Betreff
Fortführung des Unterstützungsangebots zur Fachkräftegewinnung bei der wfc
Vorlage
SV-9-1445
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Das Ende 2019 auslaufende Unterstützungsangebot bei der wfc zur Fachkräftegewinnung wird bis auf Weiteres mit unveränderter personeller Ausstattung fortgeführt. Der jährliche Zuschuss des Kreises Coesfeld an die wfc wird von 35.000 EUR auf 40.000 EUR erhöht.

Begründung:

 

I.   Problem

 

Bereits heute ist in vielen Branchen und Berufen ein Fachkräftemangel deutlich spürbar. Immer mehr Stellen bleiben vakant, immer mehr Ausbildungsplätze unbesetzt. Unternehmer benennen die Fachkräftesicherung als eines der vordringlichsten Probleme bezgl. der Zukunftsfähigkeit ihrer Betriebe – das in signifikant steigender Zahl. 

 

Der demografische Wandel wird diese Situation in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Laut der aktuellen Bevölkerungsprognose für den Kreis Coesfeld nimmt (bei etwa gleichbleibender Gesamtbevölkerungszahl) bis 2040 das Erwerbspersonenpotenzial, d.h. die Wohnbevölkerung zwischen 18 und 67 Jahren, um mehr als 17% ab. Unter der Annahme weiterhin nahezu gleicher Rahmenbedingungen kann davon ausgegangen werden, dass bis 2040 im Kreis Coesfeld zusätzlich 6.000 bis 8.000 Arbeitskräfte fehlen werden.

 

Konjunkturelle Abschwünge können dabei die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt zwar temporär abschwächen, es bleibt aber bei dem strukturellen Problem eines erkennbaren Nachfrageüberhangs nach Arbeitskräften, insbesondere nach Fachkräften. Dieser Fachkräftemangel hat nicht nur Auswirkungen für das einzelne Unternehmen, sondern auch für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung des Standorts.

 

In der Vergangenheit ist der Kreis Coesfeld stets über dem Durchschnitt des Landes Nordrhein-Westfalen gewachsen (gemessen an der Entwicklung des nominalen Bruttoinlandsprodukts). Ein Ergebnis dieser Entwicklung ist die überaus gute Lage auf dem Arbeitsmarkt mit der ununterbrochen niedrigsten Arbeitslosenquote aller Kreise und kreisfreien Städte in Nordrhein-Westfalen seit 2007 bzw. der aktuellen Vollbeschäftigungssituation mit einer Arbeitslosenquote von unter 3%. Seit 2013 ist allerdings zu beobachten, dass der Kreis Coesfeld nur noch unter dem Landesdurchschnitt wächst.

 

Die nachfolgende Abbildung stellt die nominalen Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts in den Jahren 2009 bis 2015 für den Kreis Coesfeld dar und setzt sie in Relation zu den Wachstumsraten der anderen Münsterlandkreise, der Stadt Münster und des Landes NRW.

 

 

Quelle: IT.NRW, eigene Berechnungen

 

Da die Statistiken der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung auf der kleinräumigen Ebene der Kreise und kreisfreien Städte erst mit einer Verzögerung von 3 bis 4 Jahren zur Verfügung stehen, fehlen aktuell noch verlässliche Zahlen für den Zeitraum ab 2016. Erste Zahlen für 2016 deuten zwar auf ein regionales Wachstum über dem Landesdurchschnitt hin, allerdings sind diese Zahlen noch mit Vorsicht zu genießen und dürften erfahrungsgemäß noch Revisionen unterliegen. Eine Trendumkehr ist daraus zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abzuleiten.

 

Aus den Zahlen geht zudem hervor, dass der Kreis Coesfeld im münsterlandweiten Vergleich schwächer gewachsen ist als die Kreise Borken und Steinfurt sowie die Stadt Münster. Lediglich der Kreis Warendorf verzeichnet eine noch schwächere Entwicklung.

