Beschlussvorschlag des
Anregenden:
Es werden Maßnahmen
zur Verkehrsberuhigung der Gartenstraße und der Wilhelm-Haverkamp-Straße in
Senden eingeleitet.
Beschlussvorschlag
der Verwaltung:
Die Anregung wird ohne Empfehlung an den Landrat als zuständiges Organ
weitergeleitet.
I. Sachdarstellung
Gemäß § 21 KrO NRW hat jeder das Recht, sich mit Anregungen in Angelegenheiten des Kreises an den Kreistag zu wenden.
Mit Schreiben vom 2.
Juni 2021 wird unter Verweis auf § 21 die Einleitung von Maßnahmen zur
Verkehrsberuhigung auf der Gartenstraße/Wilhelm-Haverkamp-Straße angeregt. Im
Übrigen wird auf die Eingabe verwiesen (Anlage 1).
Gem. § 18 Abs. 4 der Hauptsatzung
des Kreises Coesfeld ist für die Erledigung von Anregungen und Beschwerden der
Kreisausschuss zuständig, es sei denn, sie betreffen Angelegenheit, für die
gem.
§ 26 Abs. 1 Satz 2 KrO NRW ausschließlich der Kreistag oder für die nach den
Bestimmungen der KrO oder der Hauptsatzung der Landrat zuständig ist. Ist der
Kreisausschuss nicht zuständig, überweist er die Anregung oder Beschwerde zur
Erledigung an die zur Entscheidung berechtigte Stelle. Bei der Überweisung kann
er Empfehlungen aussprechen, an die die zur Entscheidung berechtigte Stelle
nicht gebunden ist.
Bei den mit der Anregung geforderten straßenverkehrlichen Maßnahmen handelt es sich um Geschäfte der sogenannten „laufenden Verwaltung“, für die der Landrat ausschließlich zuständig ist.
Insoweit ist der Kreisausschuss für eine abschließende Entscheidung nicht zuständig. Er kann jedoch Empfehlungen aussprechen.
Die Anregung betrifft den Kreis Coesfeld als Straßenverkehrsbehörde und Straßenbaulastträger.
Die Anregung ist
inhaltlich bereits in der Sitzung des Bau- und Planungsausschusses der Gemeinde
Senden am 08.06.2021 thematisiert worden. Dort ist folgender Beschluss
einstimmig gefasst worden:
„Die Verwaltung bittet den Kreis in Zusammenhang mit dem Bürgerantrag um
die Prüfung folgender Punkte: Erstellung belastbarer Verkehrszahlen, um darauf
aufbauend Maßnahmen zur sicheren Querung, zur Lärmreduktion, zur Temporeduktion
und zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu erarbeiten.“
Die Abteilung Straßenverkehr,
Fachdienst Verkehrssicherung- und Lenkung, des Kreises Coesfeld hat
folgende Stellungnahme zu dieser Anregung abgegeben:
Zuständigkeit:
Für die Anordnung von Verkehrsbeschränkungen oder -verboten auf dem
Gebiet der Gemeinde Senden ist die Straßenverkehrsbehörde des Kreises Coesfeld
zuständig (§§ 44 ff. StVO i.V.m. §§ 5 ff. der Verordnung über Zuständigkeiten
im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung). Darunter fällt u.a. die
Anordnung einer Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder die
Anordnung eines Durchfahrtsverbotes für Lastkraftwagen.
Bzgl. der weiteren vorgeschlagenen Maßnahmen
(„Geschwindigkeitsampel", Querungshilfen oder ein
Verkehrsentwicklungskonzept) ist die Straßenbaubehörde und/oder die Gemeinde
Senden zuständig, so dass hier nur kurz darauf eingegangen wird. Bei den
betroffenen Straßen liegt die Straßenbaulast beim Kreis Coesfeld in der Abt. 66
- Straßenbau und -Unterhaltung.
Generell erfolgen Maßnahmen im Straßenverkehr jedoch stets im Austausch
zwischen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, der zuständigen
Straßenbaubehörde, der jeweiligen Kommune und der Direktion Verkehr der
zuständigen Kreispolizeibehörde.
Allgemeine Informationen:
Bei der Gartenstraße und der Wilhelm-Haverkamp-Straße handelt es sich um
die Kreisstraße 4 und somit um eine klassifizierte wichtige Hauptverkehrsstraße
innerhalb der Gemeinde Senden. Die K 4 ist die elementare
West-Ost-Verbindungsachse und erfüllt neben der überörtlichen
Verbindungsfunktion (insb. zur B 235) auch die Sammelfunktion für sämtliche
Wohngebiete im Westen des Ortsteils Senden der Gemeinde Senden. Teile der K 4
(Buldener Straße und Teile der Gartenstraße) wurden in den letzten Jahren Zug
um Zug erneuert.
