Betreff
Prüfergebnis zur Möglichkeit der Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld
Vorlage
SV-9-1780
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

Die Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld wird aufgrund der zu erwartenden Mehrkosten im Verhältnis zu den erzielbaren Effekten bis auf Weiteres zurückgestellt. Anlage 8 zur Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG entfällt. Die Verwaltung wird die weitere Kostenentwicklung weiter verfolgen und bei wesentlicher Veränderung der Rahmenbedingungen den Beratungspunkt dem Ausschuss erneut vorlegen.

 

 

 

Begründung:

 

I. Problem

 

In der 23. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche Sicherheit und Ordnung am Donnerstag, dem 21.11.2019, wurde unter TOP 8 – der Antrag der UWG vom 06.11.2019 - Einführung einer Wertstofftonne Vorlage: SV-9-1572 beraten.

 

Der geänderte Beschluss der Beratung lautet: „Der Ausschuss beauftragt die Verwaltung, entsprechende Möglichkeiten zur Einführung einer Wertstofftonne zu prüfen und dem Ausschuss vorzustellen.“

 

Die Verwaltung hat ihrerseits die mit den Aufgaben der Abfallwirtschaft im Kreis Coesfeld betraute Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH (WBC) mit der Prüfung beauftragt.

 

 

II. Lösung

 

Die WBC stellt hiermit folgendes Prüfergebnis vor:

 

Bereits mit Sitzungsvorlage Nr. SV-9-1572 wurde dargelegt, dass die Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld grundsätzlich möglich ist.

 

Festzustellen ist, dass die Einführung der Wertstofftonne grundsätzlich auch den kreisangehörigen Städten und Gemeinden obliegt. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) im Sinne von § 5 Abs. 1 Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LAbfG). Sie sind nach § 5 Abs. 6 LAbfG zuständig für die Einsammlung und die Beförderung der Abfälle. Der Kreis Coesfeld ist öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (örE) im Sinne von § 5 Abs. 1 LAbfG.

 

Das Verpackungsgesetz (VerpackG) sieht vor, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine Abstimmungsvereinbarung mit den (dualen) Systemen schließen (§ 22 VerpackG). Weder das Bundes- noch das Landesrecht bestimmen, wer für den Abschluss der Vereinbarung zuständig ist, wenn mehrere öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bestehen. Überwiegend wird davon ausgegangen, dass die für das Sammeln und Transportieren zuständigen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zuständig sind, weil die Sammlung der Systeme auf die bestehenden Sammelstrukturen abgestimmt werden soll. Entsprechend empfiehlt auch der Städte- und Gemeindebund den Abschluss einer gemeinsamen Abstimmungsvereinbarung innerhalb eines Kreisgebietes.

 

Um eine konzentrierte und innerhalb des Gebietes des Kreises Coesfeld harmonisierte Verhandlung der Abstimmungsvereinbarung zu ermöglichen, wurde die WBC beauftragt und bevollmächtigt die Verhandlungen über eine Abstimmungsvereinbarung für die Städte und Gemeinden zu führen. Ziel ist die Vorbereitung einer Abstimmungsvereinbarung, die insbesondere die Erfassung von Leichtverpackungen (LVP) und die Mitbenutzung zur Erfassung von Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton (PPK) regelt. Dabei geben die Städte und Gemeinden jeweils für ihr Gebiet die Ausgestaltung des LVP-Sammelsystems als Verhandlungsziel vor.

 

Folglich ist auch die Einführung einer Wertstofftonne durch die Städte und Gemeinden und nicht allein durch den Kreis Coesfeld vorzugeben.

Die WBC ist ihrem Auftrag der Verhandlung einer Abstimmungsvereinbarung auf der Grundlage des gültigen VerpackG inzwischen nachgekommen und hat diese mit dem für den Kreis Coesfeld zuständigen Verhandlungsführer der Dualen Systeme, Fa. Zentek GmbH & Co. KG, Köln, weitgehend abgeschlossen. Die finale Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG wird nach finaler Abstimmung mit den Städten und Gemeinden separat zur Beschlussfassung vorgelegt.

