Beschlussvorschlag des
Anregenden:
Auf
der Appelhülsener Straße in Senden wird ein Tempolimit von 30 km/h angeordnet.
Zudem
wird in dem genannten Bereich die vorhandene Querungshilfe (Verkehrsinsel) aus
Lärmschutzgründen entfernt.
Beschlussvorschlag
der Verwaltung:
Die Anregung wird ohne Empfehlung an den Landrat als zuständiges Organ
weitergeleitet.
I. Sachdarstellung
Gemäß § 21 KrO NRW hat jeder das Recht, sich mit Anregungen in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden.
Mit Schreiben vom
09. September 2020 wird unter Verweis auf § 21 Kreisordnung im Zuge der
Erneuerung der Appelhülsener Straße in Senden die Anordnung eines Tempolimits
von 30 km/h angeregt. Zudem wird angeregt, in dem genannten Bereich die
vorhandene Querungshilfe (Verkehrsinsel) aus Lärmschutzgründen zu entfernen. Im
Übrigen wird auf die Eingabe verwiesen (Anlage 1).
Gem. § 18 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stellte nicht gebunden ist.
Bei den mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.
Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.
Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Straßenverkehrsbehörde.
Die Anregung ist
inhaltlich bereits in der Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses der
Gemeinde Senden am 27.08.2020 thematisiert worden (Anlage 2).
Die Abteilung
Straßenverkehr, Fachdienst Verkehrssicherung- und Lenkung, des Kreises Coesfeld
hat folgende Stellungnahme zu dieser Anregung abgegeben:
Zuständigkeit:
Für die Anordnung
von Verkehrsbeschränkungen oder –verboten auf dem Gebiet der Gemeinde Senden
ist die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Coesfeld zuständig (§§ 44 ff. StVO
i.V.m. §§ 5 ff. der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr
und Güterbeförderung). Darunter fällt u.a. die Anordnung einer Reduzierung der
zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Bzgl. einer
„Möblierung“ der Straße (wie bspw. Verkehrsinseln, Fahrbahnverengungen etc.)
ist grundsätzlich die Straßenbaubehörde im Rahmen der Planung, Unterhaltung und
Instandsetzung der Straßen zuständig. Bei der Appelhülsener Straße liegt die
Straßenbaulast bei der Gemeinde Senden.
Generell erfolgen
Maßnahmen im Straßenverkehr jedoch stets im Austausch zwischen der zuständigen
Straßenverkehrsbehörde, der zuständigen Straßenbaubehörde und der Direktion
Verkehr der zuständigen Kreispolizeibehörde.
Allgemeine Informationen:
Bei der
Appelhülsener Straße in Senden handelt es sich um eine ehemalige Landesstraße,
die vor ca. 30 Jahren zu einer Gemeindestraße herabgestuft wurde. Sie ist eine
wichtige Hauptverkehrsstraße innerhalb der Gemeinde. So erfüllt sie eine
Verbindungsfunktion von der nördlich verlaufenden L 844 und der südlich
verlaufenden K 4. Zudem erfüllt sie eine Erschließungsfunktion für die
anliegenden Wohngebiete (bspw. Erlengrund und Hagenkamp).
Zur
Verkehrsbelastung liegen hier Verkehrszählungen der Gemeinde vor, die in den
Jahren 2017, 2019 und 2020 durchgeführt wurden. Während im Jahr 2017 noch eine
durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke („DTV“) von 5.094 Fahrzeugen vorlag
ist die DTV in den folgenden Jahren gesunken. Im Jahr 2019 betrug die DTV noch
3.411 Fahrzeuge und im Jahr 2020 noch 2.409 Fahrzeuge. Bzgl. der Zählung im
Jahr 2020 ist jedoch zu beachten, dass diese innerhalb der Sommerferien
erfolgte. Dennoch lassen diese Daten keinen Rückschluss auf einen massiven
Anstieg der Verkehrsbelastung zu. Gleichwohl ist die Appelhülsener Straße eine
stark genutzte Hauptverkehrsstraße.