Zur Verkehrsbelastung liegt derzeit nur eine Verkehrszählung der Gemeinde
aus dem Jahr 2018 vor. Demnach ist die K 4 mit einer gemittelten DTV
(„durchschnittliches tägliches Verkehrsaufkommen") von 8.760 stark
frequentiert. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Zählung im Zuge der
Bauarbeiten auf der K 4 durchgeführt wurde. Eine aktuelle Verkehrszählung
konnte kurzfristig nicht mehr erstellt werden und müsste ggfls. ergänzend
nachgeholt werden. Nachrichtlich sei noch erwähnt, dass die DTV auf der K 4 nah
des Busbahnhofes im Jahr 2005 noch bei 10.489 lag. Demnach hat die
Verkehrsbelastung etwas abgenommen.
Reduzierung der
Höchstgeschwindigkeit:
Wie bereits erwähnt handelt es sich hier um eine Kreisstraße, die als
solche von überörtlicher Verkehrsbedeutung ist und einer entsprechenden
Verkehrsverbindung dient. Diese Funktion kann nur übernommen werden, wenn im
Verlauf der Straße möglichst wenige Verkehrsbeschränkungen angeordnet sind.
Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die zulässige Höchstgeschwindigkeit
innerhalb geschlossener Ortschaften auf 50 km/h festgesetzt (§ 3 Abs. 3 Nr. 1
StVO). Dabei gilt natürlich immer der Grundsatz, dass die Geschwindigkeit u.a.
den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen anzupassen ist (§ 3
Abs. 1 StVO). Die Straßenverkehrsbehörde kann die Benutzung bestimmter Straßen
oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs
beschränken (§ 45 Abs. 1 Satz 1 StVO). Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen
sind aber nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände
zwingend geboten ist (§ 45 Abs. 9 Satz 1 StVO). Nach Satz 2 dieser Vorschrift
dürfen Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet
werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine das allgemeine
Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich
übersteigende Gefahrenlage besteht. Dies bedeutet auch, dass eine
„übliche" Gefahrenlage im Straßenverkehr in Kauf zu nehmen ist.
Eine erheblich übersteigende Gefahrenlage könnte beispielsweise durch
eine auffällige Unfalllage oder durch andere, besondere örtliche Verhältnisse
gegeben sein. Nur wenn eine erheblich übersteigende Gefahrenlage im Einzelfall
vorliegt, eröffnet sich für die Straßenverkehrsbehörde ein Ermessen im Hinblick
auf die Entscheidung. Diese wird dann von hier im Benehmen mit der Polizei und
der Straßenbaubehörde getroffen und ist an den Grundsätzen der Geeignetheit,
der Erforderlichkeit und insbesondere der Verhältnismäßigkeit auszurichten.
Eine Auswertung der Unfalllage durch die Kreispolizeibehörde hat ergeben,
dass es sich bei der Gartenstraße und der Wilhelm-Haverkamp-Straße um keine
Unfallschwerpunkte handelt. In den letzten drei Jahren (2018 bis 2020) ist die
Straße nicht unfallauffällig geworden. Auch andere besondere
Verkehrsverhältnisse sind nicht erkennbar. So handelt es sich um eine den
Anforderungen entsprechend ausgebaute Straße und eine übliche Verkehrssituation
beim innerörtlichen Verlauf einer klassifizierten Straße.
Als Straßenverkehrsbehörde kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit
innerhalb geschlossener Ortschaften auch nicht vorsorglich herabsetzen. Eine
vorsorgliche Warnung vor den „generellen Gefahren des Straßenverkehrs" wäre
vielmehr Aufgabe der Gesetzgebung. Der Gesetzgeber hält aber die von ihm in § 3
StVO getroffenen Regelungen zur Geschwindigkeit für angemessen, um den
generellen Gefahren des Straßenverkehrs sicher zu begegnen.
Zwischen dem Straßenbaulastträger, der Polizei und der
Straßenverkehrsbehörde besteht Einvernehmen darüber, dass die Voraussetzungen
des § 45 Abs. 9 StVO für die Anordnung einer Geschwindigkeitsbegrenzung hier
nicht vorliegen. Der Anregung, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu
reduzieren, kann daher nicht gefolgt werden.
