Betreff
Bericht über aktuelle Rechtsentwicklungen
Vorlage
SV-9-0731
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Ohne

I.   - V. 

 

Wie in anderen Lebensbereichen unterliegt die Rechtsordnung auch im Themenfeld dieses Ausschusses – Umwelt, öffentliche Sicherheit und Ordnung – einem immer rascheren Wandel. Über einige aktuelle Rechtsentwicklungen, die mit besonderen Auswirkungen auf Organisation, Personal, Fach- und Rechtsanwendung im Dezernat I verbunden sind, soll nachfolgend ein kurzer Überblick gegeben werden.

 

Prostituiertenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen (ProstSchG NRW)

 

Das Prostituiertenschutzgesetz vom 21.10.2016 tritt zum 01.07.2017 in Kraft. Nach der Durchführungsverordnung Prostituiertenschutzgesetz Nordrhein-Westfalen – DVO ProstSchG NRW werden die Aufgaben nach dem Gesetz auf die Kreise und kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden und als untere Gesundheitsbehörden übertragen. Für die Prostituierten selbst besteht ab dem 01.07.2017 eine Meldepflicht; die Kreisordnungsbehörden müssen die Anmeldungen entgegennehmen und eine Anmeldebescheinigung ausstellen. Die Anmeldebescheinigungen sind zeitlich begrenzt und verlängerbar. Ferner muss die Behörde eine gesundheitliche Beratung sowie eine Beratung zu sozialen und rechtlichen Fragen durchzuführen. Die gesundheitliche Beratung hat durch die Gesundheitsbehörden erfolgen und ist in Abständen zu wiederholen. Es erscheint zweckmäßig, wenn im Rahmen der Gesundheitsberatung auch die Beratung zu rechtlichen und sozialen Fragen durchgeführt wird.

 

Durch das Prostituiertenschutzgesetz ist zudem eine Erlaubnispflicht für Prostitutionsgewerbe, Prostitutionsveranstaltungen und Prostitutionsfahrzeuge eingeführt worden. Die Prüfung der Anträge und Erteilung oder Versagung der Erlaubnisse ist ebenfalls auf die Kreisordnungsbehörden übertragen worden, ebenso die Verfolgung etwaiger hieraus resultierender Ordnungswidrigkeiten. Bei der Erteilung der Erlaubnisse sind jeweils bestimmte Tatbestände – im Gesetz als Versagungstatbestände formuliert – zu prüfen. Nach einer Kurzumfrage bei den Städten und Gemeinden im Kreis Coesfeld sind im gesamten Kreis neun Betriebe des Prostitutionsgewerbes angemeldet. Für Prostituierte selbst bestand bisher keine Anmeldepflicht, sodass diesbezüglich noch kein Zahlenmaterial vorliegt.

 

Da der Umfang der Tätigkeiten noch nicht belastbar geschätzt werden kann, ist an dieser Stelle auch noch keine Aussage zu dem entstehenden Personal- und Sachaufwand möglich.

 

Verordnung zur Änderung der Gewerberechtsverordnung

 

Durch eine Verordnung zur Änderung der Gewerberechtsverordnung soll die Vollzugszuständigkeit für § 34 a GewO und für die Bewachungsverordnung von den örtlichen Ordnungsbehörden auf die Kreisordnungsbehörden angehoben werden. Ein Termin für diese Rechtsänderung ist noch nicht bekannt. Es handelt sich konkret um die Erlaubniserteilung oder -versagung an Bewachungsbetriebe nach entsprechender Zuverlässigkeitsprüfung unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien sowie eines entsprechenden Sachkundenachweises. Die Erlaubnisse sind zeitlich begrenzt und verlängerbar. Der Gewerbetreibende darf mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben zudem nur Personen beschäftigen, die die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen und entsprechende Sachkunde nachweisen können. Die Vollzugszuständigkeit schließt die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ein. Die Sachkundenachweise erteilen die Industrie- und Handelskammern, teilweise nach erfolgreich abgelegter Prüfung.

 

Gemäß einer Kurzumfrage bei den örtlichen Ordnungsbehörden im Kreis Coesfeld sind zurzeit elf Bewachungsbetriebe mit 80 Beschäftigten gemeldet. Konkrete Angaben zum Personal- und Sachaufwand konnten durch die örtlichen Ordnungsbehörden noch nicht gemacht werden.

