Beschluss:
1. Der Kreis Coesfeld beteiligt sich an der Zuführung von Eigenkapital an die Flughafen Münster Osnabrück GmbH in Höhe von 46.180 € für das Jahr 2023.
2. Die Vertretung des Kreises Coesfeld in der Gesellschafterversammlung der FMO GmbH wird angewiesen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.
3. Sämtliche Beschlüsse stehen unter der Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.
I. Sachdarstellung
Der Kreisausschuss hat sich in Vertretung für den Kreistag in seiner
Sitzung am 10.02.2021 mit dem Thema „Ausgleich des coronabedingten Schadens bei
der Flughafen Münster/Osnabrück GmbH (FMO GmbH) befasst (SV-10-0139) und einer
Beteiligung an der Zuführung von Eigenkapital in Höhe von 46.180 Euro für
das Jahr 2021 zugestimmt. In diesem Zusammenhang war dargelegt worden, dass
sich der Eigenmittelbedarf auf Grund der coronabedingten Schäden bis 2025 auf
ca. 30 Mio. Euro belaufen werde, wenn nicht durch Bundes- und
Landesmittel oder andere Maßnahmen diese Schäden teilweise ausgeglichen werden.
Bereits seit 2014 – also weit vor der Corona-Pandemie – hat die FMO
GmbH ein langfristiges Finanzierungskonzept aufgearbeitet, das nachstehend
überblickartig dargestellt wird.
- Langfristiges
Finanzierungskonzept seit 2014
Die FMO GmbH hat in früheren Jahren fast alle Investitionen (u.a.
Terminalgebäude, Catering-Gebäude) über Darlehen fremdfinanziert. Dadurch stieg
der Darlehensbestand in der Spitze auf über 90 Mio. Euro. Zur
notwendigen Eigenmittelstärkung wurde im ersten Schritt das
Finanzierungskonzept 1.0 aufgelegt.
1.1.
Finanzierungskonzept
1.0 (2015-2020)
Die Bankenverbindlichkeiten betrugen Ende 2014 ca.
84 Mio. Euro. Das Ergebnis der Flughafengesellschaft war 2014
demzufolge mit Zinsen in der Größenordnung von fast 4 Mio. Euro
belastet. Der Kapitaldienst der Flughafengesellschaft (Zinsen zzgl. Tilgung)
betrug seinerzeit jedes Jahr über 11 Mio. Euro. Vor diesem
Hintergrund brachte die Gesellschafterversammlung der FMO GmbH ein
langfristiges Finanzierungskonzept auf den Weg. Ziel dieses
Finanzierungskonzeptes 1.0 war es, durch eine Zuführung von
Gesellschaftermitteln (Kombination aus Gesellschafterdarlehen und
Eigenkapitalstärkungen) den Liquiditätsbedarf der FMO GmbH zu decken und
darüber hinaus die Bankdarlehen zügig zurückzuführen. Der Kreistag hat sich in
den Jahren 2014 bis 2016 mehrfach mit dem Finanzierungskonzept 1.0 befasst (SV-9-0164,
SV-9-0220, SV-9-0418, SV-9-0619). Die nachstehende Tabelle zeigt die gesamten
Zuführungen und die Beteiligung des Kreises Coesfeld.
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2015 |
2016 |
2017 |
2018 |
2019 |
2020 |
gesamt |
Gesellschafter-darlehen |
16,4 Mio.€ |
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16,4 Mio.€ |
Anteil Kreis Coesfeld |
75.833 € |
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75.833 € |
Eigenkapital-zufuhr |
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16,4 Mio.€ |
16,4 Mio.€ |
16,4 Mio.€ |
16,4 Mio.€ |
16,4 Mio.€ |
82,0 Mio. € |
Anteil Kreis Coesfeld |
|
75.833 € |
75.833 € |
75.833 € |
75.833 € |
75.833 € |
379.165 € |
Übersicht Finanzierungskonzept 1.0 (2015-2020)
Die Bankdarlehen konnten inzwischen von ca. 84 Mio. Euro in
2014 auf ca. 19,8 Mio. Euro in 2021 zurückgeführt werden. Ende 2022
werden noch 14,7 Mio. Euro Bankdarlehen bestehen. Ein Teil der
Gesellschafterzuführungen wurden aus beihilferechtlichen Gründen als
Gesellschafterdarlehen in Höhe von 16,4 Mio. Euro gewährt. Diese Darlehen
werden seit 2018 – bislang 8,3 Mio. Euro Tilgung und Zinsen -
zurückgezahlt. Im Zeitraum von 2014 bis 2018 wurde das operative Ergebnis
(Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen - EBITDA) von ca.
