hier: Fortschreibung zum Stichtag 31.12.2017
Beschlussvorschlag:
- Der vorgelegte Fortschreibungsentwurf wird als Planung des Kreises Coesfeld nach § 7 des Alten- und Pflegegesetzes NRW beschlossen.
- Die Priorisierung der in Planfortschreibung vorgeschlagenen Maßnahmemöglichkeiten soll weiterhin durch die mit allen Städten und Gemeinden eingerichtete interkommunale Arbeitsgruppe erfolgen.
- Die in der Planungsfortschreibung aufgeführten Maßnahmemöglichkeiten sollen auch weiterhin folgenden Punkt enthalten:
Unter
Berücksichtigung der weiterhin relativ hohen Anzahl an stationären Plätzen im
Kreis Coesfeld und der Verteilung von Angebot und prognostizierten Bedarfen
wären neue stationäre Plätze eher in den südlichen Teilen des Kreises Coesfeld
anzusiedeln, also in Senden, Lüdinghausen, Olfen, Ascheberg und ggf. in Nordkirchen.
Falls dabei neue stationäre Einrichtungen entstehen sollten, ist auf eine
flexibel nutzbare Gestaltung zu achten, die bspw. auch die Umwandlung der
Gebäude (oder Teilen davon) für andere Nutzungen erlauben würden.
I.
Am 29.03.2017 hat der Kreistag die erste
Planung nach § 7 des Altenpflegegesetzes (APG) mit der Stichtagsgrundlage
31.12.2015 beschlossen. (SV-9-721).
Die
Ergebnisse der örtlichen Planung sowie die Umsetzung von Maßnahmen sind nach
der erstmaligen Verabschiedung jedes zweite Jahr zusammenzustellen. Der
bisherige Plan ist somit zum Stichtag 31.12.2017 fortzuschreiben (§ 7 Abs. 4
APG NRW). Auf der Grundlage
einer beschränkten Ausschreibung des Kreises Coesfeld vom 10.12.2018 wurde am
24.01.2019 die FOGS GmbH, Köln, für die Fortschreibung
der Planung nach APG NRW für den Kreis Coesfeld beauftragt.
II.
Auftragsgemäß hat die FOGS GmbH einen
Entwurf der Fortschreibung der Pflegebedarfsplanung vorgelegt. Von der
Gesamtsystematik her baut die Fortschreibung auf die erste Planung des Kreises
Coesfeld nach dem APG auf. Der Leistungsbeschreibung des Kreises Coesfeld
folgend wurden folgende Veränderungen und Ergänzungen erarbeitet:
- Aktualisierung
des Bevölkerungsstandes und der Prognose nach dem „Hildesheimer
Planungsmodell“.
- Aktualisierung
der Pflegebedürftigkeitsquoten
- Aktualisierung
der Daten zu Betreuungs- und Pflegeangeboten
- Befragung der
stationären Pflegeeinrichtungen inkl. Erhebung der Belegungsstrukturen nach
Herkunft der Bewohner*innen
- Überprüfung
der Bedarfszahlen nach Versorgungsform und Sozialraum
- Ermittlung
des Bedarfs für Tagespflege und Kurzzeitpflege
- Einarbeitung
und Vertiefung der in der Interkommunalen Arbeitsgruppe bereits
konkretisierten und festgelegten Maßnahmen aus der ersten Planungsfassung
- Ableitung von
möglichen Maßnahmen aus den Ergebnissen der Analyse
Die Fortschreibung der Planung wurde wieder durch eine Arbeitsgruppe
mit Vertretungen aus Kreisverwaltung und Kommunen begleitet, Diese hat am
11.03.2019 und am 15.05.2019 mit der FOGS GmbH die Erarbeitung der Planung
erörtert. Am 15.09.2019 fand zudem ein Austausch mit allen Städten und
Gemeinden zu den im Entwurf vorliegenden zentralen Ergebnissen der
Fortschreibung statt.
Im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit und in der Konferenz Alter und Pflege (05.09.2019) wird der Planungsentwurf von Vertretern/innen der FOGS GmbH vorgestellt und erläutert.
Auf
folgende wichtige inhaltliche Aspekte des Berichtes wird hingewiesen:
1. Prognose der
Entwicklung der Pflegequoten und Entwicklung der Inanspruchnahme von
Pflegeangeboten
Bei der Entwicklung der
Pflegequoten wird weiterhin von der Expansionsthese ausgegangen, d.h. die
Pflegewahrscheinlichkeit in den Altersgruppen bleibt in Zukunft konstant.
