Betreff
Konzept zum Ausgleich des Corona-bedingten Schadens bei der FMO Flughafen Münster Osnabrück GmbH - Ausgleich 2023
Vorlage
SV-10-0660
Aktenzeichen
Kreisentwicklung
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

 

1.       Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der Zuführung von Eigenkapital an die Flughafen Münster Osnabrück GmbH in Höhe von 46.180 € für das Jahr 2023.

 

2.       Die Vertretung des Kreises Coesfeld in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH wird angewiesen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.

 

3.       Sämtliche Beschlüsse stehen unter der Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.

 

I. Sachdarstellung

Der Kreisausschuss hat sich in Vertretung für den Kreistag in seiner Sitzung am 10.02.2021 mit dem Thema „Ausgleich des coronabedingten Schadens bei der Flughafen Münster/Osnabrück GmbH (FMO GmbH) befasst (SV-10-0139) und einer Beteiligung an der Zuführung von Eigenkapital in Höhe von 46.180 Euro für das Jahr 2021 zugestimmt. In diesem Zusammenhang war dargelegt worden, dass sich der Eigenmittelbedarf auf Grund der coronabedingten Schäden bis 2025 auf ca. 30 Mio. Euro belaufen werde, wenn nicht durch Bundes- und Landesmittel oder andere Maßnahmen diese Schäden teilweise ausgeglichen werden.

Bereits seit 2014 – also weit vor der Corona-Pandemie – hat die FMO GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept aufgearbeitet, das nachstehend überblickartig dargestellt wird.

 

  1. Langfristiges Finanzierungskonzept seit 2014

Die FMO GmbH hat in früheren Jahren fast alle Investitionen (u.a. Terminalgebäude, Catering-Gebäude) über Darlehen fremdfinanziert. Dadurch stieg der Darlehensbestand in der Spitze auf über 90 Mio. Euro. Zur notwendigen Eigenmittelstärkung wurde im ersten Schritt das Finanzierungskonzept 1.0 aufgelegt.

 

1.1.             Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

Die Bankenverbindlichkeiten betrugen Ende 2014 ca. 84 Mio. Euro. Das Ergebnis der Flughafengesellschaft war 2014 demzufolge mit Zinsen in der Größenordnung von fast 4 Mio. Euro belastet. Der Kapitaldienst der Flughafengesellschaft (Zinsen zzgl. Tilgung) betrug seinerzeit jedes Jahr über 11 Mio. Euro. Vor diesem Hintergrund brachte die Gesellschafterversammlung der FMO GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept auf den Weg. Ziel dieses Finanzierungskonzeptes 1.0 war es, durch eine Zuführung von Gesellschaftermitteln (Kombination aus Gesellschafterdarlehen und Eigenkapitalstärkungen) den Liquiditätsbedarf der FMO GmbH zu decken und darüber hinaus die Bankdarlehen zügig zurückzuführen. Der Kreistag hat sich in den Jahren 2014 bis 2016 mehrfach mit dem Finanzierungskonzept 1.0 befasst (SV-9-0164, SV-9-0220, SV-9-0418, SV-9-0619). Die nachstehende Tabelle zeigt die gesamten Zuführungen und die Beteiligung des Kreises Coesfeld.

 

 

2015

2016

2017

2018

2019

2020

gesamt

Gesellschafter-darlehen

16,4 Mio.€

 

 

 

 

 

16,4 Mio.€

Anteil

Kreis Coesfeld

75.833 €

 

 

 

 

 

75.833 €

Eigenkapital-zufuhr

 

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

16,4 Mio.€

82,0 Mio. €

Anteil

Kreis Coesfeld

 

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

75.833 €

379.165 €

Übersicht Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)

 

Die Bankdarlehen konnten inzwischen von ca. 84 Mio. Euro in 2014 auf ca. 19,8 Mio. Euro in 2021 zurückgeführt werden. Ende 2022 werden noch 14,7 Mio. Euro Bankdarlehen bestehen. Ein Teil der Gesellschafterzuführungen wurden aus beihilferechtlichen Gründen als Gesellschafterdarlehen in Höhe von 16,4 Mio. Euro gewährt. Diese Darlehen werden seit 2018 – bislang 8,3 Mio. Euro Tilgung und Zinsen - zurückgezahlt. Im Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde das operative Ergebnis (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen - EBITDA) von ca. -5,5 Mio. Euro auf -0,97 Mio. Euro verbessert. Einzig im Jahr 2019 konnte das operative Ergebnis aufgrund der Germania Insolvenz nicht verbessert werden, sondern lag bei ca. -1,86 Mio. Euro. Beides entspricht den Vorgaben, die die Gesellschafter dem FMO als Zielwert vorgegeben hatten.