-5,5 Mio. Euro auf -0,97 Mio. Euro verbessert. Einzig im
Jahr 2019 konnte das operative Ergebnis aufgrund der Germania Insolvenz nicht
verbessert werden, sondern lag bei ca. -1,86 Mio. Euro. Beides
entspricht den Vorgaben, die die Gesellschafter dem FMO als Zielwert vorgegeben
hatten.
1.2.
Finanzierungskonzept
2.0 (2021-2025)
Die Insolvenz der Fluggesellschaft Germania und Vorgaben der neuen
europäischen Sicherheitsbehörde (EASA), die erhöhte Investitionen zur
Flugsicherheit erfordern, zeigten einen zusätzlichen Kapitalbedarf. Schon im
Dezember 2018 beauftragte die FMO-Gesellschafterversammlung die
Geschäftsführung, das langfristige Finanzierungskonzept fortzuschreiben
(„Finanzierungskonzept 2.0“). Dieses Finanzierungskonzept 2.0 sieht im Zeitraum
2021 bis 2025 einen jährlichen Kapitalbedarf in Form von Gesellschafterdarlehen
in Höhe von 7 Mio. Euro vor (insgesamt 35 Mio. Euro). Der
Kreistag hat sich am 25.09.2019 (SV-9-1442) mit dem Finanzierungskonzept 2.0
befasst und für die Jahre 2021 bis 2025 jeweils ein Gesellschafterdarlehn von
jährlich 32.325 Euro, also insgesamt 161.625 Euro, beschlossen. Die
Gesellschafterdarlehen sind jeweils 3 Jahre tilgungsfrei und werden dann über
eine Laufzeit von jeweils 15 Jahren inkl. Zins an die Gesellschafter
zurückgezahlt.
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2021 |
2022 |
2023 |
2024 |
2025 |
Gesamt |
Gesellschafter-darlehen |
7,0 Mio. € |
7,0 Mio. € |
7,0 Mio. € |
7,0 Mio. € |
7,0 Mio. € |
35,0 Mio. € |
Anteil Kreis Coesfeld |
32.325 € |
32.325 € |
32.325 € |
32.325 € |
32.325 € |
161.625 € |
Übersicht Finanzierungskonzept 2.0 (2021-2025)
- Auswirkungen
auf den FMO aufgrund der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie erreichte Anfang März 2020 mit enormer Wucht auch
Europa. Nahezu der gesamte europäische Luftverkehr brach zu diesem Zeitpunkt
komplett ein. Der FMO hatte bis dahin ein Wachstum von ca. 25 Prozent und
war damit der wachstumsstärkste deutsche Flughafen im 1. Quartal 2020.
Allein die deutschen Flughäfen haben in 2020 1,8 Mrd. Euro Verluste
erwirtschaftet. In der Folge des Luftverkehr-Lockdowns brachen die Umsätze der
FMO GmbH wie Verkehrserlöse, Parkeinnahmen und umsatzbedingte Entgelte (Gastronomie,
Betankung) nahezu komplett ein. Durch sofortige kurzfristige Gegenmaßnahmen wie
fast 100-prozentige Kurzarbeit sowie ein umfangreicher Investitions- und
Ausgabenstopp wurde die vorhandene Liquidität soweit möglich geschont.
Die FMO GmbH erarbeitete dann im Sommer 2020 gemeinsam mit dem
Beratungsunternehmen PwC eine Wirtschaftsplanung für die kommenden fünf Jahre
mit einem Kapital- und Liquiditätsbedarf von insgesamt 30 Mio. Euro
für die Geschäftsjahre 2021 bis 2023 zusätzlich zum laufenden Finanzierungskonzept
2.0. Die FMO-Gesellschafterversammlung traf am 25.06.2020 einen
Grundsatzbeschluss, den coronabedingten Schaden von voraussichtlich
30 Mio. Euro durch eine Eigenkapitalstärkung zu kompensieren. Dieser
Beschluss sah zunächst für 2021 einen Kapitalbedarf von 10 Mio. Euro
vor. Bund und Land haben dann Zuschüsse für die Offenhaltung des FMO während
des ersten Lockdowns Mitte 2021 jeweils 2,5 Mio. Euro an die FMO GmbH
ausgekehrt, so dass den Zeitraum 2020/21 für die Gesellschafter nur die Hälfte
der ursprünglichen Kapitalerhöhung (Kreis Coesfeld: 23.089,07 Euro)
erforderlich war und dadurch der ermittelte Kapitalbedarf sich von
30 Mio. Euro auf 25 Mio. Euro aus Gesellschaftermittel
reduzierte (SV-10-0139). Der Kreistag entschied dann am 14.12.2021, sich an der
Eigenkapitalzuführung von 46.180 Euro für das Jahr 2022 zu beteiligen (SV-10-0418).
