Betreff
Errichtung einer Auffüllung als Landschaftsbauwerk auf dem Gelände des ehemaligen Munitionsdepots Visbeck
Vorlage
SV-9-1677
Aktenzeichen
70.2
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der Beirat stimmt der Erteilung einer Befreiung von den Verboten des Landschaftsschutzgebiets 2.2.04 Süskenbrocks Heide“ des Landschaftsplans „Merfelder Bruch - Borkenberge“ für die Errichtung einer Auffüllung als Landschaftsbauwerk auf dem Gelände des ehemaligen Munitionsdepots Visbeck in Dülmen zu.

 

Begründung:

 

Die Stadt Dülmen plant die Errichtung eines Ökokontos auf dem ehemaligen Munitionsdepot Visbeck in Dülmen auf einer Fläche von ca. 17 ha. Das Munitionsdepot gliedert sich in einen kleinen „amerikanischen“ Bereich im Süden und einen größeren „deutschen“ Bereich im Norden. Da der amerikanische Bereich aus Denkmalschutzgründen nicht aufgeplant werden kann, beschränkt sich das Plangebiet des Ökokontos auf den deutschen Bereich. Die ersten Planungen und Abstimmungsgespräche zu diesem Projekt wurden bereits in 2017 zwischen der Stadt Dülmen und dem Kreis Coesfeld geführt.

Das ehemalige Munitionsdepot Visbeck war vor dem Erwerb durch die Stadt Dülmen im Eigentum eines privaten Gewerbetreibenden. Als dieser die Fläche veräußern wollte, hat die Stadt Dülmen die Fläche erworben, um eine intensive gewerbliche Nutzung zu verhindern und die wertvollen ökologischen Strukturen zu sichern und im Sinne eines Ökokontos aufzuwerten.

Ziel des Aufwertungskonzepts ist die Entwicklung eines heterogenen Biotopkomplexes aus extensivem Sandmagerrasen und Heide, Gehölzbeständen und einem Kleingewässer (s. Erläuterungen im Landschaftspflegerischen Begleitplan LBP). Als spezielle Artenschutzmaßnahmen werden Lebensräume für die Zauneidechse angelegt sowie eine Brutmöglichkeit für den Uhu und in den zu erhaltenden Gebäuden Fledermausquartiere geschaffen.

 

Im Bereich der nördlichen Bunker soll durch die Überdeckung mit Böden ein Landschaftsbauwerk geschaffen werden. Hierfür werden die im Bereich der Bunker im Laufe der Jahre durch Sukzession entstandenen Feldgehölze mit einem geringen bis mittleren Anteil an lebensraumtypischen Gehölzen abschnittsweise entfernt und nach Fertigstellung des Landschaftsbauwerks mit einem Feldgehölz aus ausschließlich lebensraumtypischen Gehölzen ersetzt, so dass das Landschaftsbauwerk sich durch die abschließende Bewaldung in das Landschaftsbild einfügt. Als zusätzliche Vermeidungsmaßnahme einer landschaftsästhetischen Beeinträchtigung soll die Bodenauffüllung auf die Höhe der Bunker zuzüglich einer Rekultivierungsschicht von bis zu 1,0 m Mächtigkeit begrenzt werden.

Bezüglich der Herstellung des Landschaftsbauwerks, der einzubringenden Bodenmassen, der zeitlichen Abfolge und der Kontrollmaßnahmen wird zwischen der Stadt Dülmen, dem Kreis Coes­feld und einem noch durch ein Ausschreibungsverfahren festzulegenden Konzessionär ein öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen. In diesem wird u. a. sichergestellt, dass ausschließlich unbelastetes Bodenmaterial in das Landschaftsbauwerk eingebaut werden darf, Fahrbewegungen nur an den Werktagen erfolgen dürfen und sowohl die Stadt Dülmen als auch der Kreis Coes­feld eine ständige Überwachung ausüben dürfen.

Mit den vorgesehenen Aufwertungsmaßnahmen wird eine Biotopwertsteigerung von 460.060 Biotopwertpunkten erzielt. Der im LBP ermittelte Wert von 566.460 BWP kann nicht anerkannt werden, da die gem. der „Numerischen Bewertung von Biotoptypen für die Eingriffsregelung in NRW“ für die Entsiegelung der PAK-belasteten Verkehrsflächen angesetzte Verdopplung des Zielbiotopwerts nach Vorgabe eines Rechtsvermerks des MKULNV aus dem Jahr 2011 nicht mehr anzuwenden ist.

