Beschluss:
Das Projekt „Kompass – Psychologische Beratung für Familien mit zu
früh geborenen, chronisch und schwer kranken Kindern, Kindern mit
Behinderungen“ wird konzeptionell um die Zielgruppen „Familien in Krisen rund
um die Geburt“ und „Geschwisterkinder“ erweitert und ab dem 01.04.2021
weiterhin pauschal mit 17.500 € jährlich gefördert. Die Förderung des
Gesamtangebotes ist befristet auf weitere drei Jahre bis zum 31.03.2024.
I. Problem
Seit
dem 01.04.2014 setzte der Bunte Kreis Münsterland e.V. das Projekt „Kompass –
Psychologische Beratung für Eltern von viel zu früh geborenen, behinderten und
schwer erkrankten Kindern“ um. Mit der SV-9-0933/1 wurde im Kreisausschuss und
Kreistag am 13.12.2017/20.12.2017 beschlossen, dass der Kreis Coesfeld das
Projekt befristet auf die Jahre 2018, 2019 und 2020 pauschal mit jährlich
17.500€ fördert. Die Umsetzung begann am 01.04.2018 und ist befristet bis zum
31.03.2021.
Mit Schreiben vom
17.11.2020 beantragt der Verein die anteilige Weiterfinanzierung ab dem
01.04.2021.
Die
Behinderung, Erkrankung oder Frühgeburt eines Kindes kann zu Krisen innerhalb
der Familie führen. Familien stehen in dieser Situation oft vor großen Herausforderungen,
ohne über die notwendigen Ressourcen zur Bewältigung der Problemlagen zu
verfügen. Die Behinderung oder Erkrankung eines Kindes kann zu Problemen in der
Partnerschaft und im gesamten Familiensystem führen und den bereits erschwerten
Familienalltag aus dem Gleichgewicht bringen.
Der
Zielgruppe des Projektes: Familien mit zu früh geborenen, behinderten oder
chronisch/ schwer erkrankten Kindern wird dennoch wenig Beachtung geschenkt – nicht
zuletzt aufgrund der fehlenden gesetzlichen Zuordnung des Leistungsangebotes
explizit zur Kinder- und Jugendhilfe oder der Gesundheitshilfe. Im ausgeweiteten Konzept des Angebotes
Kompass wurde die Zielgruppe um Familien in Krisen rund um die Geburt und
Geschwisterkinder ergänzt. Diese stellen ebenfalls Zielgruppen dar, für die es
wenige spezifische Angebote gibt. Hier wird also eine Versorgungslücke
deutlich.
Das
Projekt Kompass erreicht Familien im Kreis Coesfeld aufsuchend in Form von
Hausbesuchen und damit sehr niedrigschwellig. Dies ist ein guter Zugangsweg zu
Familien mit erkrankten oder behinderten Kindern, da bereits der Weg in eine
Beratungsstelle große Belastungen hervorrufen und den Stress im Familienalltag
erhöhen kann. Mit dem Angebot werden
jährlich durchschnittlich 10 Familien im Zuständigkeitsbereich des
Kreisjugendamtes unterstützt und gestärkt. Die Fachkräfte des Bunten Kreises
werden als engagiert, professionell und vor Ort gut vernetzt wahrgenommen. Eltern,
die durch den Bunten Kreis betreut wurden, berichten insbesondere von der
Reduktion von familiären Stress- und Belastungsfaktoren, Unterstützung bei der
Hilfe zur Selbsthilfe und der Förderung der Beziehung und Bindung zwischen
Eltern und Kind.
Seitens des Trägers wurde, wie mit den
politischen Gremien Kreistag sowie Stadträte Coesfeld und Dülmen vereinbart, nach
anderweitigen Finanzierungsmöglichkeiten beispielsweise über
Krankenkassen/-verbände, die Euregio sowie eine Förderung über das MKFFI oder
die Bundesstiftung Frühe Hilfen gesucht, die Bemühungen verliefen aber ohne
positives Ergebnis. Auch die Anfrage des (ehemaligen) Coesfelder Bürgermeisters
beim MAGS erzielte keine Erfolge.
Die Städte Coesfeld und Dülmen planen das
Beratungsangebot des Bunten Kreises ebenfalls weiter zu fördern. Durch die Weiterfinanzierung
kann ein flächendeckendes Beratungsangebot für Familien im Kreis Coesfeld
bereitgestellt werden, das zu mehr Chancengerechtigkeit und einem gelingenden
Aufwachsen von Kindern beiträgt.
II.