Nunmehr steht für 2023 letztmalig eine Einzahlung von 10 Mio. Euro
zum Ausgleich des corona-bedingten Schadens an. Der Anteil des Kreises Coesfeld
beträgt erneut 46.180 Euro. Ein Beschluss der
FMO-Gesellschafterversammlung hierzu ist für den 08.12.2022 vorgesehen.
Die Kreisverwaltung schlägt vor, der Eigenkapitalstärkung für das Jahr
2023 zuzustimmen und die Vertretung in der Gesellschafterversammlung der FMO
GmbH anzuweisen, die entsprechenden Beschlüsse zu fassen. Die Zustimmung steht
unter der einschränkenden Bedingung, dass sich alle Gesellschafter, die aktuell
für die Finanzierung des Finanzierungskonzeptes 2.0 und des coronabedingten
Schadens vorgesehen sind, daran beteiligen.
In einer kritischen Nachbetrachtung bestätigen die vergangenen
Jahresergebnisse die dem Grundsatzbeschluss zugrundeliegenden Annahmen der FMO
Planungen. Im Geschäftsjahr 2021 ist es der Flughafengesellschaft mit einem
Jahresfehlbetrag von ca. 6,76 Mio. Euro gelungen, durch
Zusatzeinnahmen (Kurzarbeitergeld, Corona-Hilfen, Impfzentrum) eine
Ergebnisverbesserung gegenüber dem Vorjahr 2020 (Jahresfehlbetrag von
15,4 Mio. Euro) zu erzielen und den Corona-bedingten Umsatzeinbruch
im Vergleich zu 2019 (Jahresfehlbetrag 6,97 Mio. Euro) fast komplett
zu kompensieren. Auch die Passagierentwicklung befindet sich im Rahmen der
FMO-Planungen. Für das Jahr 2022 erwartet der FMO über 800.000 Passagiere. Für
das Geschäftsjahr 2023 ist eine Passagierprognose aufgrund der politischen und
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonders schwierig. Wie sich
Inflationstendenzen und politische Spannungen auf das Reiseverhalten auswirken,
ist schwer prognostizierbar. Die der Wirtschaftsplanung zugrundeliegenden Annahmen
von 709.000 Passagieren befinden sich aber deutlich im Rahmen der
entsprechenden FMO Prognosen.
- Gutachten
zur Weiterentwicklung des FMO
Der Kreis Steinfurt und die Stadt Münster hatten gemeinsam ein
Gutachten zur Weiterentwicklung des FMO in Auftrag gegeben. Eine Seitens der
Stadt Münster veröffentlichte Kurzfassung ist dieser Sitzungsvorlage beigefügt.
Die Kreisverwaltung erhielt auch das vollständige Gutachten. Wegen der hohen
Vertraulichkeit der betrieblichen Daten wird den Fraktionsvorsitzenden jeweils
ein Druckexemplar zur vertraulichen Verwendung übersandt.
Im Ergebnis erscheint den Gutachtern eine Transformation des
Flughafens Münster/ Osnabrück im Sinne einer Neuaufstellung der
wirtschaftlichen und betrieblichen Rahmenbedingung unter Beibehaltung des
kommerziellen Linien- und Ferienflugverkehrs erforderlich. Nach der
gutachterlichen Prognose wird der FMO bis zum Jahr 2024 sein Aufkommen aus dem
Jahr 2021 in etwa wieder verdoppeln, aber dennoch mit 704.000 Passagieren
28 Prozent weniger Passagiere als noch im Jahr 2019 abfertigen. Im
Linienverkehr werden die Drehkreuzanbindungen nach Frankfurt und München
bestehen bleiben und sich etwas schneller erholen als die übrigen Strecken des
Urlaubs- und ethnischen Verkehrs. Somit wird bis 2026 der FMO mit 923.000
Passagieren nahezu wieder ein Aufkommen wie vor dem massiven Einbruch der
Passagierzahlen im Zuge der Ausbreitung des Corona-Virus erreichen. Für die
Drehkreuzanbindungen nach Frankfurt und München werden dabei gegenüber 2019
rund 20.000 zusätzliche Passagiere erwartet, was der vollständigen Erholung und
weiterwachsenden Nachfrage im internationalen und auch interkontinentalen
Luftverkehr zuzuschreiben ist.