Der
Straßenbaulastträger (Gemeinde Senden) plant nun die grundhafte Erneuerung der
Straße im nördlichen Bereich (zw. L 844 und der Straße Hiegenbusch). Hierzu hat
die Gemeinde im Vorfeld ein Verkehrsgutachten bei der Ingenieursgesellschaft
für Verkehrswesen mbH (Brilon Bondzio Weiser GmbH) in Auftrag gegeben. Im
Rahmen dieses Gutachtens wurden drei unterschiedliche Ausbauvarianten geprüft.
Die vom Gutachter empfohlene Variante soll nun nach einem entsprechenden
Beschluss des gemeindlichen Gemeindeentwicklungsausschusses vom 27.08.2020
umgesetzt werden.
Auch aufgrund der
damit verbundenen Kosten und Einschränkungen hat die Gemeinde Senden im Vorfeld
am 24.06.2020 eine Anliegerversammlung durchgeführt. Im Rahmen der Versammlung
wurden von den Anliegern verschiedene Wünsche geäußert, die durch den
vorliegenden Bürgerantrag nochmals Nachdruck verliehen werden soll.
Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h:
Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die
zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h
festgesetzt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Dabei gilt natürlich immer der Grundsatz,
dass die Geschwindigkeit u.a. den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und
Wetterverhältnissen anzupassen ist (§ 3 Abs. 1 StVO). Die
Straßenverkehrsbehörde kann die Benutzung bestimmter Straßen oder
Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs
beschränken (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). Verkehrszeichen und
Verkehrseinrichtungen sind aber nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der
besonderen Umstände zwingend geboten ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO). Nach Satz 2
dieser Vorschrift dürfen Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs
nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine
das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten
Rechtsgüter erheblich übersteigende Gefahrenlage besteht. Dies bedeutet auch,
dass eine „übliche“ Gefahrenlage im Straßenverkehr in Kauf zu nehmen ist.
Eine erheblich übersteigende Gefahrenlage
könnte beispielsweise durch eine auffällige Unfalllage oder durch andere,
besondere örtliche Verhältnisse gegeben sein. Nur wenn eine erheblich
übersteigende Gefahrenlage im Einzelfall vorliegt, eröffnet sich für die
Straßenverkehrsbehörde ein Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung. Diese
wird dann von ihr im Benehmen mit der Polizei und der Straßenbaubehörde
getroffen und ist an den Grundsätzen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und
insbesondere der Verhältnismäßigkeit auszurichten.
Eine Auswertung der Unfalllage durch die
Kreispolizeibehörde hat ergeben, dass es sich bei der Appelhülsener Straße um
keinen Unfallschwerpunkt handelt. In den letzten fünf Jahren ist die Straße
nicht unfallauffällig geworden. Auch andere besondere Verkehrsverhältnisse sind
auf der Appelhülsener Straße nicht erkennbar. So handelt es sich um eine den
Anforderungen entsprechend ausgebaute Straße. Der Gehweg und ein Radweg
(derzeit noch nutzungspflichtig; künftig Angebotsradweg) ist beidseitig
vorhanden. Im nördlichen Bereich sind die Geh- und Radwege auch noch deutlich
von der Fahrbahn mittels Grünstreifen/Allee abgesetzt.
Die Straßenverkehrsbehörde kann die zulässige
Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auch nicht
vorsorglich herabsetzen. Eine vorsorgliche Warnung vor den „generellen Gefahren
des Straßenverkehrs“ wäre vielmehr Aufgabe der Gesetzgebung. Der Gesetzgeber
hält aber die von ihm in § 3 StVO getroffenen Regelungen zur Geschwindigkeit
für angemessen, um den generellen Gefahren des Straßenverkehrs sicher zu
begegnen.
Auch eine Anordnung unter den erleichterten
Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 S. 4 Nr. 6 StVO kommt hier nicht in Betracht.
