Betreff
Frühe Hilfen für Familien - Beteiligung des Kreises Coesfeld an der Clearing- und Koordinationsstelle "Guter Start"
Vorlage
SV-9-1735
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Zum weiteren Ausbau des Angebots der Frühen Hilfen für Familien beteiligt sich der Kreis Coesfeld ab dem 01.07.2020 durch anteilige Kostenübernahme bis zur Höhe von 10.500 € an der Clearing- und Koordinationsstelle „Guter Start“ des Bunten Kreises Münsterland e.V., Coesfeld.

 

Begründung:

 

I.    Problem

 

Der Kreis Coesfeld ist seit 2007 im Bereich der Frühen Hilfen aktiv. Das fachliche Verständnis frühzeitiger Hilfe für Familien mit Kindern von der Schwangerschaft bis zum 3. Lebensjahr wurde durch das Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes 2012 sowie durch die Unterstützung der Bundesinitiative Frühe Hilfen im Kreis präzisiert. Seit 2018 setzt die Bundesstiftung Frühe Hilfen die erfolgreiche Arbeit der Bundesinitiative fort, sichert damit die Unterstützung von Familien und fördert die Netzwerkarbeit in den Frühen Hilfen.

 

Durch die Teilnahme des Kreis Coesfeld an der Landesinitiative Kommunale Präventionsketten seit 2017 wird das Ziel verfolgt gelingendes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Um Familien und ihren Kindern eine gesunde Entwicklung und gerechte Lebenschancen zu ermöglichen, ergibt sich die Notwendigkeit, Belastungssituationen frühzeitig zu erkennen und Zugänge zu Unterstützungsleistungen niedrigschwellig zu gestalten. Auf dieser Basis können Familien erreicht, Systemhürden abgebaut und passgenaue Unterstützung bereitgestellt werden. Die Vernetzung von Fachkräften und Angeboten durch das im Jahr 2019 gegründete kreisweite Netzwerk Chancengerechtigkeit geht diesem Vorhaben abteilungsübergreifend und multiprofessionell nach. Die Zielgruppe des Netzwerkes sind dabei Familien mit Kindern bis zur Volljährigkeit sowie junge Erwachsene bis zum 27. Lebensjahr. Den ersten Baustein des Netzwerkes (die AG Familien mit Kindern von 0-6 Jahren) stellen die Frühen Hilfen dar.

 

Im Rahmen der Netzwerkarbeit wird deutlich, dass die örtlichen Unterstützungssysteme im Kreisgebiet vielfältig vorhanden, jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Dadurch sind nicht alle Angebote in jeder Kommune vorhanden. Die Angebotslandschaft kann auf Eltern unübersichtlich wirken und sie wissen nicht wo sie passende Hilfe für ihr Anliegen finden. Erforderlich ist deshalb eine besonders niedrigschwellige Unterstützung und Vermittlung von Familien. 

 

Konkret sichtbar wird eine unterschiedliche Angebotsstruktur in der Geburtsabteilung der Christophorus-Klinik in Coesfeld. Das Krankenhaus als Regelinstitution bietet einen unbelasteten Zugang zu Familien in schwierigen Lebenslagen. Ein Lotsendienst, realisiert über den Bunten Kreis Münsterland e.V., ermöglicht in einer Lebensphase, in der Eltern sehr offen für Unterstützungsangebote sind, einen niedrigschwelligen Zugang zum örtlichen Hilfesystem. Hierzu besucht eine Lotsin die Familien bereits kurz nach der Geburt und steht als Gesprächspartnerin den Familien beratend zur Seite. Ferner werden Familien über die Lotsin zu weiteren Angeboten der Frühen Hilfen vermittelt und begleitet, sodass die Familien bereits ab Geburt bestmöglich informiert und unterstützt in Bezug auf die weiteren Versorgungs- und Entwicklungsschritte ihres Kindes sind (vgl. Anlage 1).

 

Während Familien, die im Zuständigkeitsbereich der Stadt Coesfeld oder des Kreises Borken wohnen, schon im Krankenhaus einen direkten Zugang zu diesem System haben, können Familien aus den Zuständigkeitsbereichen des Kreisjugendamtes bzw. der Stadt Dülmen diesen Dienst derzeit nicht unmittelbar nutzen.

 

Die Arbeit des Projekts „Guter Start“ ist seit Jahren etabliert und gut vernetzt mit multiprofessionellen Akteuren in und um Coesfeld. Der Bunte Kreis zeichnet sich besonders durch die enge und langjährige Kooperation mit der Christophorus-Klinik in Coesfeld sowie der Jugendhilfe aus. An dem Projekt „Guter Start“ beteiligen sich seit 2009 die Stadt Coesfeld und der Kreis Borken. Seit 2014 finanzieren auch die Städte Rheine und Emsdetten sowie den Kreis Steinfurt (Lotsendienst am Mathias-Spital in Rheine) das Projekt.

