Betreff
Antrag Bunter Kreis Münsterland - Fortführung des Projektes "KOMPASS"
Vorlage
SV-9-0680
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Antrag auf Förderung des Projektes „Aufbau eines Psychosozialen Beratungsangebotes für Eltern von chronisch und schwer kranken Kindern“ des Bunten Kreises Münsterland e.V. vom 29.04.2016 wird als freiwillige Leistung in Abstimmung mit den Jugendämtern der Städte Coesfeld und  Dülmen auch vom Jugendamt des Kreises Coesfeld abgelehnt.

 

Begründung:

 

I.   - V.

 

Seit dem 01.04.2014 setzt der Bunte Kreis Münsterland e.V. das Projekt „Aufbau eines Psychosozialen Beratungsangebotes für Eltern von chronisch und schwer kranken Kindern“ (PSB) um. Wie in der Praxis die Begleitung von Eltern chronisch und schwer kranker Kinder durchgeführt und angenommen wird, haben Mitarbeiterinnen in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses am 23.11.2015 erläutert.

Nunmehr ist der Antrag des Vereins vom 29.04.2016 auf Förderung des PSB-Angebotes von 25 Wochenstunden mit Gesamtkosten von 45.720,22 € zu bescheiden. In den zurückliegenden Monaten sind die Antragsinhalte zwischen Vertretern der Jugendämter Kreis, Dülmen und Stadt mit dem Ziel erörtert worden, einen einheitlichen Standpunkt zu entwickeln.

Grundsätzlich ist der geschilderte Bedarf der PSB nachvollziehbar und belegt. Dass bei chronischer Erkrankungen oder schwerer Behinderung eines Kindes das gesamte Familiengefüge in Gefahr gerät und das PSB Perspektiverweiterung ermöglicht, Stabilität in der Erziehungskompetenz vermittelt und insgesamt die betroffenen Familien stärkt, ist im Sinne einer wirksamen präventiven Arbeit unbestritten. Auch können die Aktivitäten aufgrund der Nähe zu den betroffenen Familien und der eng verzahnten Arbeit mit den Einrichtungen der Christophorus-Trägergesellschaft durch den Bunten Kreis Münsterland e.V. besonders nah, effektiv und kompetent erbracht werden.

Auf der anderen Seite hat die hier angefragte Entscheidung weitreichende Folgen, weil es sich um die Anerkennung einer freiwilligen Leistung handelt, die außerhalb des Rechtskreises der Kinder- und Jugendhilfe erbracht wird. Die Leistungen kommen zwar Familien zugute, sind jedoch veranlasst durch die Krankheit oder Behinderung eines Kindes und somit eher der Krankenhilfe bzw. dem SGB V zuzuordnen.

Die in diesem Zusammenhang von den Jugendämtern angeregte intensive Auseinandersetzung des Bunten Kreises Münsterland e.V. mit den einschlägigen gesetzlichen Krankenkassen AOK, Barmer Ersatzkasse, Techniker Krankenkasse und IKK hat ergeben, dass die Sinnhaftigkeit der psychologischen Beratung der Eltern zwar anerkannt und gesellschaftlich begrüßt wird, jedoch keine Möglichkeit der finanziellen Förderung besteht. Auch § 11 SGB V* kann keine Leistungsansprüche begründen, weil das Angebot der psychologischen Beratung im Sinne des PSB-Konzeptes nicht in einem der folgenden Paragraphen spezifiziert wird. Somit mangelt es im Rechtskreis Krankenhilfe wie in der Jugendhilfe an einer einschlägigen Rechtsgrundlage.

Unklar ist, inwieweit die Befürwortung des Antrages weitere nicht von Rechtskreisen gedeckte Folgeanträge nach sich ziehen wird. Es kann nicht Aufgabe der Jugendhilfe sein, sämtliche Leistungen zu finanzieren, die im weitesten Sinne Familien zugutekommen, jedoch keinen eigenen Rechtskreis aufweisen. So würden die Jugendämter der Städte und des Kreises dauerhaft zum Ausfallbürgen für gesetzlich nicht geregelte Bedarfslagen.

Hinzu kommt, dass es kreisweit sowie gebündelt in Dülmen und Coesfeld ein dichtes und gut besetztes Netz an Diensten gibt, die zumindest in Teilbereichen ähnliche Leistungen anbieten, wie die Ehe-, Familien- und Lebensberatung oder die Erziehungsberatungsstelle der Caritas für Eltern, Kinder und Jugendliche. Daneben besteht die Möglichkeit, Selbsthilfegruppen zu nutzen oder selber zu gründen, zumal es in Kürze ein vom Kreis finanziertes neues Angebot zur Stärkung und Stützung von Selbsthilfeinitiativen geben wird.

Die freiwillige Natur der Aufgabe, die unklare Abgrenzung zur Krankenhilfe (SGB V), die Präzedenzwirkung auf ähnlich gelagerte Angebote ohne Rechtsgrundlage sowie das Bestehen anderer spezieller Dienste, die in Teilbereichen ebenfalls in Anspruch genommen werden können, sprechen folglich für eine restriktive Handhabung des Antrages.

Aus den vorstehend geschilderten Gründen sind die Jugendämter letztlich nach intensiven Erörterungen übereingekommen, dass sie eine Zustimmung zur Förderung aufgrund der weitreichenden Bindungswirkung und der knappen kommunalen Mittel nicht verantworten können.

 

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* § 11 Abs. 2 SGB V: „Versicherte haben auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen, die notwendig sind, um eine Behinderung oder Pflegebedürftigkeit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, auszugleichen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen zu mildern. Leistungen der aktivierenden Pflege nach Eintritt von Pflegebedürftigkeit werden von den Pflegekassen erbracht. Die Leistungen nach Satz 1 werden unter Beachtung des Neunten Buches erbracht, soweit in diesem Buch nichts anderes bestimmt ist.“

 

Anlagen:

 

Antrag des Bunten Kreises vom 29.04.2016