Betreff
Aktuelle Berichte zur Flüchtlingssituation im Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-9-0448
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Ohne

 

 

Der Bericht der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.

Begründung:

 

In der ersten Sitzung des Integrationsausschusses am 11.11.2015 stellte die Verwaltung den grundlegenden Sachstand einschließlich wichtiger gesetzlicher Grundlagen, eine umfassende Datenübersicht sowie einige Planungen im Rahmen des Flüchtlingsgeschehens vor. Zu ausgewählten Projekten und Maßnahmen aus verschiedenen Abteilungen der Verwaltung soll hier aktualisiert berichtet werden.

 

 

Abteilung 40 Schule und Bildung

 

Beschulung in der Sekundarstufe II

 

Am Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg - Schulort Lüdinghausen – und am Pictorius-Berufskolleg in Coesfeld sind inzwischen jeweils zwei Klassen eingerichtet worden.

Die Schulleitungen der beiden Berufskollegs haben in der Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport am 01.12.2015 über den Sachstand und die aktuelle Entwicklung berichtet.

In die beiden Klassen in Lüdinghausen wurden jeweils 20 Schüler/innen aufgenommen. Am Pictorius-Berufskolleg wird die seitens der Bezirksregierung Münster genannte Obergrenze von 20 Schüler(n)/innen für eine Klasse mit 23 bzw. 24 Schüler(n)/innen leicht überschritten.

Am 17.12.2015 findet ein Gespräch der Schulleitungen der drei Berufskollegs des Kreises mit dem Schulträger statt. Dort soll auch über die Notwendigkeiten / Möglichkeiten der Bildung einer weiteren Klasse zum 01.02.2016 gesprochen werden.

Keine neuen Erkenntnisse gibt es zur Frage der Möglichkeiten und Zuständigkeiten der Berufskollegs für junge Flüchtlinge, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und damit nicht mehr der Schulpflicht (bzw. dem „Recht auf Beschulung“) in der Sekundarstufe II unterliegen.

 

 

 

Maßnahme „Internationale Förderklasse plus“

 

Das Pictorius-Berufskollegs und das Richard-von-Weizsäcker-Berufskolleg haben mit der Kreishandwerkerschaft Coesfeld ein Modellprojekt „Internationale Förderklasse plus“ für das Schuljahr 2015/16 entwickelt.

 

Der Kreistag hat am 16.12.2015 beschlossen, den beiden Berufskollegs jeweils einen Betrag von 30.000 € zur Durchführung  des Projekts zur Verfügung zu stellen. Auf die Sitzungsvorlage SV-9-0403 wird in diesem Zusammenhang verwiesen.

In der Sitzung des Ausschusses für Schule, Kultur und Sport am 01.12.2015 wurde in Ergänzung zur Sitzungsvorlage dargestellt, dass sich das Konzept noch in der Feinabstimmung zwischen den Schulen und der Kreishandwerkerschaft befindet. Aufgrund der aktuellen Beschulungssituation war es geboten, als „Sofortmaßnahme“ für geeignete Schüler/innen, die die Internationalen Förderklassen  besuchen, eine besondere Qualifizierungsmöglichkeit zu schaffen und die Berufskollegs im laufenden Schuljahr schnell zu unterstützen. Die Maßnahme richtet sich nur an Schüler/innen der Internationalen Förderklassen und damit auch nur an berufsschulpflichtige Schüler/innen. Vorgesehen ist, dass die Schüler/innen an drei Wochentagen am Projekt teilnehmen und an zwei Wochentagen im Berufskolleg beschult werden und dort insbesondere Sprachtraining erhalten. Die Schüler/innen bleiben Vollzeitschüler der Berufskollegs. Sie werden von den Lehrkräften intensiv begleitet. Rechtlich gesehen handelt es sich um ein „schulisch begleitetes betriebliches Praktikum“, das nur eben beim Maßnahmenträger angesiedelt ist. Ziel der Maßnahme ist dabei auch, dass geeignete Schüler/innen vom Maßnahmenträger in Abstimmung mit den Berufskollegs in echte Betriebspraktika vermittelt werden.

 

Deutlich wurde herausgestellt, dass das Modellprojekt ausschließlich für das Schuljahr 2015/16 in einer Übergangssituation durch den Kreis finanziert wird. Nach derzeitigem Stand handelt  es sich nicht um eine Dauermaßnahme in Verantwortung des Kreises (Schulträger). Es wird davon ausgegangen, dass künftige Fördermaßnahmen  für diesen Personenkreis  im Verantwortungsbereich des SGB III- bzw. des SGB II-Trägers liegen.

