Betreff
Satzung zum Teilhabebeirat des Kreises Coesfeld zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung
Vorlage
SV-10-0630
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

1.   Die im Entwurf beigefügte "Satzung zum Teilhabebeirat des Kreises Coesfeld zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung" wird mit dem Zusatz unter Nr. 2 beschlossen.

 

2.   Im beigefügten Satzungsentwurf wird die Zusammensetzung der beratenden Mitglieder ergänzt durch den Zusatz, der unter § 3 Nr. 2 Buchstabe h) einzufügen ist: "eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der nicht einer Fraktion angehörigen Mitglieder des Kreistages."

 

3.   Zu § 9 Abs. 3 der Satzung zum Teilhabebeirat werden vorbehaltlich des jeweiligen Haushaltsbeschlusses Haushaltsmittel in Höhe von 10.000 € pro Jahr für bestimmte Zwecke (z.B. barrierefreie Veranstaltungen, Aktionen des Teilhabebeirates) zur Förderung der Aufgabenwahrnehmung des Beirats sowie der Interessenvertretung und politischen Teilhabe (Partizipation) von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld bereitgestellt.

 

I. Sachdarstellung

 

a)     Zum Hintergrund:

 

Der Kreistag hat am 04.11.2020 und am 03.11.2021 beschlossen, erstmals einen Teilhabebeirat zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung zu bilden. Über die Zusammensetzung und Weiteres zur Aufgabenwahrnehmung sollte erst zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden, um Ergebnisse der kreisweiten Veranstaltungsreihe unter dem Motto "Mitmachen – Mitbestimmen – Sich politisch beteiligen" berücksichtigen zu können, die in Kooperation mit dem Landesprojekt "Politische Partizipation Passgenau" im Jahr 2020 begonnen, aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen zwischenzeitlich unterbrochen und im Jahr 2021 fortgesetzt wurde.

 

Auf Beschluss des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Senioren und Gesundheit des Kreistages vom 09.03.2020 (s. SV-9-1634) war es dabei Ziel, die Interessenvertretung von Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung und ihre Angehörigen (z.B. Eltern) im Kreis Coesfeld möglichst passend weiterzuentwickeln und vor allem die Betroffenen selber daran zu beteiligen. Über Resonanz und wichtige Ergebnisse ist im o.a. Ausschuss am 24.05.2022 zusammenfassend berichtet worden (s. SV-10-0539). Dazu gehört u.a.,

-        dass die Bildung eines Teilhabebeirats von vielen Beteiligten der Veranstaltungsreihe ausdrücklich begrüßt und mit dem Vorschlag verbunden wird, durch Satzung des Kreises die Zusammensetzung, Aufgaben und Rechte des Beirats zu regeln und dafür Sorge zu tragen, dass bestimmte Anforderungen dabei erfüllt werden, und

-        dass insgesamt 11 verschiedene Betroffene als Menschen mit Behinderung oder als Angehörige (Eltern) ihre grundsätzliche Bereitschaft erklärt haben, zur Interessenvertretung nicht nur in dem künftigen Teilhabebeirat, sondern auch an einer einvernehmlichen Entwicklung einer Satzung in Kooperation mit Politik und Verwaltung aktiv mitzuwirken.

 

b)     Zur gesetzlichen Grundlage:

 

Gemäß § 13 Abs. 1 Behindertengleichstellungsgesetz NRW ist "die Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen auch auf örtlicher Ebene (…) eine Aufgabe von wesentlicher Bedeutung sowohl für die volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen als auch für die selbstbestimmte und selbstständige Lebensführung, die Wahrnehmung der Menschen mit Behinderungen als Teil menschlicher Vielfalt sowie für den Schutz vor Diskriminierungen und Benachteiligungen. Das Nähere zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen bestimmen die Gemeinden und Gemeindeverbände durch Satzung."