 

Das Plangebiet des Landschaftsbauwerks befindet sich relativ zentral gelegen im Landschaftsschutzgebiet 2.2.04 „Süskenbrocks Heide“ des Landschaftsplans Merfelder Bruch - Borkenberge.

Der Schutzzweck dieses ca. 1.600 ha großen Landschaftsschutzgebiets ist die Erhaltung der vielfältig durch Hecken, Baumgruppen, Fließgewässer und andere Landschaftselemente gegliederten Landschaft. Die Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet entspricht den Zielsetzungen des Entwicklungsziels 1.1 „Erhaltung einer mit naturnahen Lebensräumen und sonstigen natürlichen Landschaftselementen reich oder vielfältig ausgestatteten Landschaft“. Der Erhaltung des Landschaftsbilds kommt durch die Lage im Naturpark „Hohe Mark“ besondere Bedeutung zu.

 

Für das geplante Landschaftsbauwerk ist eine Befreiung gemäß § 67 Bundesnaturschutzgesetz von folgenden Verboten innerhalb des Landschaftsschutzgebietes erforderlich:

·           Bauliche Anlagen i. S. d. Bauordnung NRW zu errichten oder zu erweitern, auch wenn sie keiner Planfeststellung, Genehmigung oder Anzeige bedürfen.

·           Die Oberflächengestalt zu verändern: Aufschüttungen, Verfüllungen, Abgrabungen, Ausschachtungen und Sprengungen vorzunehmen.

 

Die Befreiung soll aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses mit folgenden Auflagen erteilt werden:

·           Das Verfüllen bzw. Überdecken der Bunker einschließlich der vorhergehenden Gehölzrodungsarbeiten ist unter ökologischer Baubegleitung durchzuführen.

·           Die Lüftungsanlagen der Bunker sind vor dem geplanten Verfüllen/Überdecken und nach den Rodungsarbeiten auf Vorkommen von Fledermäusen zu untersuchen. Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Fledermäuse durch die Lüftungsanlagen in das Innere der Bunkeranlagen gelangen können. Wenn die Innenräume für Fledermäuse erreichbar sind, sind die Innenräume bzw. das Innere der Lüftungsanlagen ebenfalls auf das Vorkommen von Fledermäusen zu überprüfen. Beim Ausschluss von Quartieren sind die Lüftungsanlagen/Bunkeranlagen so zu entwerten, dass keine Quartierpotentiale an den Bunkeranlagen verbleiben. Sollten Quartiere festgestellt werden, sind weitere Vermeidungs- und ggfls. Ausgleichsmaßnahmen in Absprache mit der Unteren Naturschutzbehörde durchzuführen. Bei größeren Fledermausvorkommen müssen die Arbeiten verschoben werden.

·           Die untere Naturschutzbehörde ist von den jeweiligen Arbeitsfortschritten der ökologischen Baubegleitung in Kenntnis zu setzen. Nach Beendigung muss zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Ablaufs mindestens eine Kurzdokumentation beigebracht werden.

·           Die Flächeninanspruchnahme für den Baubetrieb ist auf das geringstmögliche Maß zu reduzieren. Eine Inanspruchnahme der angrenzenden Grünlandflächen oder als Magerrasen vorgesehenen Flächen ist sowohl für den Baubetrieb als auch die Baustelleneinrichtung einschließlich Lagerung von Material, Baufahrzeugen etc. nicht zulässig. Die Grünländer sind während der Bauphase durch Bauzäune vor einer Befahrung oder Ablagerung von Material etc. zu schützen.

·           Die gesamte Bautätigkeit ist möglichst umwelt- und naturschonend durchzuführen.

·           Das Entfernen und Roden von Gehölzen ist ausschließlich in der Zeit vom 01.11. bis 28.02. durchzuführen. Die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG sind dabei zu beachten.

·           Die Ersatzaufforstung ist unmittelbar nach Abschluss der Erdarbeiten in der nächsten Pflanzperiode durchzuführen. Dabei sind fertiggestellte Abschnitte bei den Erdarbeiten zu bilden und aufzuforsten.

Anlagen:

1)                                            in Auszügen (vollständig verfügbar im Kreistags-Informations-System)

a)    Landschaftspflegerischer Begleitplan

b)    Artenschutzrechtliche Prüfung

2)                                            Querprofile (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)

3)                                            Übersicht (nur verfügbar im Kreistags-Informations-System)

4) (nicht öffentlich)         Entwurf des öffentlich-rechtlichen Vertrages