Betreff
Kommunale Planung nach § 7 des Alten- und Pflegegesetz NRW (APG NRW)
hier: Fortschreibung zum Stichtag 31.12.2017
Vorlage
SV-9-1448
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

 

  1. Der vorgelegte Fortschreibungsentwurf wird als Planung des Kreises Coesfeld nach § 7 des Alten- und Pflegegesetzes NRW beschlossen.

 

  1. Die Priorisierung der in Planfortschreibung vorgeschlagenen Maßnahmemöglichkeiten soll weiterhin durch die mit allen Städten und Gemeinden eingerichtete interkommunale Arbeitsgruppe erfolgen.

 

  1. Die in der Planungsfortschreibung aufgeführten Maßnahmemöglichkeiten sollen auch weiterhin folgenden Punkt enthalten:

 

Unter Berücksichtigung der weiterhin relativ hohen Anzahl an stationären Plätzen im Kreis Coesfeld und der Verteilung von Angebot und prognostizierten Bedarfen wären neue stationäre Plätze eher in den südlichen Teilen des Kreises Coesfeld anzusiedeln, also in Senden, Lüdinghausen, Olfen, Ascheberg und ggf. in Nordkirchen. Falls dabei neue stationäre Einrichtungen entstehen sollten, ist auf eine flexibel nutzbare Gestaltung zu achten, die bspw. auch die Umwandlung der Gebäude (oder Teilen davon) für andere Nutzungen erlauben würden.

 

I.

Am 29.03.2017 hat der Kreistag die erste Planung nach § 7 des Altenpflegegesetzes (APG) mit der Stichtagsgrundlage 31.12.2015 beschlossen. (SV-9-721). Die Ergebnisse der örtlichen Planung sowie die Umsetzung von Maßnahmen sind nach der erstmaligen Verabschiedung jedes zweite Jahr zusammenzustellen. Der bisherige Plan ist somit zum Stichtag 31.12.2017 fortzuschreiben (§ 7 Abs. 4 APG NRW). Auf der Grundlage einer beschränkten Ausschreibung des Kreises Coesfeld vom 10.12.2018 wurde am 24.01.2019 die FOGS GmbH, Köln, für die Fortschreibung der Planung nach APG NRW für den Kreis Coesfeld beauftragt.

 

 

II.

Auftragsgemäß hat die FOGS GmbH einen Entwurf der Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung vorgelegt. Von der Gesamtsystematik her baut die Fortschreibung auf die erste Planung des Kreises Coesfeld nach dem APG auf. Der Leistungsbeschreibung des Kreises Coesfeld folgend wurden folgende Veränderungen und Ergänzungen erarbeitet:

 

  • Aktualisierung des Bevölkerungsstandes und der Prognose nach dem „Hildesheimer Planungsmodell“.
  • Aktualisierung der Pflegebedürftigkeitsquoten
  • Aktualisierung der Daten zu Betreuungs- und Pflegeangeboten 
  • Befragung der stationären Pflegeeinrichtungen inkl. Erhebung der Belegungsstrukturen nach Herkunft der Bewohner*innen
  • Überprüfung der Bedarfszahlen nach Versorgungsform und Sozialraum
  • Ermittlung des Bedarfs für Tagespflege und Kurzzeitpflege
  • Einarbeitung und Vertiefung der in der Interkommunalen Arbeitsgruppe bereits konkretisierten und festgelegten Maßnahmen aus der ersten Planungsfassung
  • Ableitung von möglichen Maßnahmen aus den Ergebnissen der Analyse

 

Die Fortschreibung der Planung wurde wieder durch eine Arbeitsgruppe mit Vertretungen aus Kreisverwaltung und Kommunen begleitet, Diese hat am 11.03.2019 und am 15.05.2019 mit der FOGS GmbH die Erarbeitung der Planung erörtert. Am 15.09.2019 fand zudem ein Austausch mit allen Städten und Gemeinden zu den im Entwurf vorliegenden zentralen Ergebnissen der Fortschreibung statt.

 

Im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit und in der Konferenz Alter und Pflege (05.09.2019) wird der Planungsentwurf von Vertretern/innen der FOGS GmbH vorgestellt und erläutert.

 

 

Auf folgende wichtige inhaltliche Aspekte des Berichtes wird hingewiesen:

 

1.    Prognose der Entwicklung der Pflegequoten und Entwicklung der Inanspruchnahme von Pflegeangeboten

 

Bei der Entwicklung der Pflegequoten wird weiterhin von der Expansionsthese ausgegangen, d.h. die Pflegewahrscheinlichkeit in den Altersgruppen bleibt in Zukunft konstant.

