Beschlussvorschlag:
1. Der Kreis
Coesfeld führt in 2023 gemeinsam mit den Städten und Gemeinden im Sinne des
Umwelt- und Klimaschutzes ein kreisweites kommunales Mitfahr- und Pendlerportal
ein.
2. Nach einem Pilotzeitraum
von ca. 12 Monaten wird der Erfolg des Pendlerportals evaluiert und über eine
Fortführung entschieden.
3. Die jährlich
anfallenden Kosten in Höhe von rund 30.000 EUR werden im Haushalt 2023
bereitgestellt. Über die weitere Bereitstellung von Haushaltsmitteln wird nach
erfolgter Evaluierung entschieden.
I. Sachdarstellung
Der Kreis Coesfeld ist eine Pendlerregion. Tag für Tag verlassen über
45.000 Menschen das Kreisgebiet, um ihre Arbeitsstätte zu erreichen (Ziele sind
insbesondere das Oberzentrum Münster, aber auch das nördliche Ruhrgebiet und
die Nachbarkreise). Über 25.000 Menschen pendeln aus dem Umland in den Kreis
Coesfeld und weitere 46.000 Menschen pendeln innerhalb des Kreises Coesfeld
(Quelle: Pendleratlas Deutschland). Gleichzeitig liegt der deutschlandweite durchschnittliche
Besetzungsgrad im Berufsverkehr bei 1,2 Personen pro Pkw (Quelle: FIS -
Forschungsinformationssystem 2012). Gemäß der aktuell in Fortschreibung
befindlichen Modal Split-Erhebung für den Kreis Coesfeld aus dem Jahr 2016 ist
auch hier der Pkw nach wie vor das dominierende Fortbewegungsmittel, obwohl die
Pendelwege der Bürgerinnen und Bürger häufig sehr ähnlich sind. So werden 70 %
der Arbeitswege mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegt, lediglich
2 % entfallen auf Fahrgemeinschaften. Die weiteren Anteile entfallen auf das
Zufußgehen, den Radverkehr sowie Bus & Bahn (Quelle: Mobilitätsuntersuchung
Kreis Coesfeld 2016, S. 52).
Abbildung 1: Verkehrsmittelwahl nach Wegezwecken im Kreis
Coesfeld
(Quelle:
Mobilitätsuntersuchung Kreis Coesfeld 2016, S. 52)
Im Ergebnis liegt in der Erhöhung der Pkw-Besetzungsgrades bei
berufsbedingt zurückgelegten Wegen ein nicht unerhebliches Potenzial für den
Umwelt- und Klimaschutz. Auch die
Potenzialstudie für den Kreis Coesfeld, die im Rahmen der ersten Fortschreibung
des integrierten Klimaschutzkonzepts erstellt wurde, sieht eine große
Notwendigkeit der Treibhausgas-Reduktion im Individualverkehr (-21% bis 2040),
um die selbstgesteckten Reduktionsziele zu erreichen. Mit einem kreisweiten
kommunalen Mitfahr- und Pendlerportal kann der Kreis Coesfeld allen Bürgerinnen
und Bürgern eine einfache und datenschutzkonforme Plattform bieten, um
Fahrgemeinschaften zu bilden und das eigene Auto im besten Fall für den Weg zur
Arbeit stehen zu lassen. Mit Blick auf die steigenden Energie- und Spritkosten
kann dieses Angebot Bürgerinnen und Bürger im Kreisgebiet, die nicht auf den
ÖPNV oder das Fahrrad zurückgreifen können oder wollen, auch finanziell
entlasten. Um das „Maching“ für
potenzielle Fahrgemeinschaften zu erhöhen, soll ein kreisweites kommunales
Mitfahr- und Pendlerportal eingerichtet werden. Ähnliche Portale hat es in
anderen Regionen in der Vergangenheit bereits verschiedentlich gegeben, in
aller Regel mit mäßigem Erfolg. Aus folgenden Gründen erscheint die Einführung
zum jetzigen Zeitpunkt gleichwohl sehr erfolgversprechend:
-
Mit den Städten und Gemeinden im Kreis
Coesfeld besteht ein breiter Konsens, dass ein gemeinsames Pendlerportal
anstelle einzelner Insellösungen eingeführt werden soll. Kreis und Kommunen
verfolgen hier ein gemeinschaftliches Ziel und haben sich darauf verabredet,
das Portal auch gemeinschaftlich zu bewerben und mit großer Strahlkraft in die
Bevölkerung zu tragen.
-
Dieser Aspekt ist vor allem deshalb wichtig,
weil viele Portale daran gescheitert sind, dass sie nach einer kurzen
Anlaufphase mit viel Medienöffentlichkeit nicht nachhaltig beworben wurden.
-
Aufgrund
des zunehmenden Nachhaltigkeitsbewusstseins und der aktuellen
Spritpreisentwicklungen ist aktuell ein guter Zeitpunkt, dieses Thema (neu)
aufzugreifen.