In der Summe würde die Anwendung der
altersabhängigen Pflegebedürftigkeitsquoten 2017 auf die Prognose der
Bevölkerung bis zum Jahr 2030 eine Zunahme von 7.981 auf 9.850 Pflegebedürftige
(+ 1.869) ergeben (siehe Abb. 4 Seite 18). Am stärksten fällt diese Zunahme im
Zeitraum von 2017 – 2025 mit 1419 Personen aus und schwächt sich auf 450 von
2025 – 2030 ab. Gegenüber der Planfassung „2015“ sind diese Zahlen erheblich
gestiegen (IST 2015: 6.234 und Prognose 2030: 8.118). Der sehr wahrscheinlich
ausschließliche Grund hierfür ist die Ausweitung der Definition von
Pflegebedürftigkeit im Rahmen der Pflegestärkungsgesetzte II undIII (PSG
II/III) und deren Auswirkung auf die Pflegestatistik 12-2017.
Aktuell werden laut Pflegestatistik (2017) im
Kreis Coesfeld 26,1% (2015: 25.1%) der pflegebedürftigen Personen - definiert
über den Leistungsbezug aus der Pflegeversicherung - von ambulanten Pflegediensten
betreut, 27,5 % (2015: 33,1%) leben in stationären Einrichtungen und 46,4 %
(2015: 41.8%) werden von ihren Angehörigen zu Hause versorgt bzw. erhalten
Pflegegeld (siehe Tab.5 Seite 26).
Auch hier sind die Wirkungen der PSG II/III
feststellbar, d.h. der Anstieg der Pflegebedürftigkeitszahlen betrifft
überwiegend die Versorgung im häuslichen bzw. ambulanten Bereich. Im regionalen Vergleich ist der
Versorgungsanteil in der stationären Dauerpflege im Kreis Coesfeld hinter der
Stadt Münster (30,2%) weiterhin am höchsten. Die benachbarten Kreise Borken und
Steinfurt liegen hier bei 20 – 21 %. Entsprechend liegt auch das Verhältnis von
Pflegeplätzen zur Bevölkerung über 65 Jahren sowohl über den Werten der
Nachbarregionen, als auch über dem Landesdurchschnitt (siehe Abb. 10 Seite 36).
Hinsichtlich des künftigen Anteils der
einzelnen Versorgungsarten schlägt FOGS weiterhin vor, dem sog. Szenario 2 zu
folgen, d.h. formelle Pflegearten
(Pflegedienste und stationäre Dauerpflege) werden anteilig stärker, auch weil
die Angehörigenpflege anteilig abnimmt. Da die stationäre Pflege im Kreis
Coesfeld nach wie vor überdurchschnittlich angeboten wird, wird angenommen,
dass die anteilige Steigerung der formellen Pflege durch Pflegedienste erbracht
werden muss.
Zahlenmäßig hat dieses Prognosemodell zur
Pflegebedürftigkeit folgende Auswirkungen:
Entwicklung der Gesamtzahlen an Pflegebedürftigen nach
Versorgung
Zunahme der Zahl an Pflegebedürftigen ab 2015 nach
Versorgung
·
Der über die
Jahre kontinuierlich steigende Bedarf in allen Versorgungsfeldern wird in der
Fortschreibung nochmals bestätigt.
·
Bis 2020 wären
demnach gegenüber dem Jahr 2017 zusätzlich
o
296
Pflegebedürftige durch ambulante Pflegedienste,
o
211
Pflegebedürftige in stationären Pflegeeinrichtungen
o
und 261
Pflegebedürftige durch Angehörige zu versorgen.
·
Der Bedarfswert
in der Stationären Pflege für 2020 (2380 Plätze) entspricht dabei nahezu dem
heute bereits bestehenden Angebot (2360 Plätze). Bis 2025 entsteht hier eine
Bedarfslücke von ca. 220 Plätzen.
FOGS sieht in seinen Empfehlungen auf Seite
59/60 den Bedarf eines weiteren Ausbaus an stationärer Pflege in den nächsten
Jahren als nicht prioritär an. Dies wird begründet mit der noch ausstehenden
Inbetriebnahme der Pflegeeinrichtung in Senden und zu erwartenden Entlastungen
durch den Ausbau von Wohnangeboten mit ganzheitlichen Versorgungsstrukturen
nach dem „Steinfurter Modell“
Für den Bereich der Kurzzeitpflege sieht FOGS
dringliche, neue Handlungsbedarfe. Dies wird begründet mit der Zunahme der
Bedarfslagen bei gleichzeitig sinkenden Verfügbarkeiten von freien Plätzen. Dem
zu begegnen, schlägt man die Ausweitung von permanent verfügbaren Kapazitäten
insbesondere unter Nutzung der sog. „Flix/Flex-Regelung“ vor.
