Beschlussvorschlag:
Die Vorgehensweise der Verwaltung zur Frage, ob und ggf. welche Gruppen als Reaktion auf die rückläufigen Kinderzahlen geschlossen werden, wird nach Erörterung zur Kenntnis genommen. Sie wird vom Jugendhilfeausschuss als politischem Gremium mitgetragen.
Begründung:
I. Problem
Der allgemein zu verzeichnende Rückgang der Kinderzahlen macht sich inzwischen auch im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes Coesfeld verstärkt bemerkbar. Konnten in den vergangenen Jahren noch vereinzelt vorhandene freie Plätze von jüngeren Kindern belegt werden, sind nun in ersten Orten, in denen für das kommende Jahr freie Plätze in mehr als Gruppengröße (25 Plätze) erwartet werden, gezielte Strategien gefragt.
Besonders betroffen sind Havixbeck, Nordkirchen, Senden (nur Ortsteil Senden), Nottuln (nur Ortsteil Schapdetten) und Lüdinghausen (nur Ortsteil Seppenrade).
Es ist nicht ausgeschlossen,
dass in kommenden Jahren auch weitere Städte oder Gemeinden betroffen sein
können. Eine Belegung freier Plätze mit jüngeren Kindern ist nur begrenzt
möglich. Die Vorgaben der Budgetvereinbarung sowie die Anzahl der freien Plätze
im Verhältnis zur Nachfrage und dem Alter der U3-Kinder wird hierfür
entscheidend sein. Vorrangig sollen freie Plätze von jüngeren Kindern genutzt
werden können. Dieses Kriterium soll daher bei der Entscheidung, ob Gruppen
geschlossen werden, Berücksichtigung finden.
Im Rahmen der Kindergartenbedarfsplanung wurde deutlich, dass die Entwicklung der Kinderzahlen sogar in einzelnen Ortsteilen einer Gemeinde oder Stadt sehr unterschiedlich sein kann. So sind auch Situationen denkbar, in denen in einem Ortsteil noch Probleme hinsichtlich des Rechtsanspruchs bestehen, in anderen Ortsteilen jedoch bereits zahlreiche Plätze ungenutzt bleiben.
Da sich der Rückgang der Kinderzahlen i.d.R. über mehrere Jahre hinzieht, hat es sich bewährt, einzelne freie Plätze zunächst für die Nutzung durch 2jährige Kinder zur Verfügung zu stellen. Dieses ist theoretisch auf bis zu 20 % aller Plätze möglich. Tatsächlich benötigen jedoch nicht alle 2jährigen Kinder Betreuung in einer Kindertageseinrichtung, so dass auch unter Berücksichtigung der 2jährigen Kinder in einigen Orten Gruppenschließungen nicht zu vermeiden sein werden. Eine Betreuung einjähriger Kinder auf freien Plätzen wird i.d.R. aus pädagogischen Gründen nicht möglich sein.
II. Lösung
Die Entwicklung der Kinderzahl und das Nachfrageverhalten der Eltern für die Betreuung 3- bis 6jähriger, aber auch jüngerer Kinder, wird von den Mitarbeitern des Jugendamtes regelmäßig ermittelt. Zeichnen sich hierbei gravierende Änderungen oder zahlreiche freie Plätze ab, wird das Gespräch mit der Kommune vor Ort und dem jeweiligen Träger gesucht. Eine Nichtbelegung von mehr als 5 Plätzen pro Gruppe kann zu Betriebskostenkürzungen führen, die den Bestand einer Einrichtung gefährden.
Seitens des Jugendamtes werden anhand der Nachfragequoten, des Verhaltens von Eltern, deren Kinder auf Wartelisten geführt werden, der Geburtenzahlen, Erfahrungswerten und von Besonderheiten vor Ort verschiedene Prognosen zur Belegung der Tageseinrichtungen in den kommenden Jahren erstellt.
Der Entscheidung, ob eine oder mehrere Gruppen geschlossen werden, liegen damit folgende Schritte zugrunde:
I.
Ermittlung der Datengrundlagen für die
zukünftige Planung
- Kernjahrgänge (Kinder zwischen 3 und 6 Jahren zum Beginn des
Kindergartenjahres)
- hineinwachsender Jahrgang (Kinder die im Laufe des Kindergartenjahres 3 Jahre
alt werden und damit den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz erwerben)
- Kinder unter
3 Jahre
II.