Durchfahrtsverbot für LKW:
Auch für die Anordnung von Durchfahrtsverboten, wie z.B. dem Verbot für
Kraftfahrzeuge über 3,5 t durch das Verkehrszeichen 253, sind die vorgenannten
Voraussetzungen des § 45 StVO zwingend zu beachten. Die hohe Verkehrsbedeutung
einer klassifizierten Straße steht einem Durchfahrtsverbot entgegen.
Klassifizierte öffentliche Straßen sollen insbesondere den Schwerlastverkehr
aufnehmen um eine Verdrängung auf andere schwächere Verkehrsadern zu vermeiden.
Neben der K 4 existiert keine weitere klassifizierte West-Ost-Verbindung
innerhalb des Ortsteils. Neben dem überörtlichen Verkehr erfolgt hierüber auch
die Versorgung bzw. Belieferung des Ortskerns über die K 4.
Weitere vorgeschlagene
Maßnahmen:
·
Aufstellung einer Geschwindigkeitsampel:
Die Straßenverkehrsbehörde unterhält keine
eigenen Geschwindigkeitsmesstafeln. Die Gemeinde Senden unterhält nach hiesigem
Kenntnisstand insgesamt vier solcher Geschwindigkeitsmesstafeln. Es wurde die
Bereitschaft signalisiert, dass diese auch auf den vorgenannten Straßen
eingesetzt werden können.
·
Möblierung der Straße (Querungshilfen):
Wie bereits erwähnt ist zunächst
grundsätzlich die Straßenbaubehörde für die Möblierung von Straßen zuständig.
Angeregt wird hier insbesondere die Einrichtung von Querungshilfen nah der
Hufeland-Schule (zertifizierte Verbandschule des Bundes Deutscher
Heilpraktiker) und des Ärztehauses (Wilhelm-Haverkamp-Straße 5). Im
unmittelbaren Nahbereich befinden sich derzeit Querungsmöglichkeiten an den
Ampelkreuzungen (K 4 / Münsterstraße und K 4 / B 235). Auch nach dem geplanten
Umbau des Knotenpunktes K 4 / Münsterstraße zu einem Kreisverkehrsplatz wird
eine sichere Querung mittels Fußgängerüberweg möglich sein. Aus Sicht der
Straßenverkehrsbehörde sind daher ausreichende und im Vergleich zu einer
Querungshilfe auch qualitativ sicherere Möglichkeiten vorhanden. Zudem dürfte
sich die Realisierung aufgrund der hierfür notwendigen Flächen und der Ein- und
Ausfahrtssituationen entlang der Straße schwierig gestalten.
·
Überprüfung Lärmimmissionswerte
Bei bestehenden Straßen ist die Richtlinie
für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm
(Lärmschutz-Richtlinien-StV) zu berücksichtigen (gem. VwV-StVO Rn. 12 zu
Zeichen 274 Zulässige Höchstgeschwindigkeit). Demnach können
straßenverkehrsrechtliche Lärmschutzmaßnahmen in diesem Fall in Betracht
kommen, wenn folgende Richtwerte (für Kern-, Dorf- und Mischgebiete)
überschritten werden:
72 dB(A) zwischen 6 und 22 Uhr (tags)
62 dB(A) zwischen 22 und 6 Uhr (nachts)
Die hierfür notwendigen Lärmberechnungen
wären zuvor vom Straßenbaulastträger durchzuführen. Hierbei ist jedoch zu
beachten, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen auf den Straßen des überörtlichen
Verkehrs (u.a. auch Kreisstraßen) auch nach dieser Richtlinie jedoch aufgrund
deren besonderer Verkehrsfunktion ausscheiden (Ziffer 3.3 der Richtlinie).
Gleiches gilt für Verkehrsverbote (Ziffer 3.4 der Richtlinie). Anderenfalls
wäre eine nicht gewollte Verdrängung der Verkehre auf andere nicht
klassifizierte Straßen zu befürchten.
·
Verkehrsentwicklungskonzept
Die Erstellung eines
Verkehrsentwicklungskonzeptes ist eine Aufgabe der Gemeinde im Rahmen der
sogenannten flächenhaften Verkehrsplanung.
Die Abteilung
Straßenbau und -unterhaltung des Kreises Coesfeld hat ergänzend folgende
Stellungnahme zu dieser Anregung abgegeben:
Einrichtung von Querungshilfen
Für die Einrichtung von Querungshilfen im Zuge der
Wilhelm-Haverkamp-Str. und der Gartenstraße (K4) stehen derzeit die notwendigen
Flächen nicht zur Verfügung. Darüber hinaus sind auch die Zu- und Abfahrten der
Anlieger sowie die Bushaltestellen zu berücksichtigen. Im Rahmen der
anstehenden Planungen sollen die Möglichkeiten zur Umsetzung dieser Anregung
gemeinsam mit der Gemeinde Senden geprüft werden.
