Betreff
Anregung nach § 21 KrO - Straßenverkehrliche Maßnahmen auf der Appelhülsener Straße in Senden
Vorlage
SV-10-0040
Aktenzeichen
10.23.03-2020-07
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag des Anregenden:

 

Auf der Appelhülsener Straße in Senden wird ein Tempolimit von 30 km/h angeordnet.

Zudem wird in dem genannten Bereich die vorhandene Querungshilfe (Verkehrsinsel) aus Lärmschutzgründen entfernt.

 

 

Beschlussvorschlag der Verwaltung:

 

Die Anregung wird ohne Empfehlung an den Landrat als zuständiges Organ weitergeleitet.

 

 

 

 

 

 

I. Sachdarstellung

 

Gemäß § 21 KrO NRW hat jeder das Recht, sich mit Anregungen in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden.

 

Mit Schreiben vom 09. September 2020 wird unter Verweis auf § 21 Kreisordnung im Zuge der Erneuerung der Appelhülsener Straße in Senden die Anordnung eines Tempolimits von 30 km/h angeregt. Zudem wird angeregt, in dem genannten Bereich die vorhandene Querungshilfe (Verkehrsinsel) aus Lärmschutzgründen zu entfernen. Im Übrigen wird auf die Eingabe verwiesen (Anlage 1).

 

Gem. § 18 Abs. 4 der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stellte nicht gebunden ist.

 

Bei den mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.

Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.

 

Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Straßenverkehrsbehörde.

 

Die Anregung ist inhaltlich bereits in der Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses der Gemeinde Senden am 27.08.2020 thematisiert worden (Anlage 2).

 

 

Die Abteilung Straßenverkehr, Fachdienst Verkehrssicherung- und Lenkung, des Kreises Coesfeld hat folgende Stellungnahme zu dieser Anregung abgegeben:

 

Zuständigkeit:

Für die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen oder –verboten auf dem Gebiet der Gemeinde Senden ist die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Coesfeld zuständig (§§ 44 ff. StVO i.V.m. §§ 5 ff. der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung). Darunter fällt u.a. die Anordnung einer Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.

 

Bzgl. einer „Möblierung“ der Straße (wie bspw. Verkehrsinseln, Fahrbahnverengungen etc.) ist grundsätzlich die Straßenbaubehörde im Rahmen der Planung, Unterhaltung und Instandsetzung der Straßen zuständig. Bei der Appelhülsener Straße liegt die Straßenbaulast bei der Gemeinde Senden.

 

Generell erfolgen Maßnahmen im Straßenverkehr jedoch stets im Austausch zwischen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, der zuständigen Straßenbaubehörde und der Direktion Verkehr der zuständigen Kreispolizeibehörde.

 

 

Allgemeine Informationen:

Bei der Appelhülsener Straße in Senden handelt es sich um eine ehemalige Landesstraße, die vor ca. 30 Jahren zu einer Gemeindestraße herabgestuft wurde. Sie ist eine wichtige Hauptverkehrsstraße innerhalb der Gemeinde. So erfüllt sie eine Verbindungsfunktion von der nördlich verlaufenden L 844 und der südlich verlaufenden K 4. Zudem erfüllt sie eine Erschließungsfunktion für die anliegenden Wohngebiete (bspw. Erlengrund und Hagenkamp).

 

Zur Verkehrsbelastung liegen hier Verkehrszählungen der Gemeinde vor, die in den Jahren 2017, 2019 und 2020 durchgeführt wurden. Während im Jahr 2017 noch eine durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke („DTV“) von 5.094 Fahrzeugen vorlag ist die DTV in den folgenden Jahren gesunken. Im Jahr 2019 betrug die DTV noch 3.411 Fahrzeuge und im Jahr 2020 noch 2.409 Fahrzeuge. Bzgl. der Zählung im Jahr 2020 ist jedoch zu beachten, dass diese innerhalb der Sommerferien erfolgte. Dennoch lassen diese Daten keinen Rückschluss auf einen massiven Anstieg der Verkehrsbelastung zu. Gleichwohl ist die Appelhülsener Straße eine stark genutzte Hauptverkehrsstraße. 