 

In Verbindung mit §§ 5 ("Satzungen") und 41 ("Bildung von Ausschüssen") der Kreisordnung NRW ist der Teilhabebeirat ein Gremium eigener Art, der in der Gremienstruktur nicht als förmlicher Ausschuss, sondern vielmehr als nicht förmlicher Unterausschuss/Beirat ohne Organschaft gedacht ist und im Rahmen der Organisationshoheit des Kreises/Kreistages geschaffen und durch Satzung zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen geregelt werden kann.

 

Der Kreis hat als Träger öffentlicher Belange zudem Menschen mit Behinderungen nach § 9 Inklusionsgrundsätzegesetz NRW in seinem Wirkungsbereich u.a. bei der Ausarbeitung von Rechtsvorschriften sowie anderen Entscheidungsprozessen, die Menschen mit Behinderungen betreffen, durch enge Konsultationen und aktives einbeziehen zu beteiligen. Dabei sollen Menschen mit Behinderungen u.a. darin unterstützt und ermutigt werden, ihre Interessen zu vertreten.


 

c)      Einvernehmliche Entwicklung des Satzungsentwurfs:

 

Der als Anlage beigefügte Satzungsentwurf ist schrittweise im Einvernehmen mit interessierten Menschen mit Behinderung bzw. Angehörigen (Eltern), Mitgliedern des Kreistages und seiner Fraktionen sowie verschiedenen Stellen der Kreisverwaltung entwickelt worden.

 

Auf Vorschlag der o.a. Betroffenen, die nach Teilnahme an der Veranstaltungsreihe ihre Bereitschaft zur Mitwirkung am künftigen Teilhabebeirat erklärt haben, wurde von ihnen ein erster Entwurf einer Satzung zunächst eigenständig unter sich und mit Unterstützung des "Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben für den Regierungsbezirk Münster" der Landesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE NRW e.V. erarbeitet und Anfang des Jahres 2022 vorgelegt.

 

Nach Prüfung durch verschiedene Stellen der Kreisverwaltung ist der Entwurf mit Änderungsempfehlungen der Verwaltung zur Korrektur und Klarstellung im Mai 2022 den Fraktionen und den nicht einer Fraktion angehörigen Mitgliedern des Kreistages zugesandt und anschließend mit ihren interessierten Vertreterinnen und Vertretern besprochen und weiter abgestimmt worden.

 

Die überarbeitete Entwurfsfassung mit den Änderungsempfehlungen von Politik und Verwaltung wurde schließlich am 20.06.2022 in einer gemeinsamen Besprechung mit interessierten Vertreterinnen und Vertretern der o.a. Betroffenen, des Kreistages und der Verwaltung erläutert und beraten.

 

Das gemeinsame Ergebnis der Beratung und schrittweisen Entwicklung im Einvernehmen mit den o.a. Beteiligten ist der als Anlage zum Beschlussvorschlag beigefügte Satzungsentwurf (Stand: 20.06.2022).

 

Zudem ist in der gemeinsamen Besprechung vom 20.06. von einem Mitglied des Kreistages vorgeschlagen worden, im Satzungsentwurf die vorgesehene Zusammensetzung der beratenden Mitglieder des Teilhabebeirats um eine Vertreterin bzw. einen Vertreter der nicht einer Fraktion angehörigen Mitglieder des Kreistages zu erweitern, wobei dies unter § 3 Nr. 2 Buchstabe h) zu fassen wäre. Nach Erörterung ist im Ergebnis angeregt worden, diesen Vorschlag zur Ergänzung des Satzungsentwurfs ohne einvernehmliche Empfehlung dem Kreistag zur Beratung und Entscheidung vorzulegen.