 

 

Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz NRW (KTG NRW)

 

Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum „Gesetz zur Bewertung, Darstellung und Schaffung von Transparenz von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung (Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz – KTG)“ - wurde am 15.02.2017 vom Landtag verabschiedet. Gemäß § 11 Abs. 1 KTG ist vorgesehen, dass das Gesetz am Tag nach der Verkündung in Kraft tritt. Der Gesetzentwurf führt ein landesweit einheitliches System für die Bewertung, Darstellung und Transparentmachung von Ergebnissen amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung (Transparenzsystem) ein.

 

In das Transparenzsystem werden alle Lebensmittelbetriebe einbezogen, die nach der EU Verordnung über Lebensmittelhygiene bei der zuständigen Behörde zu registrieren sind. Die Primärproduktion, also die Erzeugung, die Aufzucht oder der Anbau von Primärprodukten einschließlich Ernten, Melken und landwirtschaftliche Nutztierproduktion vor dem Schlachten wird nicht einbezogen. Die Grundlage für das Transparenzsystem ist ein einheitliches Beurteilungssystem für die Ermittlung und Bewertung des Kontrollergebnisses mit einheitlichen Beurteilungs- und Bewertungsmaßstäben. Die Elemente des Beurteilungssystems sowie eine leicht verständliche Form der Darstellung des Kontrollergebnisses, die als Kontrollbarometer bezeichnet wird, werden geregelt. Zudem wird die rechtliche Grundlage für eine Transparentmachung der Ergebnisse amtlicher Kontrollen in der Lebensmittelüberwachung geschaffen.

 

Nach Ablauf einer 36 Monate dauernden, für die Lebensmittelunternehmer freiwilligen Einführungsphase sind diese verpflichtet, das Kontrollbarometer in seiner Betriebsstätte an gut sichtbarer Stelle zugänglich zu machen. Durch die zuständige Behörde muss dieses im Internet oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht werden. Neben dem aktuellen Kontrollergebnis werden nach Ablauf der Einführungsphase zusätzlich die Ergebnisse der letzten drei amtlichen Kontrollen dargestellt. Die Verpflichtungen gelten erst nach einer Einführungsphase von 36 Monaten. Innerhalb dieser Einführungsphase ist der Lebensmittelunternehmer zwar nicht verpflichtet aber berechtigt, das Kontrollergebnis in seinem Betrieb zugänglich zu machen.

 

In Bezug über die Kostenfolgeabschätzung konnten sich die kommunalen Spitzenverbände (Städtetag und Landkreistag NRW) nicht mit dem Ministerium auf eine gemeinsame Sichtweise zu allen kostenrelevanten Punkten verständigen. Ein Dissens besteht bei der Darstellung der Kontrollergebnisse, dem Erfordernis der Ausweitung des 4-Augen-Prinzips in nennenswertem Umfang sowie den Berechnungsgrundlagen (u .a. geschätzter Zeitaufwand und Zahl der Einzelfälle) für die Kostenfolgeabschätzung. Nach der geplanten Konzeption soll nach Inkrafttreten des Gesetzes ein Arbeitskreis gegründet werden, der  sich aus Vertretern der Wirtschaft, des Handwerks, der Verbraucherzentrale, weiterer Verbraucherorganisationen und der kommunalen Spitzenverbände zusammensetzt. Dieses Gremium soll die Erfahrungen aus der Einführungsphase (drei Jahre) in einem Bericht zusammenfassen. Entstehen hier Mehrkosten im Sinne des Konnexitätsprinzips (wer bestellt, der zahlt), wird das Land gem. der geplanten Konzeption einen Ausgleich an die Kommunen zahlen.

 

Nach einer ersten Schätzung könnten für den Kreis Coesfeld bei einer Bemessungsgrundlage von 1.550 Plankontrollen /Jahr für die Information und Anhörung über die Kontrollergebnisse, deren Darstellung und Transparentmachung, sowie zusätzlicher Nachkontrollen und zusätzlichem Aufwand durch das Vier-Augen-Prinzip ein Mehraufwand im Umfang einer 0,8 Vollzeit-Stelle im gehobenen Dienst entstehen. Da die Veröffentlichung oder Transparentmachung des Kontrollbarometers aber erst nach Ablauf der dreijährigen Einführungsphase verpflichtend ist, kann der anfängliche Aufwand derzeit noch nicht genau beziffert werden.