 

Der Straßenbaulastträger (Gemeinde Senden) plant nun die grundhafte Erneuerung der Straße im nördlichen Bereich (zw. L 844 und der Straße Hiegenbusch). Hierzu hat die Gemeinde im Vorfeld ein Verkehrsgutachten bei der Ingenieursgesellschaft für Verkehrswesen mbH (Brilon Bondzio Weiser GmbH) in Auftrag gegeben. Im Rahmen dieses Gutachtens wurden drei unterschiedliche Ausbauvarianten geprüft. Die vom Gutachter empfohlene Variante soll nun nach einem entsprechenden Beschluss des gemeindlichen Gemeindeentwicklungsausschusses vom 27.08.2020 umgesetzt werden.

 

Auch aufgrund der damit verbundenen Kosten und Einschränkungen hat die Gemeinde Senden im Vorfeld am 24.06.2020 eine Anliegerversammlung durchgeführt. Im Rahmen der Versammlung wurden von den Anliegern verschiedene Wünsche geäußert, die durch den vorliegenden Bürgerantrag nochmals Nachdruck verliehen werden soll.

 

 

Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h:

 

Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h festgesetzt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Dabei gilt natürlich immer der Grundsatz, dass die Geschwindigkeit u.a. den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen ist (§ 3 Abs. 1 StVO). Die Straßenverkehrsbehörde kann die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind aber nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO). Nach Satz 2 dieser Vorschrift dürfen Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigende Gefahrenlage besteht. Dies bedeutet auch, dass eine „übliche“ Gefahrenlage im Straßenverkehr in Kauf zu nehmen ist.

 

Eine erheblich übersteigende Gefahrenlage könnte beispielsweise durch eine auffällige Unfalllage oder durch andere, besondere örtliche Verhältnisse gegeben sein. Nur wenn eine erheblich übersteigende Gefahrenlage im Einzelfall vorliegt, eröffnet sich für die Straßenverkehrsbehörde ein Ermessen im Hinblick auf die Entscheidung. Diese wird dann von ihr im Benehmen mit der Polizei und der Straßenbaubehörde getroffen und ist an den Grundsätzen der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und insbesondere der Verhältnismäßigkeit auszurichten.

 

Eine Auswertung der Unfalllage durch die Kreispolizeibehörde hat ergeben, dass es sich bei der Appelhülsener Straße um keinen Unfallschwerpunkt handelt. In den letzten fünf Jahren ist die Straße nicht unfallauffällig geworden. Auch andere besondere Verkehrsverhältnisse sind auf der Appelhülsener Straße nicht erkennbar. So handelt es sich um eine den Anforderungen entsprechend ausgebaute Straße. Der Gehweg und ein Radweg (derzeit noch nutzungspflichtig; künftig Angebotsradweg) ist beidseitig vorhanden. Im nördlichen Bereich sind die Geh- und Radwege auch noch deutlich von der Fahrbahn mittels Grünstreifen/Allee abgesetzt.

 

Die Straßenverkehrsbehörde kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften auch nicht vorsorglich herabsetzen. Eine vorsorgliche Warnung vor den „generellen Gefahren des Straßenverkehrs“ wäre vielmehr Aufgabe der Gesetzgebung. Der Gesetzgeber hält aber die von ihm in § 3 StVO getroffenen Regelungen zur Geschwindigkeit für angemessen, um den generellen Gefahren des Straßenverkehrs sicher zu begegnen.