 

d)     Satzungsentwurf zum Beschlussvorschlag:

 

Im beigefügten Entwurf werden durch die Satzung u.a. Aufgaben, Rechte, Zusammensetzung, Vorsitz und Ressourcen des Teilhabebeirats geregelt:

 

     Zu den Aufgaben und Befugnissen des Teilhabebeirats gehört es danach, bei Angelegenheiten im Wirkungsbereich des Kreises, die die Belange von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld betreffen, im Sinne eines Anhörungs- und Rederechts Anregungen, Vorschläge und Stellungnahmen zur Beratung und Unterstützung des Kreistags und seiner Ausschüsse sowie des Landrats bzw. der Kreisverwaltung abzugeben.

 

     Der Teilhabebeirat besteht nach dem Satzungsentwurf aus bis zu 12 stimmberechtigten und 14 beratenden Mitgliedern, die namentlich durch den Kreistag berufen werden. Unter den stimmberechtigten Mitgliedern bilden die betroffenen Vertreterinnen und Vertreter der Menschen mit Behinderung oder ihrer Angehörigen (z.B. Eltern von Kindern mit Behinderung) mit bis zu 11 Mitgliedern die Mehrheit. Aus dieser Mitte wird auch der oder die Vorsitzende gewählt. Hinzu kommt eine Vertreterin bzw. ein Vertreter des Kreistages, die bzw. der den stellvertretenden Vorsitz übernimmt.

 

Zu den beratenden Mitgliedern gehören

-        die bzw. der Vorsitzende des für Gesundheit zuständigen Ausschusses,

-        je eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der übrigen Fraktionen des Kreistages,

-        zwei Vertreter/innen der Dienste und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen,

-        eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Verbände der freien Wohlfahrtspflege,

-        vier Vertreter/innen der Gremien oder Persönlichkeiten, die für die Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung auf örtlicher Ebene der kreisangehörigen Städte oder Gemeinden bestellt worden sind,

-        die Dezernentin bzw. der Dezernent, die bzw. der für den Geschäftsbereich Gesundheit zuständig ist und

-        die bzw. der Teilhabebeauftragte oder ersatzweise eine Vertretung der Fachverwaltung.

 

Gegenüber den bisher übersandten Entwürfen wird statt des/r für Soziales zuständigen Ausschusses und Dezernenten/in der Bereich Gesundheit benannt. Die Aufgaben des Teilhabebeirates haben Schnittmengen zu verschiedenen Bereichen. Ausgangspunkt für die gesamte Teilhabe ist jedoch die gesundheitliche Beeinträchtigung. Daher ist eine deutliche Nähe zum Bereich Gesundheit gegeben. In den letzten Besprechungen wurde dies bereits angesprochen.

 

     Für den Teilhabebeirat soll im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel ein jährliches Budget bereitgestellt werden, das für bestimmte Zwecke (z.B. barrierefreie Veranstaltungen, Aktionen des Teilhabebeirates) zur Förderung der Aufgabenwahrnehmung des Beirats sowie der Interessenvertretung und politischen Teilhabe (Partizipation) von Menschen mit Behinderung im Kreis Coesfeld vorgesehen und zu verwenden ist, wobei ein konkreter Betrag in der Satzung nicht genannt wird, sondern im jährlichen Haushalt zu veranschlagen wäre.

 

Bei der Veranschlagung des Betrages, der zum Beschluss vorgeschlagen wird, sind u.a. die Erfahrungen bei der Durchführung der o.a. Veranstaltungsreihe und die erforderlichen Aufwendungen für eine ausreichende Barrierefreiheit z.B. für Simultanübersetzung in leichte Sprache einkalkuliert worden. Zusätzlich wurde bei der Bemessung möglicher Aufwendungen berücksichtigt, dass die Erarbeitung von Stellungnahmen zur Barrierefreiheit von Bauten, Anlagen oder Bauvorhaben mit Inspektionen und Begehungen vor Ort einen besonderen Schwerpunkt bei der "KICS" bildete, die zuvor als Interessenvertretung mit der Aufgabenwahrnehmung eines Behindertenbeirates betraut war. Bei ähnlichen Anforderungen an den Teilhabebeirat sind diese Tätigkeiten außerhalb von Sitzungen bei Bedarf durch besondere Sachmittel oder Aufwendungsersatz zu unterstützen.