In der Summe würde die Anwendung der altersabhängigen Pflegebedürftigkeitsquoten 2017 auf die Prognose der Bevölkerung bis zum Jahr 2030 eine Zunahme von 7.981 auf 9.850 Pflegebedürftige (+ 1.869) ergeben (siehe Abb. 4 Seite 18). Am stärksten fällt diese Zunahme im Zeitraum von 2017 – 2025 mit 1419 Personen aus und schwächt sich auf 450 von 2025 – 2030 ab. Gegenüber der Planfassung „2015“ sind diese Zahlen erheblich gestiegen (IST 2015: 6.234 und Prognose 2030: 8.118). Der sehr wahrscheinlich ausschließliche Grund hierfür ist die Ausweitung der Definition von Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Pflegestärkungsgesetzte II undIII (PSG II/III) und deren Auswirkung auf die Pflegestatistik 12-2017.    

 

Aktuell werden laut Pflegestatistik (2017) im Kreis Coesfeld 26,1% (2015: 25.1%) der pflegebedürftigen Personen - definiert über den Leistungsbezug aus der Pflegeversicherung - von ambulanten Pflegediensten betreut, 27,5 % (2015: 33,1%) leben in stationären Einrichtungen und 46,4 % (2015: 41.8%) werden von ihren Angehörigen zu Hause versorgt bzw. erhalten Pflegegeld (siehe Tab.5 Seite 26).

Auch hier sind die Wirkungen der PSG II/III feststellbar, d.h. der Anstieg der Pflegebedürftigkeitszahlen betrifft überwiegend die Versorgung im häuslichen bzw. ambulanten Bereich.  Im regionalen Vergleich ist der Versorgungsanteil in der stationären Dauerpflege im Kreis Coesfeld hinter der Stadt Münster (30,2%) weiterhin am höchsten. Die benachbarten Kreise Borken und Steinfurt liegen hier bei 20 – 21 %. Entsprechend liegt auch das Verhältnis von Pflegeplätzen zur Bevölkerung über 65 Jahren sowohl über den Werten der Nachbarregionen, als auch über dem Landesdurchschnitt (siehe Abb. 10 Seite 36).

 

Hinsichtlich des künftigen Anteils der einzelnen Versorgungsarten schlägt FOGS weiterhin vor, dem sog. Szenario 2 zu folgen, d.h.  formelle Pflegearten (Pflegedienste und stationäre Dauerpflege) werden anteilig stärker, auch weil die Angehörigenpflege anteilig abnimmt. Da die stationäre Pflege im Kreis Coesfeld nach wie vor überdurchschnittlich angeboten wird, wird angenommen, dass die anteilige Steigerung der formellen Pflege durch Pflegedienste erbracht werden muss.

 

Zahlenmäßig hat dieses Prognosemodell zur Pflegebedürftigkeit folgende Auswirkungen:

 

Entwicklung der Gesamtzahlen an Pflegebedürftigen nach Versorgung

 

 

 

 

 

 

 

Zunahme der Zahl an Pflegebedürftigen ab 2015 nach Versorgung

 

 

 

 

·         Der über die Jahre kontinuierlich steigende Bedarf in allen Versorgungsfeldern wird in der Fortschreibung nochmals bestätigt. 

·         Bis 2020 wären demnach gegenüber dem Jahr 2017 zusätzlich

o   296 Pflegebedürftige durch ambulante Pflegedienste,

o   211 Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen

o   und 261 Pflegebedürftige durch Angehörige zu versorgen.

·         Der Bedarfswert in der Stationären Pflege für 2020 (2380 Plätze) entspricht dabei nahezu dem heute bereits bestehenden Angebot (2360 Plätze). Bis 2025 entsteht hier eine Bedarfslücke von ca. 220 Plätzen.

 

FOGS sieht in seinen Empfehlungen auf Seite 59/60 den Bedarf eines weiteren Ausbaus an stationärer Pflege in den nächsten Jahren als nicht prioritär an. Dies wird begründet mit der noch ausstehenden Inbetriebnahme der Pflegeeinrichtung in Senden und zu erwartenden Entlastungen durch den Ausbau von Wohnangeboten mit ganzheitlichen Versorgungsstrukturen nach dem „Steinfurter Modell“

 

Für den Bereich der Kurzzeitpflege sieht FOGS dringliche, neue Handlungsbedarfe. Dies wird begründet mit der Zunahme der Bedarfslagen bei gleichzeitig sinkenden Verfügbarkeiten von freien Plätzen. Dem zu begegnen, schlägt man die Ausweitung von permanent verfügbaren Kapazitäten insbesondere unter Nutzung der sog. „Flix/Flex-Regelung“ vor.

