Betreff
Landschaftsplan Baumberge Süd
Vorlage
SV-7-0472
Aktenzeichen
70.2.4.93
Art
Sitzungsvorlage

Beschlussvorschlag:

 

-ohne-

 

Begründung:

 

I. - V    

 

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 21.06.2006 (SV-7-0446) beschlossen, das Aufstellungsverfahren für den Landschaftsplan Baumberge Süd (hier: Offenlegung) fortzuführen.

 

Die Offenlegung des Planes erfolgte in dem Zeitraum vom 24.07.2006 bis 25.08.2006.

 

Während des Zeitraumes der o.g. Offenlage sind 30 Stellungnahmen „Privater“ eingegangen bzw. abgegeben worden.

 

Während sich die Kritik im Vergleich zu den bisher aufgestellten Landschaftsplänen deutlich reduzierte (Ge-/Verbote, Festsetzung von Entwicklungs-, Pflege- und Erschließungsmaßnahmen), fokussiert sich der zentrale Diskussionspunkt auf:

 

das Wegekonzept für das geplante Naturschutzgebiet 2.1.07 Baumberge.

 

Dieser morphologisch besonders markante und im wesentlichen bewaldete Bereich der Steverberge, dem zentralen Baumbergekamm zwischen Longinusturm und Mordkreuz Tilbeck, ist als gemeldetes FFH-Gebiet von europäischem Naturschutzinteresse.

 

Ausgangslage der Planung war die außerordentlich starke Freizeit- und Erholungsnutzung im Gebiet, die u.a. in Konkurrenz zu forstlichen und jagdlichen Belangen sowie auch zu den Naturschutzzielen steht. Das traditionelle ruhige Naturerleben beim Wandern und Spazieren gehen wird in den letzten Jahren verstärkt überlagert durch eher sportlich betonte Aktivitäten – insbesondere Mountainbiking und Reiten. Neuerdings werden weitere, früher unbekannte Freizeitbetätigungen beobachtet, wie Gotcha, Geocaching oder Freegolfing, die in unterschiedlicher Weise Auswirkungen auf Natur und Landschaft ausüben. Daneben wird das Gebiet auch zunehmend von Kindergärten, Schulen oder anderen Einrichtungen im Rahmen ihres Umweltbildungsauftrages besucht. Gelegentlich nutzen Einzelveranstaltungen den Eventcharakter des Gebietes. Immer dient dabei die Landschaft als Anschauungs- und Bewegungsraum. Für viele Geländesportarten ist vor allem der hoher Raumwiderstand eines unwegsamen Geländes reizvoll – die Landschaft selbst wird dabei zum „Sportgerät“ bzw. zum Erlebnisraum.

 

Diese (Freizeit-)Nutzungen beschränken sich somit nicht auf das Wegenetz, sondern beanspruchen zunehmend die Gesamtfläche. Um den Umfang der Nutzungen abschätzen zu können, hat im Sommer 2005 die Landschaftsbehörde alle Wege und Pfade im geplanten Naturschutzgebiet kartiert und aufgenommen. Die erarbeitete Karte dokumentiert, dass durch den Nutzungsdruck neben den „offiziellen“ (d.h. in der Landschaft markierten sowie in verschiedenen (touristischen) Karten ausgewiesenen Wander-, Radwander- und sonstigen Wegen zahlreiche weitere Wege und Pfade dynamisch entstehen und vergehen: Rückeschneise oder Pirschpfad – grundsätzlich wird jede Passage genutzt, wobei die Attraktivität des Weges von der Nutzungsart abhängt. Für manche Nutzung ist offensichtlich erst das „Nicht Vorhanden Sein“ eines Weges für die Passage attraktiv.