 

1.2.             Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

Die Insolvenz der Fluggesellschaft Germania und Vorgaben der neuen europäischen Sicherheitsbehörde (EASA), die erhöhte Investitionen zur Flugsicherheit erfordern, zeigten einen zusätzlichen Kapitalbedarf. Schon im Dezember 2018 beauftragte die FMO-Gesellschafterversammlung die Geschäftsführung, das langfristige Finanzierungskonzept fortzuschreiben („Finanzierungskonzept 2.0“). Dieses Finanzierungskonzept 2.0 sieht im Zeitraum 2021 bis 2025 einen jährlichen Kapitalbedarf in Form von Gesellschafterdarlehen in Höhe von 7 Mio. Euro vor (insgesamt 35 Mio. Euro). Der Kreistag hat sich am 25.09.2019 (SV-9-1442) mit dem Finanzierungskonzept 2.0 befasst und für die Jahre 2021 bis 2025 jeweils ein Gesellschafterdarlehn von jährlich 32.325 Euro, also insgesamt 161.625 Euro, beschlossen. Die Gesellschafterdarlehen sind jeweils 3 Jahre tilgungsfrei und werden dann über eine Laufzeit von jeweils 15 Jahren inkl. Zins an die Gesellschafter zurückgezahlt.

 

 

2021

2022

2023

2024

2025

Gesamt

Gesellschafter-darlehen

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

7,0 Mio. €

35,0 Mio. €

Anteil

Kreis Coesfeld

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

32.325 €

161.625 €

Übersicht Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)

 

  1. Auswirkungen auf den FMO aufgrund der Corona-Pandemie

Die Corona-Pandemie erreichte Anfang März 2020 mit enormer Wucht auch Europa. Nahezu der gesamte europäische Luftverkehr brach zu diesem Zeitpunkt komplett ein. Der FMO hatte bis dahin ein Wachstum von ca. 25 Prozent und war damit der wachstumsstärkste deutsche Flughafen im 1. Quartal 2020. Allein die deutschen Flughäfen haben in 2020 1,8 Mrd. Euro Verluste erwirtschaftet. In der Folge des Luftverkehr-Lockdowns brachen die Umsätze der FMO GmbH wie Verkehrserlöse, Parkeinnahmen und umsatzbedingte Entgelte (Gastronomie, Betankung) nahezu komplett ein. Durch sofortige kurzfristige Gegenmaßnahmen wie fast 100-prozentige Kurzarbeit sowie ein umfangreicher Investitions- und Ausgabenstopp wurde die vorhandene Liquidität soweit möglich geschont.

Die FMO GmbH erarbeitete dann im Sommer 2020 gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen PwC eine Wirtschaftsplanung für die kommenden fünf Jahre mit einem Kapital- und Liquiditätsbedarf von insgesamt 30 Mio. Euro für die Geschäftsjahre 2021 bis 2023 zusätzlich zum laufenden Finanzierungskonzept 2.0. Die FMO-Gesellschafterversammlung traf am 25.06.2020 einen Grundsatzbeschluss, den coronabedingten Schaden von voraussichtlich 30 Mio. Euro durch eine Eigenkapitalstärkung zu kompensieren. Dieser Beschluss sah zunächst für 2021 einen Kapitalbedarf von 10 Mio. Euro vor. Bund und Land haben dann Zuschüsse für die Offenhaltung des FMO während des ersten Lockdowns Mitte 2021 jeweils 2,5 Mio. Euro an die FMO GmbH ausgekehrt, so dass den Zeitraum 2020/21 für die Gesellschafter nur die Hälfte der ursprünglichen Kapitalerhöhung (Kreis Coesfeld: 23.089,07 Euro) erforderlich war und dadurch der ermittelte Kapitalbedarf sich von 30 Mio. Euro auf 25 Mio. Euro aus Gesellschaftermittel reduzierte (SV-10-0139). Der Kreistag entschied dann am 14.12.2021, sich an der Eigenkapitalzuführung von 46.180 Euro für das Jahr 2022 zu beteiligen (SV-10-0418). Nunmehr steht für 2023 letztmalig eine Einzahlung von 10 Mio. Euro zum Ausgleich des corona-bedingten Schadens an. Der Anteil des Kreises Coesfeld beträgt erneut 46.180 Euro. Ein Beschluss der FMO-Gesellschafterversammlung hierzu ist für den 08.12.2022 vorgesehen.