Lösung
Die psychologische Beratung, von Familien
mit behinderten oder erkrankten Kindern sowie von Familien in Krisen rund um
die Geburt, kann das gesamte Familiensystem stärken. Durch das aufsuchende
Beratungsangebot werden Weichen für einen stabileren Familienalltag und damit
das gelingende Aufwachsen von Kindern gestellt. Durch eine Ausweitung, um die
Zielgruppe Mütter mit psychischen Belastungen sowie Geschwister von erkrankten
oder behinderten Kindern, können zudem die Reichweite im Familiensystem
vergrößert und Familien frühzeitig erreicht werden. Die Versäulung des Hilfesystems
wird überbrückt und Angebote werden vernetzt. Damit wird die Versorgungslücke
geschlossen.
Die inhaltliche und rechtliche/
gesetzliche Zuordnung des Projektes „Kompass“ des Bunten Kreis Münsterland e.V.
ist nicht eindeutig. Diese fehlende Zuständigkeitsregelung erschwert die
Zuweisung des Angebotes zur Kinder- und Jugendhilfe oder der Gesundheitshilfe.
Im Sinne einer vernetzten Angebotslandschaft im Kreis Coesfeld, die u.a. durch
das Netzwerk Chancengerechtigkeit vorangetrieben wird, schlägt die
Kreisverwaltung dennoch die Weiterfinanzierung vor, denn die mangelnde
Verantwortungsübernahme darf nicht auf Kosten der Betroffenen verlagert werden.
Das Angebot wird aus pädagogischer Sicht als sinnvoll und notwendig erachtet.
Die bevorstehende Reform des SGB VIII
durch das bereits im Entwurf vorliegende Gesetz zur Stärkung von Kindern und
Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) und die damit
verbundene sogenannte „Inklusive Lösung“ sieht vor, dass die Kinder- und
Jugendhilfe spätestens ab 2028 vollständig für Kinder und Jugendliche mit und
ohne Behinderung zuständig ist. Die Weiterförderung des Leistungsangebotes
Kompass ist ein erster Schritt in diese Richtung.
Mit dem Förderantrag des
Landesprogrammes „kinderstark – NRW schafft Chancen“, vorher Kommunale Präventionsketten, wurde bereits die
Grundlage einer Förderung des Projektes über Landesmittel geschaffen. Zunächst
wurde die finanzielle Förderung zur konzeptionellen Entwicklung neuer Bausteine
(Mütter in Krisen und Geschwisterkinder) beantragt. Mit der Strukturförderung
des Aufrufes des Programms „kinderstark – NRW schafft Chancen“ im Jahr 2021
soll das Angebot Kompass zum Teil refinanziert werden. Durch das Programm „kinderstark
– NRW schafft Chancen“ werden Präventionsketten von der Schwangerschaft bis ins
junge Erwachsenenalter und den Berufseinstieg gestaltet, um Kindern,
Jugendlichen, jungen Erwachsenen und ihren Familien ein gelingendes Aufwachsen
und lebenslanges Lernen zu ermöglichen. Die Möglichkeit der Refinanzierung des
Beratungsangebotes über das Landesprogramm „kinderstark“ wird aktuell
geprüft.
Durch die gemeinsame Umsetzung des
Angebotes Kompass mit den Städten Coesfeld und Dülmen können Familien in
Belastungs- und Krisenlagen im gesamten Kreisgebiet unterstützt und gestärkt
werden.
III. Alternativen
Eine weitere Beteiligung an dem
Projekt Kompass wird abgelehnt. Die Förderung des Projektes läuft somit am
31.03.2021 aus. Die aufgezeigten Defizite werden insoweit akzeptiert.
IV. Auswirkungen / Zusammenhänge
(Finanzen, Personal, IT, sonstige Ressourcen)
Die Fortführung der Finanzierung geht
mit keiner weiteren Mehrbelastung der Kreisumlage einher, da die Förderhöhe zum
einen trotz der inhaltlichen Ausweitung des Angebotes unverändert bleibt. Im
Entwurf des Etats 2021 sind die notwendigen Mittel für den Haushaltsansatz 2021
bereits berücksichtigt. Bei Bewilligung von Landesmitteln (80%-Förderung) durch
die Initiative „kinderstark – NRW schafft Chancen“ für das Jahr 2021 können die
Haushaltsmittel sogar größtenteils refinanziert werden.
V. Zuständigkeit
für die Entscheidung
Gemäß
§ 71 SGB VIII in Verbindung mit § 5 der Satzung für das Jugendamt des Kreis
Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung grundsätzlich
zuständig.