Betreff
Konzept zum Ausgleich des Corona-bedingten Schadens bei der FMO Flughafen Münster Osnabrück GmbH - Ausgleich 2022
Vorlage
SV-10-0418
Aktenzeichen
Kreisentwicklung
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

1.       Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der Zuführung von Eigenkapital an die Flughafen Münster Osnabrück GmbH in Höhe von 46.180 € für das Jahr 2022.

2.       Die Vertretung des Kreises Coesfeld in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH wird angewiesen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.

3.       Sämtliche Beschlüsse stehen unter der Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.

 

I. Sachdarstellung

Der Kreisausschuss hat sich stellvertretend für den Kreistag im Rahmen der Delegation nach § 50 Abs. 4 KrO NRW in seiner Sitzung am 10.02.2021 mit dem Thema „Konzept zum Ausgleich des coronabedingten Schadens bei der FMO Flughafen Münster Osnabrück GmbH“ befasst (Sitzungsvorlage SV-10-0139) und einer Beteiligung an der Zuführung von Eigenkapital in Höhe von 46.180 Euro für das Jahr 2021 zugestimmt. In diesem Zusammenhang war dargelegt worden, dass sich der Eigenmittelbedarf auf Grund der coronabedingten Schäden bis 2025 auf ca. 30 Mio. Euro belaufen werde, wenn nicht durch Bundes- und Landesmittel oder andere Maßnahmen diese Schäden teilweise ausgeglichen werden.

Bereits seit 2014 – also weit vor der Corona-Pandemie – hat die FMO GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept aufgearbeitet, das nachstehend überblickartig dargestellt wird.

 

1.       Langfristiges Finanzierungskonzept seit 2014

Die FMO GmbH hat in früheren Jahren fast alle Investitionen (u.a. Terminalgebäude, Catering-Gebäude) über Darlehen fremdfinanziert. Dadurch stieg der Darlehensbestand in der Spitze auf über 90 Mio. Euro. Zur notwendigen Eigenmittelstärkung wurde im ersten Schritt das Finanzierungskonzept 1.0 aufgelegt.

 

1.1.             Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

Die Bankenverbindlichkeiten betrugen Ende 2014 ca. 84 Mio. Euro. Das Ergebnis der Flughafengesellschaft war 2014 demzufolge mit Zinsen in der Größenordnung von fast 4 Mio. Euro belastet. Der Kapitaldienst der Flughafengesellschaft (Zinsen zzgl. Tilgung) betrug seinerzeit jedes Jahr über 11 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund brachte die Gesellschafterversammlung der FMO GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept auf den Weg. Ziel dieses Finanzierungskonzeptes 1.0 war es, durch eine Zuführung von Gesellschaftermitteln (Kombination aus Gesellschafterdarlehen und Eigenkapitalstärkungen) den Liquiditätsbedarf der FMO GmbH zu decken und darüber hinaus die Bankdarlehen zügig zurückzuführen. Der Kreistag hat sich in den Jahren 2014 bis 2016 mehrfach mit dem Finanzierungskonzept 1.0 befasst (SV-9-0164, SV-9-0220, SV-9-0418, SV-9-0619). Die nachstehende Tabelle zeigt die gesamten Zuführungen und die Beteiligung des Kreises Coesfeld.

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

gesamt

Gesellschafter-darlehen

16,4 Mio.€

 

 

 

 

 

16,4 Mio.€

Anteil

Kreis Coesfeld

75.833 €

 

 

 

 

 

75.833 €

Eigenkapital-zufuhr

 

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

82,0 Mio. €

Anteil

Kreis Coesfeld

 

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

379.165 €

Übersicht Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

 

Im Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde das operative Ergebnis (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen - EBITDA) von ca. -5,5 Mio. Euro auf -0,97 Mio. Euro verbessert. Einzig im Jahr 2019 konnte das operative Ergebnis aufgrund der Germania Insolvenz nicht verbessert werden, sondern lag bei ca. -1,86 Mio. Euro. Die Bankdarlehen konnten inzwischen von ca. 84 Mio. Euro in 2014 auf ca. 24 Mio. Euro in 2020 zurückgeführt werden.

 

1.2.             Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

Die Insolvenz der Fluggesellschaft Germania und Vorgaben der neuen europäischen Sicherheitsbehörde (EASA), die erhöhte Investitionen zur Flugsicherheit erfordern, zeigten einen zusätzlichen Kapitalbedarf. Schon im Dezember 2018 beauftragte die FMO-Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung, das langfristige Finanzierungskonzept fortzuschreiben („Finanzierungskonzept 2.0“). Dieses Finanzierungskonzept 2.0 sieht im Zeitraum 2021 bis 2025 einen jährlichen Kapitalbedarf in Form von Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7 Mio. Euro vor (insgesamt 35 Mio. Euro). Der Kreistag hat sich am 25.09.2019 (SV-9-1442) mit dem Finanzierungskonzept 2.0 befasst und für die Jahre 2021 bis 2025 jeweils ein Gesellschafterdarlehn von jährlich 32.325 Euro, also insgesamt 161.625 Euro, beschlossen. Die Gesellschafterdarlehen sind jeweils 3 Jahre tilgungsfrei und werden dann über eine Laufzeit von jeweils 15 Jahren inkl. Zins an die Gesellschafter zurückgezahlt.