Die Kreisverwaltung schlägt vor, der Eigenkapitalstärkung für das Jahr 2023 zuzustimmen und die Vertretung in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH anzuweisen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Die Zustimmung steht unter der einschränkenden Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.

In einer kritischen Nachbetrachtung bestätigen die vergangenen Jahresergebnisse die dem Grundsatzbeschluss zugrundeliegenden Annahmen der FMO Planungen. Im Geschäftsjahr 2021 ist es der Flughafengesellschaft mit einem Jahresfehlbetrag von ca. 6,76 Mio. Euro gelungen, durch Zusatzeinnahmen (Kurzarbeitergeld, Corona-Hilfen, Impfzentrum) eine Ergebnisverbesserung gegenüber dem Vorjahr 2020 (Jahresfehlbetrag von 15,4 Mio. Euro) zu erzielen und den Corona-bedingten Umsatzeinbruch im Vergleich zu 2019 (Jahresfehlbetrag 6,97 Mio. Euro) fast komplett zu kompensieren. Auch die Passagierentwicklung befindet sich im Rahmen der FMO-Planungen. Für das Jahr 2022 erwartet der FMO über 800.000 Passagiere. Für das Geschäftsjahr 2023 ist eine Passagierprognose aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonders schwierig. Wie sich Inflationstendenzen und politische Spannungen auf das Reiseverhalten auswirken, ist schwer prognostizierbar. Die der Wirtschaftsplanung zugrundeliegenden Annahmen von 709.000 Passagieren befinden sich aber deutlich im Rahmen der entsprechenden FMO Prognosen.

  1. Gutachten zur Weiterentwicklung des FMO

Der Kreis Steinfurt und die Stadt Münster hatten gemeinsam ein Gutachten zur Weiterentwicklung des FMO in Auftrag gegeben. Eine Seitens der Stadt Münster veröffentlichte Kurzfassung ist dieser Sitzungsvorlage beigefügt. Die Kreisverwaltung erhielt auch das vollständige Gutachten. Wegen der hohen Vertraulichkeit der betrieblichen Daten wird den Fraktionsvorsitzenden jeweils ein Druckexemplar zur vertraulichen Verwendung übersandt.

Im Ergebnis erscheint den Gutachtern eine Transformation des Flughafens Münster/ Osnabrück im Sinne einer Neuaufstellung der wirtschaftlichen und betrieblichen Rahmenbedingung unter Beibehaltung des kommerziellen Linien- und Ferienflugverkehrs erforderlich. Nach der gutachterlichen Prognose wird der FMO bis zum Jahr 2024 sein Aufkommen aus dem Jahr 2021 in etwa wieder verdoppeln, aber dennoch mit 704.000 Passagieren 28 Prozent weniger Passagiere als noch im Jahr 2019 abfertigen. Im Linienverkehr werden die Drehkreuzanbindungen nach Frankfurt und München bestehen bleiben und sich etwas schneller erholen als die übrigen Strecken des Urlaubs- und ethnischen Verkehrs. Somit wird bis 2026 der FMO mit 923.000 Passagieren nahezu wieder ein Aufkommen wie vor dem massiven Einbruch der Passagierzahlen im Zuge der Ausbreitung des Corona-Virus erreichen. Für die Drehkreuzanbindungen nach Frankfurt und München werden dabei gegenüber 2019 rund 20.000 zusätzliche Passagiere erwartet, was der vollständigen Erholung und weiterwachsenden Nachfrage im internationalen und auch interkontinentalen Luftverkehr zuzuschreiben ist.