Im Rahmen einer umfangreichen Markterkundung
wurden gemeinsame Kriterien festgelegt, die aus Sicht der kommunalen Familie im
Kreis Coesfeld für den Erfolg eines regionalen Pendlerportals wichtig sind
(nicht abschließende Auflistung):
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Das kreisweite Portal muss lokale „Ableger“
für die einzelnen Städte und Gemeinden ermöglichen, wenngleich diese technisch
natürlich in ein System münden, jedoch die Vermarktung vor Ort deutlich
erleichtern.
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Unternehmen im Kreis Coesfeld als wichtige
Multiplikatoren müssen sich unkompliziert an dem Pendlerportal beteiligen
können, um zielgerichtet innerhalb ihrer Betriebe für das Portal werben zu
können.
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Das Portal sollte optisch ansprechend, modern
und nutzerfreundlich sein.
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Das Portal sollte sich auf wesentliche
Funktionalitäten beschränken und nicht mit überflüssigen Zusatzfunktionen
überfrachtet werden (bspw. einer ÖPNV-Tiefenintegration, die in der Praxis in
aller Regel keine Anwendung findet). Im Fokus sollen Berufspendlerinnen und
-pendler stehen und explizit keine gelegentlichen Distanzfahrten, für die es
bereits etablierte Online-Plattformen gibt.
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Die Nutzung des Portals soll für die
Bürgerinnen und Bürger kostenlos sein.
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Die Installation und Wartung sollen
vollständig beim Anbieter liegen. Es soll eine unkomplizierte Auswertung der
Nutzerzahlen möglich sein.
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Der Anbieter soll am Markt etabliert sein, um
einen langfristigen Betrieb zu gewährleisten.
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Das Portal soll plattformunabhängig auf
Smartphones und Tablets genauso wie auf PCs nutzbar sein.
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Der Anbieter soll selbstverständlich die
Datenschutzanforderungen erfüllen.
Auf Betreiben des Kreises Coesfeld hat sich
auch die Bürgermeisterkonferenz mehrfach mit der Thematik beschäftigt und sich am
08.11.2022 dafür ausgesprochen, über den Kreis Coesfeld ein solches gemeinsames
Pendlerportal einzuführen und die Kosten hierfür über die Kreisumlage
gemeinschaftlich zu tragen.
Die vergaberechtskonforme Beauftragung eines
in Frage kommenden Anbieters soll vorbehaltlich der Beschlussfassung durch den
Kreistag – basierend auf den gemeinsam definierten Anforderungen – möglichst im
Frühjahr 2023 erfolgen.
II. Entscheidungsalternativen
Die Einführung eines kreisweiten
kommunalen Mitfahr- und Pendlerportals wird nicht befürwortet, entsprechende
Haushaltsmittel werden nicht bereitgestellt.
III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal,
IT, Klima)
Finanzen: Basierend auf einer umfangreichen
Markterkundung wird mit jährlichen Kosten in Höhe von rund 30.000 EUR brutto pro
Jahr gerechnet. Aufgrund der beabsichtigten Evaluierung im ersten Jahr sollen
die Haushaltsmittel zunächst nur für das Haushaltsjahr 2023 bereitgestellt
werden, konkret im Produkthaushalt 01.1 Kreisentwicklung. Bei einer positiven
Bewertung der Pilotphase und einem daran anschließenden entsprechenden
politischen Beschluss ist dieser Beitrag in den folgenden Haushaltsjahren
jährlich einzustellen. Bei der Abwägung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses ist zu
berücksichtigen, dass die Kostenkalkulation davon ausgeht, dass bei diesen
Gesamtkosten jede der elf Städte und Gemeinden ein kostenloses eigenes, lokales
Pendlerportal erhält, das die Bewerbung vor Ort erleichtert und gleichwohl
technisch in ein Gesamtsystem mündet.
Personal: Die technische Abwicklung geschieht über den
zu beauftragenden Dienstleister. Die Öffentlichkeitsarbeit für das Portal wird
der Fachdienst Kreisentwicklung über das Klimaschutzmanagement übernehmen,
ergänzt um die aktive Bewerbung des Portals durch die Städte und Gemeinden und
die Wirtschaftsförderungsgesellschaft für die Zielgruppe der Unternehmen.
IT: Das Pendlerportal soll vollständig durch den
Anbieter gehostet und betrieben werden, insofern keine Auswirkungen.
Klima: Die Einführung eines Pendlerportals kann
einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten, da sie zu einer Reduktion der
benötigten Fahrzeuge vor allem im alltäglichen beruflichen Pendlerverkehr
führen kann. In diesem Fall wäre mit einer deutlichen Reduktion der
Treibhausgas-Emissionen im Verkehrssektor zu rechnen, die im Kreis Coesfeld 45%
der gesamten Treibhausgasemissionen ausmachen. Zudem ist die Einführung eines
Pendlerportals als Maßnahme in der ersten Fortschreibung des integrierten
Klimaschutzkonzepts des Kreises Coesfeld vorgesehen.
IV. Zuständigkeit für die Entscheidung
Kreistag gemäß § 26 KrO
NRW.