 

 

 

Abteilung 51 Jugendamt

 

Das Gesetz zur Verbesserung der Unterbringung, Versorgung und Betreuung ausländischer Kinder und Jugendlicher ist nicht wie zunächst erwartet zum 01.01.2016 sondern bereits am 01.11.2015 in Kraft getreten. Die Jugendämter sind verpflichtet, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) in Obhut zu nehmen.

 

Aktuell halten sich ca. 10.000 umF in NRW auf. Während nach ersten Schätzungen ca. 26 umF in die Zuständigkeit des Kreisjugendamtes fallen sollten, beläuft sich der aktuellste Aufnahmeschlüssel (Datum 09.12.2015) schon auf 86 junge Menschen. 

 

Seit Mitte Oktober 2015 wurden über 60 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge durch das Kreisjugendamt in Obhut genommen. Bis auf eine Ausnahme sind alle in Augenschein genommenen umF männlich und stammen überwiegend aus Afghanistan und Syrien. Einzelne kommen aus dem Irak, dem Libanon, Bangladesch und Albanien. Die meisten sind, soweit feststellbar, zwischen 15 und 17 Jahren alt.

 

Bis Mitte Dezember wurden bei über 70 Flüchtlingen Erstbefragungen durchgeführt. Diese dienen insbesondere der Altersfeststellung, der Klärung, ob sich Verwandte im Bundesgebiet aufhalten, wie die gesundheitliche Verfassung des jungen Menschen ist und der Entscheidung, ob eine Einbeziehung in das Verteilverfahren möglich ist. Bei einigen wurde festgestellt, dass sie entgegen eigener Angaben nicht minderjährig sind. Vereinzelt wurden Minderjährige in Obhut genommen, die bereits nach wenigen Tagen untergetaucht sind.

 

Aufgrund dessen, dass die hochbelasteten Jugendämter wie Köln, Aachen, Dortmund usw. die im Kreisgebiet vorhandenen Plätze in Jugendhilfeeinrichtungen bereits belegen, konnten die o.g. jungen Menschen nicht nach Jugendhilfestandard untergebracht werden. Dies wurde dem Landesjugendamt als Problem angezeigt. Aktuell werden nicht betriebserlaubnisfähige Übergangslösungen vom Landesjugendamt geduldet.

 

Gemeinsam mit den Stadtjugendämtern Dülmen und Coesfeld wurden Übergangslösungen geschaffen. Alle eingetroffenen umF wurden zunächst zum Leisweg nach Coesfeld gebracht, wo ihnen auf einer eigenen Etage getrennt von den Erwachsenen Schlafplätze zur Verfügung standen und die Grundversorgung sichergestellt wurde. Mit Hilfe des Sicherheitsdienstes wurde der Schutz vor eventuellen Übergriffen sichergestellt. Dank des hohen ehrenamtlichen Engagements in Coesfeld konnten Sportangebote und Deutschunterricht realisiert werden.

 

Seit dem 09.12.2015 steht für die unbegleiteten Minderjährigen die Brückeneinrichtung im St. Josefshaus in Seppenrade zur Verfügung. Der Kreis Coesfeld als Betreiber der Einrichtung hat hier Räume, die die Franziskanerinnen nicht mehr benötigen, angemietet.

 

Die Brückeneinrichtung bietet bis zu 68 Plätze für junge Menschen. Es sind bereits 56 Jugendliche aus dem Zuständigkeitsbereich der Städte Dülmen, Coesfeld und des Kreisjugendamtes eingezogen. Die pädagogische Betreuung, Versorgung sowie die Sicherheit der Jugendlichen wird durch das DRK gewährleistet. Daneben stehen im St. Josefshaus Büroräume für die Jugendamtsmitarbeiter/innen zur Verfügung, um kurze Wege sicherzustellen. Auch in Seppenrade zeichnet sich ein hohes ehrenamtliches Engagement ab. So konnten auch hier in bereits Freizeitangebote sowie Deutschunterricht realisiert werden. 

Der Aufenthalt in der Brückeneinrichtung soll einen Zeitraum von vier Wochen nicht wesentlich überschreiten. In dieser Zeit ergeht die endgültige jugendhilferechtliche Zuweisung des jungen Menschen durch die Verteilungsstelle beim Landesjugendamt Rheinland. Wird das Kreisjugendamt zuständig, kann mit dem sogenannten Clearing begonnen werden. Ziel ist es, dass im Zusammenwirken aller beteiligten Fachkräfte (DRK, Vormund, Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), sonstige freie Träger der Jugendhilfe usw.) eine Einschätzung zum Hilfebedarf des jungen Menschen und zu den notwendigen und möglichen Hilfen getroffen wird.

