,
Coesfeld und des Kreisjugendamtes eingezogen. Die pädagogische Betreuung,
Versorgung sowie die Sicherheit der Jugendlichen wird durch das DRK
gewährleistet. Daneben stehen im St. Josefshaus Büroräume für die
Jugendamtsmitarbeiter/innen zur Verfügung, um kurze Wege sicherzustellen. Auch
in Seppenrade zeichnet sich ein hohes ehrenamtliches Engagement ab. So konnten
auch hier in bereits Freizeitangebote sowie Deutschunterricht realisiert
werden.
Der Aufenthalt in der Brückeneinrichtung soll einen Zeitraum von vier
Wochen nicht wesentlich überschreiten. In dieser Zeit ergeht die endgültige
jugendhilferechtliche Zuweisung des jungen Menschen durch die Verteilungsstelle
beim Landesjugendamt Rheinland. Wird das Kreisjugendamt zuständig, kann mit dem
sogenannten Clearing begonnen werden. Ziel ist es, dass im Zusammenwirken aller
beteiligten Fachkräfte (DRK, Vormund, Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD),
sonstige freie Träger der Jugendhilfe usw.) eine Einschätzung zum Hilfebedarf
des jungen Menschen und zu den notwendigen und möglichen Hilfen getroffen wird.
Aktuell arbeiten sämtliche Kooperationspartner der freien Jugendhilfe
mit Hochdruck daran Anschlussmaßnahmen für die umF zu schaffen. Derzeit mangelt
es hierfür jedoch an geeigneten Immobilien und pädagogischen Fachkräften.
Inzwischen wurden dem Kreisjugendamt 26 Amtsvormundschaften für umF
übertragen. Weitere Anträge auf Ruhen der elterlichen Sorge und Übertragung der
Vormundschaft auf das Jugendamt wurden bereits gestellt.
Neben der Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nimmt
der Bedarf an allgemeiner Beratung von Flüchtlingsfamilien durch den ASD sowie
das Thema Kinderschutz in diesen Familien deutlich zu.