Betreff
Änderung der Richtlinie Kindertagespflege zum 01.08.2020
Vorlage
SV-9-1720
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Der als Anlage 1 beigefügte Entwurf der Richtlinien zur Förderung von Kindertagespflege im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld in der Fassung ab 01.08.2020 wird beschlossen.

Sachverhalt:

 

I.                    Problem

Die Richtlinie zur Förderung der Kindertagespflege wurde zuletzt zum 01.08.2019 dahingehend geändert, dass der Fördersatz für die Qualifikationsstufe II von 5 EUR auf 5,50 EUR und für die Qualifikationsstufe I von 4 EUR auf 4,50 EUR angehoben wurde (s. SV-9-1308).  Weitere fachliche Anpassungen, Anpassungen an die zum 01.08.2020 geänderten Regelungen des Kinderbildungsgesetzes sowie auch Harmonisierung von Regelungen mit den Stadtjugendämtern Dülmen und Coesfeld sollten in eine Richtlinienänderung zum 01.08.2020 einfließen.

 

Darüber hinaus wurde auf Grundlage des Antrages der CDU-Kreistagsfraktion vom 20.08.2019 in der Kreistagssitzung vom 25.09.2019 folgender Beschluss gefasst (s. SV-9-1485):

1.       Im Rhythmus von drei Jahren erhalten Tagespflegeeltern für jeden geschaffenen U3-Platz einen Betrag von 100 EUR für Ersatzbeschaffungen.

2.       Zur weiterführenden Qualifizierung von Tagespflegeeltern werden die Ausbildungskosten – soweit nicht von anderer Stelle – beim Erwerb einer Zusatzqualifikation zur Betreuung von Inklusionskindern direkt nach erfolgreichem Abschluss der Qualifikation vom Jugendamt erstattet.

3.       Das Problem der „Spontankündigung“ von Tagespflegeverträgen durch Eltern, deren Kinder einen Kindergartenplatz erhalten haben, wird gesehen und soll zugunsten der Tagespflegeeltern abgemildert oder gelöst werden.

4.       Die Richtlinien hinsichtlich der Vergütung von Krankheitstagen betreuter Kinder sowie die pauschale Vergütung der Eingewöhnungsphase sollen überprüft und angepasst werden.

5.       Die geplanten Änderungen der Richtlinien zur Tagespflege von Kindern sind mit den beiden Stadtjugendämtern in Dülmen und Coesfeld abzustimmen.

 

 

II.                  Lösung

In Abstimmung mit den Stadtjugendämtern Coesfeld und Dülmen wurden entsprechende einvernehmliche Änderungsvorschläge erarbeitet, die in den Vorschlag zur Änderung der Förderrichtlinie des Kreises Coesfeld (s. Anlage 1) entsprechend aufgenommen wurden.

 

Insbesondere folgende Änderungsvorschläge werden mit der geänderten Richtlinie unterbreitet:

 

1.       Neu Investitionskostenzuschuss für Ersatzbeschaffungen (Ziffer 4.3):

Für neu geschaffene Kindertagespflegeplätze gibt es derzeit einen Zuschuss über das Landesjugendamt gemäß der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen für Investitionen für zusätzliche Plätze in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege. Die Bezuschussung beläuft sich bei Regelplätzen in der Kindertagespflege auf bis zu 500 EUR je Platz. Eine Förderung für Ersatzbeschaffungen erfolgte bislang nicht.

Entsprechend dem Kreistagsbeschluss vom 25.09.2019 wurde nun eine Regelung zur Gewährung eines Zuschusses bei Ersatzbeschaffungen für langlebige Ausstattungsgegenstände in dreijährigem Rhythmus mit 100 EUR je regelmäßig belegtem Platz (max. für 5 Plätze pro Tagespflegeperson) entsprechend der Fördersystematik der Stadt Dülmen aufgenommen. Dabei soll das Verfahren möglichst unbürokratisch sein. Es soll keine regelhafte bzw. formalisierte Prüfung der Erforderlichkeit oder der Mittelverwendung erfolgen. Allerdings behält sich das Jugendamt vor, im Einzelfall Nachweise einzufordern.