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Gesamt

Gesellschafter-darlehen

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

35,0 Mio. €

Anteil

Kreis Coesfeld

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

161.625 €

Übersicht Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

 

 

2.       Aktuelle Auswirkungen auf den FMO aufgrund der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie erreichte Anfang März 2020 mit enormer Wucht auch Europa. Nahezu der gesamte europäische Luftverkehr brach zu diesem Zeitpunkt komplett ein. Der FMO hatte bis dahin ein Wachstum von ca. 25 Prozent und war damit der wachstumsstärkste deutsche Flughafen im 1. Quartal 2020. In der Folge des Luftverkehr-Lockdowns brachen die Umsätze der FMO GmbH wie Verkehrserlöse, Parkeinnahmen und umsatzbedingte Entgelte (Gastronomie, Betankung) nahezu komplett ein. Durch sofortige kurzfristige Gegenmaßnahmen wie fast 100-prozentige Kurzarbeit sowie ein umfangreicher Investitions- und Ausgabenstopp wurde die vorhandene Liquidität soweit möglich geschont.

Die FMO GmbH erarbeitete dann im Sommer 2020 gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen PwC eine Wirtschaftsplanung für die kommenden fünf Jahre mit einem Kapital- und Liquiditätsbedarf von insgesamt 30 Mio. Euro zusätzlich zum laufenden Finanzierungskonzept 2.0. Die FMO-Gesellschafterversammlung traf am 25.06.2020 einen Grundsatzbeschluss, den coronabedingten Schaden von voraussichtlich 30 Mio. Euro durch eine Eigenkapitalstärkung zu kompensieren. Dieser Beschluss sah für die Jahre 2020 und 2021 einen Kapitalbedarf von 10 Mio. Euro vor. Die Kapitalerhöhung für 2021, die die FMO-Gesellschafterversammlung am 04.03.2021 beschloss, sollte durch Einzahlungen in zwei Tranchen zum 15.04.2021 und zum 15.10.2021 erfolgen. Bei der Anforderung der zweiten Tranche sollten allerdings etwaige Bundes- und Landesmittel berücksichtigt werden. Bund und Land haben in der Folge am 08.07.2021 und 21.07.2021 jeweils 2,5 Mio. Euro an die FMO GmbH ausgekehrt. Hierdurch konnte auf die Anforderung der zweiten Tranche in 2021 verzichtet werden. Die Zahlung der Bundes- und Landesmittel führt dazu, dass zur Deckung des mit der Wirtschaftsplanung 2020 bis 2025 ermittelte Kapitalbedarfes von 30 Mio. Euro nunmehr noch 25 Mio. Euro aus Gesellschaftermittel benötigt werden. Die Notwendigkeit der coronabedingten Eigenkapitalzuführungen wurden jüngst durch das Beteiligungsmanagement der Stadt Münster nochmals geprüft und bestätigt.

Die aktuelle wirtschaftliche und verkehrliche Entwicklung entspricht weiterhin in etwa den Prognosen der letzten Wirtschaftsplanung. Nachdem in den Wintermonaten des Jahres 2021 bundesweit kaum nennenswerter Luftverkehr stattfand, erholten sich die Märkte vor dem Hintergrund gelockerter Reisebedingungen in den Sommermonaten spürbar. Die im Zuge erhöhter Impfquoten gelockerten Sicherheits- und Quarantänebedingungen führten dazu, dass die Wachstumsraten am FMO im Sommer sogar über dem Bundesdurchschnitt lagen. Zwar lagen die Passagierzahlen im Sommer noch knapp 40 Prozent unter dem Vorkrisenjahr, aber waren schon deutlich über dem Niveau des Jahres 2020.

