Betreff
Einführung eines kreisweiten kommunalen Mitfahr- und Pendlerportals
Vorlage
SV-10-0765
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

1.    Der Kreis Coesfeld führt in 2023 gemeinsam mit den Städten und Gemeinden im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes ein kreisweites kommunales Mitfahr- und Pendlerportal ein.

2.    Nach einem Pilotzeitraum von ca. 12 Monaten wird der Erfolg des Pendlerportals evaluiert und über eine Fortführung entschieden.

3.    Die jährlich anfallenden Kosten in Höhe von rund 30.000 EUR werden im Haushalt 2023 bereitgestellt. Über die weitere Bereitstellung von Haushaltsmitteln wird nach erfolgter Evaluierung entschieden.

 

 

I. Sachdarstellung

 

Der Kreis Coesfeld ist eine Pendlerregion. Tag für Tag verlassen über 45.000 Menschen das Kreisgebiet, um ihre Arbeitsstätte zu erreichen (Ziele sind insbesondere das Oberzentrum Münster, aber auch das nördliche Ruhrgebiet und die Nachbarkreise). Über 25.000 Menschen pendeln aus dem Umland in den Kreis Coesfeld und weitere 46.000 Menschen pendeln innerhalb des Kreises Coesfeld (Quelle: Pendleratlas Deutschland). Gleichzeitig liegt der deutschlandweite durchschnittliche Besetzungsgrad im Berufsverkehr bei 1,2 Personen pro Pkw (Quelle: FIS - Forschungsinformationssystem 2012). Gemäß der aktuell in Fortschreibung befindlichen Modal Split-Erhebung für den Kreis Coesfeld aus dem Jahr 2016 ist auch hier der Pkw nach wie vor das dominierende Fortbewegungsmittel, obwohl die Pendelwege der Bürgerinnen und Bürger häufig sehr ähnlich sind. So werden 70 % der Arbeitswege mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegt, lediglich 2 % entfallen auf Fahrgemeinschaften. Die weiteren Anteile entfallen auf das Zufußgehen, den Radverkehr sowie Bus & Bahn (Quelle: Mobilitätsuntersuchung Kreis Coesfeld 2016, S. 52).

 

Abbildung 1: Verkehrsmittelwahl nach Wegezwecken im Kreis Coesfeld

(Quelle: Mobilitätsuntersuchung Kreis Coesfeld 2016, S. 52)

Im Ergebnis liegt in der Erhöhung der Pkw-Besetzungsgrades bei berufsbedingt zurückgelegten Wegen ein nicht unerhebliches Potenzial für den Umwelt- und Klimaschutz. Auch die Potenzialstudie für den Kreis Coesfeld, die im Rahmen der ersten Fortschreibung des integrierten Klimaschutzkonzepts erstellt wurde, sieht eine große Notwendigkeit der Treibhausgas-Reduktion im Individualverkehr (-21% bis 2040), um die selbstgesteckten Reduktionsziele zu erreichen. Mit einem kreisweiten kommunalen Mitfahr- und Pendlerportal kann der Kreis Coesfeld allen Bürgerinnen und Bürgern eine einfache und datenschutzkonforme Plattform bieten, um Fahrgemeinschaften zu bilden und das eigene Auto im besten Fall für den Weg zur Arbeit stehen zu lassen. Mit Blick auf die steigenden Energie- und Spritkosten kann dieses Angebot Bürgerinnen und Bürger im Kreisgebiet, die nicht auf den ÖPNV oder das Fahrrad zurückgreifen können oder wollen, auch finanziell entlasten. Um das „Maching“ für potenzielle Fahrgemeinschaften zu erhöhen, soll ein kreisweites kommunales Mitfahr- und Pendlerportal eingerichtet werden. Ähnliche Portale hat es in anderen Regionen in der Vergangenheit bereits verschiedentlich gegeben, in aller Regel mit mäßigem Erfolg. Aus folgenden Gründen erscheint die Einführung zum jetzigen Zeitpunkt gleichwohl sehr erfolgversprechend:

 

-        Mit den Städten und Gemeinden im Kreis Coesfeld besteht ein breiter Konsens, dass ein gemeinsames Pendlerportal anstelle einzelner Insellösungen eingeführt werden soll. Kreis und Kommunen verfolgen hier ein gemeinschaftliches Ziel und haben sich darauf verabredet, das Portal auch gemeinschaftlich zu bewerben und mit großer Strahlkraft in die Bevölkerung zu tragen.

-        Dieser Aspekt ist vor allem deshalb wichtig, weil viele Portale daran gescheitert sind, dass sie nach einer kurzen Anlaufphase mit viel Medienöffentlichkeit nicht nachhaltig beworben wurden.

-        Aufgrund des zunehmenden Nachhaltigkeitsbewusstseins und der aktuellen Spritpreisentwicklungen ist aktuell ein guter Zeitpunkt, dieses Thema (neu) aufzugreifen.