 

Gemeinsam mit den Regionalökonomen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster wurden die Ursachen für diese Entwicklung punktuell untersucht. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob die Abweichungen vom Landesdurchschnitt auf externe Faktoren oder auf regionsendogene Faktoren zurückzuführen sind. Im Ergebnis dieser Analyse ist im Wesentlichen von endogenen Faktoren auszugehen. Naheliegendste Erklärung dafür ist die Verfügbarkeit von Fachkräften im Kreis Coesfeld. Der Mangel an Fachkräften bremst das Wachstum der einzelnen Unternehmen und in Summe des Standorts. Das bestätigen auch regelmäßige Rückmeldungen aus den Unternehmen, die berichten, dass Aufträge abgelehnt werden müssen, weil die dafür benötigten Fachkräfte nicht (mehr) zur Verfügung stehen.

 

Langfristig birgt ein unterdurchschnittliches Wachstum das Risiko, dass notwendige Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen unterbleiben und diese und mit ihnen der Standort insgesamt an Wettbewerbsfähigkeit verlieren.

 

Vor diesem Hintergrund hat der Kreistag Coesfeld in 2016 beschlossen, ab 2017 das Unterstützungsangebot zur Fachkräftebindung bei der wfc (Vereinbarkeit von Familie & Beruf, betriebliches Gesundheitswesen, Qualifizierungsberatung etc.) auszubauen und um ein Unterstützungsangebot zur Fachkräftegewinnung zu erweitern (Sitzungsvorlage SV-9-0617). Aufgabe der wfc ist es dabei nicht, unmittelbar Fachkräfte für den Wirtschaftsstandort Kreis Coesfeld anzuwerben, sondern für und mit den Unternehmern Angebote aufzubauen, damit diese besser die benötigten Fachkräfte gewinnen können. Die Wirksamkeit der Angebote ist somit in erster Linie daran zu messen, wie Unternehmen die Angebote wahr- und annehmen, um sich selbst besser als attraktiver Arbeitgeber auf den relevanten Arbeitsmärkten zu positionieren und die gesuchten Fachkräfte (einschl. Auszubildende) zu gewinnen.

 

Zunächst befristet auf 3 Jahre hat der Kreis Coesfeld der wfc dafür einen Zuschuss von 35.000 € p.a. für eine halbe Personalstelle einschl. Sachkosten zur Verfügung gestellt. Die Gewährung des Zuschusses läuft Ende 2019 aus.

 

Bis heute wurde ein umfangreiches Unterstützungsangebot im Bereich der Fachkräftegewinnung entwickelt, eingeführt und getestet. Einzelheiten sind der Anlage 1 zu entnehmen.

 

Die Zahl der Unternehmen, die diese Angebote der wfc aktiv nachfragen und nutzen bzw. sich in die Verbundprojekte einbringen, wächst stetig. Verbunden damit sind regelmäßige Rückmeldungen aus den Unternehmen, die diese Angebote ausdrücklich begrüßen und als sehr hilfreich für die unternehmerischen Prozesse der Fachkräftegewinnung benennen.

II.  Lösung

 

Aufgrund dieser skizzierten langfristigen Rahmenbedingungen für den Arbeitsmarkt und die gesamtwirtschaftliche Entwicklung im Kreis Coesfeld wird vorschlagen, das Unterstützungsangebot zur Fachkräftegewinnung

 

a)    mit unveränderter personeller Ausstattung fortzuführen,

b)    zu entfristen, um in diesem Punkt ein deutliches Signal an die Wirtschaft zu geben und

c)    den jährlichen Zuschuss des Kreises Coesfeld aufgrund der Personalkostenentwicklung von 35.000 EUR auf 40.000 EUR zu erhöhen.

 

Das für die nächsten Jahre geplante Arbeitsprogramm ist Anlage 2 zu entnehmen. Dieses Arbeitsprogramm soll regelmäßig fortgeschrieben werden.

 

Über den Fortgang wird regelmäßig (mind. 1x jährlich) im Ausschuss für Finanzen, Wirtschaftsförderung und Kreisentwicklung berichtet.

III. Alternativen

Das Unterstützungsangebot zur Fachkräftegewinnung wird nicht fortgeführt und läuft Ende 2019 aus.

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Der bis auf weiteres gewährte jährliche Zuschuss in Höhe von 40.000 EUR (bisher 35.000 EUR) ist in den Haushalt 2020 und in die mittelfristige Finanzplanung aufzunehmen. Die Finanzierung erfolgt über das Produkt 04.01.02.01 Kreisentwicklung, Wirtschaftsförderung.

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Der Kreistag ist gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 KrO NRW für die Entscheidung zuständig.