 

Zur Erreichung der Naturschutzziele und auch zur Wahrung der forstlichen, jagdlichen und eigentumsrechtlichen Belange erscheint es somit sinnvoll, im Rahmen der Landschaftsplanung durch ein Wegekonzept die Nutzungen zu kanalisieren und zu harmonisieren. Es ist beabsichtigt, das Verlassen der Wege für alle Freizeitnutzergruppen grundsätzlich zu untersagen sowie für Reiter und Mountainbiker bestimmte Wege vorzugeben. Die Wege/Routen sollen im Gelände ausgeschildert werden. An den Haupt-Eingangs- und Parkbereichen sollen Informationstafeln mit Übersichtskarten aufgestellt werden. Die Einhaltung der Wegenutzung soll kontrolliert werden.

 

Zur Zeit stellt sich die zulässige Nutzung der Baumberge durch Fußgänger, Radfahrer und Reiter wie folgt dar:

 

 

Wer darf sich zur Zeit wo und wie in den Baumbergen bewegen?

 

 

im Wald

in der freien Landschaft

Fußgänger

§ 2 Landesforstgesetz

§ 49 Landschaftsgesetz

 

überall, Ausnahme z.B.:

a) Forstkulturen, Forstdickun
    gen, Saatkämpe, Pflanz-
    gärten

b) gesperrte Waldflächen

c) während laufender Holzar-
    beiten

 

überall, Ausnahme z.B.:

a) landw. Produktionsflächen

b) Gärten, Hofräume

Radfahrer

§ 2 Landesforstgesetz

§ 49 Abs. 2 Landschaftsgesetz

 

a) öffentliche Straßen und
     feste Wege

b) private Straßen und feste
     Wege

 

a) öffentliche Straßen und
     Wege

b) private Straßen und Wege

 

Reiter

§ 50 Landschaftsgesetz (Freistellungsverordnung vom 05.07.2001)

 

a) Reitwege
b) öffentliche Straßen und
     Wege, soweit sie für den
     allgemeinen Verkehr zuge-
     lassen sind

a) Reitwege
b) öffentliche Straßen und
     Wege
c) private Straßen und Wege

 

Anmerkung: Reitwege sind in den Baumbergen zurzeit nicht ausgewiesen

 

 

 

 

Zur Entwicklung eines möglichst von breitem Konsens zwischen den beteiligten Interessengruppen getragenen Wegekonzeptes, wurde Kontakt mit den Grundeigentümern sowie den Interessenvertretern der Hauptnutzer im Bereich Freizeit und Erholung aufgenommen. Für die Wanderer und Spaziergänger wurde das Gespräch mit dem Baumbergeverein, dem Westfälischen Heimatbund sowie den örtlichen Heimatvereinen  gesucht, die für die Markierung von Wanderwegen verantwortlich sind. Es ist beabsichtigt, sowohl die bestehenden, markierten lokalen Rundwanderwege des Baumbergevereins und der örtlichen Heimatvereine als auch die gekennzeichneten Fernwanderstrecken des Westfälischen Heimatbundes unverändert in das Wegekonzept nachrichtlich zu übernehmen.

 

Unter den Mountainbikern ist der vermutlich größere Anteil unorganisiert und sporadisch im Gelände unterwegs. Viele Biker sind Mitglied im Verein Schwarz-Weiß Havixbeck, der eine Wunschplanung vorlegte, die von der Landschaftsbehörde nach Abwägung und unter Einbeziehung der Ergebnisse der Arbeitskreis-Besprechungen wesentlich reduziert wurde. Um den Belangen der Mountainbiker weiter nachzukommen, wird derzeit u.a. mit der Gemeinde Nottuln geprüft, ob eine alternative Wegeführung am (südwestlichen) Waldrand im südlichen Baumbergebereich zu realisieren ist.