 

Aktuell arbeiten sämtliche Kooperationspartner der freien Jugendhilfe mit Hochdruck daran Anschlussmaßnahmen für die umF zu schaffen. Derzeit mangelt es hierfür jedoch an geeigneten Immobilien und pädagogischen Fachkräften.

 

Inzwischen wurden dem Kreisjugendamt 26 Amtsvormundschaften für umF übertragen. Weitere Anträge auf Ruhen der elterlichen Sorge und Übertragung der Vormundschaft auf das Jugendamt wurden bereits gestellt.

 

Neben der Versorgung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge nimmt der Bedarf an allgemeiner Beratung von Flüchtlingsfamilien durch den ASD sowie das Thema Kinderschutz in diesen Familien deutlich zu.

 

 

 

 

 

Abteilung 50 Soziales und Jobcenter

 

 

Projekt „Early Intervention NRW+“

 

Das Projekt „Early Intervention NRW+“ richtet sich an Flüchtlinge mit Bleibeperspektive, die eine Berufsausbildung oder ein Studium absolvierten, sich hoch motiviert zur Integration in Arbeit zeigen und denen deshalb gute Chancen auf einen Arbeitsplatz eingeräumt werden. Aktuell sind im Kreis Coesfeld 128 Teilnehmende (Stand 01.12.15) gemeldet. Zum Stand 26.10.15 sind bereits erste Erfolge in Form der

-           Vermittlung 1 Teilnehmer/in in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung

-           Vermittlung 1 Teilnehmer/in in den Bundesfreiwilligendienst

-           Vermittlung 1 Teilnehmer/in in eine Einstiegsqualifizierung

verzeichnet worden.

 

Hinsichtlich der Sprachkurse gestaltet sich der Prozess noch schleppend, da die zusätzlichen „ESF*-Sprachkurse“ noch nicht begonnen haben. Diese Kurse sind ein vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angebotenes und gefördertes Programm mit speziellen Lerneinheiten, in denen berufsbezogenes Deutsch vermittelt wird. Die Kurse verbinden Deutschunterricht, berufliche Qualifizierung und die Möglichkeit, einen Beruf durch ein Praktikum näher kennen zu lernen.

Die Agentur für Arbeit ist dennoch dabei, Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorzumerken.

 

*ESF = Europäischer Sozialfonds

 

 

 „Integration Points“

 

Am 14.12.2015 wurde die Vereinbarung zwischen dem Kreis Coesfeld und der Agentur für Arbeit Coesfeld zur besseren Zusammenarbeit von Städten und Gemeinden, Agentur für Arbeit und Kreis bei der Integration von Flüchtlingen unterzeichnet  (sog. „Integration Point“). Diese Vereinbarung soll dazu dienen, eine gebündelte, frühzeitige Beratung im Hinblick auf soziokulturelle Teilhabe durch Beschäftigung und berufliche Integration von Flüchtlingen durch die handelnden Akteure zu erreichen und nach Wechsel der Zuständigkeiten einen möglichst nahtlosen Übergang der Betreuung von der Agentur für Arbeit Coesfeld in den Bereich des Jobcenters des Kreises Coesfeld sicher  zu stellen.

Das bisherige Projekt „Early Intervention“ wird im „Integration Point“ aufgehen.

 

 

Abteilung 32 Sicherheit und Ordnung

 

Der Anlage dieser Sitzungsvorlage sind ausgewählte Diagramme zu einigen von der Ausländerbehörde zum Stichtag 09.12.2015 erhobenen Daten zu entnehmen. In den vier Wochen zwischen der ersten Sitzung des Integrationsausschusses am 11.11.2015 und der Stichtagserhebung ist die Zahl der Asylbewerber um 662 von 2.452 auf 3.114 gestiegen. Die bis 21 jährigen stellen davon einen Anteil von  fast 33 % (insgesamt 1.023, davon 680 männlich und 343 weiblich zum 09.12.2015). 

 

 

 

Schulamt

 

Das Schulamt wird zur Sitzung des Integrationsausschusses aktuelle ausgewählte Daten zu den Schülern mit fehlenden oder geringen Deutschkenntnissen vorbereiten. Die Übersicht wird als Tischvorlage zur Verfügung stehen.