 

Die weiteren Einzelheiten und Regelungen sind dem beigefügten Satzungsentwurf zum Teilhabebeirat zu entnehmen.

 

 

II. Entscheidungsalternativen

 

Der beigefügte Satzungsentwurf wird nicht mit dem Zusatz unter Nr. 2 des Beschlussvorschlags beschlossen, d.h. die Zusammensetzung der beratenden Mitglieder des Teilhabebeirats wird nicht durch eine Vertreterin bzw. einen Vertreter der fraktionslosen Mitglieder des Kreistags erweitert, sondern von Seiten des Kreistages pro Fraktion auf eine Vertreterin bzw. einen Vertreter beschränkt.


 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

 

     Nach dem beigefügten Satzungsentwurf werden die Mitglieder des Teilhabebeirats, die nicht Mitglieder des Kreistags sind, als sachkundige Bürger bestellt und erhalten dementsprechende Entschädigungen und Erstattungen nach der Kreisordnung (z.B. Sitzungsgeld, Fahrkosten, ggf. Verdienstausfall, Betreuungsaufwendungen). Auch die in den Beirat berufenen Kreistagsmitglieder erhalten Entschädigungen und Erstattungen entsprechend der Hauptsatzung des Kreises Coesfeld. Die genaue Höhe der Zahlungen kann derzeit nicht ermittelt werden.

 

     Um ausreichende Barrierefreiheit sicherzustellen, ist nach dem beigefügten Satzungsentwurf zu den Sitzungen bei Bedarf der Einsatz von erforderlichen Kommunikationshilfen und Assistenzen zu organisieren und sind Aufwendungen für die erforderliche Beanspruchung z.B. eines Fahrdienstes, eines Assistenzdienstes oder einer Kommunikationsunterstützung zu erstatten. Insbesondere die Anforderungen ausreichender Barrierefreiheit im Bereich Information, Kommunikation und Dokumente zur Aufgabenwahrnehmung sind nach den o.a. gesetzlichen Grundlagen durch weitere angemessene Vorkehrungen zu berücksichtigen (z.B. für blinde Menschen) und deren Verwirklichung zumindest schrittweise zu erproben (z.B. bei Nutzung Kreistagsinformationssystem, Planungsunterlagen zu angefragten Stellungnahmen).

 

     Das nach dem Begleitbeschluss zur Satzung unter Nr. 3 vorgesehene jährliche Budget für bestimmte Zwecke des Teilhabebeirats in Höhe von 10.000 € pro Jahr ist derzeit nicht als Position im Haushalt veranschlagt und ggf. bei den weiteren Haushaltsplanungen zu berücksichtigen. Für das Haushaltsjahr 2022 wird die Finanzierung über die Deckungsfähigkeit mit anderen Haushaltspositionen sichergestellt. Im Jahr 2022 kann ein anteiliger Betrag nach Konstituierung des Beirats z.B. für die Entwicklung eines barrierefreien Info-Flyers o.ä. eingesetzt werden.

 

     Als Querschnittaufgabe betrifft die Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderungen durch den Teilhabebeirat relevante Angelegenheiten aller Ausschüsse und Gremien des Kreistages sowie aller Abteilungen und Dezernate der Kreisverwaltung. Nach dem Satzungsentwurf soll dazu u.a. gewählten Entsandten des Teilhabebeirats die Möglichkeit eingeräumt werden, in den zuständigen Ausschüssen die Vorschläge und Anregungen des Beirats zu erläutern.

 

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Die Zuständigkeit des Kreistages für die Entscheidung ergibt sich aus § 26 Abs. 1 Buchstabe f KrO NRW i.V.m. §§ 5 und 41 KrO NRW.

 

Anlagen:

 

Anlage zur SV-10-0630:

Entwurf Satzung zum Teilhabebeirat des Kreises Coesfeld

zur Wahrung der Belange von Menschen mit Behinderung