 

2.       Neu: Finanzielle Förderung der Zusatzqualifikation Behinderung / inklusive Arbeit (Ziffer 2.5):
Derzeit wird nur die Qualifizierung zur Kindertagespflegeperson in Anlehnung an den vom Deutschen Jugendinstitut entwickelten Lehrplan (sogenanntes DJI-Curriculum Kindertagespflege) durch das Jugendamt bezuschusst. Eine Bezuschussung einer Zusatzqualifikation zur Betreuung von Kindern mit Behinderung erfolgt nicht.

 

Entsprechend der Erfüllung der Ziffer 2 des Kreistagsbeschlusses vom 25.09.2019 soll nun im Einvernehmen mit den beiden Stadtjugendämtern auch eine Übernahme der Kosten für die Zusatzqualifikation mit dem Schwerpunkt Kinder mit Behinderung / inklusive Arbeit erfolgen.

3.       Neudefinition Beendigung der finanziellen Förderung der Kindertagespflege (Ziffer 4.8):

Zur Umsetzung der Ziffer 3 des Kreistagsbeschlusses vom 25.09.2019 wird eine Regelung vorgeschlagen, nach der die finanzielle Förderung im Fall der Kündigung des Betreuungsvertrages für eine Frist von 6 Wochen zum Monatsende weitergezahlt wird. Mit dieser Regelung, soll das finanzielle Risiko für den Fall, dass Eltern kurzfristig das Pflegeverhältnis kündigen (sog. Spontankündigungen) abgemildert werden.

 

4.       Neubestimmung der Zeiten ohne Betreuung (Ziffer 4.4):

Nach bisherigen Regelungen erfolgte bei Erkrankung des zu betreuenden Kindes lediglich eine Weiterfinanzierung für bis zu 10 Krankheitstage, wenn ein Betreuungszeitraum von sechs Monaten erreicht wurde. Entsprechend Ziffer 4 des Kreistagsbeschlusses vom 25.09.2019 soll das Risiko eines unkalkulierbaren Einnahmeausfalls für die Kindertagespflegeperson durch folgende Regelung minimiert werden:

  • Für betreuungsfreie Zeiten, die durch das Kind bedingt sind (z.B. Urlaub, Krankheit), erfolgt keine automatische Kürzung der Geldleistung, allerdings eine Anzeigepflicht, wenn mehr als 20 Tage betreuungsfreie Zeiten zu verzeichnen sind. In diesen Fällen erfolgt dann eine einzelfallbezogene Prüfung der Weiterfinanzierung.

 

5.       Geänderte Finanzierungssystematik der Eingewöhnung (Ziffer 4.3):

Die bisherige Finanzierung der Eingewöhnungsphase im Umfang von pauschal 100 EUR soll mit der Richtlinienänderung dahingehend verändert werden, dass eine Stundenvergütung nach tatsächlichem Aufwand mit dem entsprechenden Fördersatz erfolgt. Hierzu haben die Tagespflegepersonen einen Nachweis mit Stundenzettel dem Jugendamt vorzulegen. (Regelung zu Ziffer 4 des Kreistagsbeschlusses vom 25.09.2019)

 

6.       Anpassung der Pauschalbeträge (Ziffer 4.3):

Vorgeschlagen wird eine jährliche Anpassung der Pauschalbeträge entsprechend der Regelungen nach § 37 Kinderbildungsgesetz, erstmals zum 01.08.2021. Damit steigt zukünftig die Geldleistung für die Tagespflegeperson jährlich entsprechend der tatsächlichen Kostensteigerung und entsprechend der Regelungen der Kindpauschalen im Bereich Kindertageseinrichtungen. Hierdurch wird die Forderung des § 24 KiBiz (n.F.) einer jährlichen Anpassung der Geldleistung erfüllt.