Im Rahmen der Verhandlung wurde aber bereits die konkrete Möglichkeit der Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld als „Option“ nach „Anlage 8“ zur Abstimmungsvereinbarung vorbereitet. Dieser Entwurf zur Abstimmung einer gemeinsamen Wertstofferfassung ist Grundlage für die weiteren Entscheidungen zur Einführung einer Wertstofftonne und dieser Vorlage als ANLAGE beigefügt.

Die Einführung einer Wertstofftonne zur gemeinsamen Wertstofferfassung ist demnach mit Neuausschreibung der Leistungen durch die dualen Systeme zur Erfassung, ab dem 01.01.2022 möglich.

Ergebnis der Verhandlung ist, dass die Dualen Systeme aufgrund von Datenerhebungen auf der Basis der bisherigen Ergebnisse vergleichbarer Evaluierungen aus Wertstofftonnengebieten zur Wertstofftonne, Analyseergebnissen zur LVP-Zusammensetzung sowie den bisherigen Praxiserfahrungen im Landkreis Coesfeld (NW051) den örE-Anteil auf 25,00 % „stoffgleicher Nicht-Verpackungen“ (sNVP) an der Gesamterfassungsmenge festlegen. Dieser Anteil ist nach Auffassung der WBC noch im üblichen Rahmen.

Das bedeutet im Falle der Umwandlung der „Gelben Tonne“ in eine „Wertstofftonne“ konkret, dass die Städte und Gemeinden und der Kreis Coesfeld als öffentlich-rechtlicher Entsorger 25% der Gesamterfassungs- und Verwertungskosten zu tragen haben und diese Kosten über die Städte und Gemeinden letztlich an die Bürger im Rahmen der Abfallgebühren zu berechnen haben. Beachtet werden sollte auch, dass im Falle einer Vereinbarung einer gemeinsamen Wertstofftonne die bisher allein von den Systemen entsorgten Fehlwürfe dann auch anteilig von den örE übernommen werden müssten. Die örE übernehmen also teilweise eine Aufgabe, die eigentlich den Systemen obliegt. Diese Überlegung sollte zumindest in die weitere Entscheidung einbezogen werden.

Auf der Grundlage einer ersten Kostenrechnung ist davon auszugehen, dass die Einführung der Wertstofftonne Mehrkosten in Höhe von ca. 7 € pro Bürger und Jahr verursacht. Bei einem


4-Personenhaushalt würde sich die Abfallgebühr demnach erwartungsgemäß um ca. 28 € erhöhen.

In Verbindung mit der vor über 10 Jahren umgesetzten, weitgehend flächendeckenden, Einführung der „Gelben Tonne“ konnten die Wertstofferfassungsmengen über Verpackungsabfälle im Kreis Coesfeld kontinuierlich gesteigert werden. So wurden im Jahr 2018 insgesamt sehr gute 53 kg pro Einwohner und Jahr über die Gelbe Tonne erfasst.

Die Einführung einer Wertstofftonne über den „Status Quo“ hinaus hätte gemäß der nach wie vor aktuellen Studie des Umweltbundesamtes von 2011 „Planspiel zur Fortentwicklung der Verpackungsverordnung Teilvorhaben 1: Bestimmung der Idealzusammensetzung der Wertstofftonne“[1] aus Sicht der WBC für den Kreis Coesfeld ein Potential von max. ca. 3-5 kg pro Einwohner und Jahr, die an Wertstoffen mehr erfasst werden könnten. Unter Berücksichtigung der genannten und bereits über die „Gelben Tonnen“ erfassten Mengen wird daher das mögliche Potential der zusätzlichen Miterfassung von sNVP als sehr gering angesehen und steht aus Sicht der WBC nicht im Verhältnis zu den geschätzten zusätzlichen Kosten von kreisweit ca. 1,3 Mio. € und dem damit verbundenen möglich ökologischen Effekt.

Legt man das vom NABU[2] angegebene Einsparungspotential von bundesweit 700.000 Tonnen CO2/Jahr zugrunde (das von einer zusätzlichen Wertstofferfassung von 22 kg pro Einwohner und Jahr ausgeht) könnte der Kreis Coesfeld (mit zusätzlich max. 3-5 kg und 220.000 Einwohnern) mit Einführung der Wertstofftonne max. 422 Tonnen CO2/Jahr einsparen. Dies entspräche also einem CO2-Preis von ca. 3.000 € pro Tonnen.

Gleichzeitig ist abzuwägen, dass sNVP als Wertstoffe, bereits heute durch die Bürger*innen sehr sortenrein über die Wertstoffhöfe erfasst werden. Durch die sortenreine Erfassung an den Wertstoffhöfen kann eine höhere Recyclingquote als über die vermischte Erfassung in der Wertstofftonne erreicht werden, womit wahrscheinlich sogar eine höhere - als die oben genannte - CO2-Einsparung erreicht werden kann. Bei einer gemeinsamen Erfassung in der Wertstofftonne müssen diese erst aufwendig wieder aussortiert werden oder fallen durch Verunreinigungen und Vermischungen mit anderen Abfällen in der Tonne wieder aus dem Recyclingprozess heraus. Die Wertstoffmengen an den Wertstoffhöfen werden erwartungsgemäß für Altmetalle und Kunststoffe mit Einführung einer Wertstofftonne sinken und somit zusätzlich signifikante Altmetallerlöse für die Bürger*innen entfallen.

Aus Sicht der WBC sollte daher eher eine Aufwertung der Wertstoffhöfe hinsichtlich Ausgestaltung, Angebot und Erreichbarkeit durch die öRE favorisiert werden, womit eine ökologisch sinnvoll und gebührenschonendere Ausweitung der sortenreinen Erfassung der sNVP erreicht werden kann.

Gleichzeitig wird eine Ausweitung des Angebotes der dezentralen und ortsnahen Erfassung von Elektronikschrott und Altmetallen über das Angebot Wertstoffsammelcontainer in den Städten und Gemeinden geprüft. Gemeinsam mit der Gemeinde Nordkirchen soll in einem Pilotprojekt - über onlineverknüpfte elektronische Füllstandsonden in den Sammelcontainern - eine immer rechtzeitige Leerung gewährleistet und damit ein jederzeit offenes Nutzungsangebot geschaffen werden.

Richtig ist aber auch, dass mit einer Wertstofftonne die Abfalltrennung bequemer und einfacher wird. Kinderspielzeug, alte Pfannen, Töpfe oder Putzeimer können über die Wertstofftonne entsorgt werden. Es wird nicht mehr nach Verpackung und Nichtverpackung, sondern nur nach Stoffen getrennt. Die Fahrt zum Wertstoffcontainer in der Nähe oder zum Recyclinghof entfällt, auch wenn das ökologisch relevante - insgesamt notwendige - Transportaufkommen für die Verwertung annähernd gleich bleibt.

Abschließend gilt es zu würdigen, dass in der aktuell laufenden Abstimmung mit dem Arbeitskreis Abfallwirtschaft der kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Einführung einer Wertstofftonne - auf der Grundlage des vorliegenden Entwurfs der „Anlage 8“ zur Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG - mehrheitlich deutlich abgelehnt wird.

 

 

III. Alternativen

 

Den kreisangehörigen Städten und Gemeinden wird die Einführung einer Wertstofftonne empfohlen. Der Kreis Coesfeld beschließt - auf der Grundlage des Entwurfs der Anlage 8 zur Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG zum 01.01.2022 – die Durchführung der Verwertung der erfassten sNVP aus der Wertstofftonne.

 

IV. Auswirkungen / Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)

 

Es wird auf die Ausführungen unter II. verwiesen.

 

 

V. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Zuständig ist der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche Sicherheit und Ordnung.



[1] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/461/publikationen/4074.pdf

[2] https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/recycling/14906.html

Anlagen:

 

Entwurf Gemeinsame Wertstofferfassung