Betreff
Umsetzung des Gesetzes zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter
Vorlage
SV-10-1225
Art
Sitzungsvorlage

Beschluss:

Der Bericht zur Umsetzung des § 24 SGB VIII (Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung) wird zur Kenntnis genommen.


I. Sachdarstellung

Am 2. Oktober 2021 wurde mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder beschlossen. Hiermit setzt der Bund ein zentrales Vorhaben des Koalitionsvertrags der Regierungsparteien um. Ziel ist es mit dem Gesetz eine Betreuungslücke zu schließen, die nach der Kita-Zeit für viele Familien wieder aufbricht, wenn die Kinder eingeschult werden. Zudem soll das „Ganztagsförderungsgesetz“ zu mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung sowie zu einer verbesserten Vereinbarkeit von Familien und Beruf beitragen.

Ab August 2026 sollen zunächst alle Erstklässlerinnen und Erstklässler einen Betreuungsanspruch erhalten. Der Anspruch wird in den Folgejahren um je eine Klassenstufe ausgeweitet, sodass ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassenstufen eins bis vier einen bedarfsunabhängigen Anspruch auf ganztägige institutionelle Bildung und Betreuung hat. Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter wird im §24 des SGB VIII (Kinder- und Jugendhilferecht) verankert:

„Ein Kind, das im Schuljahr 2026/2027 oder in den folgenden Schuljahren die erste Klassenstufe besucht, hat ab dem Schuleintritt bis zum Beginn der fünften Klassenstufe einen Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Der Anspruch besteht an Werktagen im Umfang von acht Stunden täglich. Der Anspruch des Kindes auf Förderung in Tageseinrichtungen gilt im zeitlichen Umfang des Unterrichts sowie der Angebote der Ganztagsgrundschulen, einschließlich der offenen Ganztagsgrundschulen, als erfüllt. Landesrecht kann eine Schließzeit der Einrichtung im Umfang von bis zu vier Wochen im Jahr während der Schulferien regeln […]“.

Die Landesregierung hat bereits frühzeitig entschieden, dass der Gesamtprozess der landesweiten Ausführung des Rechtsanspruches auf Ganztagsförderung durch das Ministerium für Schule und Bildung (MSB) und das Ministeriums für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration (MKJFGFI) in geteilter Federführung geschultert werden soll. Die zweigeteilte Zuständigkeit stellt insbesondere die Landkreise vor Herausforderungen bzgl. der Aufgaben- und Rollenverteilung, da hier die Zuständigkeiten zwischen Schulträger und öffentlichem Träger der Jugendhilfe auseinanderfallen. Schulträger der Grundschulen sind die Kommunen, öffentlicher Träger der Jugendhilfe ist das Kreisjugendamt. Lediglich in den Städten Dülmen und Coesfeld, die über ein eigenes Jugendamt verfügen, liegen beide Zuständigkeiten bei der jeweiligen Kommune. Das Kreisjugendamt Coesfeld hat daher zurzeit keine Einsichtnahme in die Organisation der Offenen Ganztagsangebote im Zuständigkeitsgebiet und keine rechtliche sowie tatsächliche Einflussnahme auf diese, da diese Aufgabe vollständig in der Zuständigkeit der kreisangehörigen Kommunen liegen.

Im Hinblick auf diese Situation und um mögliche Erfordernisse zur Umsetzung des künftigen Rechtsanspruchs besser abschätzen zu können, wurden die Strukturen der Ganztagsbetreuung 2021 im Zuge einer ersten Bestandsaufnahme für das gesamte Kreisgebiet, also auch für die Städte Coesfeld und Dülmen, in Zusammenarbeit mit den Kommunen und dem Regionalen Bildungsbüro erfasst. Die Angebotslandschaft im Bereich Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder ist im Kreis Coesfeld heterogen. Es zeigen sich auch bezüglich der Finanzierung und Elternbeitragserhebung deutliche Unterschiede, wie eine Erhebung durch den Arbeitskreis der Schulträger in diesem Jahr zeigt. Es ist davon auszugehen, dass die Höhe der Elternbeiträge die Inanspruchnahme beeinflussen wird. Hinzu kommt ein zu erwartendes Stadt-Land-Gefälle bzgl. der Betreuungsbedarfen von Eltern.

Das Landeskabinett hat am 5. März 2024 „Fachliche Grundlagen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung für Kinder im Grundschulalter ab 2026“ beschlossen und dazu ein Eckpunktepapier veröffentlicht. Demnach bleiben weiterhin die öffentlichen Jugendhilfeträger anspruchsverpflichtet nach § 24 Abs. 4 SGB VIII. Bei dem Auseinanderfallen von Verantwortlichkeiten (öffentlicher Jugendhilfeträger und Schulträger) wie es im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld der Fall ist, besteht die Möglichkeit, dass Schulträger die Aufgaben der ganztägigen Förderung übernehmen. Die Gewährleistungspflicht verbleibt in diesem Fall jedoch beim Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

Das MSB und das MKJFGFI beteuern, dass die Veröffentlichung der fachlichen Grundlagen nicht bedeute, dass keine weiteren Umsetzungsregelungen erfolgen werden. Diese werden aktuell intensiv vorbereitet, um die mit der Ausführung des Rechtsanspruches auf Ganztagsförderung verbundenen weitergehenden Fragen zu klären. Entsprechende Regelungen sollen rechtzeitig zum Inkrafttreten des aufwachsenden Rechtsanspruchs vorliegen.

Vor dem Hintergrund der bisher fehlenden Ausführungsbestimmungen für die ganztägige Bildung und Betreuung von Kindern im Grundschulalter hat im Kreis Coesfeld eine Unterarbeitsgruppe des Arbeitskreises der Schulträger, moderiert durch das Regionale Bildungsbüro zusammen mit dem Kreisjugendamt, einen Orientierungsrahmen „Raum für Ganztag“ erarbeitet. Der Orientierungsrahmen umfasst Mindestanforderungen für die ganztägige Bildung und Betreuung im Primarbereich, auf die sich die Kommunen im Kreis Coesfeld (unabhängig von der Jugendamtszuständigkeit) verständigt haben. Ziel ist es, die Strukturen im Ganztagsbereich interkommunal einander anzunähern. Der Orientierungsrahmen steht unter dem Leitsatz „Die Schule hat keine OGS, die Schule IST eine OGS.“ Der Fokus des Orientierungsrahmens liegt auf der multifunktionalen Raumnutzung in Schulgebäuden. Die formulierten Mindestanforderungen sollen bei der Erfassung der vorhandenen Raumsituation und für die Entwicklung sowie Umsetzung von Raumkonzepten hilfreich sein. Der Orientierungsrahmen wurde im Einvernehmen der Vertretungen aller Schulträger aus dem Kreis Coesfeld besprochen und soll als Berichtsvorlage durch die Kommunen in den örtlichen Gremien präsentiert werden.

 

II. Entscheidungsalternativen

keine

 

III. Auswirkungen /Zusammenhänge (Finanzen, Personal, IT, Klima)

keine

 

IV. Zuständigkeit für die Entscheidung

Nach § 71 Abs. 2 SGB VIII in Verbindung mit § 5 Abs. 2 Ziffer 2 der Satzung für das Jugendamt des Kreises Coesfeld ist der Jugendhilfeausschuss für die Entscheidung zuständig.


Anlagen:

 

Orientierungsrahmen „Raum für Ganztag“ des Kreises Coesfeld