 

7.       Erhöhte Leistung bei der Betreuung behinderter Kinder (Ziffer 4.3):

Nach bisherigen Regelungen erfolgt unter bestimmten Voraussetzungen (Zusatzqualifikation) ein Aufschlag von 50 % für die Betreuung von Kindern mit Behinderung oder Kindern, die von einer wesentlichen Behinderung bedroht sind.
Das Landesjugendamt empfiehlt jedoch, dass jedes Kind mit Behinderung zwei reguläre Plätze in der Kindertagespflege belegt und hat mit der LWL-Richtlinie die zusätzliche Förderung von aktuell 5.000 EUR je betreutem Kind mit Behinderung an diese Voraussetzung geknüpft.
Zur Umsetzung einer Platzabsenkung ist es jedoch erforderlich, dass die Tagespflegeperson für die Betreuung von Kindern mit Behinderung eine entsprechend erhöhte Finanzierung erhält. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, ab 01.08.2020 einen Aufschlag von 200 % zu gewähren, unter der Voraussetzung einer entsprechenden Zusatzqualifikation, der Umsetzung einer Platzabsenkung sowie der Prüfung einer Förderung nach den LWL-Richtlinien.

 

Für Betreuungsverhältnisse bei denen keine Platzabsenkung erfolgt, wird die Beibehaltung der bisherigen Regelung mit einem Aufschlag von 50 % vorgeschlagen. Gleichzeitig soll diesbezüglich eine Anpassung der Regelung an die Stadt Coesfeld erfolgen, so dass auch für die Betreuung von Kindern mit erhöhtem Betreuungsbedarf (z.B. aufgrund Verhaltensauffälligkeiten oder einer sehr schwierigen Betreuungssituation) bei Nachweis entsprechender Gutachten vom sozialen Dienst, einer Clearing- und Diagnostikstelle oder Frühförderstelle ein Aufschlag von 50 % gewährt werden kann.

 

8.    Neue Vertretungsregelung unter Finanzierung von Freihalteplätzen (Ziffer 4.5):

Fällt eine Kindertagespflegeperson kurzfristig oder auch erwartbar aus (z. B. durch eigene Erkrankung, Erkrankung von Haushaltsangehörigen, Kur), bedarf es einer Vertretung, um die Betreuung zu sichern. Die bestehende Regelung sieht lediglich vor, dass eine Kindertagespflegeperson bei Ausfall einer anderen Tagespflegeperson, wenn die räumlichen Voraussetzungen und die persönliche Eignung der Tagespflegeperson dies zulassen, zusätzlich Kinder betreuen kann. Dies erweist sich in der Praxis als Problem, weil die konkreten Lösungen abhängig sind von den aktuellen personellen und situativen Gegebenheiten vor Ort. Oft können Familien betreuungsfreie Zeiten noch in Selbsthilfe, z. B. durch Verwandte, Umlegen von Arbeitszeiten u. a. abdecken. Das ist aber nicht allen Fällen möglich und kann auch nicht vorausgesetzt werden. Eine strukturierte und verlässliche Lösung gibt es bisher nicht.

Das Jugendamt hat die rechtliche Verpflichtung gem. § 23 Abs. 4 SGB VIII, für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen (entsprechend auch § 23 Abs. 2 KiBiz n.F.).

 

Dies macht auch das Land NRW deutlich. Es gewährt dem Jugendamt jährliche Kindertagespflegepauschalen, für das Kindergartenjahr 2020/21 sind es 1.109,- € je Kind. Die Pauschale ist u. a. an die Voraussetzung geknüpft, eine transparente Regelung des Jugendamtes für Ausfallzeiten der Kindertagespflegeperson sicherzustellen. Neu ist gem. § 24 Abs. 6 Ziff. 3 KiBiz (n.F.), dass die Art der Regelung für Ausfallzeiten im Verwendungsnachweis angegeben werden muss.