Quotenermittlung – Inanspruchnahme der
vorhandenen Plätze
- durch Kernjahrgänge
- durch Kinder des hineinwachsenden Jahrgangs
- durch Kinder U 3
III.
Ermittlung einer Prognosequote unter
Einbeziehung der
- bisherigen Inanspruchnahmequoten
- Meldedaten der Kommunen
- Bautätigkeit und daraus resultierenden Zuzüge in der jeweiligen Kommune
IV.
Konsequenzen aus der Prognose:
Variante I – nahezu alle Plätze im Ort bzw. den Ortsteilen belegt: Kein
steuerndes Eingreifen durch das Jugendamt
Variante II – freie Plätze in einem Umfang über eine Gruppenstärke (25 Plätze)
hinausgehend: Gespräche mit der Stadt/Gemeinde und den Trägern mit dem Ziel
möglichst konsensual zu einem Abbau einer oder mehrerer Gruppen zu kommen.
Bevor Gespräche über Gruppenschließungen mit den Trägern der Tageseinrichtungen geführt werden, werden somit regelmäßig über mindestens ein Kindergartenjahr freie Plätze zur Betreuung von 2jährigen Kindern genutzt. Dieses hat den Vorteil, dass das Betreuungsangebot für diese Gruppe ausgebaut wird und gleichzeitig Erfahrungen zum Betreuungsbedarf dieser Altersgruppe gewonnen werden können.
Anders als das Jugendamt haben die Städte und Gemeinden durch die freiwillige Finanzierung von Trägeranteilen eine gewisse Steuerungsmöglichkeit, wenn es um die Entscheidung geht, wo eine Gruppe geschlossen werden soll.
Die Betriebskostenrefinanzierung des Jugendamtes kann nur gekürzt werden, wenn mehr als 5 Plätze einer Gruppe ohne eigenes Verschulden unbesetzt bleiben. D.h. bei einer 4gruppigen Einrichtung können bis zu 20 Plätze unbesetzt bleiben, ohne dass sich dieses auf die Finanzierung auswirkt.
Die Übernahme der Trägeranteile durch die Städte und Gemeinden ist dagegen i.d.R. vertraglich vereinbart, so dass hier eine gezielte Steuerung, ob eine Bezuschussung weiterhin erfolgt, möglich ist.
Kriterien bei der Entscheidung, welche Gruppe geschlossen werden soll, sind dabei Besonderheiten vor Ort, besondere Angebote der Einrichtungen, Einsparungspotentiale sowie der Erhalt der Trägervielfalt. Unter Berücksichtigung dieser Kriterien erfolgt jeweils im Einzelfall eine gemeinsame Abwägung mit Stadt/Gemeinde und betroffenen Trägern.
III. Alternativen
Die Verwaltung des
Jugendamtes könnte z.B. bei den Gesprächen mit Trägern und Gemeinden/Städten
darauf hinwirken, dass die Gruppen mit den höchsten Betriebskosten geschlossen
werden sollen. Dieses würde jedoch voraussichtlich dazu führen, dass kleinere
Einrichtungen auf Dauer nicht mehr bestehen könnten und die Trägervielfalt
verloren gehen würde.
Auch andere Prioritäten bei der Entscheidung sind denkbar (z.B. Gruppen mit geringster Belegung oder die ältesten Gruppen vorrangig oder nach und nach ganze Einrichtungen zu schließen). Aus Sicht der Verwaltung dürften die oben unter „Lösung“ genannten Kriterien jedoch die bedeutendsten sein und sollten je nach Einzelfall gewichtet und bewertet werden.
IV. Kosten-Folgekosten-Finanzierung
Mehrkosten entstehen bei Gruppenschließungen nicht. Eine Kosten-Folgekosten-Finanzierung im eigentlichen Sinne ist hier daher nicht erforderlich. Allerdings ergeben sich je nach Entscheidung und Prioritätensetzung bei den Kriterien, welche Gruppe(n) geschlossen werden soll(en), unterschiedlich hohe Einsparungspotentiale.
V. Zuständigkeit für die Entscheidung
Wegen der politischen Bedeutung der Frage, welche Kriterien bei der Entscheidung über Gruppenschließungen Vorrang erhalten sollen, ist eine Information des und Erörterung im Jugendhilfeausschuss angezeigt.