 

 

Landesbauordnung NRW (BauO NRW)

 

Im Dezember 2016 hat der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber eine größere Novelle der Landesbauordnung beschlossen, die mit ihren wesentlichen Teilen allerdings erst zum Ende dieses Jahres in Kraft treten wird. Die für die Abläufe innerhalb der Bauabteilung bedeutsamste Neuregelung betrifft den Wegfall des Freistellungsverfahrens für Wohnhäuser und Garagen gem. § 67 BauO NRW a.F. Über diese vor ca. 20 Jahren eingeführte Regelung waren bislang Wohngebäude von mittlerer und geringer Höhe im Geltungsbereich eines Bebauungsplans unter bestimmten Voraussetzungen von der Genehmigungspflicht befreit; die Bauvorlagen waren bei den Gemeinden einzureichen. Bauordnungs- und bauplanungsrechtliche Verstöße blieben vielfach unbemerkt, so dass in der Folge, soweit Mängel erst mit Verzögerung entdeckt und wegen ihrer Tragweite nicht geduldet werden konnten, zeit- und kostenintensive repressive Maßnahmen erforderlich wurden. Der erhoffte Bürokratieabbau blieb insoweit umstritten – entsprechend kontrovers haben Städte und Kreise nun auch die geplante Rückführung in die formelle Baugenehmigungspflicht beurteilt. Im Zuständigkeitsbereich der Unteren Bauaufsicht des Kreises Coesfeld wurden in den vergangenen Jahren durchschnittlich 380 Verfahren/ a als freigestellt angezeigt, die durch die Neuregelung nunmehr ein Baugenehmigungsverfahren nach sich ziehen. Der hierfür kalkulierte personelle Mehrbedarf von voraussichtlich zwei Stellen wurde entsprechend bei der Stellenplanung berücksichtigt. Den entstehenden Personalkosten stehen Gebührenmehreinnahmen in vergleichbarer Höhe gegenüber.

 

Inhaltliche Änderungen betreffen vor allem die geänderten Klassifizierungen im Brandschutz, die Definition von Geschossigkeit sowie die Aufbewahrungspflicht von Unterlagen – Baugenehmigung, Bauvorlagen, bautechnische Nachweise etc. – für Bauherren und Eigentümer sowie die ebenfalls ausgeweitete Barrierefreiheit. Öffentlich zugängliche bauliche Anlagen müssen künftig insgesamt im erforderlichen Umfang barrierefrei ausgestaltet sein (§ 55 BauO). In den Regelungen für Wohnungen (§ 48 BauO) wird zudem künftig zwischen barrierefreien und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbaren Wohnungen unterschieden. 

 

Eine besondere Betroffenheit der Gemeinde bringt die neue Bauordnung nicht nur bei den Freistellungsverfahren, sondern vor allem auch bei den Stellplatzregelungen mit sich. Zur Stärkung der gemeindlichen Selbstverwaltung soll die Verpflichtung ab dem 01.01.2019 nicht mehr durch Bauordnung und Bauaufsichtsbehörde ausgelöst werden, sondern von einer kommunalen Stellplatzsatzung abhängig sein. Ist letztere nicht vorhanden, entfällt die Stellplatzpflicht im Übrigen. In Anbetracht der Komplexität der hiermit zusammenhängenden Fragen und den nach pflichtgemäßem Ermessen standortspezifisch zu erstellenden Stellplatz-Satzungen ist der Übergangszeitraum nach verbreiteter Auffassung sehr kurz bemessen.

 

Landesnaturschutzgesetz NRW (LNatSchG NRW)

 

Am 16.11.2016 ist das bisherige Landschaftsgesetz als Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen (Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG NRW) weitreichend geändert und neu gefasst worden. Die Untere Landschaftsbehörde des Kreises führt jetzt den Namen Untere Naturschutzbehörde (UNB), vgl. § 2 LNatSchG.

 

Die Anforderungen an die land- und forstwirtschaftliche Nutzung sind in Ergänzung zu den Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und des Bundesbodenschutzgesetzes um weitere Vorgaben, wie z.B. das Verbot der Umwandlung von Dauergrünland und Dauergrünlandbrachen erweitert worden (§ 4 LNatSchG). Modifikationen wurden zudem im Bereich der Eingriffsregelungen, insbesondere durch den Wegfall der „1:1-Regelung“, vorgenommen (§§ 31 ff. LNatSchG). Neben agrarstrukturellen Belangen für Kompensationsflächen werden nunmehr auch die Belange des Klimaschutzes, des Biotopverbundes und des Bodenschutzes berücksichtigt. Ebenfalls geändert wurden die Kompensationsregelungen, wobei der Ermittlung der Ersatzgeldhöhe für „mastenartige Bauten“ vor dem Hintergrund des Windenergieausbaus besondere praktische Bedeutung zukommt; nach der Neuregelung erfolgt nun eine Multiplikation der Landschaftsbildwertstufe mit der Anlagenhöhe. Die Ersatzgelder sind innerhalb von vier Jahren zu verwenden, ansonsten fallen diese der Bezirksregierung zur Verwendung zu.