 

Vorgeschlagen wird in Abstimmung mit dem Jugendamt der Stadt Coesfeld die Finanzierung von Freihaltepauschalen. Hierbei hält die KTP-Fachkraft einen Platz frei, refinanziert durch eine fixe Pauschale. Dies erscheint derzeit die einzig praktikable Lösung des Problems.

 

Vorgeschlagen wird eine Pauschale von 200,- €/Monat. Ob die Höhe der Pauschale angemessen ist, bleibt abzuwarten. Zum Kindergartenjahr 2021/22 soll eruiert werden ob sich das Modell Freihaltepauschale in der vorgeschlagenen Form als zukunftsfähig bewährt hat.  

Für den Flächenkreis wird die Schaffung von 3 bis 5 Freihalteplätze je politischer Gemeinde angestrebt um Ausfallzeiten von Tagespflegepersonen auffangen zu können.

 

Das Stadtjugendamt Dülmen hat dagegen bereits eine bestehende anderweitige Regelung zur Finanzierung einer Springerkraft. Abgesehen davon, dass dieses Vertretungsmodell einer entsprechenden Person bedarf, die sich als reine Springerkraft für Vertretungstätigkeiten zur Verfügung stellt, ist dieses Vertretungsmodell für einen Flächenkreis nur schwer umsetzbar.

 

Über die vorbenannten Punkte hinaus werden weitere Änderungen, die sich insbesondere aus dem zum 01.08.2020 gültigen Kinderbildungsgesetz ergeben, vorgeschlagen. Diese sind ebenfalls der beigefügten Synopse (Anlage 2) zu entnehmen.

 

III.                 Alternativen

Eine Änderung der Richtlinien erfolgt nicht.

 

IV.                Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

Finanzielle Auswirkungen entstehen insbesondere durch die Einführung eines Investitionskostenzuschusses für Ersatzbeschaffungen, welcher alle 3 Jahre beantragt werden kann. Da ein Großteil der Tagespflegepersonen mindestens drei Jahre und länger für das Kreisjugendamt tätig ist, ist insbesondere in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 (abhängig vom Zeitpunkt der Antragstellung durch die Tagespflegepersonen) mit entsprechenden Kosten zu rechnen. Bei im Durchschnitt etwa 3,3 Betreuungsplätzen je Tagespflegeperson ist für 2020 mit rund 20.000 EUR Kosten zu rechnen.

Inwieweit für das kommende Kindergartenjahr Freihalteplätze im Rahmen des Vertretungsmodells gefördert werden können, lässt sich nur schwer prognostizieren. Langfristig wären je politischer Gemeinde 5 Tagespflegeplätze anzustreben. Folglich würden jährlich etwa 108.000 EUR benötigt. Davon ausgehend, dass im Kindergartenjahr zunächst maximal 2 Plätze pro politischer Gemeinde möglich sein könnten, würden in 2020 für August bis Dezember 2020 18.000 EUR benötigt.

Von deutlichen Mehrkosten für den Bereich der Inklusion (Qualifizierung, Aufschlag bei Betreuung) kann angesichts der bisher überaus geringen Fallzahl nicht ausgegangen werden.

Inwieweit sich die neuen Kündigungsfristen, die geänderte Abrechnungssystematik für die Eingewöhnung, die geänderten Regelungen zur Weiterfinanzierung bei Kind bedingten Ausfallzeiten etc. auswirken kann nicht genau beziffert werden.

Im Rahmen der Haushaltsplanungen für 2020 wurden bereits entsprechende Mehrkosten berücksichtigt, so dass die Verwaltung davon ausgeht, dass die durch die vorgeschlagenen Änderungen entstehenden Mehrkosten im Jahr 2020 im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel aufgefangen werden können.