 

Auch eine Anordnung unter den erleichterten Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 S. 4 Nr. 6 StVO kommt hier nicht in Betracht. Nach dieser Sonderregelung ist eine übersteigende Gefahrenlage nicht erforderlich für eine innerörtliche streckenbezogene Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h auf Vorfahrtsstraßen im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen sozialen Einrichtungen (wie Kindergärten oder Kindertageseinrichtungen). Nach aktueller Erlasslage darf diese Sonderregelung nur angewendet werden, wenn die soziale Einrichtung über einen direkten Zugang zur Straße verfügt oder im Nahbereich der Einrichtung mit starkem Ziel- und Quellverkehr mit all seinen kritischen Begleiterscheinungen zu rechnen ist.

 

Die im Nahbereich der Appelhülsener Straße befindlichen Kindertagesstätten Erlengrund und Pinocchio werden nicht direkt über die Appelhülsener Straße – sondern über Nebenstraßen – erschlossen. Die Erschließung der KiTa Erlengrund erfolgt über den Hiegenbusch und die KiTa Pinocchio wird über den Hagenkamp erschlossen. Somit erfolgt die Erschließung und der Ziel- und Quellverkehr bei beiden Einrichtungen über die Tempo-30-Zonen Hiegenbusch und Hagenkamp.

 

Zwischen dem Straßenbaulastträger, der Polizei und der Straßenverkehrsbehörde besteht Einvernehmen darüber, dass die Voraussetzungen des § 45 Abs. 9 StVO für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h hier nicht vorliegen. Der Anregung, die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h zu reduzieren, kann daher nicht gefolgt werden.

 

Möblierung der Straße:

 

Wie bereits erwähnt ist zunächst grundsätzlich die Straßenbaubehörde für die Möblierung von Straßen zuständig. Aktuell befindet sich im Knotenpunkt Appelhülsener Straße / Erlengrund / Hagenkamp eine Verkehrsinsel als Querungshilfe für Fußgänger und Radfahrer. Diese soll dabei auch die Querung von oder zum Wohngebiet Erlengrund und der im Hagenkamp befindlichen KiTa Pinocchio erleichtern. Im weiteren Verlauf der Straße befindet sich in Höhe der KiTa Erlengrund noch eine Lichtsignalanlage für Fußgänger.

 

Im Rahmen der Sitzung des Gemeindeentwicklungsausschusses (GEA) der Gemeinde Senden am 27.08.2020 wurde auch die Verkehrsinsel thematisiert. Die Anlieger führen insbesondere die mit dem Abbremsen und Beschleunigen verbundenen Lärmimmisionen an und fordern daher im Rahmen der Erneuerung die ersatzlose Streichung der Verkehrsinsel. Dem steht jedoch die Funktion als Hilfe zur Querung der Appelhülsener Straße entgegen. Daher hat der GEA der Gemeinde entschieden, dass die Fahrbahn im Bereich der Querungshilfe künftig ausgeweitet wird. Dadurch sollen Abbrems- und Beschleunigungsvorgänge minimiert werden. Darüber hinaus soll im gesamten Bereich der Erneuerung ein lärmmindernder Fahrbahnbelag eingebaut werden. Die Gemeinde teilt die Einschätzung der Interessengemeinschaft, dass die Verkehrsinsel „so gut wie gar nicht genutzt wird“ ausdrücklich nicht.

 

Aus Sicht der Straßenverkehrsbehörde erfüllt die Verkehrsinsel neben seiner eigentlichen Funktion als Querungshilfe auch noch eine Wirkung auf die von den motorisierten Verkehrsteilnehmern gefahrenen Geschwindigkeiten. Durch den relativ geraden Verlauf der Appelhülsener Straße trägt die Querungshilfe aus hiesiger Sicht auch zur Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h – und damit der Einheit von Bau und Betrieb einer Straße – bei. Daher wird die Beibehaltung der Querungshilfe ausdrücklich begrüßt.

 

 

 

II. Entscheidungsalternativen

Der Kreisausschuss kann dem Landrat Empfehlungen aussprechen, an die er jedoch nicht gebunden ist.

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

Keine.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 18 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld in der aktuell geltenden Fassung.