 

Ab Seite 56 des Berichtes werden die Ergebnisse des Gutachtens zusammengefasst und daraus Maßnahmenempfehlungen formuliert und begründet. Der Übersicht aller Maßnahmemöglichkeiten auf den Seiten 67 und 68 ist zu entnehmen, dass die Empfehlung zur Kurzzeitpflege als einzig neue auf der Liste steht. Alle weiteren Vorschläge waren bereits in der vorherigen Planung enthalten. Gestrichen wurde mit der o.g. Begründung der Maßnahmevorschlag zur möglichen Ausweitung der stationären Pflege im südlichen Kreisgebiet.

 

Mit Schreiben vom 16.07.2019 waren die Städte und Gemeinden im Kreis aufgefordert, auf Grundlage der gesamten Entwurfsfassung der Planung Stellung zu beziehen. Rückmeldungen bis zur vorgegebenen Frist (02.08.19) erfolgten mit Blick auf den weiteren Bedarf an stationärer Pflege. Hier wird sowohl seitens der Stadt Olfen, wie auch von der Gemeinde Senden betont, dass mit der Errichtung der Pflegeinrichtung in Senden eine Bedarfsdeckung im Südkreis noch nicht erfolgt sei bzw. sich für die Zukunft eine Angebotslücke auftue. Insofern wird eingefordert, den entsprechenden Maßnahmevorschlag aus der vorherigen Planung weiterhin bestehen zu lassen. Im Beschlussvorschlag wurde dieser Ergänzungsbedarf aufgenommen.

 

Darüber macht die Gemeinde Senden im Rahmen ihrer Stellungnahme auf größere Differenzen zwischen der Gemeindemodellrechnung von IT NRW und der in der Planung angewandten Prognose nach dem Hildesheimer Planungsmodell aufmerksam. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den beiden Prognosen sehr unterschiedliche Verfahren zu Grunde liegen. Die IT- Modellrechnung bricht die Landesprognose NRW auf die Kreise und kreisfreien Städte und in einem nächsten Schritt auf die kreisangehörigen Städte und Gemeinden herunter. In der Modellrechnung für die Gemeinden - so IT-NRW in den Erläuterungen – „sind keine eigenen Annahmen auf der Gemeindeebene für die demografischen Komponenten festgelegt worden“. Die Vorgehensweise im Hildesheimer Planungsmodell besteht genau darin, auf Basis der differenzierten kommunalen Meldedaten eine Prognose zu erstellen, die auch die lokalen Wanderungsbewegungen und lokale altersbezogene Fertilitätsquoten einbezieht.  

Der Empfehlung der Gemeinde Senden, die Genauigkeit beider Prognosen im Rahmen weiterer Fortschreibungen zu überprüfen und ggf. gegenzusteuern, sollte künftig dennoch nachgekommen werden.

 

Am 05.09.2019 wird die Planfortschreibung in der Konferenz Alter und Pflege vorgestellt und erörtert. Zu den Ergebnissen dieser Besprechung wird im Ausschuss mündlich vorgetragen.

 

Bereits im Nachgang zur ersten Planfassung nach dem APG im Jahr 2017 wurde die Priorisierung und Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmemöglichkeiten von einer interkommunalen Arbeitsgruppe begleitet. Aufgrund der bisher guten Erfahrung soll diese Vorgehensweise aufrecht erhalten bleiben.

 

 

III.  Alternativen

Da die Planung gemäß § 7 APG und auch die zweijährige Fortschreibung verpflichtend sind, bestehen hierzu keine Alternativen.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Die im Gutachten prognostizierte, zunehmende Zahl von Pflegebedürftigen wird im Leistungsbereich unabwendbar zu gesteigerten Ausgaben führen. Gleichzeitige Herausforderung und Gelegenheit wird es dann sein, mit den beschriebenen Maßnahmen diese Entwicklung zu gestalten und zu steuern. 

 

 

V.    Zuständigkeit für die Entscheidung

Wegen der Grundsätzlichkeit der Entscheidung liegt die Zuständigkeit beim Kreistag.

 

 

 

Anlagen:

Bericht (Stand August 2018) „Pflegebedarfsplanung für den Kreis Coesfeld“ - Fortschreibung

Vorgelegte Stellungnahmen zur Planung durch die Stadt Olfen und die Gemeinde Senden