Die Gutachter unterbreiten im Transformationsszenario folgende
Vorschläge:
- eine leichte
Erhöhung der Aviation-Erlöse (u.a. Start-/ Landeentgelte und
Passagiergebühren)
- eine
gegenüber 2030 vorgezogenen bedarfsgerechte Reduzierung des
Personalbestandes
- eine
Anpassung der Betriebszeiten mit nächtlicher Schließung des Flughafens in
den Wintermonaten
- perspektivisch
die Erzielung von zusätzlichen Erlösen aus der Vermietung von Flächen im
heutigen Terminal 1, die im Zuge der Reduzierung von infrastrukturellen
Überkapazitäten für die Büro- und Gewerbenutzung umgewidmeten werden
sollen.
- eine mögliche
Rückstufung der Feuerwehr auf ICAO-Standards.
Unter diesen Maßgaben können sich die Gutachter perspektivisch ein
ausgeglichenes Jahresergebnis vorstellen, wenn die Fluggastzahl auf rund
1,0 Mio. pro Jahr steigt.
Die Geschäftsführung des FMO ist derzeit dabei, diese Vorschläge zu
überprüfen.
Eine als Alternative geprüfte Einstellung des Flughafenbetriebs des
FMO-Konzerns führt nach Ansicht der Gutachter demgegenüber zu direkten
negativen Auswirkungen aufgrund hoher Einmalkosten von ca.
95 Mio. Euro für Darlehensrückzahlungsverpflichtungen, Bürgschaften
für kvw-Versorgungsausgleiche und Verluste der Gesellschafterdarlehen
entstehen. Auch würde sich das Passagieraufkommen vornehmlich zum Flughafen
Düsseldorf verlagern.
Der
FMO-Aufsichtsrat hat sich am 15.09.2022 einstimmig für die Umsetzung des
Transformationsszenarios ausgesprochen und die geprüfte Alternative abgelehnt.
Die Geschäftsführung des FMO ist derzeit dabei, die Empfehlungen der
Gutachter zu analysieren und wird den FMO-Gremien Vorschläge zu deren Umsetzung
unterbreiten.
II.
Entscheidungsalternativen
Der Kreis Coesfeld beteiligt
sich nicht an der Kapitalerhöhung für 2023. Dadurch wird aber die notwendige
coronabedingte Finanzierung und damit Zukunftsperspektive des Flughafens
Münster-Osnabrück als internationaler Verkehrsflughafen in NRW gefährdet.
III. Auswirkungen
/Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)
Finanzen: Im
Entwurf des Haushalts 2023 ist beim Produkt 04.01.02.01 im Finanzplan unter der
Investitionsnummer 010121FMO eine Kapitalzuführung für das Jahr 2023 in Höhe
von 46.180 Euro eingeplant.
Klima: Die deutschen Flughäfen haben
sich verpflichtet, bis 2030 die eigenen CO2-Emissionen (z.B. Energieversorgung,
Gebäudetechnik, Fuhrpark, flughafenspezifische Anlagen) gegenüber dem Jahr 2010
um 50 Prozent zu reduzieren und bis 2050 die eigenen CO2-Emissionen auf
Netto Null herunterzufahren. Darüber hinaus unterstützen die Flughäfen die Fluggesellschaften
bei deren CO2-Emissionsreduzierungen z.B. durch Bodenstrom statt
Hilfstriebwerke, Rollverkehre durch Schleppverfahren, umweltbezogene Entgelte.
FMO klimaneutral 2030: Der FMO hat seit 2010
seine CO2-Emissionen bereits um 90 Prozent reduziert. Auf Basis eines
Emissionsregisters, das die restlichen 10 Prozent katalogisiert, hat der FMO
schon im Jahre 2019 ein Konzept entwickelt, um bereits 2030 klimaneutral die
Infrastruktur betreiben zu können
Personal, IT: Keine.
IV. Zuständigkeit für die
Entscheidung
Der Kreistag ist gem. § 26 Abs. 1 KrO NRW für die Entscheidung zuständig.