Verkehrszählung
Die Verkehrszählung auf der K4 in der Ortsdurchfahrt Senden ist für
dieses Jahr vorgesehen und wird voraussichtlich in den nächsten 3 Monaten
erfolgen.
Immissionswerte
Die Abteilung Straßenbau und -unterhaltung schließt sich dem Ergebnis des
Vermerks der Gemeinde Senden vom 18.02.2018 vollumfänglich an. Im Ergebnis
werden die Auslösewerte der Lärmsanierung nicht erreicht.
Instandsetzung
der Kanalisation/Sanierung der Wilhelm-Haverkamp-Straße und verkehrsberuhigende
Maßnahmen:
Grundsätzlich erfolgen alle Baumaßnahmen im Zuge der K4 in enger
Abstimmung zwischen Kreis Coesfeld und der Gemeinde Senden.
Neben den bereits realisierten Kreisverkehren am Busbahnhof und der
Herrenstraße ist für Kreuzungsbereich Münsterstraße eine Umgestaltung in einen
Kreisverkehr geplant.
Im unmittelbaren Zusammenhang soll mit dieser Baumaßnahme auch die
Wilhelm-Haverkamp-Straße erneuert werden. Im Rahmen dieser Maßnahmen werden
auch die Verbesserungen der Querungsmöglichkeiten untersucht.
Zum Einbau von Flüsterasphalt:
Grundsätzlich sind Maßnahmen zur Reduzierung von Lärmemissionen sehr
sinnvoll und begrüßenswert. Allerdings sind gerade im innerörtlichen Bereich
die Rahmenbedingungen der einzelnen Straßen zu berücksichtigen. Viele
Kreuzungen, Einmündungen und Einbauten wie Kanalschächte erschweren den Einbau
und wirken sich negativ auf die Fahrbahnebenheit und damit auf den Erfolg eines
Flüsterasphaltes (lärmmindernden Asphaltes) aus. Darüber hinaus sind besonders
Beschleunigungs-, Brems-, und Anfahrgeräusche an Kreuzungen, Einmündungen,
Fußgängerüberwegen, Ampelanlagen sowie das Überfahren von Fugen, Aufgrabungen,
Kanaldeckel, Hydranten und sonstigen Einbauten lärmintensiv. Diese können durch
die Wahl eines lärmmindernden Belags nicht reduziert werden. Darüber hinaus ist
die Lärmreduzierung geschwindigkeitsabhängig, wobei der Effekt mit niedrigerer
Geschwindigkeit abnimmt. Bei einem Lkw dominiert das Reifen-/ Fahrbahngeräusch
erst ab ca. 60 km/h.
Daher sollte individuell, nach der jeweiligen Situation der Einbau von
lärmmindernden Belägen geprüft werden. Insbesondere an mehrstreifigen, stark
belasteten Hauptverkehrsstraßen und bei Parallellagen zu Wohngebieten könnte
der Einbau von lärmmindernden Belägen sinnvoll sein. Auch nimmt die
lärmmindernde Wirkung mit zunehmender Nutzungsdauer ab. Nach der einschlägigen
Literatur erreichen die lärmmindernden Asphaltschichten nach ca. 6 bis 8 Jahren
ein ähnliches Lärmniveau wie konventionelle Asphaltdeckschichten.
Mit Blick auf die vorhandene Situation und der Abwägung der Vor- und
Nachteile ist im Rahmen der Fahrbahnerneuerung der Einbau eines lärmmindernden
Belages nicht vorgesehen. Spürbare Geräuschminderungen lassen sich
allerdings schon durch die vorgesehene Erneuerung des schadhaften
Fahrbahnbelages und der Verwendung eines Splittmastixasphaltes erreichen.
II. Entscheidungsalternativen
Der Kreisausschuss kann dem Landrat Empfehlungen aussprechen, an die er jedoch nicht gebunden ist.
III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal,
IT, Klima)
Keine.
IV. Zuständigkeit für die Entscheidung
Die Zuständigkeit des Kreisausschusses ergibt aus § 21 KrO NRW i.V.m. § 18 der Hauptsatzung des Kreistages des Kreises Coesfeld in der aktuell geltenden Fassung.