Ab Seite 56 des Berichtes werden die
Ergebnisse des Gutachtens zusammengefasst und daraus Maßnahmenempfehlungen
formuliert und begründet. Der Übersicht aller Maßnahmemöglichkeiten auf den
Seiten 67 und 68 ist zu entnehmen, dass die Empfehlung zur Kurzzeitpflege als
einzig neue auf der Liste steht. Alle weiteren Vorschläge waren bereits in der
vorherigen Planung enthalten. Gestrichen wurde mit der o.g. Begründung der
Maßnahmevorschlag zur möglichen Ausweitung der stationären Pflege im südlichen
Kreisgebiet.
Mit Schreiben vom 16.07.2019 waren die Städte und Gemeinden im Kreis
aufgefordert, auf Grundlage der gesamten Entwurfsfassung der Planung Stellung
zu beziehen. Rückmeldungen bis zur vorgegebenen Frist (02.08.19) erfolgten mit
Blick auf den weiteren Bedarf an stationärer Pflege. Hier wird sowohl seitens
der Stadt Olfen, wie auch von der Gemeinde Senden betont, dass mit der
Errichtung der Pflegeinrichtung in Senden eine Bedarfsdeckung im Südkreis noch
nicht erfolgt sei bzw. sich für die Zukunft eine Angebotslücke auftue. Insofern
wird eingefordert, den entsprechenden Maßnahmevorschlag aus der vorherigen
Planung weiterhin bestehen zu lassen. Im Beschlussvorschlag wurde dieser Ergänzungsbedarf
aufgenommen.
Darüber macht die Gemeinde Senden im Rahmen ihrer Stellungnahme auf
größere Differenzen zwischen der Gemeindemodellrechnung von IT NRW und der in
der Planung angewandten Prognose nach dem Hildesheimer Planungsmodell
aufmerksam. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass den beiden
Prognosen sehr unterschiedliche Verfahren zu Grunde liegen. Die IT-
Modellrechnung bricht die Landesprognose NRW auf die Kreise und kreisfreien
Städte und in einem nächsten Schritt auf die kreisangehörigen Städte und
Gemeinden herunter. In der Modellrechnung für die Gemeinden - so IT-NRW in den Erläuterungen
– „sind keine eigenen Annahmen auf der Gemeindeebene für die demografischen
Komponenten festgelegt worden“.
Die Vorgehensweise im Hildesheimer Planungsmodell besteht genau darin, auf
Basis der differenzierten kommunalen Meldedaten eine Prognose zu erstellen, die
auch die lokalen Wanderungsbewegungen und lokale altersbezogene
Fertilitätsquoten einbezieht.
Der Empfehlung der Gemeinde Senden, die Genauigkeit beider Prognosen im
Rahmen weiterer Fortschreibungen zu überprüfen und ggf. gegenzusteuern, sollte
künftig dennoch nachgekommen werden.
Am 05.09.2019 wird die Planfortschreibung in der Konferenz Alter und
Pflege vorgestellt und erörtert. Zu den Ergebnissen dieser Besprechung wird im
Ausschuss mündlich vorgetragen.
Bereits im Nachgang zur ersten Planfassung nach dem APG im Jahr 2017
wurde die Priorisierung und Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmemöglichkeiten
von einer interkommunalen Arbeitsgruppe begleitet. Aufgrund der bisher guten
Erfahrung soll diese Vorgehensweise aufrecht erhalten bleiben.
III.
Alternativen
Da die Planung gemäß § 7 APG und auch die
zweijährige Fortschreibung verpflichtend sind, bestehen hierzu keine
Alternativen.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen,
Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Die im Gutachten prognostizierte, zunehmende
Zahl von Pflegebedürftigen wird im Leistungsbereich unabwendbar zu gesteigerten
Ausgaben führen. Gleichzeitige Herausforderung und Gelegenheit wird es dann
sein, mit den beschriebenen Maßnahmen diese Entwicklung zu gestalten und zu
steuern.
V. Zuständigkeit
für die Entscheidung
Wegen der Grundsätzlichkeit der Entscheidung liegt die Zuständigkeit beim Kreistag.
Anlagen:
Bericht (Stand August 2018) „Pflegebedarfsplanung für den Kreis Coesfeld“ - Fortschreibung
Vorgelegte Stellungnahmen zur Planung durch die Stadt Olfen und die Gemeinde Senden