 

Aus der politischen Diskussion ist der von Ausbau des Biotopverbundes von 10 auf 15% der Landesfläche bekannt. Ferner erfolgte eine Ergänzung der Liste der geschützten Landschaftsbestandteile um Kompensationsflächen um sogenannte Wildnisentwicklungsgebiete. Diese wurden neu aufgenommen und dienen dem Zweck der dauerhaften Erhaltung und Entwicklung naturnaher alt- und totholzreicher Waldflächen.

 

Die Beteiligungs- und Mitwirkungsrechte der anerkannten Naturschutzvereinigungen wurden über die Regelungen im BNatSchG hinaus ausgeweitet. In zahlreichen Fällen ist diesen nun Gelegenheit zur Stellungnahme und zu Einsicht in die Sachverständigengutachten zu geben. Darüber hinaus werden die Art und Weise der Mitwirkung und die Voraussetzungen der Anerkennung von Naturschutzvereinigungen reglementiert und erweitert. Die bisherigen Rechtsbehelfsmöglichkeiten erstrecken sich nunmehr nicht nur auf Befreiungen oder eingriffserhebliche Planfeststellungsbeschlüsse, sondern auf den gesamten Mitwirkungskatalog.

 

Eine entsprechende Stärkung hat auch der bisherige Landschaftsbeirat als Naturschutzbeirat erfahren. Dieser hat ein Widerspruchsrecht bei beabsichtigten Befreiungen mit der Folge, dass der Kreistag oder ein beauftragter Ausschuss sich mit der Frage befasst. Hält dieser den Widerspruch für berechtigt muss die Untere Naturschutzbehörde die Befreiung versagen. Hält er den Widerspruch für unbegründet, hat die Höhere Landschaftsbehörde über den Widerspruch zu entscheiden.

 

Lassen die vorstehenden Rechtsänderungen bereits erheblichen Mehraufwand erwarten, werden den Unteren Naturschutzbehörden der Kreise darüber hinaus explizit neue Pflichtaufgaben zugewiesen. Hierbei handelt es sich um das Führen bestimmter Listen und Verzeichnisse sowie Pflichten, diese den höheren Naturschutzbehörden vorzulegen bzw. im Naturschutzbeirat vorzustellen. Hiervon betroffen sind u.a. das Ersatzgeld- sowie das Kompensationsverzeichnis sowie die Verzeichnisse bezüglich Gebietskennzeichen (LSG; NSG, etc.) und der durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfungen (§§31, 34, 50 LNatSchG). Im Zusammenhang mit den FFH-Prüfungen wird seit etwa einem Jahr ein Fachinformationssystem vom Land in Zusammenarbeit mit den Kreisen aufgebaut.

 

 

Landeswassergesetz NRW (LWG NRW)

 

Das neue Landeswassergesetz bedeutet für die Kreise erweiterte Berichtspflichten. Außerdem sind die Pflichten der Maßnahmenträger bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie konkretisiert worden.

 

Die im Gesetz deutlich herausgestellte Untrennbarkeit von Ausbau und Unterhaltung wird dazu führen, dass die Organisation der Gewässerbewirtschaftung neu zu gestalten ist. Insbesondere wird aus dem Gesetz heraus die Pflichtigkeit der aktiven Planung und Umsetzung von Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässer (Oberflächengewässer, Grundwasser) – im Umfang deutlich über das bisher geplante hinausgehend - präzisiert. Zur Finanzierung der Maßnahmen sind im Gesetz neue Umlageregelungen eingeführt worden, die mit den bestehenden kommunalen Satzungen oder Satzungen der Städte und Gemeinden in der Regel nicht übereinstimmen (§ 64 LWG). Aufgrund der Rechtsaufsicht über die Wasser- und Bodenverbände sowie als Bewirtschaftungsbehörde für die Gewässer im Kreisgebiet wird hier in den nächsten Jahren ein deutlicher Mehraufwand (Umgestaltung der Organisation der Gewässerinstandhaltung und des Gewässerausbaus und vertiefende Kausalitätsprüfungen in Verbindung mit kommunalen/privaten Einleitungsverfahren im Bereich der Niederschlagswasserentwässerung) auf den Kreis zukommen.