Besonders erfreulich ist, dass nahezu alle wichtigen Zieldestinationen im Laufe des Jahres 2021 wieder angeflogen wurden. Die für den Geschäftsverkehr sehr bedeutsamen Lufthansa-Verbindungen nach München und Frankfurt wurden am 14.03. bzw. 06.09. wieder angeflogen. Die stetigen Frequenzerhöhungen dieser Destinationen in den ersten Monaten nach der Wiederaufnahme zeigen die nachhaltige Marktposition dieser Produkte. Auch die klassischen Urlaubsflieger Corendon Airlines, Ryanair, Eurowings und Sunexpress haben im Sommer wieder ihre Verbindungen aufgenommen. Zwar ist vor dem Hintergrund der anhaltenden Unwägbarkeiten im Zuge der Pandemie weiter mit starken Marktrisiken zu rechnen. Der bisherige Verkehrsverlauf unterstreicht aber die Robustheit der den Finanzierungskonzepten zugrunde liegenden Verkehrsprognosen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt hat kein bedeutender Airlinepartner den FMO verlassen. Im Gegenteil konnten mit GP-Aviation und Smartwings, die mit Pristina neue Ziele bzw. mit Heraklion und Rhodos Zusatzflüge anbieten, neue Airlines gewonnen werden. Der FMO erwartet für das Jahr 2021 deutlich über 300.000 Passagiere. Im Jahr 2022 könnten nach aktuellen Planungen wieder ca. 600.000 Passagiere den FMO nutzen.

Die wirtschaftliche Entwicklung des FMO entspricht den langfristigen, bereits durch das Beratungsunternehmen PwC plausibilisierten Prognosen aus 2020. Im Geschäftsjahr 2021 konnten durch diverse Maßnahmen wie Personalkostenabbau, Zusatzerlöse durch den Betrieb des Impfzentrums, Zinsersparnis durch Entschuldung und sonstige Aufwandsreduzierungen spürbare Ergebnisverbesserungen erreicht werden. Durch die ergebniswirksame Verbuchung der Bundes- bzw. Landeshilfen könnte nach aktueller Ergebnisprognose sogar der gesamte Umsatzeinbruch 2021 ergebnistechnisch kompensiert werden. Insbesondere hierin liegt begründet, dass auf die Einzahlung von Gesellschaftermitteln zum 15.10.2021 verzichtet werden konnte.

Entsprechend des Grundsatzbeschlusses der FMO-Gesllschafterversammlung vom 25.06.2020 steht nun mit der Beschlussfassung zum Wirtschaftsplan 2022 auch der Beschluss zur zweiten Eigenkapitalstärkung aufgrund coronabedingter Schäden in Höhe von 10 Mio. Euro für 2022 an. Der Anteil des Kreises Coesfeld beträgt somit erneut 46.180 Euro.

Die Kreisverwaltung schlägt vor, der Eigenkapitalstärkung für das Jahr 2022 zuzustimmen und die Vertretung in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH anzuweisen, die entsprechenden Beschlüsse zufassen. Die Zustimmung steht unter der einschränkenden Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.

Der Kreis Steinfurt und die Stadt Münster haben gemeinsam eine Studie zur Weiterentwicklung des FMO in Auftrag gegeben. Es ist derzeit noch nicht absehbar, wann mit ersten Ergebnisse gerechnet werden kann.

 

 

II. Entscheidungsalternativen

Der Kreis Coesfeld beteiligt sich nicht an der Kapitalerhöhung für 2022. Dadurch wird aber die notwendige coronabedingte Finanzierung und damit Zukunftsperspektive des Flughafens Münster-Osnabrück als internationaler Verkehrsflughafen in NRW gefährdet.

 

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

Finanzen: Im Entwurf des Haushalts 2022 ist beim Produkt 04.01.02.01 im Finanzplan unter der Investitionsnummer 010121FMO eine Kapitalzuführung für das Jahr 2022 in Höhe von 46.180 Euro eingeplant. Eine Entscheidung über eine weitere prognostizierte coronabedingte Finanzierung für das Jahr 2023 von voraussichtlich rd. 10 Mio. Euro soll erst nach einer eingehenden Beratung der Gesellschafter über die künftige strategische Ausrichtung der FMO GmbH im Jahresverlauf 2022 erfolgen.

 

Klima: Die deutschen Flughäfen haben sich verpflichtet, bis 2030 die eigenen CO2-Emissionen (z.B. Energieversorgung, Gebäudetechnik, Fuhrpark, flughafenspezifische Anlagen) gegenüber dem Jahr 2010 um 50 Prozent zu reduzieren und bis 2050 die eigenen CO2-Emissionen auf Netto Null herunterzufahren. Darüber hinaus unterstützen die Flughäfen die Fluggesellschaften bei deren CO2-Emissionsreduzierungen z.B. durch Bodenstrom statt Hilfstriebwerke, Rollverkehre durch Schleppverfahren, umweltbezogene Entgelte.

FMO klimaneutral 2030: Der FMO hat seit 2010 seine CO2-Emissionen bereits um 90 Prozent reduziert. Auf Basis eines Emissionsregisters, das die restlichen 10 Prozent katalogisiert, hat der FMO schon im Jahre 2019 ein Konzept entwickelt, um bereits 2030 klimaneutral die Infrastruktur betreiben zu können

 

Personal, IT: Keine.

 

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Der Kreistag ist gem. § 26 Abs. 1 KrO NRW für die Entscheidung zuständig.