 

Für das Reiten im Gelände wird zur Zeit in den Kreisen des Münsterlandes die Planung von Reitwegen und -routen intensiv vorangetrieben, um den Wirtschaftsfaktor „Reittourismus“ insgesamt zu befördern. Für den Bereich des Nordkreises Coesfeld mit den Baumbergen im Zentrum wurde ein eigener Arbeitskreis gegründet, dessen Planungen mit den beiden anderen auf Kreisebene tätigen Planungsgruppen sowie denjenigen in den Nachbarkreisen abgestimmt wurden. Für den Waldbereich der Steverberge (FFH und NSG) ist dabei zu beachten, dass die zur Zeit gültige Freistellungsverordnung für das Reiten im Wald die Baumberge von der Freistellung ausnimmt, das Reiten dort also nur auf öffentlichen Wegen bzw. ausgewiesenen Reitwegen zulässig ist. Sofern Privatwege als Verbindungsstrecken erforderlich sind, kann die entsprechende Inanspruchnahme für die Streckenführung nur mit Einverständnis der Eigentümer erfolgen.

 

Zentrale Sorge der Grundeigentümer der Privatwege ist eine durch die Ausweisung des Wegekonzeptes für Wander-, Reit- und Mountainbikewege ausgelöste Verschärfung des Haftungsrisikos und der Verkehrssicherungspflicht. Diese Sorge wird insbesondere mit dem Hinweis auf ein aktuelles Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 07.04.2006 begründet, das in land- und forstwirtschaftlichen Verbandskreisen breit diskutiert wurde. Die Ausweitung des Verkehrs z.B. durch Ausweisung eines Weges innerhalb des Wegekonzeptes bei gleichzeitiger Sperrung anderer Wege, wird nicht ohne weiteres akzeptiert. Von den Grundeigentümern ist daher eine Zustimmung zu dem bislang vorgeschlagenen Wegekonzept im Wesentlichen unter folgenden Bedingungen in Aussicht gestellt worden:

 

-          Übernahme der Verkehrssicherungspflicht bezüglich aller Wander-, Reit- und Mountainbike-Wege durch den Kreis im Rahmen von Einzelverträgen mit den Grundeigentümern der Wege;

-          Entschädigungszahlung wegen der Nutzungsbeeinträchtigungen durch Rücksichtnahme auf die Wegenutzer bei den Bewirtschaftungsmaßnahmen;

-          Mittelfristig (im Rahmen eines anzustrebenden Bodenordnungsverfahrens): Überführung des Eigentums an den Wegen in öffentliches Eigentum.

 

Nach Auffassung des Kreises ändert sich dagegen durch die Ausweisungen des Landschaftsplanes und das darin nachrichtlich aufgenommene Wegekonzept die bereits jetzt bestehenden Haftungs- und Verkehrssicherungspflichten nicht grundsätzlich. Insbesondere wird durch das Wegekonzept in den Baumbergen im Wesentlichen der bereits jetzt vorhandene Verkehr umgelenkt. Eine heute breit gefächerte Wegeführung wird für bestimmte Zielgruppen kanalisiert und auf weniger Wege konzentriert. Es wird dagegen grundsätzlich kein neuer Verkehr eröffnet, wodurch der Eröffner verkehrssicherungspflichtig würde.

 

Sollte eine Einigung mit den Grundstückseigentümern über das Wegekonzept nicht (zeitrnah) zustande kommen, wäre – entsprechend den bisherigen Landschaftsplanverfahren – eine Beschlussfassung über den Landschaftsplan Baumberge Süd auch ohne Wegekonzept möglich.

 

Diese Einschätzung hat der Versicherer der Kreisverwaltung, der Gemeinde-Versicherungsverband GVV, auf Nachfrage geteilt und darüber hinaus zu Fragen der Verkehrssicherung auf Reitwegen sowie möglichen vertraglichen Regelungen im Einzelnen Stellung genommen. Die Gespräche mit den betroffenen Grundstückseigentümern werden weiter fortgesetzt.

 

Den Trägern öffentlicher Belange ist gem. §27a Landschaftsgesetz (LG) parallel die Gelegenheit gegeben worden sich bis zum 01.09.2006 zu den Inhalten des Landschaftsplanes zu äußern. Über dieses Ergebnis wird ggf. in der Ausschusssitzung mündlich berichtet.