Die Gutachter unterbreiten im Transformationsszenario folgende Vorschläge:

  • eine leichte Erhöhung der Aviation-Erlöse (u.a. Start-/ Landeentgelte und Passagiergebühren)
  • eine gegenüber 2030 vorgezogenen bedarfsgerechte Reduzierung des Personalbestandes
  • eine Anpassung der Betriebszeiten mit nächtlicher Schließung des Flughafens in den Wintermonaten
  • perspektivisch die Erzielung von zusätzlichen Erlösen aus der Vermietung von Flächen im heutigen Terminal 1, die im Zuge der Reduzierung von infrastrukturellen Überkapazitäten für die Büro- und Gewerbenutzung umgewidmeten werden sollen.
  • eine mögliche Rückstufung der Feuerwehr auf ICAO-Standards.

Unter diesen Maßgaben können sich die Gutachter perspektivisch ein ausgeglichenes Jahresergebnis vorstellen, wenn die Fluggastzahl auf rund 1,0 Mio. pro Jahr steigt.

Die Geschäftsführung des FMO ist derzeit dabei, diese Vorschläge zu überprüfen.

Eine als Alternative geprüfte Einstellung des Flughafenbetriebs des FMO-Konzerns führt nach Ansicht der Gutachter demgegenüber zu direkten negativen Auswirkungen aufgrund hoher Einmalkosten von ca. 95 Mio. Euro für Darlehensrückzahlungsverpflichtungen, Bürgschaften für kvw-Versorgungsausgleiche und Verluste der Gesellschafterdarlehen entstehen. Auch würde sich das Passagieraufkommen vornehmlich zum Flughafen Düsseldorf verlagern.

Der FMO-Aufsichtsrat hat sich am 15.09.2022 einstimmig für die Umsetzung des Transformationsszenarios ausgesprochen und die geprüfte Alternative abgelehnt.

Die Geschäftsführung des FMO ist derzeit dabei, die Empfehlungen der Gutachter zu analysieren und wird den FMO-Gremien Vorschläge zu deren Umsetzung unterbreiten.

 

 

II. Entscheidungsalternativen

 

Der Kreis Coesfeld beteiligt sich nicht an der Kapitalerhöhung für 2023. Dadurch wird aber die notwendige coronabedingte Finanzierung und damit Zukunftsperspektive des Flughafens Münster-Osnabrück als internationaler Verkehrsflughafen in NRW gefährdet.

 

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

 

Finanzen: Im Entwurf des Haushalts 2023 ist beim Produkt 04.01.02.01 im Finanzplan unter der Investitionsnummer 010121FMO eine Kapitalzuführung für das Jahr 2023 in Höhe von 46.180 Euro eingeplant.

 

Klima: Die deutschen Flughäfen haben sich verpflichtet, bis 2030 die eigenen CO2-Emissionen (z.B. Energieversorgung, Gebäudetechnik, Fuhrpark, flughafenspezifische Anlagen) gegenüber dem Jahr 2010 um 50 Prozent zu reduzieren und bis 2050 die eigenen CO2-Emissionen auf Netto Null herunterzufahren. Darüber hinaus unterstützen die Flughäfen die Fluggesellschaften bei deren CO2-Emissionsreduzierungen z.B. durch Bodenstrom statt Hilfstriebwerke, Rollverkehre durch Schleppverfahren, umweltbezogene Entgelte.

FMO klimaneutral 2030: Der FMO hat seit 2010 seine CO2-Emissionen bereits um 90 Prozent reduziert. Auf Basis eines Emissionsregisters, das die restlichen 10 Prozent katalogisiert, hat der FMO schon im Jahre 2019 ein Konzept entwickelt, um bereits 2030 klimaneutral die Infrastruktur betreiben zu können

 

Personal, IT: Keine.

 

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

 

Der Kreistag ist gem. § 26 Abs. 1 KrO NRW für die Entscheidung zuständig.