Beschlussvorschlag:
Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung für Maßnahmen zur
Herstellung der Durchgängigkeit des Karthäuser Mühlenbachs über den Fleisenbach
an der Karthäuser Mühle im Naturschutzgebiet 2.1.05 „Karthäuser Mühlenbach“ des
Landschaftsplans Rorup zu.
Die Befreiung soll mit
folgenden Auflagen versehen werden:
- Bei der Durchführung der Baumaßnahmen
ist in jedem Fall naturschonend vorzugehen. Dies bedeutet insbesondere,
dass prägende Landschaftsbestandteile (Hecken, Bäume, Geländeböschungen
etc.) unbeschädigt und unbeeinträchtigt zu erhalten sind.
- Die Flächeninanspruchnahme für den
Baubetrieb ist auf das geringst mögliche Maß zu reduzieren.
- Die Baumaßnahme ist in der Zeit vom 01.
Oktober bis zum 28. Februar durchzuführen.
- Die Baustelleneinrichtungsflächen sind
vor Baubeginn mit der unteren Naturschutzbehörde abzustimmen.
- Für das Aufbringen des anfallenden
Bodenaushubs dürfen ausschließlich Ackerflächen gewählt werden. Auch diese
sind vor Baubeginn mit der unteren Naturschutzbehörde abzustimmen.
Begründung:
Die Verbesserung
der Durchgängigkeit des Karthäuser Mühlenbachs wird in den unterschiedlichsten Varianten
bereits seit 2009 diskutiert. Die nun beantragte Variante wird im Folgenden
dargestellt. Der Karthäuser Mühlenbach, der in seinem späteren Lauf in den
Kleuterbach übergeht, ist durch mehrere Mühlen in seiner Durchgängigkeit
gestört bzw. unterbrochen. Da sich an der Schlautmannsmühle in Hiddingsel eine
Lösung abzeichnet, soll nun auch die Durchgängigkeit an der Karthäuser Mühle
geschaffen werden. Östlich der Straßenbrücke der K57 über den Karthäuser
Mühlenbach (s. Kartenausschnitt) wird ein Raugerinne-Beckenpass mit 9 Becken
und alternierenden Öffnungen als Fischpassverbindung gebaut. Die Fische können nach
Passierung über einen Nebengraben des Fleisenbachs die Umflutstrecke im
Fleisenbach nutzen und so das gesamte Mühlengelände umschwimmen. Der Durchlass
des Fleisenbachs unter der Mühlenzufahrt wird ebenfalls durchgängig gestaltet.
Die dortige Sohlschwelle wird im Zuge eines Brückenneubaus entfallen.
Damit das oben beschriebene System funktioniert, wird der Karthäuser
Mühlenbach östlich der Straßenbrücke der K57 mit einer doppelten Sperranlage
mit Versorgungsschlitzen und Notnachspeisungen versehen. Die
Versorgungsschlitze sind notwendig, damit Fische und Makroinvertebraten
zwischen Umflut und Mühle nicht gefangen sind, und die Feuchtbiotope,
Stillgewässer etc. auch weiterhin mit Wasser versorgt werden.
In den Karthäuser Mühlenbach wird wenige Meter oberhalb der Mündung des
Fleisenbachs (s. Karte) eine lückige Pfostenreihe als Einschwimmsperre
eingebaut. Die Pfostenreihe wird mit Totholz angereichert und sperrt so das
Gewässer im Bereich zwischen Q0 und Q330 (Wasserstand, der an 330 Tagen im Jahr
im Gewässerlauf feststellbar ist) mehr oder weniger ab. Dadurch entsteht ein
engmaschiges Lückensystem, das Fische vom Aufwärtswandern abhält. Ein weiterer
Vorteil ist, dass sich dahinter ein Kolk ausbildet, der die Fließgeschwindigkeit
des Mühlenbachs an der Mündung weiter senkt.
Der Karthäuser Mühlenbach und der Fleisenbach sind der Unteren
Forellenregion des Tieflands zugeordnet. Das Fischkataster der LANUV bestätigt,
dass die kleineren Fische dominieren, wie z. B. Schmerle, Zwerg- und
Dreistachliger Stichling. Hierbei handelt es sich allerdings um alte Erhebungen
aus dem Jahr 1993. Auf Nachfrage beim Landesamt für Natur, Umwelt und
Verbraucherschutz (LANUV), Fachbereich Fischereiökologie, wurde mitgeteilt,
dass keine neueren Befischungsdaten vorliegen. „Im Jahr 2014 konnte bei einer
Befischung einmalig ein Aal nachgewiesen werden. Jedoch kann nicht mit einer
natürlichen Rekrutierung des Kleuterbachs durch die Art gerechnet werden. Bei
Wiederherstellung geeigneter Strukturen könnte eventuell der Steinbeißer in dem
Gebiet Einzug halten. Bisher konnte die Art nur im Mündungsbereich des
Kleuterbachs in die Stever nachgewiesen werden. Mit der Herstellung der
längszonalen Durchgängigkeit kann auch die Schwarzmundgrundel bis in die Bereiche
von Karthaus aufsteigen, da diese im System bereits in hohen Abundanzen
nachgewiesen werden konnte. Leider lässt sich das nicht vermeiden.“ (Anmerkung
der Verwaltung: Die Schwarzmundgrundel stammt ursprünglich aus den
Zuflüssen des Schwarzen Meeres und gilt aufgrund
ihrer Ausbreitungsfreudigkeit und Fortpflanzungfähigkeit als invasive Art, die
gegenüber vielen heimischen Arten als Nahrungs- und Raumkonkurrent auftritt.)
Für das geplante
Vorhaben ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von folgenden
Verboten innerhalb des Naturschutzgebietes 2.1.05 „Karthäuser Mühlenbach“ des Landschaftsplans Rorup erforderlich:
·
Flächen
außerhalb der Wege zu betreten, zu befahren;
·
Aufschüttungen,
Abgrabungen, Ausschachtungen oder Sprengungen sowie sonstige Veränderungen des
Bodenreliefs vorzunehmen;
·
Fließende
oder stehende Gewässer einschließlich Teichanlagen – unbeschadet wasserrechtlicher
Bestimmungen – zu beseitigen, zu verfüllen und zu verändern, oder deren Ufer
herzustellen, zu beseitigen oder ihre Gestalt, einschließlich des Gewässerbettes,
zu verändern;
·
Bäume,
Sträucher oder sonstige wildwachsende Pflanzen zu beschädigen, aus- oder
abzureißen, auszugraben oder Teile davon abzutrennen oder auf andere Weise in ihrem
Wachstum zu beeinträchtigen.
Im Zuge des wasserrechtlichen Antrags sind
die Naturschutzverbände angehört worden. Mit Schreiben vom 13.03.2019 wird
mitgeteilt, dass das Vorhaben begrüßt und der Verwaltung empfohlen wird, der
Maßnahme im vollen Umfang zuzustimmen.
Anlagen:
1.
Übersichtskarte
2.
Lageplan
(farbige Originale einzusehen im Kreistags-Informations-System)
3.
Befreiungsantrag
mit Erläuterungen
4.
Liegenschaftslageplan
Raugerinne-Beckenpass
5.
Plan
Raugerinne-Beckenpass
6.
Plan
Einschwimmsperre
(Pläne Nr. 4 - 6 nur verfügbar im
Kreistags-Informations-System)