Nach dieser Sonderregelung ist eine übersteigende Gefahrenlage nicht
erforderlich für eine innerörtliche streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung
auf 30 km/h auf Vorfahrtsstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen
gelegenen sozialen Einrichtungen (wie Kindergärten oder
Kindertageseinrichtungen). Nach aktueller Erlasslage darf diese Sonderregelung
nur angewendet werden, wenn die soziale Einrichtung über einen direkten Zugang
zur Straße verfügt oder im Nahbereich der Einrichtung mit starkem Ziel- und
Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen zu rechnen ist.
Die im Nahbereich der Appelhülsener Straße
befindlichen Kindertagesstätten Erlengrund und Pinocchio werden nicht direkt
über die Appelhülsener Straße – sondern über Nebenstraßen – erschlossen. Die
Erschließung der KiTa Erlengrund erfolgt über den Hiegenbusch und die KiTa
Pinocchio wird über den Hagenkamp erschlossen. Somit erfolgt die Erschließung
und der Ziel- und Quellverkehr bei beiden Einrichtungen über die Tempo-30-Zonen
Hiegenbusch und Hagenkamp.
Zwischen dem Straßenbaulastträger, der
Polizei und der Straßenverkehrsbehörde besteht Einvernehmen darüber, dass die
Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO für die Anordnung einer
Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h hier nicht vorliegen. Der Anregung, die
zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren, kann daher nicht
gefolgt werden.
Möblierung der Straße:
Wie bereits erwähnt ist zunächst
grundsätzlich die Straßenbaubehörde für die Möblierung von Straßen zuständig.
Aktuell befindet sich im Knotenpunkt Appelhülsener Straße / Erlengrund /
Hagenkamp eine Verkehrsinsel als Querungshilfe für Fußgänger und Radfahrer.
Diese soll dabei auch die Querung von oder zum Wohngebiet Erlengrund und der im
Hagenkamp befindlichen KiTa Pinocchio erleichtern. Im weiteren Verlauf der
Straße befindet sich in Höhe der KiTa Erlengrund noch eine Lichtsignalanlage für
Fußgänger.
Im Rahmen der Sitzung des
Gemeindeentwicklungsausschusses (GEA) der Gemeinde Senden am 27.08.2020 wurde
auch die Verkehrsinsel thematisiert. Die Anlieger führen insbesondere die mit
dem Abbremsen und Beschleunigen verbundenen Lärmimmisionen an und fordern daher
im Rahmen der Erneuerung die ersatzlose Streichung der Verkehrsinsel. Dem steht
jedoch die Funktion als Hilfe zur Querung der Appelhülsener Straße entgegen.
Daher hat der GEA der Gemeinde entschieden, dass die Fahrbahn im Bereich der Querungshilfe
künftig ausgeweitet wird. Dadurch sollen Abbrems- und Beschleunigungsvorgänge
minimiert werden. Darüber hinaus soll im gesamten Bereich der Erneuerung ein
lärmmindernder Fahrbahnbelag eingebaut werden. Die Gemeinde teilt die
Einschätzung der Interessengemeinschaft, dass die Verkehrsinsel „so gut wie gar
nicht genutzt wird“ ausdrücklich nicht.
Aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde erfüllt die Verkehrsinsel neben
seiner eigentlichen Funktion als Querungshilfe auch noch eine Wirkung auf die
von den motorisierten Verkehrsteilnehmern gefahrenen Geschwindigkeiten. Durch
den relativ geraden Verlauf der Appelhülsener Straße trägt die Querungshilfe
aus hiesiger Sicht auch zur Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von
50 km/h – und damit der Einheit von Bau und Betrieb einer Straße – bei. Daher
wird die Beibehaltung der Querungshilfe ausdrücklich begrüßt.
II. Entscheidungsalternativen
Der Kreisausschuss kann dem Landrat Empfehlungen aussprechen, an die er jedoch nicht gebunden ist.
III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal,
IT, Klima)
Keine.
IV. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 18 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld in der aktuell geltenden Fassung.