 

Im Rahmen einer umfangreichen Markterkundung wurden gemeinsame Kriterien festgelegt, die aus Sicht der kommunalen Familie im Kreis Coesfeld für den Erfolg eines regionalen Pendlerportals wichtig sind (nicht abschließende Auflistung):

 

-        Das kreisweite Portal muss lokale „Ableger“ für die einzelnen Städte und Gemeinden ermöglichen, wenngleich diese technisch natürlich in ein System münden, jedoch die Vermarktung vor Ort deutlich erleichtern.

-        Unternehmen im Kreis Coesfeld als wichtige Multiplikatoren müssen sich unkompliziert an dem Pendlerportal beteiligen können, um zielgerichtet innerhalb ihrer Betriebe für das Portal werben zu können.

-        Das Portal sollte optisch ansprechend, modern und nutzerfreundlich sein.

-        Das Portal sollte sich auf wesentliche Funktionalitäten beschränken und nicht mit überflüssigen Zusatzfunktionen überfrachtet werden (bspw. einer ÖPNV-Tiefenintegration, die in der Praxis in aller Regel keine Anwendung findet). Im Fokus sollen Berufspendlerinnen und -pendler stehen und explizit keine gelegentlichen Distanzfahrten, für die es bereits etablierte Online-Plattformen gibt.

-        Die Nutzung des Portals soll für die Bürgerinnen und Bürger kostenlos sein.

-        Die Installation und Wartung sollen vollständig beim Anbieter liegen. Es soll eine unkomplizierte Auswertung der Nutzerzahlen möglich sein.

-        Der Anbieter soll am Markt etabliert sein, um einen langfristigen Betrieb zu gewährleisten.

-        Das Portal soll plattformunabhängig auf Smartphones und Tablets genauso wie auf PCs nutzbar sein.

-        Der Anbieter soll selbstverständlich die Datenschutzanforderungen erfüllen.

 

Auf Betreiben des Kreises Coesfeld hat sich auch die Bürgermeisterkonferenz mehrfach mit der Thematik beschäftigt und sich am 08.11.2022 dafür ausgesprochen, über den Kreis Coesfeld ein solches gemeinsames Pendlerportal einzuführen und die Kosten hierfür über die Kreisumlage gemeinschaftlich zu tragen.

 

Die vergaberechtskonforme Beauftragung eines in Frage kommenden Anbieters soll vorbehaltlich der Beschlussfassung durch den Kreistag – basierend auf den gemeinsam definierten Anforderungen – möglichst im Frühjahr 2023 erfolgen.

 


 

II. Entscheidungsalternativen

 

Die Einführung eines kreisweiten kommunalen Mitfahr- und Pendlerportals wird nicht befürwortet, entsprechende Haushaltsmittel werden nicht bereitgestellt.

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

 

Finanzen: Basierend auf einer umfangreichen Markterkundung wird mit jährlichen Kosten in Höhe von rund 30.000 EUR brutto pro Jahr gerechnet. Aufgrund der beabsichtigten Evaluierung im ersten Jahr sollen die Haushaltsmittel zunächst nur für das Haushaltsjahr 2023 bereitgestellt werden, konkret im Produkthaushalt 01.1 Kreisentwicklung. Bei einer positiven Bewertung der Pilotphase und einem daran anschließenden entsprechenden politischen Beschluss ist dieser Beitrag in den folgenden Haushaltsjahren jährlich einzustellen. Bei der Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses ist zu berücksichtigen, dass die Kostenkalkulation davon ausgeht, dass bei diesen Gesamtkosten jede der elf Städte und Gemeinden ein kostenloses eigenes, lokales Pendlerportal erhält, das die Bewerbung vor Ort erleichtert und gleichwohl technisch in ein Gesamtsystem mündet.

 

Personal: Die technische Abwicklung geschieht über den zu beauftragenden Dienstleister. Die Öffentlichkeitsarbeit für das Portal wird der Fachdienst Kreisentwicklung über das Klimaschutzmanagement übernehmen, ergänzt um die aktive Bewerbung des Portals durch die Städte und Gemeinden und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die Zielgruppe der Unternehmen.

 

IT: Das Pendlerportal soll vollständig durch den Anbieter gehostet und betrieben werden, insofern keine Auswirkungen.

 

Klima: Die Einführung eines Pendlerportals kann einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, da sie zu einer Reduktion der benötigten Fahrzeuge vor allem im alltäglichen beruflichen Pendlerverkehr führen kann. In diesem Fall wäre mit einer deutlichen Reduktion der Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor zu rechnen, die im Kreis Coesfeld 45% der gesamten Treibhausgasemissionen ausmachen. Zudem ist die Einführung eines Pendlerportals als Maßnahme in der ersten Fortschreibung des integrierten Klimaschutzkonzepts des Kreises Coesfeld vorgesehen.

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Kreistag gemäß § 26 KrO NRW.