 

Die ersten aufsuchenden Kontakte für Familien nach der Geburt eines Kindes stellen für Familien aus dem Kreisjugendamtsbezirk zurzeit überwiegend Hebammen oder Gesundheitsfachkräfte dar. Für den Kreis Coesfeld sind aktuell eine Familienhebamme und zwei Familien-, Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen in der Gesundheitsorientierten Familienbegleitung tätig. Diese werden ab 01.07.2020 mit 1,5 Vollzeitstellen fest angestellt. Neben diesem qualitativen Unterstützungsangebot kann der Lotsendienst in der örtlichen Geburtsklinik auf steigende Bedarfe reagieren und einen beinahe lückenlosen Zugang zum lokalen Hilfesystem im Kreis schaffen, beispielsweise indem Familien an die Gesundheitsorientierte Familienbegleitung vermittelt werden. Damit bildet der Lotsendienst die Schnittstelle zwischen Familien und Unterstützungssystem.

 

Durch die Etablierung eines Lotsendienstes in der Geburtsklinik für den Kreis Coesfeld wird eine Basis für das gelingende und gesunde Aufwachsen von Kindern im Kreis Coesfeld gestaltet und Chancengerechtigkeit wird frühzeitig hergestellt. Familien mit Kindern werden bereits Tage nach der Geburt erreicht und erhalten passgenaue Unterstützung.

 

 

II. Lösung

 

Vor diesem Hintergrund hat der Bunte Kreis mit Schreiben vom 04.05.2020 angeboten, das Projekt „Guter Start“ auch für die Familien aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes anzubieten, wenn eine anteilige Kostenübernahme erfolgt (vgl. Anlage 2).

 

Aus fachlicher Sicht befürwortet die Verwaltung eine Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Das Projekt schafft einen besonders frühzeitigen und niedrigschwelligen Zugang zu Familien in Belastungssituationen und mit Unterstützungsbedarf. Durch die Vermittlung u.a. an die Gesundheitsorientierte Familienbegleitung des Kreis Coesfeld werden Familien umfangreich unterstützt. Belastungen werden frühzeitig erkannt und Eltern und ihre Kinder werden gefördert, um ein gelingendes Aufwachsen im Kreis Coesfeld zu ermöglichen.

 

Auch das Kreisjugendamt profitiert von einer Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Bislang nehmen die Geburtskliniken bei Hinweisen auf Belastungen oder Probleme der jungen Familie Kontakt mit dem Jugendamt auf. Im Regelfall kümmert sich der Allgemeine Soziale Dienst (ASD) um diese Anliegen, sucht die Familie in der Klinik auf und vermittelt beispielsweise an die Gesundheitsfachkräfte. Bereits hier werden strukturelle Hürden deutlich. Der Verwaltungsaufwand für das Klinikpersonal und Jugendamt ist hoch, da nicht immer gewährleistet werden kann, dass Mitarbeiter*innen des ASD kurzfristig zur Verfügung stehen. Die Mitarbeiterinnen des Bunten Kreises sind hingegen regelmäßig in der Klinik und können daher umgehend reagieren.  

Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Hemmschwelle für Eltern, Unterstützung durch den Bunten Kreis zu akzeptieren, deutliche niedriger ist, als Hilfsangebote des Jugendamtes in Anspruch zu nehmen.

 

Das Projekt „Guter Start“ des Bunten Kreis stellt eine Vermittlungsinstanz und damit ein ergänzendes Angebot der Frühen Hilfen im Kreis Coesfeld dar. Durch „Guter Start“ können Familien transparent über Unterstützungsleistungen informiert werden, an diese übergeleitet oder aktiv zu Angeboten begleitet werden.

 

Das Jugendamt der Stadt Coesfeld unterstützt das Projekt schon seit Jahren. Der Bunte Kreis hat nunmehr auch die Stadt Dülmen um eine Beteiligung gebeten. Damit würde ein einheitliches Angebot für alle Familien im Kreis gewährleistet und Frühe Hilfen werden flächendeckend sichergestellt.

 

III. Alternativen

 

Es erfolgt keine Beteiligung an der Clearing- und Koordinationsstelle. Die aufgezeigten Defizite werden insoweit akzeptiert.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Ausgehend von einem Aufwand von 5 Stunden pro Woche belaufen sich die kalkulierten Gesamtkosten (Personal-, Sach- und Gemeinkosten) auf ca. 10.500 € jährlich. Die Mittel werden aus dem Etat der Frühen Hilfen zur Verfügung gestellt.

 

Ggf. besteht die Möglichkeit, die notwendigen Mittel über den Förderaufruf „kinderstark“ der Landesinitiative Kommunale Präventionsketten zu refinanzieren. Die Förderung erfolgt als Projektförderung.

 

V.  Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Die Zuständigkeit des Jugendhilfeausschusses ergibt sich aus § 5 Abs. 2 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld.