Beschlussvorschlag:
Die Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld wird aufgrund der zu erwartenden Mehrkosten im Verhältnis zu den erzielbaren Effekten bis auf Weiteres zurückgestellt. Anlage 8 zur Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG entfällt. Die Verwaltung wird die weitere Kostenentwicklung weiter verfolgen und bei wesentlicher Veränderung der Rahmenbedingungen den Beratungspunkt dem Ausschuss erneut vorlegen.
Begründung:
I. Problem
In der 23. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche
Sicherheit und Ordnung am Donnerstag, dem 21.11.2019, wurde unter TOP 8 – der
Antrag der UWG vom 06.11.2019 - Einführung einer Wertstofftonne Vorlage:
SV-9-1572 beraten.
Der geänderte Beschluss der Beratung lautet: „Der Ausschuss beauftragt
die Verwaltung, entsprechende Möglichkeiten zur Einführung einer Wertstofftonne
zu prüfen und dem Ausschuss vorzustellen.“
Die Verwaltung hat ihrerseits die mit den Aufgaben der Abfallwirtschaft
im Kreis Coesfeld betraute Wirtschaftsbetriebe Kreis Coesfeld GmbH (WBC) mit
der Prüfung beauftragt.
II. Lösung
Die WBC stellt hiermit folgendes Prüfergebnis vor:
Bereits mit Sitzungsvorlage Nr. SV-9-1572 wurde dargelegt, dass die
Einführung einer Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld grundsätzlich möglich
ist.
Festzustellen ist,
dass die Einführung der Wertstofftonne grundsätzlich auch den kreisangehörigen
Städten und Gemeinden obliegt. Die kreisangehörigen Städte und Gemeinden sind
öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger (örE) im Sinne von § 5 Abs. 1
Abfallgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (LAbfG). Sie sind nach § 5 Abs. 6
LAbfG zuständig für die Einsammlung und die Beförderung der Abfälle. Der Kreis
Coesfeld ist öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger (örE) im Sinne von § 5
Abs. 1 LAbfG.
Das
Verpackungsgesetz (VerpackG) sieht vor, dass die öffentlich-rechtlichen
Entsorgungsträger eine Abstimmungsvereinbarung mit den (dualen) Systemen
schließen (§ 22 VerpackG). Weder das Bundes- noch das Landesrecht bestimmen,
wer für den Abschluss der Vereinbarung zuständig ist, wenn mehrere
öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger bestehen. Überwiegend wird davon
ausgegangen, dass die für das Sammeln und Transportieren zuständigen
öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zuständig sind, weil die Sammlung der
Systeme auf die bestehenden Sammelstrukturen abgestimmt werden soll.
Entsprechend empfiehlt auch der Städte- und Gemeindebund den Abschluss einer
gemeinsamen Abstimmungsvereinbarung innerhalb eines Kreisgebietes.
Um eine
konzentrierte und innerhalb des Gebietes des Kreises Coesfeld harmonisierte
Verhandlung der Abstimmungsvereinbarung zu ermöglichen, wurde die WBC
beauftragt und bevollmächtigt die Verhandlungen über eine
Abstimmungsvereinbarung für die Städte und Gemeinden zu führen. Ziel ist die
Vorbereitung einer Abstimmungsvereinbarung, die insbesondere die Erfassung von
Leichtverpackungen (LVP) und die Mitbenutzung zur Erfassung von Verpackungen
aus Papier, Pappe und Karton (PPK) regelt. Dabei geben die Städte und Gemeinden
jeweils für ihr Gebiet die Ausgestaltung des LVP-Sammelsystems als
Verhandlungsziel vor.
Folglich ist auch die Einführung einer Wertstofftonne durch die Städte
und Gemeinden und nicht allein durch den Kreis Coesfeld vorzugeben.
Die WBC ist ihrem
Auftrag der Verhandlung einer Abstimmungsvereinbarung auf der Grundlage des
gültigen VerpackG inzwischen nachgekommen und hat diese mit dem für den Kreis
Coesfeld zuständigen Verhandlungsführer der Dualen Systeme, Fa. Zentek GmbH
& Co. KG, Köln, weitgehend abgeschlossen. Die finale
Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG wird nach finaler Abstimmung mit den
Städten und Gemeinden separat zur Beschlussfassung vorgelegt.
Im Rahmen der
Verhandlung wurde aber bereits die konkrete Möglichkeit der Einführung einer
Wertstofftonne für den Kreis Coesfeld als „Option“ nach „Anlage 8“ zur
Abstimmungsvereinbarung vorbereitet. Dieser Entwurf zur Abstimmung einer
gemeinsamen Wertstofferfassung ist Grundlage für die weiteren Entscheidungen
zur Einführung einer Wertstofftonne und dieser Vorlage als ANLAGE
beigefügt.
Die Einführung einer
Wertstofftonne zur gemeinsamen Wertstofferfassung ist demnach mit
Neuausschreibung der Leistungen durch die dualen Systeme zur Erfassung, ab
dem 01.01.2022 möglich.
Ergebnis der
Verhandlung ist, dass die Dualen Systeme aufgrund von Datenerhebungen auf der
Basis der bisherigen Ergebnisse vergleichbarer Evaluierungen aus
Wertstofftonnengebieten zur Wertstofftonne, Analyseergebnissen zur
LVP-Zusammensetzung sowie den bisherigen Praxiserfahrungen im Landkreis
Coesfeld (NW051) den örE-Anteil auf 25,00 % „stoffgleicher Nicht-Verpackungen“
(sNVP) an der Gesamterfassungsmenge festlegen. Dieser Anteil ist nach Auffassung
der WBC noch im üblichen Rahmen.
Das bedeutet im
Falle der Umwandlung der „Gelben Tonne“ in eine „Wertstofftonne“ konkret, dass
die Städte und Gemeinden und der Kreis Coesfeld als öffentlich-rechtlicher
Entsorger 25% der Gesamterfassungs- und Verwertungskosten zu tragen haben und
diese Kosten über die Städte und Gemeinden letztlich an die Bürger im Rahmen
der Abfallgebühren zu berechnen haben. Beachtet werden sollte auch, dass im
Falle einer Vereinbarung einer gemeinsamen Wertstofftonne die bisher allein von
den Systemen entsorgten Fehlwürfe dann auch anteilig von den örE übernommen
werden müssten. Die örE übernehmen also teilweise eine Aufgabe, die eigentlich
den Systemen obliegt. Diese Überlegung sollte zumindest in die weitere
Entscheidung einbezogen werden.
Auf der Grundlage
einer ersten Kostenrechnung ist davon auszugehen, dass die Einführung der
Wertstofftonne Mehrkosten in Höhe von ca. 7 € pro Bürger und Jahr verursacht.
Bei einem
4-Personenhaushalt
würde sich die Abfallgebühr demnach erwartungsgemäß um ca. 28 € erhöhen.
In Verbindung mit
der vor über 10 Jahren umgesetzten, weitgehend flächendeckenden, Einführung der
„Gelben Tonne“ konnten die Wertstofferfassungsmengen über Verpackungsabfälle im
Kreis Coesfeld kontinuierlich gesteigert werden. So wurden im Jahr 2018
insgesamt sehr gute 53 kg pro Einwohner und Jahr über die Gelbe Tonne erfasst.
Die Einführung einer
Wertstofftonne über den „Status Quo“ hinaus hätte gemäß der nach wie vor
aktuellen Studie des Umweltbundesamtes von 2011 „Planspiel zur Fortentwicklung
der Verpackungsverordnung Teilvorhaben 1: Bestimmung der Idealzusammensetzung
der Wertstofftonne“[1] aus Sicht
der WBC für den Kreis Coesfeld ein Potential von max. ca. 3-5 kg pro Einwohner
und Jahr, die an Wertstoffen mehr erfasst werden könnten. Unter
Berücksichtigung der genannten und bereits über die „Gelben Tonnen“ erfassten
Mengen wird daher das mögliche Potential der zusätzlichen Miterfassung von sNVP
als sehr gering angesehen und steht aus Sicht der WBC nicht im Verhältnis zu
den geschätzten zusätzlichen Kosten von kreisweit ca. 1,3 Mio. € und dem damit
verbundenen möglich ökologischen Effekt.
Legt man das vom
NABU[2] angegebene
Einsparungspotential von bundesweit 700.000 Tonnen CO2/Jahr zugrunde
(das von einer zusätzlichen Wertstofferfassung von 22 kg pro Einwohner und Jahr
ausgeht) könnte der Kreis Coesfeld (mit zusätzlich max. 3-5 kg und 220.000
Einwohnern) mit Einführung der Wertstofftonne max. 422 Tonnen CO2/Jahr
einsparen. Dies entspräche also einem CO2-Preis von ca. 3.000 € pro
Tonnen.
Gleichzeitig ist
abzuwägen, dass sNVP als Wertstoffe, bereits heute durch die Bürger*innen sehr
sortenrein über die Wertstoffhöfe erfasst werden. Durch die sortenreine
Erfassung an den Wertstoffhöfen kann eine höhere Recyclingquote als über die
vermischte Erfassung in der Wertstofftonne erreicht werden, womit
wahrscheinlich sogar eine höhere - als die oben genannte - CO2-Einsparung
erreicht werden kann. Bei einer gemeinsamen Erfassung in der Wertstofftonne
müssen diese erst aufwendig wieder aussortiert werden oder fallen durch
Verunreinigungen und Vermischungen mit anderen Abfällen in der Tonne wieder aus
dem Recyclingprozess heraus. Die Wertstoffmengen an den Wertstoffhöfen werden
erwartungsgemäß für Altmetalle und Kunststoffe mit Einführung einer
Wertstofftonne sinken und somit zusätzlich signifikante Altmetallerlöse für die
Bürger*innen entfallen.
Aus Sicht der WBC
sollte daher eher eine Aufwertung der Wertstoffhöfe hinsichtlich Ausgestaltung,
Angebot und Erreichbarkeit durch die öRE favorisiert werden, womit eine
ökologisch sinnvoll und gebührenschonendere Ausweitung der sortenreinen
Erfassung der sNVP erreicht werden kann.
Gleichzeitig wird
eine Ausweitung des Angebotes der dezentralen und ortsnahen Erfassung von Elektronikschrott
und Altmetallen über das Angebot Wertstoffsammelcontainer in den Städten und
Gemeinden geprüft. Gemeinsam mit der Gemeinde Nordkirchen soll in einem
Pilotprojekt - über onlineverknüpfte elektronische Füllstandsonden in den
Sammelcontainern - eine immer rechtzeitige Leerung gewährleistet und damit ein
jederzeit offenes Nutzungsangebot geschaffen werden.
Richtig ist aber
auch, dass mit einer Wertstofftonne die Abfalltrennung bequemer und einfacher
wird. Kinderspielzeug, alte Pfannen, Töpfe oder Putzeimer können über die
Wertstofftonne entsorgt werden. Es wird nicht mehr nach Verpackung und
Nichtverpackung, sondern nur nach Stoffen getrennt. Die Fahrt zum
Wertstoffcontainer in der Nähe oder zum Recyclinghof entfällt, auch wenn das
ökologisch relevante - insgesamt notwendige - Transportaufkommen für die
Verwertung annähernd gleich bleibt.
Abschließend gilt es zu würdigen, dass in der
aktuell laufenden Abstimmung mit dem Arbeitskreis Abfallwirtschaft der
kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Einführung einer Wertstofftonne - auf
der Grundlage des vorliegenden Entwurfs der „Anlage 8“ zur
Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG - mehrheitlich deutlich abgelehnt wird.
III. Alternativen
Den kreisangehörigen Städten und Gemeinden wird die Einführung einer
Wertstofftonne empfohlen. Der Kreis Coesfeld beschließt - auf der Grundlage des
Entwurfs der Anlage 8 zur Abstimmungsvereinbarung gemäß VerpackG zum 01.01.2022
– die Durchführung der Verwertung der erfassten sNVP aus der Wertstofftonne.
IV. Auswirkungen /
Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Es wird auf die Ausführungen unter II. verwiesen.
V. Zuständigkeit für die
Entscheidung
Zuständig ist der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, öffentliche
Sicherheit und Ordnung.
Anlagen:
Entwurf Gemeinsame Wertstofferfassung